Hallöchen,
wie so oft ist der Hinweis nötig, dass zuerst immer möglichst exakte Ziele definiert werden sollten und erst dann die Auswahl eines dazu passenden Chassis erfolgen kann.
Die leider oft gebräuchliche Vorgehensweise irgendein Chassis aus irgendwelchen Gründen auszuwählen und das dann irgendwie dahin zu zwingen, wo man hin möchte, ist immer deutlich suboptimal.
Schön tief und nicht wahnsinnig laut sind in keinster Weise definiert, ebenso fehlen Zielsetzungen für Gewicht, Größe, Preis, whatever...
Tiefgehender Sub und Kappalite 3015 ist an sich schon keine einleuchtende Kombination.
Der Kappalite hat zwar einen rein theoretisch linearen Hub von knapp 6mm, die Realität sieht leider anders aus. Bereits ab etwa 4mm Hub beginnt das Chassis deutlich zu komprimieren und entsprechend steigen die Verzerrungen an. Bei entsprechendem Tiefgang wird dieser Punkt schon bei vergleichsweise geringem Pegel erreicht.
Ohne zu wissen, welcher Pegel benötigt wird, kann man also keinerlei Aussagen treffen, wie tief man den Nutzbereich ausdehnen kann und ob der 3015 überhaupt in der Lage ist, die Anforderungen in Br zu erfüllen.
Für eine E-Bass-Box mag das Kompressionsverhalten durchaus erwünscht sein, um den Sound anzufetten, hat dann aber eben mit präziser und neutraler Wiedergabe nichts mehr zu tun.
Zum Vergleich, der 3015LF erzielt im identischen Gehäuse mit identischer Abstimmung für tiefreichende Subanwendung bis zu 8dB mehr Maximalpegel, bevor die Verzerrungen ein kritisches Maß übersteigen. Ein 3015LF kann in solchen Anwendungen also problemlos 2 3015 ersetzen.
Das Frequenzverhalten im Tieftonnutzbereich ist dabei praktisch identisch, also auch die notwendigen Equalizer- und Filterkurven. (siehe Simus 15vs15lf, gerechnet mit 130L/40Hz)
Der 3015 bietet hier also gegenüber dem 3015LF keinerlei Vorteile, nur Nachteile.
Der Kappalite 3015 ist für mich klar für Anwendungen in Tops und Instrumentenboxen positioniert.
Rein theoretisch bringt eine Nutzung unterhalb der Resonanzfrequenz Nachteile mit sich, in der Praxis spricht nichts gegen Ausdehnung des Nutzbereiches nach unten, aber der erreichbare Maximalpegel nimmt stark ab.
Anbei Simus einmal mit Gehäuse 65l und Abstimmfrequenzen 70, 60, 50, 40, 30Hz und 130l mit Abstimmfrequenzen 70, 60, 50, 40, 30Hz. (Die Stufen sind willkürlich und definieren natürlich verschieden große Abstände)
Bei identischer Abstimmfrequenz sind die erreichbaren Maximalpegel relativ identisch, aber die notwendigen Filterkurven unterscheiden sich deutlich. Die kleinere Box braucht deutlich mehr Bassanhebung für lineare Übertragung, das Amping und Controlling wird also deutlich mehr gefordert.
Man erkennt deutlich, dass bereits ab Abstimmfrequenzen ab 60Hz die Entlastung des Chassis im oberen Bassbereich durch den Resonator stark eingeschränkt ist. Die mechanische Leistungsfähigkeit des Chassis limitiert den Maximalpegel.
Je tiefer die Abstimmung rutscht, desto mehr nähert sich das Verhalten im oberen Bassbereich einer geschlossenen Box. Siehe dazu die Simus 65cb, die eine geschlossene 65l-Box vergleichen mit der 65l-Br-Variante.
Man sieht auch, dass sich die notwendigen Filterkurven immer mehr annähern.
Die Simu 65cb...grpdly zeigt die Gruppenlaufzeit, man erkennt hier deutlich die Vorteile der geschlossenen Konstruktion, die massive Schwäche der sehr tiefen Abstimmung mit einer Gruppenlaufzeit von 16msec bei 20Hz, aber Vorteilen im Nutzbassbereich gegenüber den höherliegenden Abstimmungen.
Man erkennt auch, dass die höherliegenden Abstimmungen zwar insgesamt die Gruppenlaufzeit weniger verzögern, aber die Punkte höchster Gruppenlaufzeit in wichtigen Nutzbassbereichen haben.
Die Simu 65cb...codis zeigt die Membranauslenkung bei 150Watt Eingangsleistung, man erkennt den deutlichen Anstieg der Membranauslenkung unterhalb der Abstimmfrequenz, hier zeigt sich die Wichtigkeit von angepassten Hochpassfiltern, insbesondere bei den hoch abgestimmten Boxen.
Was deine letzte Frage angeht: Beim Kappalite sollte normalerweise keine Auslenkung über den Einbaurand hinaus möglich sein. Trotzdem ist nie auszuschliessen, dass einzelne Impulse bei starker Übersteuerung oder Clipping schon unter Schädigung des Schwingsystems die Membran über den Rand hinweg auslenken. Das würde dann zu schweren Schäden an der Membranstruktur führen.
Halte ich aber eher für ein theoretisches Problem, weil zu diesem Zeitpunkt das Chassis bereits dauerhaft beschädigt wäre.
Ich empfehle normalerweise Xmaxmech mal Faktor 1,5 als Mindestabstand zwischen vorderstem Punkt der Schwingeinheit in Nulllage zum Frontgitter.
Ciao, Deschek