Klangempfindung live, Recording, Kopfhörer etc. -> ein Gitarrensound-Mysterium?

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boernsboerns
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Hallo zusammen,
ich spiele seit mittlerweile gut 20 Jahren E-Gitarre, hauptsächlich Bluesrock. Am liebsten Sounds a la Hendrix, Clapton, Gallagher, Page, Kossoff usw. Ich selbst spiele einen modifizierten Cream JTA 45 (ein JTM-Klon) sowie einen Fender Vibrolux. Meistens in Kombination mit einer ZVEX Box of Rock und einem TS Mini und überwiegend eine American Strat mit Fat 50 PUs. Soweit zu meinem Equipment. Das ganze spiele ich nicht nur alleine Zuhause, sondern auch regelmäßig auf unterschiedlichen Bühnen mit meiner Band.
Dabei bin ich immer wieder auf dasselbe Problem gestoßen (mit den unterschiedlichsten Amp-Gitarren-Kombinationen), das mich stellenweise richtig in den Wahnsinn treibt. Jeder hat ja den Sound, den er im Kopf hat, den er erreichen will, der einem beim Spiel ein gutes Gefühl gibt. Man hört Gitarrensounds auf Platten und weiß sofort: "Jou so muss dad klingen!". Wenn ich für Aufnahmen an Sounds arbeite und die Amps mit Mikros abnehme (Position: Übergang Abdeckkappe/Membran; Mikro: SM57, e906) bekomme ich den Sound auch so hin, wie ich ihn will. Aufgenommen klingt alles gut und mit geschlossenen Kopfhörern macht das spielen Spaß und auch das Gefühl für den Sound is das erwünschte.
Und jetz zum Grund meines Posts: Wenn ich ohne Kopfhörer, quasi mit Ohren wie Gott sie schuf vor meinem Amp stehe, kommt da ein ganz anderer Sound raus. Das zu beschreiben ist schwierig aber ich versuchs: Irgendwie viel schärfer, in den Obertönen spitzer, die Ansprache in den Tiefmitten fehlt irgendwie auch. Und vor allem: Die in der Aufnahme durchaus cremige, sahnige Verzerrung ist irgendwie bröseliger und unrund. So dass man in der Regel schnell die Höhen und Mittenregler bedient und versucht den Sound angenehmer zu machen. In der Aufnahme wirds dann aber dumpf und irgendwie leblos. Wenn ich jetz nur Aufnehmen würde, wäre ja alles gut, aber da ich wie gesagt auch regelmäßig live spiele, bin ich immer wieder ratlos was ich jetz genau machen muss. Das Gefühl beim Spielen ist für eine gute Live-Performance essenziell, aber sobald man den Amp mit Mikros abnimmt, möchte man ja auch, dass beim Publikum das Richtige ankommt.
Und hier würde ich gerne die Schwarm-Intelligenz zu Rate ziehen: Ist das normal oder liegt es an meinem Equipment? Woher kommt das?
Ich bin schon lange am Suchen und habe mittlerweile zwei Ansätze, die eine Erklärung darstellen könnten:
1.) Da das Problem vor allem in kleineren (Probe-)Räumen besonders stark zu Tage tritt, kommen einem natürlich schnell Reflexionen und damit einhergehende Kammfiltereffekte in den Sinn.
2.) Kann es an der menschlichen Lautstärkewahrnehmung liegen? Stichwort Fletcher-/Munson-Diagramme. Für die gleiche wahrgenommene Lautstärke braucht es unterschiedliche Schalldruckpegel für unterschiedliche Frequenzen. Warum ist es über Kopfhörer aber dann anders?

Bin ich mit dem Probem alleine, dh. liegt es an meinem Equipment oder mir oder ist tatsächlich ein Phänomen, das normal ist und mit dem alle Gitarristen klar kommen müssen?

Für alle die bis hierher gekommen sind: Danke dass ihr euch die Zeit genommen habt! Ich freue mich über Ideen oder Erfahrugsberichte!
Schöne Grüße
Boerns
 
Ich spiele auch mehr über geschlossenem Kopfhörer, als konventionell direkt gehört.
Ich nutze zuhause eine Großmann Isolation Box, in der ein Jensen Blackbird werkelt und von einem Shure SM57 abgenommen wird. Befeuert wird das Ganze durch ein Blackstar Series On 50 (im Prinzip Hotrod Marshall).
Live ergibt sich da immer ein anderer Sound, schon alleine, weil ich den Verstärker auf der Bühne nicht nicht so ausfahren kann. Die Raumakkustik und Ampaufstellung prägen auch entscheidend den Sound.
Eine Zeit lang habe ich das mit Deeflex Sound Diffusoren “vergleichmäßigt“, meist sind aber die Bühnen dafür doch zu klein und die Gefahr, über die Deeflex Paddel zu stolpern oder das ganze Gelumpe umzurennen, ist dann doch groß.
So akzeptiere ich, dass das im Raum anders klingt, als mikrophoniert, kann damit aber eigentlich auch gut leben.
Schwierig fand ich es, gut klingende InEar KH fürs Monitoring zu finden. Das ging mit Budget Teilen gar nicht. Die klangen fies schrill und gleichzeitig saftlos.

Daher denke ich, dass die Mikrofonierung/Mikroposition vor dem Speaker, aber auch die Boxen/der KH dazu führen, dass sich da schon drastische Unterschiede in der Klangwahrnehmung ergeben.
Wie schon geschrieben, kann man dem Problem nur begrenzt begegnen. Das Einfachste ist noch, sich so zum Verstärker/Box zu positionieren, dass man den „Sweet Spot“ findet, was aber oft auch schwer zu realisieren ist.
Immerhin, idR. wird live ein Gitarrenverstärker abgenommen und das Publikum sollte weitgehend den „geliebten“ Sound bekommen.
 
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Hi und willkommen im Board! Vielleicht hilft Dir diese Übelegung weiter:

Im Moment zäumst Du das Pferd eigentlich von hinten auf, indem Du einen im Grunde schlechten Ampsound nachträglich hinbiegst. Das dürfte zwar für Dein Talent als Tontechniker sprechen, es sollte aber nicht nötig sein, den Amp absichtlich schlecht klingen zu lassen.

Die Frage wäre für mich erstmal, ob Du mit Deinem Amp samt Box einen Sound hinbekommst, der Dir "in the room" taugt. Das sollte eigentlich der erste Schritt sein, denn Du liegst da mMn ganz richtig - wenn der Ampsound inspiriert, machts viel mehr Spaß und man spielt auch besser. Wenn das mit Deinem Equipment grundsätzlich möglich wäre, dann solltest Du mMn lieber nochmal an diesem Punkt beginnen, den Amp entsprechend einstellen und erst dann nochmal ganz neu an der Abnahme arbeiten, um diesen guten Sound dann entsprechend wiederzugeben.

Das SM57 ist schon ein Mikro, das recht deutlich einfärbt und "Sound macht". Dafür ist es ja auch bekannt und beliebt. Vielleicht solltest Du da aber nach Alternativen suchen, evtl. dann auch in der Positionierung. Das Shure hat einen deutlichen Nahbesprechungseffekt, der die Tiefmitten verstärkt, was Du ja offensichtlich auch als angenehm empfindest. Stell es mal ein Stück weiter weg und vielleicht noch etwas mehr aufs Zentrum des Lautsprechers, dann müsstest Du den Amp auch weniger spitz einstellen können, ohne dass der Sound fürs Pult zu dumpf wird.

Das e906 erscheint mir für Dein Ziel geeigneter. Es klingt für mich etwas neutraler und hat dazu noch einen 3-stufigen Präsenzschalter. Wenn Du hier die Anhebung einstellst, musst Du die entsprechenden Frequenzen am Amp nicht so stark anheben. Auch hier ist etwas mehr Abstand vielleicht besser, damits bei einem satter eingestellten Amp im Ergebnis nicht zu sehr "bollert" und die hohen Frequenzen überlagert. Die Klangregelung am Pult sollte dann erst das letzte Mittel sein, nachdem Du mit Mikrofonwahl und -positionierung dem Wunschsound möglichst nahe gekommen bist.

Gruß, bagotrix
 
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Das Mikro steht am idealen Punkt und so hörst Du das dann über KH auch ab. ABER wo steht Deim Amp wenn Du spielst: die Lautsprecher dürften kaum auf Ohrenhöhe sein! Neben dem "Beam" den das Mikro idealerweise abnimmt, klingt es immer anders. LS hoch stellen, kippen und wenn möglich 5M weg davon stellen, dann sollte es besser werden....
 
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1.) Da das Problem vor allem in kleineren (Probe-)Räumen besonders stark zu Tage tritt, kommen einem natürlich schnell Reflexionen und damit einhergehende Kammfiltereffekte in den Sinn.
2.) Kann es an der menschlichen Lautstärkewahrnehmung liegen? Stichwort Fletcher-/Munson-Diagramme. Für die gleiche wahrgenommene Lautstärke braucht es unterschiedliche Schalldruckpegel für unterschiedliche Frequenzen. Warum ist es über Kopfhörer aber dann anders?
Mit diesen 2 Punkten bist du schon auf der richtigen Spur.
Wir vergleichen hier 2 deutlich unterschiedliche Situationen:
In der einen (Studio) hörst du das Signal des Gitarrenlautsprechers abgenommen vom Mikrofon im Nahfeld. Dieses wird in erster Linie bestimmt vom Übertragungsverhalten des Lautsprechers und des Mikrofons. Auf Grund des geringen Abstands von Mikrofon zu Lautsprecher spielen Raumeinflüsse eine untergeordnete Rolle. Du schaust/hörst quasi mit der Lupe auf das Übertragungsverhalten einer ganz bestimmten Mikrofonposition.
In der anderen (Live) hörst du das Signal des oder der Gitarrenlautsprecher in einem Raum. Zum ersten fehlt in dieser Kette der Einfluss des Übertragungsverhaltens des Mikrofons. Zum anderen bekommst du nun nicht mehr nur das Übertragungsverhalten des Lautsprechers an einer einzelnen Position, sondern hörst die Summe aller Raumreflexionen. Ein Gitarrenlautsprecher hat im Allgemeinen ein recht chaotisches, über der Frequenz nicht gleichmäßiges Abstrahlverhalten. Damit ist das Übertragungsverhalten im Raum nicht nur allgemein anders, als auf einer fixen Position im Nahfeld, sondern auch an jeder Position im Raum verschieden.
Bin ich mit dem Probem alleine, dh. liegt es an meinem Equipment oder mir oder ist tatsächlich ein Phänomen, das normal ist und mit dem alle Gitarristen klar kommen müssen?
Du bist mit dem Problem keineswegs alleine, denn die Physik ist für uns alle gleich. Es gibt aber Unterschiede, wie stark dieses Problem als solches empfunden wird. Ich kann es gut nachvollziehen.

Ich habe mich auch deswegen inzwischen von der Nutzung herkömmlicher Gitarrenlautsprecher verabschiedet. Wenn die Referenz der abgenommen Studio-Sound ist, gibt es heute technisch sinnvollere Lösungen. Ich spreche vom großen Feld der Lautsprechersimulationen, Geräten wie dem UA Ox, TwoNotes Torpedo, Boss Tube Amp Expander, Suhr Reactive Load IR etc.. Dieses Geräte bieten genau das, den Studio-Sound zum Mitnehmen. Natülich stellt sich dann die Frage, wie du Live abhörst (Kopfhörer oder Wedges).
 
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Na, da gebe ich auch mal meine Erfahrungen zum Besten. Ich mische auch und war in diversen Bands, seit über 30 Jahren unterwegs.

Ich habe heute einen anderen Ansatz als früher. Wichtigster Punkt: Nicht im Beam-Bereich des Amps aufhalten oder besser einen Deeflexx verwenden!

Step 1 ist auf der Bühne (wenn Zeit dafür ist) den Amp zu belassen, wie im Proberaum und nur mit einem EQ auf dem Pedalboard einen Low Cut, etwas die Mitten und die Höhen so zu bearbeiten, dass es gut klingt (im Raum und in dem Abstand, der mir zur Verfügung steht). Der Amp ist insgesamt dabei relativ leise, aber so, dass ich ihn hören kann, bestenfalls in nahezu Ohrhöhe. Hier hilft ggf. ein Deeflexx, um die Höhen und Mitten zu verteilen (Diffusor) - (nimmt aber etwas Platz in Anspruch). Du kannst auch damit experimentieren und den Amp einfach umdrehen, wenn Du halboffenen oder offene Cabs verwendest oder seitlich drehen...
Step 2 gilt, wenn Monitore verwendet werden. Da der FOH ja den Gesamt-Sound im Auge hat, passt er den Gitarrensound in den Kontext ein. Das entspricht oftmals nicht meinem Wohlfühlsound... Deshalb arbeite ich mit dem Amp auf der Bühne klanglich so, dass dort, wo mein Stellplatz ist, ein Mix aus Monitor und Amp entsteht, mit dem ich mich wohlfühle. Das ist oft etwas Hin- und Her-Geschiebe, manchmal hilft auch eine Decke, um Teile des Cabs abzudecken.
Step 3 ist die Verwendung von InEars. Den Sound (Mix) mache ich mir selbst, sodass es "spielbar" ist. Kommt der Sound vom FOH, muss man Rücksprache halten, um einen erträglichen Sound im Ohr zu haben.

Die Mikrofonierung spielt für mich keine große Rolle. Das ist für den FOH interessanter, weil er mit dem Signal umgehen muss und nicht mein Deal! Er hat einen EQ, um das zu richten.

Falls Dir der Mittenbeam grundsätzlich Probleme macht, kannst Du auch nach innen gewölbte "De-Beamer" in die Cabs einbauen...

Wichtig ist der Bühnensound, der so sein muss, dass ich alles höre, was dort passiert. Und wenn mein Amp dann wirklich noch "brizzelt", stelle ich mich etwas seitlicher auf.

Viele Grüße

Ray
 
Reg disch ab. Der Sound direkt aus dem Amp ist genau das, was der Großteil aller Gitarristen hören will.

Die wollen nicht den dauergewellten, weichgespülten Schönwetterkopfhörersound.
Ich verstehe aber auch nicht, warum die das so wollen.

Ich spiele Zuhause, wie auch live einen Modeller. Da ist der Sound für mich immer gleich.
 
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Naja, Sound ist ja nicht nur was für die Ohren, sondern auch für den ganzen Körper.
Will sagen, die Vibrationen die eine Box im Proberaum oder auf der Bühne erzeugt ist für mich (und viele andere Gitarristen auch) Bestandteil des Sounds und des Wohlbehagens. :cool:

Dieses unmittelbare Gefühl beim spielen bekomme ich nicht mit einem InEar-System - da habe ich nur einen mehr oder weniger guten Klang aber keinen körperlichen Sound.
(Ehe jemand nachfragt, ich habe ein InEar.System, bin aber zurück zu Monitor und Gitarrenamp)
Wenn ich einen Powerchord raus haue soll es mir nicht nur ins Ohr, sondern auch in den Magen gehen. Auch Basser lieben ja dieses "Bauchfeeling" - manche gehen sogar soweit mit einem Bassboard zu spielen (z.B. TecAmp Pleasure Board).

Meine Gitarrenanlagen sind immer so eingestellt, das sie sowohl im Proberaum als auch auf einer Bühne über den Amp bzw. die angeschlossene Box geil klingt (nach meinem Geschmack).
Dazu markiere ich auch gerne auf dem Boden eine Stelle wo das Soundverhalten bzw. der Klang für mich optimal ist. (quasi der Hotspot).
Interessanterweise muss ich dabei nichts am Amp verstellen um sowohl im Proberaum als auch auf einer Bühne meinen Sound zu haben.
Die Soundeinstellung am Amp passt (bisher) bei allen Räumlichkeiten.

Erst im zweiten Schritt kommt die Abnahme - entweder mittels Mikro (Sennheiser E906) oder mittels dem Two Notes Torpedo CAB.
Beim Torpedo habe ich mir entsprechende Einstellungen erarbeitet und bei Mikroabnahme habe ich in der Regel volles Vertrauen in den Mixermann.

Das einzige, was nervt ist die "Schlepperei" :(

Aber "trotzalledem", ich bin zurück beim Röhrenamp mit Box und werde da auch bleiben.
Jeder wie er will - ich auch. ;)

Deshalb mein Tip an @boernsboerns, stell Deinen Amp so ein, das er für Dich optimal klingt und versuche dann diesen Sound an die PA und an Deine InEar oder Kopfhörer zu übertragen.
Dein Grundsound, der von Deinem Amp und Deiner Gitarre kommt, muss schon optimal sein - alles andere ist Einstellungssache (und dafür gibt es ja auch Fachleute am Mixer)
Wenn Du allerdings oft mit Amps spielst, die am/im Venue stehen, dann baue dir ein Effektboard auf, das bei cleanen Amp schon Deinen Grundsound erzeugt.

Gruß
 
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