Ich habe die Theorie, ich brauche Beispiele

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Hallo,

seit einiger Zeit besitze ich das Buch "Die neue Harmonielehre" von Frank Haunschild.
Tolles Buch, wirklich! Hat mir vieles über Harmonielehre näher gebracht. Aber leider muss ich sagen, dass ich das wenigste davon in meine eigenen Kompositionen einbringen kann. Es ist, als ob mir das Wissen über die Theorie plötzlich die Inspiration versperrt.

Ich schreibe Songs teilweise auf die "Nein, den Ton darf ich nicht verwenden, der kommt ja gar nicht in dieser Tonleiter vor"-Art. Furchtbar, ich weiß!
Gerade wünschte ich mir, ich hätte das Buch niemals gelesen ;)

Ich brauche mehr Praxisbeispiele. Selber tue ich mir schwer ein Lied genau zu analysieren, weil mein Wissen nun doch noch nicht so weit ist.
Wie siehts aus, gibts da ein gutes Buch, das mir dabei hilft mein nun theoretisches Wissen mit Praxisbeispielen zu untermalen? Das ist nämlich das Problem beim Haunschild. Seine Beispiele sind halt nur Einführungsbeispiele, aber keine echten Songbeispiele.

Grüße
slugs
 
Eigenschaft
 
Naja, er schreibt ja auch kein Lehrbuch zum Songwriting, sondern ein Harmonielehrebuch. Da verbietet es sich schon vom Konzept her, Songbeispiele ausführlich zu behandeln.

Wenn du mehr Praxisbeispiele brauchst, solltst du dir erst mal drüber klar werden, in welchem Stil du schreiben willst. Bisher schreibst du nicht, ob du Musicalsongs oder Punksongs schreiben willst. Der nächste Schritt ist dann natürlich bewußtes Hören und Analysieren guter Beispiele. Beim Analysieren hilft dir das Werkzeug aus dem Haunschild-Buch. Wenn du die Gesetzmäßigkeiten eines Stils dann nach der Analyse formulieren kannst, kannst du auch eigene Songs in dem Stil schreiben. Dazu solltest du dir aber erst mal über den Stil klar werden.

Harald
 
Sorry, ich vergaß den Stil zu definieren.
Mir geht es vor allem da drum, mich im Bereich des Jazz weiter zu bilden. Gibt es dafür passendes Lehrmaterial?

Aber wenn ich deinen Post richtig verstanden habe, soll ich die Analyse auf eigene Faust angehen, oder?
 
Höre dir Stücke raus, daß es kracht!

Weil du nun weißt, was passiert, kannst du in der Praxis die richtige Anwendung sehen. Natürlich mußt du alle Stücke ganz genau analysieren, klar.

Aus den Stücken kannst du dann eine ganze Reihe an Wendungen erlernen, die du an anderer Stelle und auch in eigenen Stücken wiederverwenden kannst, nur so lernt man das.

Ein Punkt ist auch: Hast du eine neue Wendung, experimentiere, experimentiere, experimentiere und baue sie so oft ein, wie du kannst, überall, immer. Irgendwann sitzen sie und verselbständigen sich, pflanzen sich in Kopf, Händen und Ohr ein und du beherrschst sie.

Das kostet allerdings Jahre - glaube nur nicht, daß du das von heute auf morgen kannst, das muß geübt und explizit im Kämmerchen exerziert werden, bis die Finger bluten, das Ergebnis wird dich aber jeden Tag ein Stück mehr erfreuen, es heißt nur: Dranbleiben!
 
Höre dir Stücke raus, daß es kracht!

Na gut. Dann wohl auf die Tour. Allerdings, meine Fähigkeiten zum raushören von Stücken sind begrenzt.

Mit Saiteninstrumenten, wie Gitarren und teilweise auch Bass habe ich keine Probleme. Aber, wenn es dann komplexer wird, sprich, Bläser und Piano etc. kommen noch dazu wirds schon schwieriger. Vor allem, ich habe ja nicht wirklich Kontrolle darüber, ob ich das jetzt richtig rausgehört habe oder nicht. Werde mir wohl zusätzlich noch Noten besorgen müssen. Damit wirds dann auf jeden Fall klarer!

Eines macht mir beim Raushören aber immer noch Probleme:
Trotz des Buches, ist mir eine Sache noch nicht klar. Ich habe bei einem Stück x, das in der Tonart E-Dur ist, einen gewissen Akkord rausgehört, sagen wir mal einen Ej7, der an der Gitarre folgendermaßen gegriffen werden könnte.

Code:
-7-
-5-
-8-
-6-
---
---
Woher weiß ich denn jetzt, ob es sich hierbei um einen Ej7 handelt? Es könnte doch genauso ein g#add13- sein.
Oder Am7 und C6 usw. (bei Tonart C-Dur)

Ich weiß, das passt hier gar nicht mehr rein, aber vielleicht ists ja gar nicht nötig einen extra Thread zu eröffnen.
 
Wenn du Jazztitel schreiben willst, bewegst du dich ja in einem recht gut erforschten Feld. Zur Jazztheorie ist das Haunschild-Buch ein Einstieg, dazu würde natürlich auch z.B. "Das Jazz Theorie Buch" von Mark Levine passen. Du kannst auch nach dem 5-Punkte-Algorithmus von "How to Write Jazz Tunes" vorgehen :).

Kennst du die üblichen Formen im Jazz wie den 12taktigen Blues und die 32-taktige Songform mit ihren typischen Akkordverläufen? Wenn nicht, wäre das der erste Einstieg, denn das sind die beiden wichtigen Formmodelle im traditionellen Jazz. Du solltest probieren, einen 32-taktigen Song über Rhythm Changes zu schreiben.

Allerdings, meine Fähigkeiten zum raushören von Stücken sind begrenzt.

Raushören ist auch nicht so dringend nötig, denn es gibt genügend Songbooks und Fake books, wo Modelle drinstehen.

Mit Saiteninstrumenten, wie Gitarren und teilweise auch Bass habe ich keine Probleme. Aber, wenn es dann komplexer wird, sprich, Bläser und Piano etc. kommen noch dazu wirds schon schwieriger.

Aber gerade die Saiteninstrumente sind doch schwerer herauszuhören, weil sie im Kontext der Rhythmusgruppe eher untergehen. Der Bass dürfte da noch einfacher herauszuhören sein als die typische Jazzgitarre.

Ich habe bei einem Stück x, das in der Tonart E-Dur ist, einen gewissen Akkord rausgehört, sagen wir mal einen Ej7, der an der Gitarre folgendermaßen gegriffen werden könnte.[...]Woher weiß ich denn jetzt, ob es sich hierbei um einen Ej7 handelt? Es könnte doch genauso ein g#add13- sein. Oder Am7 und C6 usw. (bei Tonart C-Dur)

Hängt vom Bass ab, denn der Bass hat sehr viel harmonische Aussagekraft. Wenn der Bass ein E spielt und dieses E eine wesentliche Position im Takt hat (lang andauernd oder beginnend auf Schlag 1), ist E-Dur sehr wahrscheinlich. Eingrenzen kann man es durch die harmonische Fortschreitung: wenn's nach a-Moll weitergeht, war es vorher E-Dur. Da wäre zwar dann eher E7 wahrscheinlich nund nicht Emaj7, aber solche Schlußfolgerungen sind wichtig zur Akkordbestimmung.

Und zuguterletzt ist es so: wenn du als Hörer wahrnimmst, daß da ein Emaj7 klingt, ist es schnurzegal, ob z.B. durch einen Spielfehler der Pianist dachte, es wäre Akkord x angesagt, der Gitarrist spielt Akkord y und der Bass ein E: wenn das klingende Resultat Emaj7 ist, dann ist das des Pudels Kern.

Ich weiß, das passt hier gar nicht mehr rein, aber vielleicht ists ja gar nicht nötig einen extra Thread zu eröffnen.

Doch, es würde durchaus Sinn machen. Dieses Forum ist nach Threads geordnet, die idealerweise Themen abbilden. Wenn du ein neues Thema hast, suche dir das passende Unterforum und poste ruhig einen neuen Thread.

Harald
 
Wenn du Jazztitel schreiben willst, bewegst du dich ja in einem recht gut erforschten Feld. Zur Jazztheorie ist das Haunschild-Buch ein Einstieg, dazu würde natürlich auch z.B. "Das Jazz Theorie Buch" von Mark Levine passen. Du kannst auch nach dem 5-Punkte-Algorithmus von "How to Write Jazz Tunes" vorgehen :).
Super! Ich denke solch ein Buch, das ja nun sehr in eine spezifische Richtung geht + praktische Beispiele an Songs könnten mir sehr dienlich sein.

Kennst du die üblichen Formen im Jazz wie den 12taktigen Blues und die 32-taktige Songform mit ihren typischen Akkordverläufen? Wenn nicht, wäre das der erste Einstieg, denn das sind die beiden wichtigen Formmodelle im traditionellen Jazz. Du solltest probieren, einen 32-taktigen Song über Rhythm Changes zu schreiben.
12bar Blues, na klar. 32-taktige Songform nein. Das ist außerdem ein sehr interessanter Link über Rhythm Changes. Hatte ich vorher auch noch nie gehört!


Aber gerade die Saiteninstrumente sind doch schwerer herauszuhören, weil sie im Kontext der Rhythmusgruppe eher untergehen.
Das kommt natürlich auf die Musikrichtung an. Ich bin bei meinem Statement von meiner bisherigen Erfahrung ausgegangen. Das ist sehr gitarrenlastiger Bluesrock (z.B. Eric Johnson) wo die Gitarre so weit im Vordergrund steht, dass einem die Akkorde ja praktisch schon auf dem Silbertablett serviert werden.

Ich habs heute gemerkt: Bei der typischen Jazz-Gitarre wird es echt schon schwieriger!



Hängt vom Bass ab, denn der Bass hat sehr viel harmonische Aussagekraft. (...)
Ok, DAS ist mal eine Aussage, mit der ich etwas anfangen kann. Habe das mal bei ein paar Songs von den Großen probiert und dann mit Einträgen aus Noten/Tabulaturen verglichen und lag damit eigentlich immer richtig!

Doch, es würde durchaus Sinn machen. Dieses Forum ist nach Threads geordnet, die idealerweise Themen abbilden. Wenn du ein neues Thema hast, suche dir das passende Unterforum und poste ruhig einen neuen Thread.
In Zukunft werde ich das beachten. Bin ja praktisch noch Neuling :rolleyes:

;)
 
Mir geht es vor allem da drum, mich im Bereich des Jazz weiter zu bilden. Gibt es dafür passendes Lehrmaterial?

Ja, gibt es. Und zwar tausende und abertausende von CDs und Platten von Jazzmusikern.

Das soll kein "pampig" gemeinter besserwisserischer Kommentar sein, sondern ein tatsächlich wohlgemeinter Rat. Hör´ Dir die Musik an, die Dir gefällt, und hör´ sie Dir BEWUSST an. Und versuche, das Gehörte nachzuspielen oder nachzusingen (!). Mir ist klar, daß ein 1:1 nachspielen nicht möglich sein wird ... aber ich meine auch jeweils den "Kern" der Sache, die Struktur, das harmonische Geschehen, gewisse fundamentale melodische Linien und Rhythmen ...

Dabei werden sich - wahrscheinlich - jede Menge "Detailfragen" ergeben. DIE kannst Du dann gezielt (!) nachlesen oder (hier) posten.

Aber sich "im Jazz weiterzubilden", ohne viel (SEHR viel) davon zu hören, sondern Bücher darüber zu lesen, halte ich, gelinde gesagt, für problematisch. Man wird (nehme ich an) auch kein Koch, indem man (nur) Rezepte auswendig lernt ...

LG, Thomas
 
Das soll kein "pampig" gemeinter besserwisserischer Kommentar sein, sondern ein tatsächlich wohlgemeinter Rat.
(...)
Man wird (nehme ich an) auch kein Koch, indem man (nur) Rezepte auswendig lernt ...

LG, Thomas

Habe ich nicht so empfunden. Ich weiß genau, wie du es gemeint hast.
Gutes Beispiel am Schluss!

Es war heute zwar kein Jazz-Stück, aber ich habe einen Song hergenommen (momentan noch recht simple, aber hey, Einfachheit hat auch ihren Charme) den ich schon seit Jahren höre, ihn nun aber mal mit Stift und Papier und Notenpapier auseinander genommen. Habe darauf geachtet, wie die Hauptthemen des Stücks aussehen, wie sie letztendlich in der Songstruktur verbaut sind, wie die Übergänge/Tonartwechsel geschen, was der Drummer macht um Part B klar von Part A abzugrenzen und einfach drauf geachtet, wie das Feeling des Songs in den einzelnen Punkten wechselt (ist es ein dynamischer Song, oder eine reine Hau-Drauf Geschichte?)

Zum Schluss habe ich mir den Song graphisch aufgezeichnet. So als würde man ihn mit all seinen Instrumentenspuren z.B. in einem Cubase-Projekt vor sich haben und ich muss sagen, ich hab dabei eine Menge gelernt.
War wirklich eine tolle Erfahrung. Und das obwohl ich den Song eigentlich in und auswendig kannte. Aber dieser andere Blickwinkel hat mir viel neues gezeigt.
 
Ja, und das Lernen hört nie wieder auf, egal, wie lange Du das noch weitertreiben wirst. Aber die Menge der Situationen, die Du schon "KENNST", die wird dauernd größer und größer, und die unklaren, neuen Situationen werden selter und weniger mit der Zeit ...

Papier und Bleistift habe ich persönlich zwar nie für derartige Zwecks benutzt, aber das ist wahrscheinlich eine frage des persönlichen Zugangs. Ich war eher der Nachsinger ... Es geht ja auch "nur" darum, sich das Gehörte BEWUSST zu machen und zu kapieren, was da alles gerade passiert, und dieses Wissen auch KLANGLICH im Hirn abzuspeichern, und über dieses Wissen im Bedarfsfall zu verfügen.

Essentiell scheinen mir primär rhythmische Strukturen ... aber über die läßt sich sehr schwer reden. Aber verinnerlichen kann man sie trotzdem. Dabei meine ich gar nicht Rhythmen des Schlagzeuges oder so, sondern die rhythmische Art und Weise, wie Jazz-Phrasen angegangen werden. Das läßt sich nur durch viel Anhören und Nachmachen erlernen, um ein Gefühl für diese Sprache zu kriegen. Hör mal BegleitPianisten zu, WIE sie rhythmisch begleiten, in welche rhythmischen Motive sie ihre Begleitakkorde packen ...

Was die Harmonik angeht würde ich ein Gefühl entwickeln wollen für "standardisierte" Abläufe, die in Hunderten Songs immer und immer wieder gleich sind : Welche Mölichkeiten der 32-taktigen Liedform gibt es (AABA)? Wie schaut der "Standard"-Blues harmonisch aus ? Welche harmonischen Möglichkeiten einer "Bridge" gibt es ? Oder ... noch grundlegender ... wie funktioniert ein Turnaround ... ?

Konzentriere Dich vorerst auf die Standard-Varianten all dieser Dinge. Was Dir im Moment zu kompliziert erscheint, lass´ liegen ... Du wirst später noch genügend Möglichkeit haben, wieder einmal darauf zu stoßen ... und dann mit einer bereits geschulteren Hörerfahrung ...

Laß´ wissen, wenn man Dir irgendwie zur Hand gehen kann bei Deinen Bemühungen ... :)

LG, Thomas
 

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