Von der Bühne herab selbst mischen, ist immer eine schwierige Sache, das muss ich sicherlich nicht betonen. Das wird mit In-Ear nicht ohne weiteres einfacher, vor allem, weil Du so so gut wie kaum die Raumakkustik berücksichtigen kannst. Du musst immer A/B Vergleiche haben, um ein Gefühl zu entwickeln, wie sich der Sound FOH zu dem Signal auf dem In-Ear verhält. Am ehesten unkompliziert ist es, wenn man alle Instrumente abnimmt, die Bühnenlautstärke möglichst gering, oder sogar gar keine Amps auf der Bühne sind und das Drumset elektronisch ist. Wenn sich eine gewisse Bühnenlautstärke nicht vermeiden lässt, weil halt Amps auf der Bühne stehen, ein akustisches Drumset zum Einsatz kommt, und noch Wedges als Monitore eingesetzt werden, weil nicht alle In-Ear fahren, relativiert sich die Problematik wieder mit zunehmender Größe des Veranstaltungsraums, weil dann der Einfluss des Direktschalls von der Bühne im Verhältnis abnimmt.
Vielleicht mal ein paar Worte, wie wir es praktizieren:
Ich bin der einzige mit In-Ears, spiele Keyboards. Unser Drummer hat ein MischSet, Toms sind E-Drum, BD, SN und Becken akustisch. Dem Gitarristen hab ich eine Plexiwand für seinen Combo verordnet, weil das mit die größte Lautstärkequelle auf der Bühne ist. Beim Soundcheck schalte ich alle Wedges auf Mute, um den Bühnensound auf ein Minimum zu reduzieren. Auf meinen Hörern liegt dasselbe Signal, was an die PA Boxen geht. Optimal wäre es, wenn ich vor der Bühne stehen könnte. Da ich aber wegen Keyboard an die Bühne gebunden werde, steht unser Bassist mit Sender unten als mein zweites Ohr.
Als erstes muss der Sound und die Lautstärke-Verhältnisse auf dem Mastermix einigermaßen passen. Dann kommt eine Feinjustierung anhand der Aussagen des Bassisten. Wenn er mit dem FOH Sound zufrieden ist, versuche ich dieses Soundbild für mich in meinem Kopf abzuspeichern. Dann schalte ich abschließend die Monitore ein, wir vergleichen dann noch mal den FOH Sound. Meistens muss dann nochmal nachjustiert werden, vor allem bei kleineren Locations, wo man mit geringerer PA Lautstärke fährt.
Dies ganze ist über die Zeit gewachsen, es sind viele Erfahrungswerte, die dort mit einfließen. Ich kann mittlerweile schon recht gut einschätzen, wie sich das Verhältnis auf meinen Hörern zum PA Sound unterscheidet.
Wie schon erwähnt, kann ich nur mit diesem Mastermix auf meinen Hörern arbeiten, weil ich selbst an den Keyboards stehe, die aufgrunddessen, dass sie keinen Direktschall auf der Bühne erzeugen, auf dem Master im Verhältnis zu den anderen Instrumenten (abgesehen mal von Vocals und E-Drums) lauter sind. Andernfalls müsste ich mir einen individuellen Mix erstellen, auf dem ich mein Instrument entsprechend lauter regele. So ein Individualmix ist kaum geeignet, um eine Kontrolle über den Gesamtsound zu haben.
In unserem Fall ist das unterschiedliche Soundverständnis zwischen dem Bassisten und mir sowie die Kommunikation über die Anpassung manchmal schwierig. Daher hab ich auch schon mal drüber nachgedacht mit einem Umhänge-Keyboard und drahtlosen Headset für den Soundcheck selbst von der Bühne zu gehen.