Also ich habe einen Fretless mit Fretlines.
Da kannst du direkt loszocken...finde ich sowieso bissle sinnlos, fünf Jahre lang Intonation zu trainieren wenn man auch direkt spielen kann.
Das hat vier Ursachen, die überwiegend mit der Bühnenpraxis zusammenhängen (der fünfte Punkt ist eher zu vernachlässigen - er ist mir nur so eingefallen):
1) ein Bassist sieht sehr bescheiden aus, wenn er die ganze Zeit nur sein Griffbrett anstarrt. Und es soll auch nicht ganz gesund für den Nacken sein, ein ganzes Konzert damit zu verbringen, den Kopf nach links unten zu verbiegen.
2) auf der Bühne sind die Lichtverhältnisse nicht immer die besten. Wenn du auf einmal merkst, deine lieben Fretlines bringen dir wenig, weil du sie schlicht und ergreifend nicht siehst, wirst du dich innerhalb von 2s dafür verfluchen, auf dem Fretless nicht blind intonieren zu können

3) die Aufregung. Zumindest ist es bei mir so: vor Auftritten bin ich eigentlich nicht aus der Ruhe zu bringen, solange ich weiß, dass ich das, was ich gleich auf der Bühne machen will, auch wirklich kann. Ist es nicht so, kommt die Nervosität schon hoch. Als kleines Beispiel: Anfang dieses Jahres hat man mich gefragt, ob ich im Rahmen einer Veranstaltung ein klassisches (und anspruchsvolles) Stück auf dem Klavier spielen will. Ich war technisch längst nicht mehr auf meinem alten Stand, und letztendlich kam es dazu, dass ich wegen Zeitmangels und der Kurzfristigkeit des Auftritts das Stück nicht beherrscht habe - vor allem war mir klar, dass ich bei einem möglichen Fehler eigentlich nicht irgendwas improvisieren konnte. Ich war davor so nervös - es muss das erste Mal gewesen sein, dass ich vor einem Auftritt wirklich geschwiegen habe. Lange Rede, kurzer Sinn: wenn man weiß, man kann auf dem Fretless intonieren, ist man beim Auftritt und vorm Auftritt viel lockerer, und die Zuschauer/Zuhörer merken das.
4) der "perfekt" intonierte Ton liegt meistens nicht mitten auf dem Strich. Dann kommen noch komplexere Sachen hinzu - dass ein ges z.B. nicht immer dasselbe ist, wie ein fis, aber das führt jetzt etwas weit.
5) die Musikerehre. Das ist jetzt ein Grund, dessen Wichtigkeit ich eher weiter unten ansiedeln würde. Aber: du kannst nicht behaupten, du spielst einen Fretless, solange du nicht blind intonieren kannst.
Fazit: "loszocken" ja, aber eher zuhause. Auf der Bühne bringen dir deine 5 Jahre Intonationstraining aber so einiges
