[Erfahrungsbericht] Dreizehnbass Invader 5

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Hallo,
da ich kürzlich einen Bass der kleinen österreichischen Schmiede Dreizehnbass.at in die Finger bekommen habe und kaum Jemand die Teile kennen sollte, wollte ich
mal meine Erfahrungen damit kundtun. Ich hatte bis jetzt zwei Tage alleine mit dem Bass und reichlich Zeit, sowie einen Abend im Proberaum mit der Band.

Kleiner Steckbrief:
Modell: Invader 5
-Multiscale (H-Saite 36" - G-Saite 34")
-Korpus Sumpfesche mit Decke aus kalifornischer Lorbeere (Kopfplatte passend furniert)
-Durchgehender Hals aus Ahorn mit Wengestreifen und Wengegriffbrett
-Handgewickelte PU's
-Glockenklang 3 Band EQ
-Lemme State Variable Filter
-Göldo Brücke
-Warwick Mechaniken
-Schaller Security Locks
-Beleuchtete Sidedots (Rot/Blau)

Bilder: http://www.dreizehnbass.at/htm/azi3d.html

Nachdem ich mit Daniel von Dreizehnbass ausführlichen Mailkontakt hatte, hat er mir testweise diesen Bass zugesandt (gegen Kaution, versteht sich).
Er kam in einem gebrauchten Koffer, sicher verpackt mit GLS frei Haus, und das ging fix (Dienstag überwiesen, Donnerstag abgeschickt, Montag da, wohlgemerkt von Österreich nach Norddeutschland).
Beim Auspacken war das genau so, wie man sich das bei einem Bass wünscht: Die Fotos, die ich gesehen hatte, konnten dem Original nicht gerecht werden. Die Lorbeere schimmert
im Licht, wie es eine Kamera nur schwer einfangen kann und auch das Griffbrett hat eine wunderbare Textur. Auf den ersten Blick ist der Invader auf jeden Fall als handgemachter Bass der Oberklasse zu identifizieren.
Zunächst habe ich mir den Bass mal in aller Ruhe genau angeschaut, auch wenn die Finger schon juckten.
Die Hardware ist vom Feinsten, der Bass ist sauber gearbeitet, die Bünde passen genau, nichts steht über.
Die Elektronikabdeckung ist aus dem Stück Holz, welches für das Loch des Elektronikfachs weichen musste, die Maserung der Sumpfesche auf der Rückseite ist also nicht unterbrochen,
ein schönes Detail. Nimmt man die Abdekung ab (was übrigens ohne Werkzeug geht), sieht man sauber verarbeitete Komponenten, die Batterie ist mit einem Stück Schaumstoff fixiert,
Der EQ, SVF und die LED's für die Beleuchtung sind sauber eingepasst, wenn man auch die individuelle Handarbeit sieht - hier gibt es nichts zu beanstanden. Beim genauen Blick auf den Rand der
Abdeckung sieht man, dass hier keine CNC Fräse am Werk war, sondern die Hand des Erbauers, denn an einigen Stellen sind die Ausfräsungen nicht kerzengerade sondern leicht wellig.
Nun gut, wenn die Innenseite des Elektronikfachs kleine Unregelmäßigkeiten hat, dann muss schon ein kleinkarierter Korinthenk****r mit der Lupe am Werk sein, um sich daran zu stören.
Doch ist es nunmal so, dass ich diesen Bass nicht mit einem Fernostnachbau eines klassischen Bassmodells vergleichen kann, sondern ihn als das nehmen muss, was er ist: Europäische Handarbeit, und die Modelle die sich da für mich zum Vergleich heranziehen, wären Marleaux, Sandberg etc. -> also die härteste Konkurrenz, an der man sich messen kann, und da muss man auch auf kleinste Kleinigkeiten achten.
Wenn man den Bass jetzt wirklich aus der Nähe untersucht, sieht man die Handarbeit oder besser, man fühlt sie.
Daniel schrieb mir,[COLOR=#000000 ] dass er lediglich eine Bandsäge, eine Oberfräse und eine Säulenbohrmaschine einsetzt, der Rest wird von Hand gesägt und gehobelt.[/COLOR]
Ich will jetzt gar nicht darüber Philosophieren, ob ein Hals / Korpus besser 1000%ig von einer CNC Fräse auf den Nanometer genau, dafür aber von einer seelenlosen Maschine oder eben nur 99,9%ig von der Hand des Instrumentenbauers, dafür aber mit Hingabe, hergestellt wird.
Zum Hals: Er hat ein flaches D-Profil und ordentlich Masse. Mit 20mm Stringspacing und der 36" Mensur auf der H-Saite hat man reichlich Platz, den die Linke bewirtschaften darf.
Jetzt aber mal einen Gurt montieren und umhängen!
Der Invader hängt sauber ausbalanciert am Gurt und reckt einem das Griffbrett spielbereit entgegen.
Beim ersten Stimmen stelle ich fest, dass die Warwick Mechaniken butterweich und präzise arbeiten, wie zu erwarten war.
In Stimmung gebracht, überprüfe ich zunächst das Gefühl mit der rechten Hand. Durch die multiscale Bauweise sind H und E Saiten wunderbar straff, da schlabbert nix und auch
bei meiner bevoorzugten Spielweise mit der rechten Hand auf dem 24. Bund sprechen die dicken Saiten unfassbar gut an, lassen sich mit viel und wenig Kraftaufwand anschlagen und geben präzise das gewünschte Klangbild wieder. Wechsle ich auf den Pickup, kommt erstmal Hochgefühl auf: Leidgeprüft von einem unbequemen Precipickup freut sich der Daumen, auf einer hölzernen Pickupblende ruhen zu dürfen, ohne von einer scharfen Plastikkante oder eben dem Öhrchen für die Schraube, das die Precipickups so unbequem macht malträtiert zu werden.
Wie zu erwarten nimmt der Attack zu und der Bass klingt schön punchig.
Die linke Hand braucht freilich etwas mehr Zeit. Ich bin bei meinem 5 Saiter an den recht schlanken Hals meines Carvin LB75 gewöhnt, mit deutlich weniger Abstand zwischen den Saiten und
deutlich weniger Holz zwischen dem Daumen und dem Griffbrett. Die Multiscale Mensur mit den langen Abständen in den tiefen Lagen auf E und H Saite braucht ein paar Minuten Eingewöhnung,
beim Wechsel vom Zeige- auf den kleinen Finger greift der gern mal etwas zu kurz und die Saite schnarrt. Beim Spielen jenseits des 12. Bundes muss man noch mehr aufpassen, da hier die Bünde deutlich schräger angeordnet sind als in den tieferen Lagen, das braucht Konzentration. Mit meinen recht grossen Händen kann ich die H-Saite bis in den 22. Bund spielen, die E-Saite bis in den 23. Bund und bei den restlichen drei Saiten sind alle 24 Bünde zugänglich.
Die Bespielbarkeit ist ausgezeichnet. Weder zu leichtgängig noch schwegängig.
Nun aber ab an den Amp.
Die Buchse für das Kabel ist bombenfest im Korpus versenkt und sehr schwergängig. Das ist top, man wird auf keinen Fall Probleme mit lose sitzenden Klinkensteckern oder
versehentlich herausgezogenen Kabeln haben.
Alles neutral gestellt, klingt der Invader schon recht überzeugend. Untenrum und in den unteren Mitten schafft er es, ein ordentliches Pfund abzuliefern, dabei aber noch dursetzungsstark zu Knurren. Obenrum ist er brilliant und liefert schöne Obertöne.
Zum Glockenklang EQ muss ich wohl nicht viel schreiben. 3 Band, mit exzellent gewählten Frequenzen und sehr subtil lässt sich das Klangbild beeinflussen, wobei man keine Angst haben muss, auch mal einen Regler voll aufzudrehen.
Der SVF (State Variable Filter) hat einen Poti für die Frequenz und einen dreifach Kippschalter für die Intensität. Er wirkt auf mich (noch) wie ein erweiterter Tonepoti, doch die Möglichkeiten,
die das bietet haben sich mir noch nicht erschlossen. Ich habe nach etwas rumspielen die neutralste Stellung gewählt.
Zwei Potis bleiben noch und das sind ganz klassisch eine Pickupblende und Mastervol (mit Push/Pull für passiv/aktiv).
Die gesamte Elektronik arbeitet sehr sauber, die Potis laufen frei, nix knackt, knirscht oder pfeift.

Nun ab in den Proberaum:
Mit Gitarre und Schlagzeug zusammen bleibt das Klangbild wie erhofft: Untenrum ein sattes Pfund und ein Knurren, was sich durchsetzt.
Nachdem das grelle Deckenlicht einer abgedunkelten, indirekten Beleuchtung (für mehr Ambiente, um den Kreativprozess zu fördern) gewichen ist,
mache ich zum ersten mal von einem netten Gimmick gebrauch: Den beleuchteten Sidedots. Im Griffbrett liegt ein Lichtleiter, der von einer von zwei LED's im E-Fach gespeist ist.
Ein dreifach Kippschalter schaltet zwischen Rot - Aus - Blau. Anfangs dachte ich 'Überflüssiger Schnickschnack'. Kurz danach dachte ich 'geil!' :)
So jetzt kein freies Herumnudeln mehr, sondern feste Songabläufe. Dabei fällt mir auf, dass die multiscale Mensur überhaupt keine Probleme mehr bereitet, es geht alles auch ohne hinzuschauen sauber von der Hand. Nach dem dritten Song im Bandgefüge fängt der Invader an, mir richtig ans Herz zu wachsen. Die Hände laufen bereitwillig die Figuren rauf und runter und gelegentlich kommt auch eine Verzierung, die ich bisher nie so gespielt habe wie von selbst aus den Lautsprechern.

Mein bisheriges Fazit ist:
Dreizehnbass bietet, was die Verarbeitungsqualität angeht, deutlich mehr als Produkte von der Stange.
Misst man mit direktem Vergleich zu Marleaux, Sandberg, Le Fay etc. dann bieten die Edelschmieden
noch etwas genauere Details, aber insgesamt eher Kleinigkeiten.
Da der Dreizehnbass es aber nicht schafft, die €2000,- Schallmauer zu durchbrechen und o.g. Firmen ihre Handarbeit meist oberhalb der €3000,- feilbieten ist das absolut in Ordnung.
Ich habe lange Zeit nach einem neuen Bass Ausschau gehalten, meine Wahl auf ein paar Modelle eingeengt und wollte nun noch die testen, die ich nicht im Umkreis anspielen kann.
Der Invader war der erste, den ich mir habe schicken lassen und er ist sicherlich als Aussenseiter ins Rennen gegangen. Auf der Liste standen noch ein Fender American Standard P 5, ein Sandberg Classic VM und ein Dingwall ABZ (bzw. ABI), ausserdem hatte ich noch einen gebrauchten Le Fay Herr Schwarz 5 im Auge. Im Moment bin ich ziemlich davon überzeugt, dass der Invader nicht nach Österreich zurückgeht und meine Suche vorbei ist.
 
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noch ein paar Bilder
 
Schönes und informatives Review! Ein paar Bilder noch, das wäre perfekt.
 
jau, die bilder hat mein Rechner beim Upload gefressen.
 

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Hängen die LEDs an der selben Batterie wie die Aktivelektronik?
 
@ el murdoque, danke für dieses ausführliche Review!

Hängen die LEDs an der selben Batterie wie die Aktivelektronik?

Nein, das LED hängt nicht am 9V Block. Es hat eine eigene Energieversorgung über eine 3Volt Lithium Batterie.
Wären die Stromkreise nicht getrennt, könnte es zu Einschaltgeräuschen beim Umlegen des Kippschalters kommen.
Das LED selbst befindet sich auch im E-Fach damit man es auch austauschen kann.
Der Stromverbrauch ist von nur einem LED logischerweise auch geringer.

Die Entstehung des Basses könnt ihr hier anhand der Fotostrecke verfolgen, wenn ihr wollt:
http://www.dreizehnbass.at/pics/Entstehung%20Invader5/invader%205.html

lg
Daniel
 
kleiner Nachtrag:
Nachdem etwas Zeit verstrichen ist, habe ich mehr Spielerfahrung mit dem Invader gesammelt.
Soundtechnisch kann ich sagen, dass ich aktuell drei Sounds benutze:
-Einmal den Halspickup zu 100% und eine ordentlicher Schlach Mitten rein. Klingt stark in Richtung Preci.
Der Ton beisst sich gegen die Gitarre durch ohne aufdringlich zu sein.
-Einmal der typische Hifisound: Mitten neutral, beide Pickups an, Bassregler etwa 2/3 und die
Höhen je nach Geschmack etwas dazugedreht. Wie man das von so einem Bass erwartet.
Satt, definiert, unaufdringlich für's Ohr (wenn man mit den Höhen nicht übertreibt) und edel kommt er rüber.
-Pickupblende 2/3 Richtung Hals, Mitten rein, Bass und Höhen in der 'Hifi' Stellung.
So habe ich noch keinen Knurren hören. Klingt wie das uneheliche Kind eines Preci und eines Stingray ;-)
 

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