Hallo Musikatz,
eine reine Stimmung ist tatsächlich nur für genau 1 Tonart gültig. Das kommt daher, dass die Intervalle als Verhältnisse von ganzzahligen Brüchen zueinander ausgedrückt werden. Ursprünglich waren da nur die 7 Haupttöne der Tonleiter gemeint. Die Erweiterung auf die heute bei uns üblichen 12 Töne kam später dazu. Wenn man nun die entsprechenden Bruchverhältnisse in alle Richtungen durchexerziert, kommt man zum Schluss, dass dann ein Fis und ein Ges nicht ganz das Gleiche sind und Fis-Dur auch nicht tongleich ist mit Ges-Dur von der Frequenz her betrachtet. (z.B. auf Wikipedia ausführlich erklärt) Zudem ist es in der reinen Stimmung so, dass ein paar Töne in der Reihung der Tonleiter vom Gehör her nicht richtig passend klingen.
Diesen Umstand haben die Herren Bach und Silbermann letztlich bewogen, die Tonleiter in kleinen Bereichen zu verstimmen, so dass die Tonfolgen einen wohlklingenden Klang bekommen und gleichzeitig der Quintenzirkel nicht in beide Richtungen endlos weiterfortgeschrieben werden muß, sondern bei Fis wieder in Ges übergeht und damit durch die gleichen Töne ausdrückbar wird die sogenannte enharmonische Verwechslung. Erst jetzt ist es möglich geworden statt einem Gis ein As zu spielen, welche vorher ja rein physikalisch zwei verschiedene Frequenzen hatten. Die wurden also sozusagen zurechtgebogen. Bachs berühmtes Werk, das wohltemperierte Klavier hat unter anderem darin seine Berechtigung zu beweisen, das dies geht und zulässig ist. Bei der wohltemperierten Stimmung wurde zudem noch drauf geachtet, dass die Grund-Intervalle untereinander möglichst die reinen Frequenzverhältnisse beibehalten
Heutzutage wird aber nochmals eine andere Stimmung verwendet, nämlich die gleichstufige Stimmung. Die ist nochmals einen Schritt weitergegangen und hat die 12 Töne der Oktave in genau gleiche Frequenzabstände unterteilt und somit alle Töne gleichberechtigt. Jetzt kann wirklich in jeder Tonart gespielt werden und der Klangeindruck bleibt gleich. Den geringen Frequenzabstand zum reinen Klang nimmt man in Kauf, da er in der Regel so gering ist, dass er nicht wahrgenommen wird. Im Grunde ist es also so, dass wir stets leicht verstimmt musizieren, es aber so wenig ist, dass es nicht auffällt und für uns als ausgewogener Klang wahrgenommen wird.
Letztlich basiert auch unser Akkordeon auf dem Effekt, denn sonst könnten wir nicht anstelle des Ges Basses ein Fis nehmen und müssten mitunter tierische Sprünge hin legen und müssten für jede Tonart ein anders gestimmtes Akkordeon nehmen.
Das Tremolo hat jetzt mit der Sache nur indirekt zu tun, als es sich hier weder um eine in sich temperierte Stimmung handelt und auch nicht um eine reine oder wohltemperierte, sondern um eine Stimmung die relativ zur Grundtonreihe gestimmt wird. Wir wollen ja schließlich relativ zu dem gespielten Grundton das Tremolo erzeugen und nicht zur Quinte oder sonst was. Damit ist es also egal, ob die Grundtonreihe nun rein, wohltemperiert oder gleichstufig gestimmt ist, das Tremolo folgt immer der Grundtonreihe. Somit ist das Tremolo auch unabhängig von der Tonart, da es sich nur auf den einzelnen Ton bezieht. Es bleibt aber logischerweise nicht aus, dass das Tremolo nicht nur mit dem Ton zu dem es eingestimmt wurde einen Schwebungseffekt aufbaut, sondern (natürlich deutlich abgeschwächter) auch mit anderen Tönen wenn man mal genau hinhört, dann kann man bei diversen gespielten Akkorden (auf der Diskantseite natürlich) das auch hören, indem sich zum vorher gleichmäßigen Tremolo (beim einzeln gespielten Ton) eine etwas unruhigere Schwebung mit untermischt.
Wie sich das nun in cent oder Sexten, Terzen oder sonstigen Abständen verhält weiß ich nun nicht, weil ich ehrlich gesagt bislang zu faul war mir über diese Feinheiten Gedanken zu machen, da in aller Regel mein Akkordeon nicht über alle Töne diese Tonkonstanz aufweist, dass ich es für lohnend erachtet hätte. Wenn man will kann man dies natürlich tun, die allermeisten Akkordeonstimmer richten sich eh nicht danach, sondern stimmen das Grundtremolo auf bestimmte Töne ein und stimmen den Rest dann nach Gehör, was bedeutet, dass die automatisch die rechnerischen Differenzen, die sich aus der mathematischen Tremolofortschreibung ergeben nach gleichmäßigem Wohlklang abgleichen. Nur nennen die es nicht so, sondern formulieren es in ihrer Sprache, indem sie normalerweise die Sache so kommentieren: Die Feinabstimmung muss man mit feinem Gehör machen, denn nur nach dem Stimmgerät gestimmt klingt die Stimmung kalt
Den Spruch habe ich bislang bei jedem Stimmer gehört, bei dem ich war und so verfahre ich auch ich erkläre dem Meister, was ich mir vorstelle so gut ich kann, er erklärt es mir noch mal auf seine Weise und wenn wir uns dann beide verstehen, ist das Ergebnis nachher so, wie ich es mir vorgestellt habe und alle sind zufrieden.
Soweit hoffentlich in nicht allzu unverständlicher Ausführlichkeit.
Gruß,
maxito