Jeder wie es ihm beliebt und wie hoch der Anspruch ist.
Man merkt sehr deutlich, ob ein Bassist eine Ahnung hat, was es neben dem jeweiligen Grundton sonst noch für Tonmaterial gibt. Letztlich entscheidend ist die kreative Anwendung. Eine Tonleiter gibt zum einen Sicherheit, dass man nicht völlig in die Tonne greift, andererseits schränkt sie ein, wenn man keine Alternativen kennt.
Macht es überhaupt Sinn diese Kirchentonleitern zu lernen oder sind die für den alltäglichen Gebrauch nutzlos? Ich empfinde es so als würde ich eh nur die aeolische Skala nutzen um zu daddeln.
Nutzlos für den alltäglichen Gebrauch sind sie dann nicht, wenn man sie anwenden kann. Und da ist man gleich beim essentiellen Unterschied zwischen Lead-Gitarre und Bassbegleitung. Mit der Lead-Gitarre kann man gut in einer Tonart solieren, sofern die zugrunde liegenden Akkorde auf der Stufentheorie basieren. Der Bass als Begleitinstrument erlaubt das nicht. Das klingt sehr schnell sehr falsch. Über einem Durakkord klingt nur eine Skala mit Durcharakter richtig und gut, auf einem Mollakkord nur eine Skala mit einem Mollcharakter. Der Bass bindet sehr stark an den jeweiligen Grundton des Akkordes, Lead-Instrumente können sich sehr gut über diese Knebelung hinweg setzen und klingen dann interessant. Der Bass ist als Begleitinstrument eine Geisel des Grundtons und des Akkordcharakters.
Grundsätzlich hilft es zu wissen, dass ionisch, lydisch und mixolydisch einen Durcharakter haben, wobei sich lydisch von ionisch nur durch die Quarte, und mixolydisch von ionisch nur durch die Septime unterscheidet. Und dass aeolisch, dorisch und phrygisch einen Mollcharakter haben, wobei sich dorisch von aeolisch nur durch die Sexte, und phrygsich von aeolisch nur durch die Sekunde unterscheidet.
Stimmige Modi der Kirchentonleitern sind auf den Akkord bezogen:
dur: ionisch (I) / lydisch (IV) / mixolydisch (V)
m (moll): dorisch (II) / phrygisch (III) / aeolisch (VI) /
dim: lokrisch (VII)
6: ionisch (I) / lydisch (IV) / mixolydisch (V)
m6: dorisch (II)
7 (dom7): mixolydisch (V)
m7: dorisch (II) / phrygisch (III) / aeolisch (VI)
maj7: ionisch (I) / lydisch (IV)
m7/b5 (°): lokrisch (VII)
add9: ionisch (I) / lydisch (IV) / mixolydisch (V)
m add9: dorisch (II) / aeolisch (VI)
add11: ionisch (I) / mixolydisch (V)
m add11: dorisch (II) / phrygisch (III) / aeolisch (VI)
Nachdem es für Akkorde wie beispielsweise den moll-maj7 keinen optimal, stimmigen Modus der Kirchentonleiter gibt, kann man sich dann beispielsweise der harmonischen oder melodischen Moll bedienen (die über einem Moll-Akkord natürlich auch funktionieren):
moll-maj7: harmonisch Moll und melodisch Moll
Ich finde es hilfreich, die Pattern und Intervalle im Tiefschlaf zu können. Es geht dabei nicht darum eine Tonleiter zu daddeln, der Bass ist selten ein Leadinstrument. Wesentlich finde ich, dass man einerseits den Klangcharakter der Intervalle bezogen auf den Grundton soundtechnisch im Kopf hat und andererseits die Intervalle in den Pattern griffsicher in den Fingern hat. Erst wenn man beides intus hat, kann man wirklich kreativ mit der Klangfarbe umgehen und für coole Abwechslung auch in faden Standardbegleitungen sorgen. Darüber hinaus kann man gerade am Bass sehr gut mit chromatischen Sequenzen arbeiten. Wenn man das alles rhythmisch interessant und abwechslungsreiche gestaltet, weil man auch Punktierte, Synkopen, Triolen etc. entsprechend einsetzen kann, dann hat man meiner persönlichen Erfahrung nach einen sehr erfüllenden Funfaktor beim Bassspielen.