Improvisationsmöglichkeiten für harmonisch Moll

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cr0$$
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Hallo,

ich arbeite gerade das Buch "Jazz Gitarre" von Michael Sagmeister durch. Im Kapitel über harmonisch Moll schreibt der Autor, dass anders als bei der Durtonlieter es bei harmonisch Moll nicht möglich wäre über alle Stuffeakkorde ihrer Harmonisation zu improvisieren bzw. dass bei harmonisch Moll "eine engere Auswahl" getroffen werden muss. Als die in der Praxis am Häufigsten verwendeten Skalen werden diese hier angegeben: harmonisch Moll (I), ionisch #5 (III) harmonisch dominant (V) und harmonisch vermindert (VII).
Weiß jemand, warum das so ist und was es jetzt genau für die Auswahl von Skalen oder Akkorden bedeutet? Heißt das, dass man nicht mit allen Skalen über alle Akkorde der Tonleiter "drüberspielen" :) soll, also dass bestimmte Skalen nur zu bestimmten Akkorden der Tonleiter passen?

Danke im Voraus und Gruß!
 
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Welcome to the harmony-department Mr. cr0$$.

Was Sagmeister wahrscheinlich damit sagen will bringt er irgendwie nicht richtig rüber.

Es verhält sich so. HM (Harmonisch Moll) ist eine zweckdienliche Gebrauchstonleiter. Sie entstand aus der Notwendigkeit heraus auch in Molltonart einen Leitton zur Verfügung zu haben. Das geschah so, dass man bei NM (Natürlich Moll = Aeolisch) die VII Stufe erhöhte und den Rest aber beibehielt. HM ist also NM + Leitton. Den Leitton braucht man aber vorzugsweise nur bei Dominantfunktion. Von den 7 Stufen der NM Tonleiter haben nur die V und VII Stufe Dominantfunktion.

Durch die Hochalteration der VII Stufe entstand zwischen der bVI Stufe und der VII Stufe ein übermäßiger Sekundschritt, auch Hiatus genannt. Dieses Intervall ist melodisch sehr problematisch und man sucht es zu vermeiden.
Das wiederum ist der Grund warum man die restlichen Stufen von HM, also alle außer V und VII, lieber von den Tonleitern NM und MM (Melodisch Moll) herleitet.


Also:

IIm7b5 nimmt Lokrisch (II Stufe von NM)
bIIIMA7#5 nimmt MM3 (bIII Stufe von MM)
IVm7 nimmt Dorisch (IV von Aeolisch)
bVI Stufe nimmt Ionisch (bVI Stufe von NM)
 
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Vielen Dank für die Erklärung!
Ich glaube, ich hab's kapiert. =)
Man könnte auch die restlichen harmonisch Moll Skalen verwenden, aber es ist einfacher z.B. über ein Maj7 Ionisch zu spielen, statt Lydisch #9 (HM6). Stimmt?
 
Vielen Dank für die Erklärung!
Ich glaube, ich hab's kapiert. =)
Man könnte auch die restlichen harmonisch Moll Skalen verwenden, aber es ist einfacher z.B. über ein Maj7 Ionisch zu spielen, statt Lydisch #9 (HM6). Stimmt?


Ja genau so meinte ich das. Allerdings ist mir bei meinen Ausführungen ein Fehler unterlaufen. Es muss natürlich heißen:


bVI Stufe nimmt Lydisch (bVI Stufe von NM).
 
Allerdings ist mir bei meinen Ausführungen ein Fehler unterlaufen. Es muss natürlich heißen:

bVI Stufe nimmt Lydisch (bVI Stufe von NM).

Nehmen nicht eigentlich alle nichtdiatonischen b-Stufen (nicht nur aber am liebsten) lydisch - sofern sie als maj7 mit "regulärer" Terzschichtung erscheinen?
 
Hallo Hans!

Antwort ist ja, kann aber losgelöst von Stufen betrachtet werden, da Lydisch mit den Optionen 9 / #11 / 13 drei zur Verfügung stehende Tenions besitzt, Ionisch hingegen nur zwei ( 9 / 13); Die 11 ist eine Avoid Note.

Einen Jazzkontext zu Grunde gelegt folgt, dass auch über eine grundfunktionale Tonika in Dur das "falsche " Lydisch gespielt wird, und nicht die mit der Tonika in Dur korrespondierende Leiter Ionisch. Mit der #11 steht ein Ton mehr zur-exponierten- Verfügung.

Oft empfohlen wird in der Literatur hingegen Ionisch für IV j7 in Dur, wenn sie durch eine Zwischendominante V7/IV erreicht wurde. Hier entsteht ja kurzfristig, durch die zwischenzeitliche Auflösung, der Eindruck einer neuen Tonika. Dennoch, auch hier ist Lydisch
gut möglich.

Ansonsten, ohne auf Modal Interchange Funktionen einzugehen, ist das Konzept von Common Tone Approach grundsätzlich ein gutes "Skalenfindungstool". Nehmen wir mal die letzten vier Takte des A-Teils von "Keep ME IN Mind" von Scofield:
Em7 / A7 / Cj7.
A7 nimmt in diesem Kontext ( Melo, Solo) Mixolydisch. Wenn Du jetzt das Tonmaterial von Mixolydisch zugrunde legst, kommst Du für Cj7 auf Lydisch statt Ionisch, weil C-Lydisch mit A- Mixolydisch einen gemeinsamen Ton mehr besitzt.

Grüße!

---------- Post hinzugefügt um 09:52:38 ---------- Letzter Beitrag war um 09:37:52 ----------

Nachtrag: lydisch #9 (HM6) und Lydisch#5 (MM3) sind natürlich, bezogen auf Jazz- ebenfalls immer möglich, nur besitzen sie im Vergleich mit Lydisch eine Avoid Note, einmal die #9 und einmal die #5. Lydisch ist aus dem Blickwinkel der Akkord-Skalen Theorie bzw. Improvisation die einzige Leiter ohne Avoid Note.
 
Hallo Matthias, danke für Deine erhellende (Nach)Hilfe.

Meine Rückfrage bezog sich allerdings speziell auf nichtdiatonische j7 (also bIIj7, bVj7 usw.). Dort ist man mit lydisch doch fast immer auf der "sicheren Seite", oder?
 
Hallo Hans!

Wie gesagt die Antwort lautet ja.

Grüße!
 

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