Fender Precision Bass MIJ, E-Serie - Aufarbeitung

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Über die qualitativ recht guten MIJ Fender Precision Bässe ist schon einiges hier im Board geschrieben worden, im WWW sowieso; ich hatte nun Gelegenheit zu meinem bereits vorhanden MIJ Preci in CAR, E-Serie aus 1985 einen weiteren MIJ Fender Preci mit Ahornhals/Griffbrett in LPB, ebenfalls E-Serie, in Tokyo bei Shimokura Second Hand zu erwerben. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Farbe wirklich LPB ist, sie weicht deutlich von einem JB in LPB (MIM, 2013, siehe letztes Foto im Bericht) ab, und wirkt je nach Beleuchtung und Winkel anders, aber das Verwirrspiel um die Fender Farben kennen wir aus Cadfaels Abhandlung.

Es handelt sich um das Modell PB57-55, das heißt, Modellreihe 1957, Listenpreis 55.000Yen. Gelegentlich sind diese MIJ Fender Bässe gebraucht in SB (2T, 3T) und CAR mit Palisandergriffbrett zu erhalten, sehr selten hingegen in WHT und LPB mit Ahorngriffbrett. Der Bass wiegt 4,0kg, er ist damals von Fujigen Gakki (FGN), Matsumoto, hergestellt worden. Ich kann nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob Hals und Korpus zusammen gehören, oder ob zu einem späteren Zeitpunkt der Hals mit einem neueren und/oder minderwertigem Korpus verheiratet wurde.

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Dating

Der Bass trägt auf der Halsrückseite unterhalb des schwarzen Decals „Made in Japan“ die Serienummer E829585. Der oben gezeigte Preci in CAR hat die Seriennummer E546971 und ist mit Bleistift auf dem Halsfuß auf den 30. Okt. 1985 exakt datiert. Daraus schließe ich, daß der blaue Bass später gebaut wurde, entweder 1986, spätestens aber 1987, dem Auslaufjahr der E-Serie.

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Der Korpus sollte nach alten Katalogangaben aus Erle (Alder) sein, er ist vierteilig, wie man an den drei längsverlaufenden Trennkanten unter dem Lack auf der Rückseite erkennen kann, der CAR Preci hat ebenfalls einen vierteiligen Korpus. Die knapp 30 Jahre Lebensdauer haben Spuren hinterlassen, Kratzer, Schrammen, Lackabplatzer, aber es könnte schlimmer sein. Unter dem Pickguard und unter der Brücke ist der Lack etwas grünlich, bin mir nicht sicher, ist das die Originalfarbe, oder nur gealtert? In der Kavität des Elektronikfachs ist die Farbe jedoch blau. Die Gurtknöpfe, Edelstahl, große Ausführung, sitzen noch fest, der Knopf am oberen Horn ist mehr der Halsseite zugeneigt, typisch für diese Bauzeit.

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Das Pickguard ist dreilagig weiß/schwarz/weiß, dies entspricht weder dem Originalbass aus 1957 noch dem Auslieferzustand dieses Modells, es sollte einlagig weiß ein. Die Schrauben sind recht neuwertig, bis auf eine fassen sie gut im Holz, auch gehen sie recht senkrecht in die Bohrungen. Das Pickguard hat keine Abschirmung auf der Rückseite.

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PU

Es handelt sich um einen PU mit AlNiCo-Magneten, nicht um die oft in Japan verwendete low cost Variante mit dem querliegenden Ferritmagneten. Die Polstäbchen schließen bündig mit der schwarzen Kunststoffkappe ab. Abschirmung auf der Unterseite über zwei Messingbleche, verlötet. Die Moosgummis zur Höheneinstellung hatten nach der langen Zeit die Elastizität eines Pflastersteins, sie wurden umgehend erneuert. Die PU-Schrauben zur Höheneinstellung greifen gut und sind leichtgängig.

Brücke

Klassischer Fender Blechwinkel, verchromt, deutliche Korrosionsspuren. Saitenreiter rund, mit einer Einkerbung, Schrauben zur Höhenverstellung und Intonation mit metrischem M3-Gewinde, Betätigung zur Höhenverstellung über Innensechskantschlüssel, alle Schrauben leichtgängig. Andere mir bekannte Bässe aus dieser Periode haben eine Brücke mit spiraligen Saitenreitern.

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Unter der Fußplatte deutliche Rostspuren, zum Teil in den Lack eingedrungen, aber das kann mit einer Klinge und Schleifpapier gut entfernt werden. Dabei auch die Fußplatte abziehen und die Kanten leicht brechen. Die Adern der Abschirmlitze sind auch der Korrosion zum Opfer gefallen, Austausch erfolgt.

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Elektronikfach

Keinerlei Abschirmung, die Elektronik in der üblichen Fender Preci Verschaltung besteht aus zwei log. 250kO Potis japanischer Herkunft und einem 47nF Kondensator. Da das Tonpoti kratzte, wurde es gleich ausgetauscht gegen eines von CTS aus der Bastelkiste. Ebenfalls neues Kabel zur Erdung der Brücke angelötet, mit einem Knoten gegen versehentliches Durchrutschen gesichert. Die Klinkenbuchse geht noch stramm, Austausch nicht erforderlich.

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Hals

Der Hals ist einteilig aus Ahorn mit dem typischen Skunk Stripe auf der Rückseite. Griffbrett daher ebenfalls Ahorn, durchaus ansprechende Maserung. Alle Bünde recht gut erhalten, kaum abgespielt, auch der Lack auf dem Griffbrett zeigt wenig Spuren durch Saitenabrieb. Die Sattelbreite ist 42,6mm, der Sattel wurde auf der E- und A-Saite etwas runter gefeilt, um die Saitenlage in den unteren Lagen zu verbessern.

Das Halsprofil entspricht dem „C“ Profil, die Halsrückseite ist hochglänzend lackiert und hat nur minimale Macken, ich komme mit der glatten Oberfläche gut zurecht. Die Halsplatte trägt die Bezeichnung PB57-55 sowie die Stempel „Z“ und „4“, die ich nicht zuordnen kann, vermutlich Zeichen der Qualitätskontrolle. Keine Datumsbezeichnung vorhanden. In der Halstasche ebenfalls keinerlei Bezeichnung vorhanden.

Die Trussrodschraube ist noch nach beiden Seiten gut beweglich, die Halskrümmung läßt sich justieren. Die verchromte Halsbefestigungsplatte trägt die Aufschrift „FENDER“, typisch für diese Zeit.

Die vom Händler aufgezogenen Saiten (round wound „Meterware“) wurden durch LaBella Flats 760FS 45-105 ersetzt.

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Die Kopfplatte ist makellos, keine Beschädigungen oder Abbrüche an den Kanten. Als Logo wird das lange, gebogene Precision Bass Logo verwendet. Die Mechaniken, vernickelt, leicht ankorrodiert, tragen die großen Befestigungsplatten, Wellendurchmesser 14mm, sie drehen sich leicht, nur die Mechanik der E-Saite bedurfte der Reinigung und eines Tropfen Öls, um wieder einwandfrei zu gehen. Die Stimmstabilität ist gut.

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Es wurden nun die Covers, ja, das muß sein..... über PU und Brücke angebracht, einige Lackabplatzer mit blau metallic und Klarlack ausgebessert, nicht unbedingt professionell, aber ausreichend. Dann noch mal mit Politur drüber – es darf gespielt werden! Nein, ganz so schnell geht es nicht, die Einstellung von Saitenlage und Intonation in mehreren Schleifen kostete auch Zeit.

Man mag nun die Frage stellen, macht es Sinn, für ca. 350Euro einen älteren Bass mit deutlichen Abnutzungen und ungewissen Innereien zu kaufen, weiterhin Geld und Zeit in die Aufarbeitung zu stecken, zu mal man zu diesem Preis bereits sehr brauchbare neue Instrumente bekommen kann? Und noch in einer Zeit, wo andere Spieler neue Instrumente mit erheblichem Aufwand – durchaus optisch erfolgreich - „relicen“?

Dies muß jeder für sich selbst beantworten, mir macht es großen Spaß, reparaturbedürftige Instrumente zu erhalten und in einen ordentlichen, bespielbaren Zustand zu bringen. Hinzu kommt, ein solches Instrument hat Herkunft und Geschichte, Seele und Charakter, wurde über viele Jahre gespielt, da wird dann im Rahmen der Aufarbeitung ein Bezug zu mir aufgebaut und es macht mir dann viel Freude, einen solchen Bass zu spielen!

Ich sehe das auch positiv im Rahmen der hier im Board geführten Diskussion: Sind (mittel) alte Bässe besser? Ob sie besser sind, weiß ich nicht, spielenswert sind auf jeden Fall!

Mal sehen, was als nächstes kommt, ich warte noch auf einen alten weißen Preci mit Ahorngriffbrett…..

Gruß,

Andreas
 
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Grund: KORREKTUR
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Schöner Bericht.

Das Logo auf dem Headstock war ja bei Fender ab 76, passt also nicht zu Body.
Aber egal, viel Spaß damit.

PS: alten weißen Preci mit Ahorngriffbrett...1976 mit Koffer.JPG
 
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Mit dem Logo hast Du vollkommen recht, auf dem 57er Original gab es das nie, auf den Mid 80er "Repliken" sollte es auch nicht drauf sein. Man findet aber immer MIJ und spätere CIJ Bässe, die das Logo tragen. Bei Fender. wohl auch in Japan, ist nichts so konsequent wie die Inkonsequenz.

Und, an Deinen weißen Preci würd ich mich gewöhnen-----
 

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