Jam Session: Akkorde improvisieren

  • Ersteller André 2AM
  • Erstellt am
André 2AM
André 2AM
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
27.04.24
Registriert
19.01.22
Beiträge
129
Kekse
1.596
Ort
Uster
Ich habe vor kurzem selber eine Jam-Session veranstaltet, die nach dem Schema "wir spielen zusammen Songs, die alle schon mal irgendwo gehört haben" funktioniert hat. Improvisation erfolgt v.a. in Solo-Parts oder durch kleine harmonische oder rhythmische Variationen. Bzw. bei weniger geübten Musikern, durch zeitnahes Spielen vom möglichst richtigen Ton, ohne vorher geübt zu haben 😉 Die Tonart und die paar Akkorde haben wir jeweils kurz vor Start der nächsten Runde abgesprochen.

Bei Solos oder beim Spielen von kleinen melodischen Parts bin ich einigermassen fit und finde eigentlich immer etwas, was harmonisch passt. Nun frage ich mich aber: wie sieht es mit der Begleitung aus? Ich selbst finde die richtigen Akkorde mit Hören, genügend Zeit, etwas Musiktheorie und Trial and Error zwar meistens raus, aber nicht genug schnell, als dass ich an einer Jam Session einfach mal spontan die richtigen Akkorde auf der Gitarre greifen könnte.

Mich interessiert, wie ihr das macht, bzw. Ob auch professionelle/-re Musiker auf gewisse vorab kommunizierte Anhaltspunkte angewiesen sind, oder ob die auch bei Songs, die sie nicht kennen, einfach mal schnell die richtigen Akkorde raushören und spielen (eine gewisse Regelmässigkeit und Struktur von Song vorausgesetzt).
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Also ich bin auch nur Amateur, aber ich kenne einige Skalen und spiele meistens immer meine "Lieblingslicks" oder diejenigen, die sich nach meiner Meinung nach am Besten anhören.

Ein Bekannter von mir veranstaltet ein kleines Festival in Fulda (Propsteifestival), wo die Band "Rockanarchie" gespielt hat. Das fand ich krass, die haben irgendwie alle 80er-Jahre Songs zusammengewürfelt und es kam immer was neues dabei raus. Das Arrangement war komplett improvisiert, aber die haben total sicher dabei gewirkt. Leider hatte es geregnet und da die meisten Leute damit nichts anfangen konnten war das Festival schlecht besucht.

Der Bassist und der Gitarrist "Thomas Blug" (irgendein Strat-King der sich so nennen darf) sind ein eingespieltes Team und die haben über 20 Drummer deutschlandweit, die dann immer mal hinzustoßen. Die Strat von ihm ist selbstgebaut.

Später am Abend hab ich dann noch "amateurhaft gefachsimpelt" mit einem anderen Drummer, da stand auf einmal der Bassist neben mir und hat mir erzählt, dass der "Thomas Blug" auch die Solos für (die Rapperinnen) Tik Tak Toe eingespielt hat und hat noch viele andere Dinge genannt. Er hat auch gemeint das der Thomas Blug schon öfter über das Ohr gehauen wurde bei solchen Aktionen :/ ... Ich finde leider kein gescheites Video, wenn man nicht weiß dass alles irgendwie improvisiert ist kann man damit nichts anfangen ...


View: https://www.youtube.com/watch?v=mlxABpmdwhk
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das fand ich krass, die haben irgendwie alle 80er-Jahre Songs zusammengewürfelt und es kam immer was neues dabei raus.
Cool. Ich glaube das funktioniert aber auch darum, weil routinierte Musiker einfach viele Songs kennen und zuvor schon viele Male gespielt haben. Gerade die Klassiker vom jeweiligen Genre. Das wäre dann wie die Jazz Standards die man kennen sollte, wenn man mit anderen Jazz spielen will.

Die Frage wäre also, ob der von dir genannte Jam auch funktioniert hätte, wenn die Musiker Songs gespielt hätten, die sie vorher noch nie gehört haben. 🤔
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Die Frage wäre also, ob der von dir genannte Jam auch funktioniert hätte, wenn die Musiker Songs gespielt hätten, die sie vorher noch nie gehört haben. 🤔
Das glaub ich eigentlich nicht. Der Thomas Blug kannte auch viele Solos auswendig wie z.B. das "Billie Jean" Solo. Ich habs glaub ich noch am Handy... weiß gar nicht ob ich das posten darf :D ...

Sie haben es aber irgendwie alles miteinander kreativ kombiniert ... und das Live das hat mich irgendwie beeindruckt o_O
 
Zuletzt bearbeitet:
ob der von dir genannte Jam auch funktioniert hätte, wenn die Musiker Songs gespielt hätten, die sie vorher noch nie gehört haben. 🤔
das glaube ich nicht. Es ist eine Sache in etwa eine Melodie oder ein Solo innerhalb eines Stückes zu spielen, das man vielleicht nur mal gehört hat. Eine andere Sache ist es Akkordabfolgen so ad hoc zu spielen, ohne sich wenigstens vorab einmal damit auseinander gesetzt zu haben.
Wird auch Thomas Blug nicht können. Hier im MB legen viele E-Gitarristen absoluten Wert auf das Solospiel, aber meine Meinung ist,
daß das Akkord/Harmoniesspiel wesentlich anspruchsvoller ist. Als Beispiel Beatlesstücke, die Melodien kriegen talentierte und geübte Gitarristen relativ spontan hin. Bei den Akkorden wird es oft aber knifflig, da muß man schon wissen, was die Beatles da genau gemacht haben, das kann man nicht so aus dem Ärmel schütteln. Bei blues mag es noch funktionieren, aber wenn dann komplexere Strukturen auftauchen, eben nicht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 5 Benutzer
Mich interessiert, wie ihr das macht, bzw. Ob auch professionelle/-re Musiker auf gewisse vorab kommunizierte Anhaltspunkte angewiesen sind, oder ob die auch bei Songs, die sie nicht kennen, einfach mal schnell die richtigen Akkorde raushören und spielen (eine gewisse Regelmässigkeit und Struktur von Song vorausgesetzt)
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass bei Sessions je nach Örtlichkeit prinzipiell immer das gleiche gespielt wird. Und auch die "guten" Leute gehen meistens auf Nummer sicher. Da traut dich selten mal jemand was, was zu spielen was er vorher nicht schon gespielt hat.
Ich hab in München schon erlebt, das Leute vor der Session achon zusammen geübt haben und dann am Abend vor Publikum so getan haben, als ob sie sich zum ersten Mal getroffen hätten.
Ich gehe davon aus, dass es in der höheren Liga ähnlich ist und Risiken weitgehend vermiden werden.
Alle kochen auch nor mit Wasser.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass bei Sessions je nach Örtlichkeit prinzipiell immer das gleiche gespielt wird. Und auch die "guten" Leute gehen meistens auf Nummer sicher. Da traut dich selten mal jemand was, was zu spielen was er vorher nicht schon gespielt hat.
Ich kanns dir halt ned sagen, ich wusste immer was man ungefähr spielen kann und was nicht. Und ich war immer ein Freund des Improvisierens ;-). Hauptsache es passt zur Tonart und zum Mode. Ansonsten war mir alles egal. Aber die Rockanarchie hat mich in der Hinsicht beeindruckt, dass sie DJ-mäßig das gespielt hat, was die Leut' hören wollten.

Und das gar ned mal schlecht :D

Hier nochmal en Link, weil ich es selbst ned suppa wiedergeben kann o_O
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Blug
 
Aus meiner allerdings schon etwas zurückliegenden Erfahrung ist neben gewissen Grundkenntnissen wichtig, dass alle in derselben Gemütsverfassung sind, d.h. in das, was gespielt werden soll, die gleichen Gefühle reinstecken. In meiner letzten Band (ist wie geschrieben schon etwas länger her) haben wir Songs aus Sessions entwickelt. Sehr hilfreich ist natürlich, wenn einer mal einen Lick oder ein Thema vorgibt, der/das dann weiterentwickelt werden kann.

Was man öfter als "Session" auch von zusammengewürfelten "berühmten" Musikern sieht/hört, basiert auf existierenden Songs, also einer gegebenen Harmonieabfolge. Profis haben da dann einen riesigen Fundus an Spielmöglichkeiten - auch bezüglich Harmonien. Auch verständigen sich erfahrene Musiker bei Sessions mit Gesten und Blicken, die Profis "etwas sagen", was nicht nur Rhythmus (z.B. auch für Breaks), sondern auch Hamonieentwicklung betrifft. Es ist auch hilfreich, wenn nicht jeder immer denkt, dass er spielen muss, sondern auch mal in der Lage ist, auch "nur" zuzuhören, was die anderen oder ein anderer spielt - dann kann man sich darauf einlassen. Gerade bei Sessions übernimmt auch immer einer (zeitweises) die Führung und die anderen beobachten ihn: Er gibt Blicksignale, macht Gesten und manchmal erkennt man auch aus seiner Bewegung z.B. am Griffbrett (Tastenmenschen kann man da weniger auf die Finger schauen), was er vorhat.

Um so mehr Erfahrungen man hat, um so mehr versteht man die "Sprache" der anderen beim Improvisieren. D.h. umgekehrt, dass man, wenn etwas Brauchbares/Gefälliges rauskommen soll, um so weniger "erfahren" die Teilnehmer einer Session sind, Schemata um so genauer vorher vereinbart werden müssen. Sonst wird es chaotisch.

Also: Viel - auch Covers - üben, Standards (Pentatonik) kennen und können und nicht auf den Boden schauen, sondern mit den anderen (Blick-) Kontakt halten!!!
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich hab in München schon erlebt, das Leute vor der Session achon zusammen geübt haben
So nach dem Motto: hat man den Song fleissig geübt, kann man danach super dazu "improvisieren" 😁

Ok, wahrscheinlich war meine Vorstellung von Improvisation etwas zu weit gefasst. Aber ich finde es irgendwie auch beruhigend, dass auch total spontan wirkende Jam Sessions Vorbereitung oder eine gemeinsame Basis brauchen. Es erklärt vielleicht auch, weshalb gewisse (sehr freie) Sessions denen ich zugehört habe stellenweise schrecklich klangen, nämlich weil es keinen gemeinsamen Nenner zwischen den Musikern gab und sie vorher auch nie zusammen gespielt haben.

Bei dem Verständnis von Jam Session frage ich mich allerdings auch, inwiefern sich das noch gross unterscheidet von einer Band, die Woche für Woche an ihrem fixen Repertoire arbeitet. Vielleicht darf man beim Jam-Ansatz längere Solos spielen? 😉

Bei den Akkorden wird es oft aber knifflig, da muß man schon wissen, was die Beatles da genau gemacht haben, das kann man nicht so aus dem Ärmel schütteln.
Ja, genau das ist bei mir aktuell das Thema. Ich glaube schon, dass man mit viel Routine an den Punkt kommt, wo man bestimmte, häufig verwendete Kadenzen wiedererkennt und am Instrument auch schnell wiedergeben und der gehörten Tonart anpassen kann, oder raushört dass _das_ nun ein 7er Akkord ist und dass die Harmonie vermutlich so und so weitergeht in dem Song. Aber Solieren über eine Harmonie ist tatsächlich einiges einfacher.
 
... oder ob die auch bei Songs, die sie nicht kennen, einfach mal schnell die richtigen Akkorde raushören und spielen ...
Es gibt eigentlich relativ wenige (populäre) Songs, die harmonisch wirklich überraschend sind. Natürlich stellen die einen dann vor Herausforderungen.
Aber 97 % (um nicht zu schreiben 99 % ...) der "gängigen U-Musik/Tanzmusik/Pop-Musik" sind so vorhersehbar, daß man da problemlos sofort mitspielen kann ... entsprechende Neigung und Veranlagung vorausgesetzt.

Ich will mich jetzt da bei Gott nicht als leuchtendes Beispiel stilisieren. Ich mag nur für diejenigen, denen diese Erfahrung (noch) fremd ist, erklären, wie´s so laufen kann, wenn die entsprechenden Leute zusammenkommen:

Ich habe (als Gitarrist) vor Urzeiten zwei "Saisonen" lang in einer recht anspruchsvollen Unterhaltungs-Band mitgespielt (Großfeste, Bälle, etc ...).
Es gab für mich keine Noten und keine Setlist. Setlist gab es eigentlich für überhaupt niemanden ... denn die wurde spontan gestaltet.
Natürlich war von Vorteil, daß der Rest der Band recht gut zusammengespielt war, und ich mich "nur dazuhängen" mußte. Das ist etwas ganz anderes, als wenn alle Beteiligten planlos sind ...

Jedenfalls gab es in der Regel ein Intro. Das war mein Zeitfenster, um die Tonart und den Groove herauszufinden. Danach gings aber auch schon los.
Man denkt voraus, schätzt/vermutet/rät die nächste harmonische Wendung. Wenn sie sich die Vermutung bestätigt, dann gut. Wenn nicht, muß man blitzschnell reagieren, sich anpassen und neu sortieren.

Sie haben damals übrigens mich für den "Job" genommen, weil einer der Bandkollegen mich kannte und wußte, daß ich das kann.
Aber jeder andere der Bandmitglieder hätte das (auf seinem Instrument) genauso gekonnt.

LG
Thomas
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Jedenfalls gab es in der Regel ein Intro. Das war mein Zeitfenster, um die Tonart und den Groove herauszufinden. Danach gings aber auch schon los.
Spannend. Danke für den Einblick. Wie muss ich mir das so ganz konkret vorstellen? Hast du eher Licks und/oder Einzeltöne über die Harmonien gespielt (also z.B. Tonleiter oder Pentatonik-basiert) oder Akkorde dazu gespielt (bzw. Auszüge davon, Arpeggios, etc.)?

Wenn die Band das Intro gespielt hat und der erste Akkord sagen wir ein D#7 ist: woher weisst du, dass es dieser Akkord ist und nicht ein E7? Hast du das absolute Gehör oder suchst du den Ton, z.B. mit einem Slide oder etwas ähnliches? Oder ist deine Hand/Ohr-Koordination so gut, dass du intuitiv die richtige Lage greifst?

Und wenn du via Griffbrett suchen musst, wie machst du das ohne das es die Live-Performance stört?
 
Hast du eher Licks und/oder Einzeltöne über die Harmonien gespielt (also z.B. Tonleiter oder Pentatonik-basiert) oder Akkorde dazu gespielt (bzw. Auszüge davon, Arpeggios, etc.)?
Von Licks oder gar Soli habe ich mich sehr gerne und demonstrativ ferngehalten. Meine Aufgabe - und meine Liebe - gehört(e) ganz dem Rhythmusspiel, wobei ich darunter nicht das rhythmische, durchgehende Schrammeln durch einen ganzen Song verstehe (und schon gar nicht Powerchords-Orgien),
sondern ganz gezielte, wohlplazierte rhythmische Figuren mit Jazz-Akkorden, die sich - im Optimalfall - mit dem Keyboard/Klavier ergänzen, und so den gemeinsamen Groove unterstützen.
Wenn die Band das Intro gespielt hat und der erste Akkord sagen wir ein D#7 ist: woher weisst du, dass es dieser Akkord ist und nicht ein E7? Hast du das absolute Gehör oder suchst du den Ton, z.B. mit einem Slide oder etwas ähnliches?
Ich habe kein AG. Aber so ganz ungefähr wußte ich schon die Gegend, in der der Akkord wohl zu suchen wäre. Also habe ich irgendeinen Akkord in diesem Bereich angeschlagen und gehört, daß er zu tief oder daß er zu hoch war. Und je nach dem, konnte man dann chromatisch in den richtigen nächsten Akkord halbtonweise hineinrutschen/-gleiten, wenn ... ja, WENN man das ganze rhythmisch schlüssig gestalten kann. Und das konnte ich.

Wenn man einen an sich falschen Akkord spielt, kann man ihn immer mit dem nächsten Akkord nachträglich noch schlüssig erscheinen lassen. Alles eine Frage der Rhythmik.

Gut, und wenn man also erst einmal sicher in der richtigen Tonart angekommen ist, dann geht alles weitere quasi von selbst.

LG
Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
und meine Liebe - gehört(e) ganz dem Rhythmusspiel, wobei ich darunter nicht das rhythmische, durchgehende Schrammeln durch einen ganzen Song verstehe (und schon gar nicht Powerchords-Orgien),
(y),

Alles eine Frage der Rhythmik.
(y),
setzt aber schon vorraus, daß sich andere mit dem jeweiligem Stück befasst haben, etwa Bass und Drums, und vor allem der/die Sänger/in,
oder?
 
... setzt aber schon vorraus, daß sich andere mit dem jeweiligem Stück befasst haben, etwa Bass und Drums,
Klar. Ein stabiles rhythmsch-harmonisches Gerüst ist Voraussetzung.
Wenn ALLE herumschwimmen und irrlichtern, dann kann das nur im Chaos enden ... :)

Thomas
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Also habe ich irgendeinen Akkord in diesem Bereich angeschlagen und gehört, daß er zu tief oder daß er zu hoch war.
Finde ich sehr inspirierend 🙂 Danke für deine Ausführungen.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben