Bis 200PAX bist du in der sehr angenehmen Situation, dass du recht freie Wahl hast:
* Zunächst gibt es da die große Vielfalt an traditionellen, vor-konfektionierten, kompakten 2.1 Systemen wie LD Systems DAVE G3, HK LUCAS etc.. Für guten Sound muss man da nicht allzu viel Geld ausgeben. Wer da spart, muss allerdings in der Regel ordentlich schleppen, eine LD Systems 12 G3 bringt fast 50Kg auf die Waage...In der Regel zeichnen sich diese Systeme mit einem gemessen an den kompakten Abmessungen recht erwachsenen Sound aus. Ausgewählte Systeme - in der Regel die teureren - sind auch vergleichsweise leicht, bei HK bekommt man bei gleichem Gewicht beispielsweise ein 15er System. Großer Pluspunkt sind die meist im Sub integrierten Endstufen mit System-Limiter. Da ist so schnell nichts kaputt zu machen. Zudem sind diese Systeme recht "idiotensicher" zu bedienen und klanglich auch sehr umgänglich abgestimmt. Insgesamt würde ich sagen, dass diese Systeme für manche Einsatzzwecke durchaus ihre Berechtigung haben, grundsätzlich aber nicht mehr ganz zeitgemäß sind, mehr dazu unten.
* Dann gibt es zwei Etagen höher die frei konfigurierbaren Systeme mit meist passiven Komponenten (und in diesem Fall idealer Weise zwei 15er Subs und zwei 10er oder 12er Topteilen). Der Vorteil liegt hier natürlich darin, dass man alle Komponenten auf den spezifischen Einsatzzweck hin zusammenstellen kann. Seeburg macht sich im Subwooferbereich meist sehr gut, Topteile von Kling und Freitag kann man sich auch gut gefallen lassen. Nexo ist sehr gut, L'Acoustics ist natürlich großartig, aber das kostet zum einen alles richtig Geld, zum anderen ist es meist schwer und vergleichsweise umständlich. Vor allem aber muss man da schon genau wissen was man braucht. Diese professionellen Systeme sind in aller Regel sehr präzise auf bestimmte Einsatzzwecke hin konzipiert, richten u.U. sehr stark usw. usw.. Für Ton-Profis oder Audio-Nerds ein Fest, für die Fraktion "auspacken, hinstellen, keinen Kopp mehr drum machen müssen" ist das eher weniger was. Ich habe es schon erlebt, dass mir jemand ganz stolz seine Kling und Freitag Anlage präsentiert hat und das ganze klang einfach nur schlecht, weil nichts passte. "Blind kaufen weil gut" ist da nicht. Wer wenig oder kein Know How im PA Bereich hat sollte da eher die Finger von lassen. Zu bedenken wäre auch, dass es bei wirklich teurem Equipment sehr weh tut, wenn da ein Depp sein Bier drüber kippt...
Es gibt auch hier durchaus auch aktive Systeme, in der Regel ist man in dieser Klasse aber passiv unterwegs, bräuchte also auch noch eine Endstufe. Auch da muss man schon beim Kauf gut wissen, was man eigentlich braucht.
* Der Mittelweg wären die frei konfigurierbare Systeme der Prosumerklasse, in der Regel mit aktiven Topteilen und Subs. JBL bietet mit der aktuellen EON Generation ein sehr schönes, preislich sehr attraktives und klanglich überraschend ausgewogenes System an. Die PRX Serie eine Etage höher kann da bei deutlich höherem Preis wenig Mehrwert bieten, sie klingt nicht schlecht, aber sehr komprimiert mit ziemlich gruseligem Wirkungsgrad und einem Ventilator der diese Box für kleinere Venues schlichtweg unbrauchbar macht - Rockmusik oder Frontaldisko mit 105dB Dauerpegel mal ausgenommen. Die QSC K-Serie ist von der Preis-Leistung her nach wie vor großartig, mit einem sehr guten Wirkungsgrad und recht neutralem, etwas mittenbetontem Sound. Das lässt sich aber leicht filtern. Was die 12er Tops an Bass raustun ist eine Wucht, für kleinere Anlässe kann man den Sub getrost zu Hause lassen. Der K-Sub klingt sehr schön trotz Bandpass-Konstruktion, streicht aber wesentlich früher als die Topteile die Segel. Wer viel Elektro auflegt und die Fenster klirren lassen will, stößt da unerwartet früh an Grenzen, so jedenfalls mein erster Eindruck mit einem System aus zwei K12 und dem K-Sub. Da würde ich eher den KW181 empfehlen oder zwei 15" Subs eines anderen Herstellers. Viel gutes liest man von den neueren Turbosound Systemen wie der Milan Serie, die preislich sehr attraktiv liegt. Leider sind diese Lautsprecher schwer mal vor die Flinte zu kriegen, der Musicstore hatte sie mal da, nun aber auch nicht mehr. Außer Thomann hat die offenbar keiner im Laden und die sind zumindest von hier aus weit weit weg. Da bliebe nur die Variante "online bestellen und ggf. zurückschicken". Ich werde das bei Gelegenheit mal machen und dann hier berichten. Auch Yamaha ist in diesem Segment gut unterwegs und bietet teils einen schönen, ausgewogenen Sound. Ob die Lautsprecher tatsächlich ein wenig Nexo DNA inne haben wie es das Marketing suggeriert sei mal dahingestellt. Der Klang ist in jedem Fall recht ansprechend. Die schon genannten HK-Linear 5 liegen ein wenig zwischen den beiden letztgenannten Kategorien. Ich hab sie noch nicht gehört, HK klingt aber in der Regel gut und wenn die Lucas Nano 600 als Indikator für das Konzept der Linear Serie gelten darf, dann werden diese Lautsprecher vor allem hervorragend weit tragen. Auch KME wandelt etwas zwischen den Welten und bietet sehr gute Qualität mit meist umfangreicher DSP-Steuerung zu (gemessen an der Qualität) günstigen Preisen. Auch in dieser klasse gilt, dass durch die internen Endstufen und Limiter wenig falsch bzw. kaputt zu machen ist.
* Das bringt uns dann auch direkt zum recht neuen Segment der Linienstrahler- oder Ultrakompaktsysteme. Da tut sich momentan sehr viel und einige dieser System können es von der Lautstärke her und vor allem klanglich mit vielen der kompakten 2.1 Systeme aufnehmen. Ob eines dieser Systeme in Frage kommt entscheidet sich an dem Umstand, wie laut du arbeiten willst/musst. Besagte Elektro-Orgien mit Massageeffekt noch drei Meter vorm Sub kann man damit nur sehr eingeschränkt betreiben. Wenn sich die Grundlautstärke im Rahmen hält, ist das aber oft eine sehr schöne Lösung, da diese Systeme in der Regel einen besseren Wirkungsgrad haben als die traditionellen 2.1 Kompaktsysteme und daher deutlich leichter sind. Zudem sind viele der Systeme sehr unkompliziert und schnell aufzubauen, nehmen sehr wenig Platz weg und sind gemessen daran klanglich überaus ansprechend, noch dazu mit oft großen Abstrahlwinkeln und einem Klang der durch die verwendete Technik weiter trägt, gleichzeitig im Nahbereich aber weniger "Schärfe" hat. Zu guter letzt sind fast alle Systeme dieser Gerätegattung DSP gesteuert, klingen also über alle Dynamikbereiche vergleichsweise ausgewogen.
Ihre Stärken haben diese Systeme aber ausdrücklich nicht im Bereich Maximallautstärke sondern empfehlen sich für eher gediegene Rahmenbedingungen, also Hochzeiten etc. wo zu späterer Stunde durchaus getanzt wird, aber eben auch ältere Leute und evtl. auch Kinder anwesend sind, so dass man die Kirche eh etwas um Dorf lassen muss was den Pegel angeht.
Ausdrücklich vom Gesagten ausschließen möchte ich die Bose L1 Compact die für's Geld einfach unterdurchschnittlich klingt und im Bassbereich weniger bietet als manche Fullrange Box. Kommt für dich aber eh nicht in Frage. Die "große" L1 ist da eher was, ist aber vergleichsweise unpraktisch und umständlich zu handhaben, zudem überteuert, als Stereosystem ist man da mit mindestens 3500€ dabei... Zwei LD Maui 11 bringen einen bei kleineren Events schon recht weit, preislich sehr attraktiv, klanglich ebenfalls, für dich aber vermutlich eine Schuhnummer zu klein. Die größere Variante wäre die Maui28, die könnte man sich als Stereoset mal näher anschauen. Ich kenne nur die 11er, die 28er wird aber ähnlich gut klingen nehme ich mal an. In dieser Klasse herausstechen tut meiner Meinung nach die HK Lucas Nano 600. Wer die Nano 300 kennt wird jetzt vermutlich die Stirn runzeln, denn diese hat einen eher durchwachsenen Ruf. Eigentlich zu Unrecht, denn für das was sie ist, macht sie ihre Sache gut und beispielsweise besser als die Bose L1 Compact für deutlich weniger Geld. Als PA im traditionellen Sinne ist sie aber nicht wirklich einzusetzen, dafür ist sie einfach zu klein, wie auch die Bose L1 C. Das ist mehr die Fraktion "Akustikverstärker" plus.
Die Nano 600 sieht sehr ähnlich aus nur eben größer, ist aber eine komplett andere Konstruktion und bietet gemessen an Preis, Größe und Gewicht extrem guten Klang, eine große Flexibilität und vor allem ordentlich Dampf, auch im Bassbereich. Das liegt u.A. an der Konstruktion der Topteile, einer Art passivem Line-Array (der Vergleich hinkt etwas, der Effekt ist aber sehr vergleichbar) wie man es auch bei den HK Linear 5 findet und welches dafür sorgt, dass die Charakteristik der Topteile denen eines Linienstrahlers sehr ähnelt. Die Subs sind für ein 10" System - das auch noch mit Kunststoffghäuse - fast schon unverschämt gut und potent. Erreicht wird das durch eine recht aufwändige Konstruktion mit Holz und Metallelementen im Inneren. Die oben genannte, eigentlich höher platzierte (aber eben eher traditionell konstruierte) Lucas Smart beispielsweise sieht da gar kein Land mehr im direkten Vergleich, weder klanglich noch vom Pegel her. Mit zwei dieser Systeme als Stereo PA würde ich mich durchaus auf eine Party mit 200PAX trauen, solang man damit keine Turnhalle beschallen muss sondern eben eher den typischen Saal im Restaurant und das ganze eben mit gemischter Musik, später dann auch zum Tanzen etc. wie oben beschrieben. Meine Begeisterung für dieses System kann ich nicht ganz verbergen wie du merkst. In der Tat habe ich mich nach ausführlichem Testen auch größerer Systeme für zwei dieser Systeme entschieden und bin nach wie vor extrem angetan. Ich habe damit sogar schon Open Air Beschallungen gefahren (dann allerdings eher mit Jazz und leichter Popmusik). Das System zeigt manch anderem Mitbewerber tatsächlich wo derzeit die Glocken hängen, 130dB bei 16Kg Systemgewicht und gutem Klang sind schon eine Ansage. Das ganze trägt aufgrund der Konstruktion auch sehr weit - immer gemessen an der Größe natürlich. Wie gesagt, für markerschütternde Bässe ist das nichts, da müsstest du schon einen oder gleich zwei 15er Subs anvisieren. Wenn es kompakt, leicht, flexibel, trotzdem gut klingend und vergleichsweise laut (130dB pro Seite mit gestackten Topteilen) sein soll, wäre das meine dicke Empfehlung.
Zum Abschluss gibt es mit den HK Elements noch ein System, dass sich (bewusst) jeglicher Kategorisierung entzieht. Das System ist modular aufgebaut, so dass man die PA für jede Veranstaltung anpassen kann. Das ganze ist dabei sehr ausgecheckt, selbst beim Einsatz von Distanzstangen sind keine Kabel von Nöten, alles wird über Steckverbindungen gelöst. Das ist extrem zeitsparend, sieht gut aus und man ist quasi für alles gerüstet. Wie das ganze klingt weiß ich (noch) nicht, diese Systeme sieht man aber öfter mal in den Verkaufsräumen, das lässt sich sicher mal anhören. Ich glaube Session warb mal damit, dass sie einen Demo-Stand haben mit allen Elementen...evtl. gibt's den noch. Traditionell klingt HK wie gesagt durchaus gut, einen Versuch ist es allemal wert. In diesem Fall ist der Spaß nicht ganz billig wenn man ein System haben will, dass denn auch Kombinationsmöglichkeiten bietet, man kann sich das aber natürlich auch nach und nach zusammenkaufen. Ich würd's mal auschecken.
Das wäre so meine Sichtweise. Aber immer dran denken: mehr als das ist es nicht. Jemand anders mag da ganz andere Ohren haben. Daher gilt (wie oben schon richtig erwähnt wurde) bei solchen Investitionen immer "selbst anhören"!
In der Hoffnung, nicht noch mehr Verwirrung angerichtet zu haben sag ich mal gute Nacht
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