Improvisation/Welche Tonleiter?

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Jazzzz
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Hallo ^^, ich hätte da mal zwei Fragen:

1. Dur-/Mollpentatonik: Wann benutzt man sie? Kann ich über ein Stück, was z.B. in D-Dur geschrieben ist durchgehend die D-Dur-Pentatonik spielen? Und ich meine mal gelesen zu haben, dass man über z.B. A-Dur die A-Moll-Pentatonik spielen kann...?!

2. Mal eine Frage zum Improvisieren:
Ich beschäftige mich jetzt schon länger mit dem Thema (Besonders mit Jazzimprovisation...^^)...aber ich komme irgendwie nicht weiter...Ich lese und lese und werde überhäuft von Tonleitern, die ich über diesen und jenen Akkord spielen kann...Gut, hab ich die ganzen Tonleiter halt gelernt und brav meine Kirchentonleiter Takt für Takt über die Standards gespielt. Doch ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Im Moment spiele ich praktisch Mini-Soli über jeden Takt, weil ich jeden Takt in einer anderen Tonleiter denke...Das ist anstrengend für den Kopf und man HÖRT es...ich kriege es nicht hin, eine zusammenhängende Melodie über mehrere Takte zu spielen...
Ich verstehe dieses "Durch die Changes-Spielen" nicht. Ich spiele irgendwie jeden Change...^^

Man kann ja doch verschiedene Akkorde "zusammenfassen", z.B. II-V-I-Verbindungen...Über drei Akkorde kann man dann eine Tonleiter spielen (also ist ja dann ein und dieselbe, obwohl drei untersch. Starttöne). Aber wenn ich zum Beispiel über Am7, D7, Gmaj7 "G-Dur" spiele...denke ich auch in G-Dur und betone dann die falschen Töne, sodass es sich immer noch komisch anhört.

Ich hoffe, Ihr versteht mein Problem...^^ Entweder denke ich zu viel nach oder...ich weiß auch nicht... ^^ Ich habe das Gefühl, das Improvisieren an sich nicht zu "verstehen".

Ich habe auch mal gelesen, man soll gar nicht so sehr an Tonleiter denken, sondern sich eine Melodie vorsingen und die dann spielen...aber ich glaube, wenn man extrem schnelle Phrasen spielen will, dann kann man gar nicht so schnell "innerlich vorsingen" wie man dann in dem Moment spielt...

Miles Davis zum Beispiel beeindruckt mich sehr. Man hat immer den Drang, die Takte vollzustopfen, und er kriegt es irgendwie hin, wenige, aber dafür präzise und genau passende Töne zu spielen...aber wie macht er das nur? :p

^^ Danke für's Durchlesen. Vielleicht hat ja Jemand einen Denkanstoß oder eine Hilfe für mich. Fühl mich in letzter Zeit, als hätte ich ne "Blockade"...
 
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uff, hallo erstmal :)

Das Mysterium Improvisation, um das sich viele Geheimnisse winden. Du hast durch deine eigene Erfahrung gelernt, dass Skalen nicht alles sind, was Improvisationen ausmachen, und schaust dich jetzt nach den anderen Zutaten um! Dir kann geholfen werden :)

Um es gleich vorweg zu sagen: Alles kann man in einem Forumsbeitrag nicht erwaehnen. Aber es gibt zwei gute Resourcen fuer dich: Erstens, Victor Wootens Groove Workshop, eine Doppel-DVD, in der die Bedeutung aller Aspekte der Musik besprochen werden *AUSSER* den Skalen. Um dir einen Eindruck zu vermitteln: Es geht ausfuehrlich um Technik, Artikulation, Phrasierung, Pausen, Groove, Rhythmus, Emotionen, Dynamik, Zuhoeren. Miles Davis war nicht nur ein Meister der Skalen und Harmonien, sondern ein Meister aller dieser Aspekte, wie du selber zumindest unbewusst gemerkt hast. Wooten hat auch ein Buch geschrieben (The Music Lesson), in dem es um die gleichen Dinge geht aber eher als Geschichte verkleidet statt als Workshop. Die DVDs finde ich zum Ueben hilfreicher. Die andere Resource ist Frank Sikora: Die neue Jazz Harmonielehre. Da steht der ganze Skalenkram ausfuehrlich drin, aber der zweite Teil enthaelt auch viel zum Thema Zuhoeren, Phrasieren, Improvisieren, was Hand und Fuss hat.

So, mit den beiden Quellen koennt ich dich bereits entlassen, aber lass mich noch ein bischen auf die Problematik eingehen. Geschichtlich haben Skalen keineswegs immer die Bedeutung gehabt, die ihnen heute beigemessen wird. Originaere Jazz-Musik war stark Melodie- und Akkordbezogen. Skalen sind auch kein Gesetz, sondern ein Hilfsmittel. Die wichtigste Skala ist immer noch die chromatische, in der alle Toene vorkommen, und es koennen auch alle(!) Toene immer gespielt werden, wenn man sie richtig vorbereitet oder aufloest. Darin liegt natuerlich der Hund begraben, denn das stimmige Einbinden ist oftmals nicht einfach.

Beispiel: Die Avoid-Toene sind Toene, welche die musikalische Aufloesung vorwegnehmen. In Cj7 ist F avoid, weil es die Aufloesung nach F vorwegnimmt, in Dm7 (dorisch) das H, weil es die Terz von G7 vorwegnimmt (leitton!) und in G7 das C, weil es die Tonika vorwegnimmt. Deshalb klingen diese Toene oft schlecht ueber diese Akkorde, weil sie harmonisch nicht stimmig sind. Aber: Bei Modaler Musik (zB Recorda Me) ist der Avoid Note (Sexte ueber dorisch) sogar betonter Teil der Melodie. Weil dieser Ton fuer die dorische Skala markant ist, und bei modaler Musik spielt die harmonische Bewegung keine grosse Rolle (deswegen heisst sie modal!). Also: Die Regeln sind sehr komplex, und kontextabhaengig(!).

So jetzt zu deinen Frage: Zu Pentatonik, tja, die spielt man immer, wenn einem nix besseres einfaellt :D. Auf Dauer kann Pentatonik sehr langweilig sein, weil sie keinen grossen Spannungsgehalt hat. Im Blues und Rock sehr beliebt, im Jazz eher abgedroschen. Wenn du in einem D-Dur Stueck immer D Pentatonik spielst, sorgst du fuer gaehnende Langeweile. Denn ein Musikstueck hat Spannungsboegen, und diese Spannungsboegen solltest du improvisatorisch beachten. Die Akkorde sind ja auch nicht immer C C C C C C C C, sondern C C Dm7 G7, oha, spannend, spannend, Fj7, fast entspannt, Dm7, Db7b9 aeusserst spannend!, und C, ah, angekommen, alles ist wieder gut. Wenn du fuer alle Teile die gleichen paar Toene benutzt, klingt das halt komisch, kann aber natuerlich auch mal als Effekt benutzt werden.
A-Moll Pentatonik ueber A-Dur, vermutlich noch A7, klingt nach Blues. Blues hat seine eigenen musikalischen Gesetze (anderer Kontext!) und da steht der Dominantakkord als Tonika, und die kleine Terz gleichberechtigt zur grossen Terz, das ist sicher moeglich. In diesem Kontext! Woanders waere es ein Fehler, oder eine bewusste Provokation :cool:
Zur inneren Stimme: Sehr wichtig, aber ohne Training und Ueben wird das nichts. Oder so: Von Nichts kommt nichts. Heutzutage wird von Anfaengern im Jazz leider sehr frueh sehr viel abverlangt. Wieviel selbst bei den Profis wirklich "improvisiert" ist, darueber streiten sich die Geister. Einige haben angemerkt, dass sich manche Soli von Charlie Parker schon ziemlich aehnlich sind. Fuer die erfolgreiche Improvisation ist eine gute Vorbereitung wichtig, und alle guten Musiker gehen durch intensive Phasen wo sie andere Kopieren, um sich erst dann mit dem durchdrungenen Material als Ausgangsbasis von der Vorlage zu loesen. Also keine Scheu vor einstudieren und auswendiglernen. Das gehoert auch beim Improvisieren dazu. Mit der Zeit reichert man immer mehr Material an, auf das man dann spontan zurueckgreifen kann. Das ist die Ausgangsbasis. Dazu kommt die Kommunikation mit den Mitmusikern, eingespielte Ensembles die sich gegenseitig kennen und musikalisch innerhalb von Sekundenbruchteilen verstaendigen koennen.
 
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Etwas noch zu Miles Davis: Das beruehmte Solo von So What auf Kind of Blue ist im Internet in Transkription zu finden, es lohnt sich, das mal zu studieren. Beachte, wie Miles Davis Pausen verwendet, und am Ende einer Phrase die gleiche Rhythmische Figur (daa-dab) spielt, und sich von Phrase zu Phrase hoeher schraubt. Achte auch auf die vielfaeltige Artikulation, die jeder Note ein eigenes Leben gibt. Das die Toene auch noch aus der richtigen Skala ausgewaehlt sind, ist dabei fast nebensaechlich. Miles Davis wuerde auch geil klingen, wenn er nur Toene ausserhalb der Skala spielt, weil er alle Aspekte der Musik beherrscht, nicht nur die Skalen. Also zur Uebung: Spiele ein Solo nur mit einem Ton (also einer Tonhoehe), aber versuche, spannung und entspannung reinzubekommen durch Dynamik, oder Artikulation, oder Technik, etc... Oder spiele ein Solo ganz ohne Toene, nur mit Pausen und Geraeuschen. Oder spiele ein Solo nur mit Grundtoenen, nur mit Terzen, nur mit Quinten, der jeweiligen Akkorde etc (probiere alle 12 Toene der chromatischen Skala an allen Positionen, und finde zu jedem Ton eine passende "Geschichte"). Mit diesen Uebungen kannst du dich vom Korsett der Skalen befreien.
 
Wow, danke für die Antwort...^^ Ich habe es jetzt einmal schnell durchgelesen, lese es mir später nochmal in aller Ruhe durch!
 
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Mal wieder ganz großes Kino, dein Beitrag :D

Hab mir aus dem Beitrag auch was abgewinnen können, vielen Dank :)
 
Also ich verfahre immernoch nach dem Leitfaden, den ich mit Vic Wootens Buch the Music Lesson nochmal gefestigt habe, "spiel einfach, und wenn du dich verspielst, bist du höchstens einen halbton von dem richtigen Ton entfernt.".

Also ich kann wirklich garnix damit anfangen, wenn mir jemand sagt, spiel mir mal die A-Dur Tonleiter, aber wenn mir jemand eine Melodie in A-Dur hinschmettert, dann weiß ich wie ich dazu spielen muss. Und nein nicht nur A-A-A-A-A-A-A[...] meistens zumindest. ;)
 
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Bei mir kam das gleiche, als ich den Beitrag bewerten wollte.

Das Buch von Victor Wooten kann ich uebrigens auch sehr empfehlen. Sehr interessant geschrieben und man hat irgendwie immer ein Grinsen dabei auf dem Gesicht.
 
Sehr hilfreich ist auch das Buch "Garantiert Walking Bass lernen". Wer einmal gut walken kann, wird auch wesentlich besser solieren können! Für mich das beste Buch das ich jemals gekauft habe.
 
Danke für alle Antworten!

Das Buch von Sikora habe ich selbstverständlich :D...das ist teilweise aber auch ein wenig kompliziert!
Victor Wooten guck ich mir mal an!

Ich glaube, es ist einfach gut, sich auch nicht zu sehr auf die Skalen zu verkrampfen. Zumindest bin ich damit nicht weiter gekommen ;). Was man spielt, sollte eine Struktur haben, aber nicht zu sehr von den jeweiligen Changes abhängen.

Ich habe jetzt angefangen über Autumn Leaves einfach mal die ganze Zeit "in G-Dur" zu spielen...und das klappte schon besser, als jeden Takt umzudenken...man hört ja dann auch an den Changes, welchen Ton man betonen sollte.
Zwar ist das wieder ein "Back-to-the-roots", weil man ja anfängt, mit einer Tonleiter zu improvisieren, aber irgendwie hilft es :rolleyes:.

Auch mein Basslehrer meinte, man muss mal versuchen, völlig simple und einfache Linien zu spielen...

Mensch, Mensch, Mensch :rolleyes: Improvisation ist schon so ne Sache...

PS: Danke für den Buchtipp ("Garantiert Walking Bass lernen")! Aber ich habe schon das Buch "Walking-Bass" von Andy Mayerl...und krieg den Walking-Bass eigentlich ganz gut hin. Da denke ich eh in Arpeggios und "chromatic approaches"...andere Skalentöne sind meiner Meinung nach meist nicht so passend, weil ja wenigstens einer die Harmonik beibehalten sollte (wenn andere improvisieren) :D
 
PS: Danke für den Buchtipp ("Garantiert Walking Bass lernen")! Aber ich habe schon das Buch "Walking-Bass" von Andy Mayerl...und krieg den Walking-Bass eigentlich ganz gut hin. Da denke ich eh in Arpeggios und "chromatic approaches"...andere Skalentöne sind meiner Meinung nach meist nicht so passend, weil ja wenigstens einer die Harmonik beibehalten sollte (wenn andere improvisieren) :D

Da ja Walking Bass auch improvisiert ist, passt es noch in diesen Thread :) Beim Walken andere Skalentoene verwenden kann mit guten Solisten auch ganz fruchtbar sein, da diese dann Ideen aufgreifen und weiterentwickeln koennen. Das wird natuerlich sehr schnell schwierig und gefaehrlich, kann sich aber lohnen. Besonders die Tritonussubstitution bei 2-5 Verbindungen kann immer auch spontan angewendet werden und gibt schoene chromatische Laeufe, die sich gut zur Steigerung eignen und dem Solisten so ein Sprungbrett geben. Grundsaetzlich gilt beim Walken aehnliches wie auch bei anderen Improvisationen: Es sollte auch mit Dynamik, Phrasierung etc gearbeitet werden. Ein guter Walking Bass ist auch schon ein Solo, zB Ron Carter bei "Hawkin'" auf der Platte Hard Bob Grandpop (Horace Silver) , Minute 4:42-4:46 und ab 4:52.
 
Zum "Walking Bass"-Thema...kennt da jemand evtl. ein Buch mit guten Walking-Bass-Transkriptionen (so von irgendwelchen alten Jazz-Stars :) )?
Bin nämlich gerade bei dem Thema und brauche da mal ein bisschen Inspiration, welche kreativen Wege andere so finden um von Akkord zu Akkord zu kommen.
(Mein 1-3-5-b5-4 geht mir nämlich allmählich auf n Geist)
 
Tendenziell beinahe alle Count Basie Nummern würde ich mal sagen
 
Aha, ok...das ist ein Pianospieler oder?!
Da gibt's sogar Songbooks zu, hätte jetzt aber getippt, dass ist dann kein bassistentypisches Walking-Spiel, weil's ja eben ein Pianomann ist?!
 
Einige Jamey Aebersold Play-Alongs sind fuer Bass transkribiert.
 

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