Helikonbässe ?

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Kalle Wirsch
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ich hab schon öfters auf Helikonbässen gespielt. Und für bestimmte Musik gibt's wahrscheinlich kaum etwas passenderes, als diesen fetten Basssound. Meine Morino VN kommt mir dann immer vor, also würde mein Veteran gegen Carl Lewis auf der 100m-Strecke antreten.

Kann mal jemand erklären, was technisch dahintersteckt - wie es sich anhört weiß ich.
 
Eigenschaft
 
Hallo,

da steckt technisch auch nicht viel mehr dahinter als bei den normalen Basszungen. Es ist nur so, dass man aus Platzgründen beim normalen Akkordeon ab einer bestimmten Tontiefe Gewichte auf die Zungen lötet, um überhaupt so weit herunterzukommen. Das geht aber nur bis zu einer gewissen Grenze, sonst bleibt vor lauter Gewicht keine Zunge zum Schwingen mehr übrig.

Die Helikonzungen sind meist mindestens doppelt so lang und auch doppelt so breit, so dass man den ganzen Zungensatz tiefer legen kann und auch keine Gewichte braucht. Durch den viel größeren Querschnitt ändert sich die Lautstärke und auch das Oberwellenspektrum. Für das Ansprechen der Zungen ist unbedingt jeweils eine Beibasszunge (Eine Oktave höher) erforderlich, sonst kann es passieren, dass die Dinger gar nicht erst losgehen.

Ich habe mal vor Jahren aus Spaß meine allererste Atlantic auf Helikon umgebaut. Das war zwar eine üble Fummelei, denn um die Dinger überhaupt platzmäßig unterzubringen, musste ich einen neuen Stimmstock aus sehr dünnem Blech anfertigen. Mit Holz wäre es wegen der Materialstärke nicht gegangen.

Ich habe versucht, ein Bild anzuhängen, auf dem man den Helikonsatz sehen kann. Ob es klappt, weiß ich noch nicht, weil ich das hier zum ersten Mal mache. Schau'n wir mal.

Gruß Claus





002.jpg
 
Kleine Berichtigung: Die Helikonbässe brauchen keine kleine Zunge zum Anschwingen. Viele Akkordeons haben nur einen Helikonbaß und dann kommen schon die Begleiter, die nicht mit diesem gekoppelt sind.
Die Zungen sind breiter als normale, ein bißchen länger (doppelt geht vom Platzbedarf gar nicht) und gehen nur bis zum c oder ev. A. Aufgrund anderen Beschaffenheit braucht man auch weniger Gewichte.

Grüße

Ippenstein
 
Durch den viel größeren Querschnitt ändert sich die Lautstärke und auch das Oberwellenspektrum.

Da die Zungen länger sind, wie Ippenstein und Musikerclaus schon beschrieben haben, kann die Helikonbasszunge auch weiter ausschwingen. Damit die dann auch, wenn se am Schwingen ist, auch genügend Druck aufbaut, der sich in Lautstärke umsetzen lässt, wird die Stimmplatte in den allermeisten Fällen keilförmig gestaltet, so dass die Zunge sich länger im Kanal der Platte bewegt und durch den Luftdruck weiter durchgedrückt wird, als bei normalen Platten. Denn sobald die Zunge durch die Platte durch und auf der anderen Seite heraus schwingt, wird ja wieder eine Öffnung frei, die die Luft frei durchlässt, womit die Zunge keine Luftdruckunterstützung mehr zum Schwingen hat.
Somit hat man dann doppelten Nutzen - einerseits durch die längere und breitere Zunge wird mehr Luft in Bewegung gesetzt = mehr Schallluft. Durch den längeren Weg im Plattenkanal wird die Zunge stärker ausgelenkt, als ohne diese Unterstützung = mehr Schalldruck. Beides zusammen = ist mächtig "Rmmms tata".

Dass die Helikonzungen auch ohne Beibasszunge anschwingen und auch so betrieben werden, habe ich schon mehrfach gelesen und gehört, untergekommen ist mir so ein Beispiel bislang noch nicht. Die weitaus am meisten verbreitete Form ist schon , die Helikonzunge zusammen mit einer Beibasszunge.
Die lange Helikonbasszunge braucht schon etwas länger zum anschwingen, als die Beibasszunge. Und das Anschwingen geht schon schneller, wenn durch die schon vorher angeschwungene beibasszunge die Luft in der entsprechenden Frequenz mitschwingt, denn dadurch entstehen auch mit der Schwingung Luftdfruckunterschiede - es entstehen also im entsprechenden Rhytmus auch zum richtigen Zeitpunkt Maximas beim Luftdruck. Und die helfen dann die große Zunge entsprechend schneller in Fahrt zu bringen, da nun ja ein klein wenig mehr an Luftdruck zur Verfügung steht.

Wie gesagt, es geht auch ohne Beibasszunge - nur gehts mit halt schneller! Und weil es den meisten Helikonbassspielern ja sehr drauf ankommt, dass der Bass schnell und kräftig "Rrrrmmms tata macht" werden die meisten Helikonplatten eben quasi mit "Turbolader" gebaut.

Ein Beispiel einer typischen Helikonbasszunge habe ich auf der Musikmesse auf dem Stand von Harmonikas fotografiert. In dem Fall noch ohne noch zu montierende Ventile, so dass man im Kanal der Gegenzunge gut erkennen kann, wie die Platte eine Keilform hat.

Gruß, maxito
 

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Hallo Max,

diese Art der Zungen findet nur in Harmonikas Anwendung, da aufgrund weniger Bässe der Platz auch da ist. Bei Akkordeons ist eben die "einfache" Helikonplatte verbaut (Bild von Claus). Bei Instrumenten wie der WM Monte gibt es als Baß nur den Helikonchor. Bei der Thomann Alpin gibt es noch den Beibaß, der durch einen Koppler mitsamt den Begleitchören hinzugeschalten wird.

Grüße

Ippenstein
 
Hallo Max,

diese Art der Zungen findet nur in Harmonikas Anwendung, da aufgrund weniger Bässe der Platz auch da ist. Bei Akkordeons ist eben die "einfache" Helikonplatte verbaut

AHA!

Damit ist dann auch klar, warum die Harmonikas mit Helikon noch wesentlich kräftigeren "Rmms tata" machen, als Akkordeons, die Helikonbässe eingebaut haben!:)

Gruß, maxito
 
Wobei die Helikonzungen jeweils gleich sein müssten. Ich denke, daß da dann der Beibaß noch einiges reißt, aber dazu müsste man das ganze mal unter die Lupe nehmen. Wenn ich z.B. an Willis Beltuna denke, vor der wir in Ehrfurcht erstarrt waren... :)
 
Wenn ich z.B. an Willis Beltuna denke, vor der wir in Ehrfurcht erstarrt waren...

welches dann in Bildform so aussieht:

Wobei man hier sehr gut auf die Beibässe sieht - die eigentlichen Helikonplatten sind oben flachliegend unter dem Abdeckblech angebracht.

Gruß, maxito
 

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Ja, Willis Beltuna hat auch einen Koppler, um den Helikonbaß an die anderen Chöre zu koppeln. Wie Du auch siehst, haben die beiden Baßchöre getrennte Kanäle.

Viele Grüße

Ippenstein
 
Habe die Ehre,
Die Bässe sind zweichörig und Akkorde auch zweichörig, es gibt keine Bassregister oder Schaltmöglichkeiten falls Du sowas mit Koppler meintest.

Dieses Akkordeon mit helikonähnlichen Bässen habe ich gebraucht gekauft und es hat äußerlich schon deutliche Gebrauchsspuren hihi.
"Echte" Helikonbässe von diatonischen "Ziachen" sind noch mal eine andere Liga mit solchen Stimmplatten wie Maxitos Beitrag hier zeigt.
(Man erkennt auf seinem Bild nicht die tatsächliche Größe solche Stimmplatten, das sind echte Monster 12..15cm lang :D, deswegen passen auch 12 davon nicht mehr in ein Akkordeon, diatonisch geht das noch, das steckt dahinter)

.. aber schaun wir trotzdem mal unter die Haube der Beltuna, da findet sich eine große Stimmplatte für alle tiefen Basszungen. ;) es gibt auch nur 24 ziemlich große Klappen.

Der Schachtkasten ist eine Bastelei, der war nicht serienmäsig ab Werk, hat sich für meine Ohren so besser angehört und koppelt weniger durch auf den Diskant.
Das Durchkoppeln ist bei so großen Zungen immer eine Charakteristik, das geht nie ganz weg. Bei einfacher Dur/Moll-Tonalität stört das aber nicht es gehört m.M. vielmehr zum typischen sound.

attachment.php


attachment.php


da sind noch ein paar Bilder: https://www.musiker-board.de/members/52887-albums3456.html

könnte ja mal versuchen soundbeispiele aufzunehmen wenn interesse besteht

Das AKkordeon hat übrigens (durch Umbau) 4chöre mit 8' im Diskant und ist so gestimmt das jeweils 3-chörig symetrisch eine "flache" und/oder eine stärkere Schwebung möglich ist.

Servas,
Balgseele
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Durchkoppeln ist bei so großen Zungen immer eine Charakteristik, das geht nie ganz weg.
Was meinst du mit Durchkoppeln, dass der Bass sich auf die Diskant-Zungen auswirkt? Das gibt's ja auch bei normalen Basszungen. Aber die Konstruktion in deiner Beltuna ist schon außergrwöhnlich. Aber wie man schon mehrfach hören konnte, sehr gelungen.

Sehe ich das eigentlich falsch, dass es dann einen fließenden Übergang von "normalen" Stimmzungen zu Helikon gibt? Im Prinzip scheinen die ja nichts besonderes zu sein nur eben etwas länger und manchmal mit Beizunge.

Vielleicht können wir auf einem der nächsten Treffen mal vergleichen, wer den größten (Bass) hat. Oder sind die Heliköner untereinander dann wieder vergleichbar - so wie ich die Szene kenne, bestimmt nicht.

Gruß Leo
 
Hallo Leo,

auch bei den Helikonbässen gibt es Unterschiede. Sie dürften von der Größe der Zungen standardisiert sein, jedoch gibt es ebenfalls unterschiedliche Qualitätsstufen und dann auch, ob durchgehende Platte oder jede Stimme für sich.

Viele Grüße

Andreas
 
Hallo Leonhard,

stimmt, so im Großen und Ganzen sind Helikonstimmplatten wie sie im Akkordeon eingebaut sind eigentlich nur eine überdimensionale Bassstimmplatte. Mit dem einen Unterschied, dass die Platten nicht parallel sind wie die normalen, sondern angepasst auf den größeren Arbeitshub der Helikonplatten Keilförmig ausgebildet sind.

Wie man hier auf Wikipedia ganz gut an den Beispielbildern sehen kann:

http://de.wikipedia.org/wiki/Helikonstimmplatten

Gruß, maxito
 
Hallo,

bis jetzt habe ich immer geglaubt, dass die Helikonbässe eine Nachkriegs-Erscheinung wären. Heute bin auf der Suche nach einem alten Instrument zufällig im Hohner-Katalog von 1932 auf zwei diatonische Instrumente (Mod. 234 und 235, Preis 347 bzw. 362 RM)) gestoßen, die bereits Helikonbässe besaßen.

Folgende Angaben: Vierchörig, verstärkte Stimmung mit tiefer Oktave, 23 Melodietasten und 4 Hilfstasten, 8 bzw. 10 Basstasten.

Grundbässe 5fach, Helikon verkoppelt, Begleit-Akkorde 9fach verkoppelt.
Zwei Diskantregister zum Ein- und Ausschalten der Oktav- und Tremolostimmung, wodurch sich 1-, 2-, 3- und 4-chörig spielen lässt.
Ein Bassregister zum Umschalten der Grundbässe von 5- auf 3-chörig und der Begleitakkorde von 9- auf 3-chörig.

Gruß Claus

---------- Post hinzugefügt um 19:41:43 ---------- Letzter Beitrag war um 17:52:22 ----------

Kleine Berichtigung: Die Helikonbässe brauchen keine kleine Zunge zum Anschwingen. Viele Akkordeons haben nur einen Helikonbaß und dann kommen schon die Begleiter, die nicht mit diesem gekoppelt sind.
Die Zungen sind breiter als normale, ein bißchen länger (doppelt geht vom Platzbedarf gar nicht) und gehen nur bis zum c oder ev. A. Aufgrund anderen Beschaffenheit braucht man auch weniger Gewichte.

Grüße

Ippenstein

Hallo,

ich habe nichts gegen Korrekturen, aber in dem Fall bin ich halt anderer Meinung. Damals, als ich die Atlantic umgebaut habe, hat mir mein Freund in Castelfidardo einen Plattensatz mit einer Zungenlänge von 112 mm besorgt. Die Helikonplatten sind nämlich nicht im geringsten genormt; man bekommt sie in verschiedensten Ausführungen. Und Gewichte braucht man bei diesen Zungen überhaupt nicht, wie Du auf dem Bild ja sehen kannst.

Um solche Riesendinger anzuwerfen, ist ein Beibass unbedingt erforderlich, sonst kann man lange warten, bis sie anspringen.

Irgendwelche Zwergenzungen, die nur unwesentlich länger sind als die normalen Basszungen, würde ich nicht unbedingt als Helikons bezeichnen.

Gruß Claus
 
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Was meinst du mit Durchkoppeln, dass der Bass sich auf die Diskant-Zungen auswirkt?
Sehe ich das eigentlich falsch, dass es dann einen fließenden Übergang von "normalen" Stimmzungen zu Helikon gibt?
Im Prinzip scheinen die ja nichts besonderes zu sein nur eben etwas länger und manchmal mit Beizunge.
Vielleicht können wir auf einem der nächsten Treffen mal vergleichen, wer den größten (Bass) hat. Oder sind die Heliköner untereinander dann wieder vergleichbar - so wie ich die Szene kenne, bestimmt nicht.
Gruß Leo
Ja, genau das meinte ich mit "Durchkoppeln"
Ja, sehe ich auch so der Übergang richtung Helikon ist beim Akkordeon fliesend, bei Ziach nicht! Da zählt nur ein amtlicher Grunzer sonst nix :D
Bzgl. Treffen und Helikons fällt mir ein: Zupansockes Zupan hatte einen sehr schönen, schnellen aber kräftigen Helikon-bass. Das wäre so ein Kandidat zum reinschauen.
 
Ja, sehe ich auch so der Übergang richtung Helikon ist beim Akkordeon fliesend, bei Ziach nicht! Da zählt nur ein amtlicher Grunzer sonst nix :D

Sehe ich genauso. Ich habe mir von einem Bekannten, der die Unterlagen der Plattenfirmen in Castelfidardo besitzt, sagen lassen, dass die Einzelplatten für Akkordeons mit einer Zungenlänge von 85....120 mm hergestellt werden.

Es kommt halt darauf an, was man im Instrument unterbringen kann. Was die Ziach anbetrifft: Ich habe in Berchtesgaden und Bad Tölz schon einige dieser Instrumente von innen sehen dürfen (Meistens Jamnik); da sind schon ordentliche Zungen drin. Aber alle mit Beibass.

Die Spielweise ist für mich immer verblüffend: Die legen den linken Fuß aufs rechte Knie und haben auch nur einen Riemen an der Kiste; so könnte ich keinen Ton spielen. Aber irgendwie scheint das zu gehen, und das saugut.
Ich kann nur jedem, der mal nach Berchtesgaden kommt, empfehlen, das wöchentliche Konzert im Kurhaus zu besuchen; da sieht und hört man wirkliche Könner.

Gruß Claus
 

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