Isildurs Bane / MIND Volume 2: Live / 2001

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Isildurs Bane existieren seit Mitte der 80er Jahre und lieferten während dieser Dekade in regelmässigen Abständen solide Symphonic-Prog Werke ab, die in der Szene und von der Fachpresse grösstenteils auch so aufgenommen wurden, keine Meisterwerke, aber auch nicht wirklich schlecht, eben solide. Das 1989 erschienene Album „Cheval“ sollte einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung dieser Band darstellen. Keyboarder Mats Johansson übernahm das Szepter, komponierte sämtliche Stücke im Alleingang und ergänzte den Sound der Band mit Streichern, Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Hörnern, bekam somit einen kammermusikalischen Touch und wurde insgesamt Vielseitiger. Während „Cheval“ noch so eine Art Übergangsalbum darstellte, wurde mit dem Nachfolgealbum „The Voyage – A Trip To Elsewhere“ der eingeschlagene Weg konsequent weiterverfolgt. Man spielte sich sozusagen so richtig warm für das, was noch kommen sollte.

MIND steht für Music Investigating New Dimensions. Der eine oder andere mag nun aufschreien und dieses (über-)ambitionierte, abgehobene und elitäre Gehabe, das so manche Prog-Grösse schon befallen hat verfluchen. Beispiele für solche Projekte gibt es viele, man erinnere sich nur z.B. an „Tales From Topographic Oceans“ von Yes, „The Lamb Lies Down On Broadway“ von Genesis, oder aus der jüngeren Vergangenheit Pain Of Salvation’s „BE“. Nicht selten hört man bezogen auf eben diesen Projekte, das dies Alben sind, die für alles stehen, was man an Prog-Rock nicht leiden kann. Diese Kritik macht wahrscheinlich auch vor dem MIND-Projekt nicht halt. Dass sie noch nicht so laut wurde liegt wohl einzig an der relativen Unbekanntheit der Band. Nur übertrifft es die bereits erwähnten Alben in Bezug auf den Umfang. MIND umfasst bislang fünf Werke. Ein reguläres Studio-Album, ein Doppel-Live Album, ein grösstenteils improvisiertes Album zusammen mit einem italienischen Kammermusik-Trio, ein weiteres Studio-Album, das sozusagen eine 180 Grad Kehrtwende hin zu Artpop à la Peter Gabriel darstellt, sowie eine Live-DVD.

Noch eine kleine Anmerkung. Das hier besprochene Album ist das einzige, was ich tatsächlich besitze und gehört habe. Sämtliche Informationen welche konkret die Band und das MIND-Projekt betreffen, stammen aus zuverlässigen Quellen (babyblaue-seiten.de, progarchives.com). Eine solche Vorgehensweise halte ich für angebracht, da ich weder das MIND-Projekt als ganzes, noch die früheren Alben der Band bewerten möchte, sondern lediglich die Umstände darlegen will, die zur Entstehung eines überaus interessanten Albums geführt haben.

Was als erstes auffällt, ist die äusserst schlichte Aufmachung. Front- und Backcover in schlichtem „schwarze Schrift auf weissem Grund“-Design. Dieser schlichte Eindruck wird sofort verworfen, wenn man das 55-seiteige Booklet öffnet. Neben zahlreichen Fotografien gibt es zu jedem Track Erläuterungen (dazu später mehr). Schon nach wenigen Hörminuten stellt man zudem fest, dass die Bezeichnung „Live“ das gehörte nicht wirklich treffend beschreibt. Die Präsenz eines Publikums wird nur sehr selten wahrgenommen, so etwas wie Live-Feeling kommt zu keiner Sekunde auf. Dafür ist die Soundqualität absolut hervorragend. Zwangsläufig stellt man sich also die Frage, ob es sich hierbei wirklich um ein richtiges Live-Album handeln SOLLTE. Die Antwort lautet eindeutig nein! Ein Blick in die eröffnenden Notizen im Booklet zeigt, dass zumindest teilweise im Studio aufgenommen und/oder bearbeitet wurde. Wo liegt also der Reiz dieses Albums? Einerseits enthält das Album Neuinterpretationen schon bekannter Songs von früheren Alben, zum anderen unveröffentlichtes Material, das Mastermind Johansson u.a für Filme und Theater komponiert hat. Dies dürfte besonders für Kenner der Band von Interesse sein, zu denen ich mich ja wie bereits schon erwähnt noch nicht zählen kann. Für mich und andere Neulinge bietet das Album eine knapp zweieinhalb-stündige, bis auf ein paar wenige Sprachfetzen rein instrumentale Reise in die unterschiedlichsten Klangwelten dar. Ich habe mir überlegt, ob ich eine Song-für-Song-Besprechung machen sollte, hab dann aber schnell gemerkt, dass man zu den einzelnen Stücken locker jeweils eine komplette Seite füllen könnte. Aber auch dann könnte man der Vielschichtigkeit in keinster Weise gerecht werden. Nun steh ich aber vor dem Problem, das Gehörte irgendwie zu beschreiben. Ich werde mal die Assoziationen, die mir beim hören spontan in den Sinn kamen festhalten: Moderne Klassik, Filmmusik, Pink Floyd und Talk Talk als Hauptreferenzen, daneben stellenweise späte Dire Straits, Steve Vai und King Crimson oder auch Jazz, alles zusammengewürfelt zu einem stimmigen Ganzen. Die ruhigen Töne dominieren ganz klar. Wer auf Talk Talk zu Spirit Of Eden Zeiten steht, wird gewissen Tracks sehr viel abgewinnen können. Die Palette an eingesetzten Instrumenten ist schier unendliche. Neben diversen Percussionsinstrumenten (ab und zu hört man sogar eine Steeldrum), gibt es die unterschiedlichsten Bläser zu hören. Allerdings ist die Gitarre grösstenteils das klar dominierende Lead-Instrument. Streicher dürfen natürlich auch nicht fehlen und der eine oder andere elektronische Sample kann man auch ausmachen (neben den Sprachsamples). Es ist wirklich schwer einen ungefähren Eindruck zu vermitteln, denn trotz der Vergleiche zu anderen Bands klingt es im Ganzen völlig eigen. Kompositorisch orientiert sich die Band nämlich eindeutig an klassischer Musik.

Diese 150 instrumentalen Minuten fordern eine immense Aufmerksamkeitsspanne. Es fällt mir schwer die Konzentration die ganze Zeit zu waren. Dies ist aber nicht nur auf mich zurückzuführen, denn gewisse Stellen des Albums sind schlichtweg uninteressant und haben eher Muzak-Charakter (Hintergrundmusik). Trotzdem, der grösste Teil ist vielschichtig, komplex, und abwechslungsreich. Man wird den meisten Tracks kaum nach dem ersten Durchlauf viel abgewinnen können, geschweige denn sie durchschauen können. Ich bin selbst noch nicht ganz so weit und hätte daher vielleicht noch etwas mit der Rezi warten sollen. Falls sich etwas an meiner Einschätzung ändern sollte, kann ich es ja nachtragen. Wird das Album bzw. das MIND-Konzept den eigenen Ansprüchen gerecht? Diese Frage kann man wohl nur beantworten, wenn man das Konzept als Ganzes gehört hat, was bei mir wahrscheinlich irgendwann der Fall sein wird. Bei Volume 2 handelt es sich jedenfalls um ein Album, dass man in dieser Form wahrscheinlich noch nie gesehen bzw. gehört hat. Muss man es gehört haben? Ich denke schon. Ist es ein Meisterwerk? Diese Frage muss ich zumindest jetzt noch verneinen. So interessant das Ganze klingt, viele (vielleicht zu viele) Stellen lassen mich schlicht und einfach kalt. Wahrscheinlich soll man das Album als ein Experiment betrachten (wird ja schon durch den Titel „Music Investigating New Dimensions“ impliziert) Das Ergebnis ging bestimmt nicht in die Hose, stellt aber ebenso wenig den Heiligen Gral darstellt. Um es nochmals zu erwähnen, es handelt sich hier um ein Album, das jeder Liebhaber anspruchsvoller Musik (sei dies nun Klassik, Prog-Rock, Jazz oder was auch immer) zumindest mal gehört haben, aber nicht vergöttern muss. In diesem Sinne ist auch die Note zu verstehen, denn verglichen mit so manch anderem Album auf dieser Welt, müsste man ganz klar die Höchstnote zücken. So steht für mich vorläufig eine

7 / 10
 
Eigenschaft
 
Hallo,

zunächst mal schön, dass dieses Album überhaupt eine Rezi hier erhält, doch gehör ich zu der Sorte von Leuten, die Isildurs Banes Mind Vol 2 vergöttern ;) Eine 7/10 halte ich für extrem niedrig, eine 9 oder 10 wäre angebrachter.
Richtig ist, dass ich nicht alles von IB vergöttere. Eigentlich sogar nur recht wenig. Dazu gehören Mind Vol 1 und 2. Beide kenne ich schon seit Jahren und habe sie wirklich oft genießen können. Besitzen tu ich jedoch Cheval, The Voyage, Mind Vol 1, 2 und 3.

Das Konzept verlangt eine gute Stereo-Anlage oder Kopfhörer, da viele Songs von den Feinheiten extrem profitieren und erst dann die Vielschichtigkeit zum Ausdruck kommt. Es gibt gewisse Dinge an der Musik, die die Anlage so sehr fordern. Wenn beispielsweise an den entscheidenden Stellen im Lied bestimmte Feinheiten nicht zu hören sind (durch schlechte Akustik etc), dann kommt das gesamte Konzept des Albums nicht gut zum tragen.

Als ich Mind Vol 1 kennenlernte (an der Stelle kurz gesagt: es ist kompakter und schlüssiger als Mind Vol 2), verfügte ich nur über eine mittelprächtige Anlage und konnte gerade so den melodischen roten Faden entdecken. Heutzutage höre ich über eine echt gute Stereoanlage und kann mit Fug und Recht behaupten, dass bei Isildurs Bane alles 100%ig durchdacht ist. Da sitzt jede Note an der richtigen Stelle, kein Instrument ist überflüssig und man muss das Album konzentriert und in hoher Qualität hören können. Erst dann entfaltet sich der Sinn.


So nun zu der Rezi da oben: Im großen und ganzen ist viel gesagt worden, doch merke ich als geneigter Fan, dass gewisse Unkenntnis von der Musik an sich vorhanden ist. Mind Vol 2 verwebt zu ca. 80-90% alte Stücke von Vorgängeralben. Größtenteils von Mind Vol 1 und The Voyage - A Trip to Elsewhere. Der hervorragende Kompositionsstil und das enorme Talent von Johansson sind wirklich erst dann begreifbar, wenn man diese beiden Vorgänger kennt.

Ehrlich gesagt, tut es mir Leid für dich, dass du das Werk Mind Vol 2 nicht begreifen kannst. Es ist eins der besten Alben, die ich überhaupt kenne. Diese Komplexität, Schönheit, Filigranheit (?) und teilweise brachialen Momente bietet kaum ein anderes mir bekanntes Album außer Mind Vol 1 ;)

Die Schlichtheit des Covers ist meiner Meinung auch genial, es lenkt nicht vom wesentlichen ab, sagt nichts aus, interpretiert nichts in die Musik rein oder zeigt dem Hörer, was er hören "soll". Es gibt ja Cover, die zeigen sollen, was auf der CD enthalten ist. Genau das ist hier nicht der Fall. Man muss Mind Vol 2 für sich entdecken.
 
Ein solche Antwort hab ich eigentlich schon viel früher erwartet :D

Es mag schon sein, dass sich die Genialität dieses Albums vor mir verschliesst. Ich muss auch zugeben, dass ich schon realisiere, dass da etwas künstlerisch hochstehendes geschaffen wurde und dem gebührt eigentlich Respekt (insofern ist die 7 wohl tatsächlich etwas zu tief gegriffen). Trotz allem Respekt, trotz der Komplexität, der Filigranität (? ;)) und dem ganzen drum und dran, es lässt mich, und das ist der Punkt, völlig kalt. Ich kann es mir auch nicht erklären. Somit kann ich aufgrund meines subjektiven Empfindens eine höhere Bewertung nicht rechtfertigen. Siehst du den Knackpunkt? Der Respekt ist da, die Liebe aber nicht.

Vielleicht habe ich dem Teil auch zu wenig Zeit gelassen, wer weiss. Wir können ja in zwei, drei Jahren nochmal darüber reden
 

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