Hallo,
das passt ja wie Faust auf's Auge. Seit einiger Zeit suche ich eine Gitarre als Ersatz für meine Stagg PRS-Kopie. So schlecht ist sie nicht (na ja, perfekt auch nicht), aber nachdem ich seit einem Jahr eine Pacifica 112V besitze, stelle ich fest, dass ich mich auf der Pacifica wie zu Hause fühle und auf der Stagg einfach nicht. Mit dem Sound oder der Optik hat das allerdings nichts zu tun, die Stagg ist wunderschön und mit ihren Humbuckern (die mich von Clean bis Blues/Rock nicht meckern lassen), ist sie vom Klang so verschieden, dass ich sie nicht weniger spiele (vielleicht sogar mehr) als die Pac. Trotzdem, auf dem Hals der Yamaha fühle ich mich viel wohler, als auf dem der Stagg.
Die Saitenlagen sind durchaus vergleichbar, die Pacifica hat vielleicht eine Nase vorn, aber das ist nicht alles. Die Breite der Hälse unterscheidet sich nicht weiter, wenngleich der Hals der Stagg aufgrund des kleineren Griffbrettradius schmaler scheint. Natürlich, die Mensur der Stagg-PRS ist ein wenig kürzer, aber ob ich im 10. Bund auf der Yamaha oder im 9. Bund auf der Stagg spiele, ändert nichts an der Vorliebe für die Pac. Verschiedene Saitenstärken auf beiden Gitarren ändern auch nichts an der Tatsache, dass ich den Hals der Pacifica bevorzuge.
Ich habe zuerst gedacht, dass es eventuell der Griffbrettradius sei, der entscheidend ist. Die Information der Vorteile und der Unterschiede der einzelnen Radien hält sich in Grenzen.
Im Allgemeinen scheinen die kleineren Radien besser für das Greifen von Akkorden zu sein, während die weiteren Radien mehr Komfort für das Solo-Spiel bieten, insbesondere bei Bendings. Einige Gitarren haben daher am Sattel einen kleineren Radius der zum Korpus hin grösser wird, z.B. die Jackson MG-Modelle (12" - 16" (305 mm - 406 mm)), damit in den unteren Lagen Akkorde gegriffen werden können und in den oberen Lagen die Solo-Einlagen erleichtert werden.
Interessanterweise hat eine handelsübliche Geige einen Halsradius von lediglich 42 mm, also weniger für ein ausgeprägtes Solospiel als vielmehr für Powerchords geeignet. (-:
Was ich im Netz an Halsradien gefunden habe:
Stratocaster vintage: 7.25" (184.1 mm)
Stratocaster modern: 9.5" (241 mm)
PRS 10" (254 mm)
Les Paul 12" (305 mm)
Yamaha Pac 13 3/4" (350mm)
Ibanez RG 15 3/4" (400 mm)
Aber der Griffbrettradius ist nicht alles, die Halsform auf der Rückseite hat einen entscheidenden Einfluss. Meine Stagg ist etwas fleischiger, etwas dicker und auch von der Form (eher C als D) anders. Wenn ich Barree-Akkorde spiele, habe ich ein besseres Gefühl auf der Stagg für meine Handhaltung, da der Hals einfach besser "anzufassen" ist. Von diesem guten Gefühl auf der Rückseite des Halses kommt leider nicht viel auf dem Griffbrett an.
Zwei Dinge, die mir bleiben, und die mir bei einigen Anspielen auf der Suche nach dem Stagg-Ersatz hängengeblieben sind:
1) Wie ist die Halsrückseite lackiert? Hört sich dämlich an, aber (fast) alles was ich an eingeleimten Hälsen gespielt habe, gab mir kein gutes Gefühl. Vielleicht ist es mehr Einbildung, fühle ich mich doch so wohl auf dem samtigen und holzigen Yamaha-Hals, dass ich die Paulas dieser Welt mit den in Lack gefallenen Hälsen schon mit einem unangenehmen Gefühl gegenüberstehe.
2) Die Bundstärke: Medium-Bünde sind nicht glech Medium-Bünde. Hier ist wohl der grösste Unterschied von allen. Beide, sowohl meine Yamaha als auch meine Stagg haben Medium-Jumbo-Bünde, allerdings könnte der Unterschied nicht grösser sein. Die Bünde auf der Yamaha sind deutlich höher und breiter als die der Stagg. Ich glaube, das ist der letzlich ausschlaggebende Punkt, warum ich mich auf dem Yamaha-Hals so wohl fühle. Ich weiss, hier kann ich die Saiten leichter greifen, ohne dass mir ein Schnarren entgegenkommt, wenn ich einmal nicht 100% am Bundstab treffe. Barre-Akkorde sind leichter zu spielen, da ich durch mehr Druck die (naturgegebenen) anatonischen Gegebenheiten meines Fingers ausgleichen kann.
Ich fühle mich sicherer auf diesem Hals und damit wohler. Und vielleicht ist es Einbildung, aber wenn ich in ein Musikgeschäft gehe und ich habe einen ähnlichen Hals in der Hand, fühle ich mich gleich wie dahem an meiner Pacifica. Es ist durchaus möglich dass auch ein psychologischer Faktor aufgrund der eigenen Erfahrung eine Rolle spielt.
Es wäre interessant, weitere Meinungen zu diesem Thema zu lesen, eine wichtige "Take away message" von thowa ist, auf jeden Fall die Gitarren, die man kaufen will, anzuspielen und sich nicht blind auf die Empfehlungen im Internet (und auch in diesem Board) zu verlassen.
Alles Liebe, Enno