Mit diatonischem Akkordeon Eb/Ab/C spielbar

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Hallo zusammen,

eigentlich bin ich ja "Chromatiker", muss aber eben mal einen Abstecher zu den Diatonikern machen ;-)

Ich übe momentan an einem Stück, das im Original auf einer Harmonika gespielt ist. Allerdings habe ich davon nur eine Aufnahme und keine Noten. Der Titel besteht aus 3 Teilen, wobei der Vers in Eb-Dur/f-molll ist, der Refrain in Ab-Dur. Dann gibt es noch eine Bridge, die in C-Dur ist.

Frage: Ist dies auf einer Diatonischen Harmonika überhaupt spielbar oder hat sich der Interpret bei der Aufnahme womöglich moderner "Mehrspurtechnik" bedient?

Viele Grüße,

Jochen
 
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Hallo Jochen,

ich würde mal sagen, das hängt stark von Instrument und Stück ab.

Die meisten diatonischen Harmonikas haben Knopfreihen, die jeweils einer Tonart zugeordnet sind. Bei Instrumenten mit mehreren Reihen haben die "Reihen-Tonarten" einen Quartabstand zueinander (Club-System, Steirische...) oder auch mal einen Halbton-Abstand.
Steirische gibt es mit bis zu fünf Reihen, da würde C-F-Bb-Eb-Ab den Bereich von C-Dur bis Ab-Dur problemlos abdecken.

Natürlich ist ab einer gewissen Anzahl von Reihen (und sogar beim Club-System, das eine "Hilfsreihe" mit chromatischen Zwischenschritten hat), auch jeder der zwölf Halbtöne spielbar, deshalb kann man auch mit weniger Reihen auskommen.

Schwerwiegender als die diatonischen Beschränkungen im Diskantbereicht sind (meiner unmaßgeblichen Meinung nach) aber die extreme Einschränkung der spielbaren Akkorde links. Steirische haben oft keinen einzigen Moll-Akkord (!), Club-Harmonikas nur einen (und sind generell auf 2 Reihen plus Hilfsreihe beschränkt).

Mit einer Eb/Ab-Club-Harmonika hätte man z. B. einen F-Moll-, aber keinen F-Dur-Akkord, was dann in der Regel bei einer Passage in Eb-Dur blöd wäre...

Mit eine Club-Harmonika in Bb/Eb kann man trotzdem auch eine Ab-Dur-Passage spielen, weil alle Töne und Akkorde zur Verfügung stehen...

Grundsätzlich wäre das also denkbar, es kommt auf das Stück, Arrangement und Instrument (bzw. den Intrumententyp) an.
Bei näheren Informationen ließe sich sicherlich genaueres sagen.

Viele Grüße
Torsten
 
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Schwerwiegender als die diatonischen Beschränkungen im Diskantbereicht sind (meiner unmaßgeblichen Meinung nach) aber die extreme Einschränkung der spielbaren Akkorde links. Steirische haben oft keinen einzigen Moll-Akkord (!), Club-Harmonikas nur einen (und sind generell auf 2 Reihen plus Hilfsreihe beschränkt).
Also, äh, nee. So stimmt das ja nicht.

Ich nehme als Beispiel eine zweireihige Harmonika in C/F mit acht Bassknöpfen ohne Terzabschaltung (weil die grad neben mir steht). Das ist quasi das kleinste Standardinstrument.

Die am besten spielbare Molltonart ist dann D-Moll. Ich habe auf dem Instrument folgende Moll-Akkorde auf der Basseite zur Verfügung: D-Moll, G-Moll und A-Moll (zusätzlich auch A-Dur). Das gilt ebenso für eine Club-Harmonika.

Hier ein Beispiel mit einer solchen Ziehharmonika (in G/C):

 
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Also, äh, nee. So stimmt das ja nicht.

Nicht? Ich finde die Beschränkungen erheblich...
Deshalb freut man sich auch so, wenn man sie irgendwie umgehen kann. :)
Beispielsweise ist es nicht möglich, viele einfache und verbreitete "Baß-Durchgänge" zu spielen, weil schlicht und ergreifend die Töne nicht da sind.
Nicht einmal ein einfacher Wechselbaß ist durchgängig möglich.

Das sind für mich erhebliche Einschränkungen gegenüber beispielsweise einem Stradella-Baß.

Ich nehme als Beispiel eine zweireihige Harmonika in C/F mit acht Bassknöpfen ohne Terzabschaltung (weil die grad neben mir steht). Das ist quasi das kleinste Standardinstrument.

Einverstanden.


Die am besten spielbare Molltonart ist dann D-Moll. Ich habe auf dem Instrument folgende Moll-Akkorde auf der Basseite zur Verfügung: D-Moll, G-Moll und A-Moll (zusätzlich auch A-Dur). Das gilt ebenso für eine Club-Harmonika.

Mit "kein Moll-Akkord" bei vielen Steirischen und "nur einem Moll-Akkord" bei Club-Harmonikas hatte ich die Knöpfe an sich gemeint.
Daß man aus Dur-Akkorden zusammen mit geeigneten Baß-Tönen auch Moll-Sept-Akkorde bauen kann, ist schon klar.
Das wären dann in Deinem Beispiel Dm (Standard), Gm7 (G-Baß plus B-Dur), Am7 (A-Baß plus C-Dur).
Bei der Club-Harmonika hat man zusätzlich noch Es-Dur, woraus man Cm7 (C-Baß plus Es-Dur) basteln kann.

Ob die Moll-Sept-Akkorde in jedem Kontext passen, muß man im Einzelfall sehen,

Auf diese Art und Weise kann man auch zu schönen Major7-Akkorden kommen, das entspricht ja alles den "Jazz-Akkord-Konstruktionen" mit Stradella.
Natürlich geht da viel, aber eingeschränkt ist man eben doch.
Man spielt nicht das, was man musikalisch gerne spielen würde, sondern das, was sich irgendwie realisieren läßt.

Ich bleibe also bei meiner Behauptung: die spielbaren Akkorde sind extrem begrenzt. Natürlich geht mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist, aber sehr viel weniger als musikalisch manchmal wünschenswert. Hängt natürlich auch von der Stilrichtung ab.

Schönes Beispielvideo übrigens, gefällt mir! :great:
Ein guter Trick ist auch offensichtlich, ab und zu schamlos einen eigentlich unpassenden D-Dur-Akkord reinzuknallen, wenn man ihn nur kurz genug antippt, stört das kaum. :D
Oder verhöre ich mich da? :gruebel:

Viele Grüße
Torsten
 
Nicht? Ich finde die Beschränkungen erheblich...
Auch wenn ich hier genau gegenteiliger Ansicht bin, will ich keine generelle Diskussion aufmachen - das bringt erfahrungsgemäß nüscht -, sondern nur darauf hinweisen, dass die Behauptung "nur ein Moll-Akkord" irreführend ist. Selbst ein Zweireiher verfügt im Spiel über drei Moll-Akkorde, die auch bereits konstruktionsseitig eingeplant sind (mit Rücksicht auf Knopflage und Balgrichtung).
 
Auch wenn ich hier genau gegenteiliger Ansicht bin, will ich keine generelle Diskussion aufmachen - das bringt erfahrungsgemäß nüscht -,

Hallo Torquemada,

hast Du da schlechte Erfahrungen gemacht? :eek:
Gibt es schon Threads über - sagen wir mal - diatonische Spieltechnik und "Workarounds"/Tricks? Das wäre doch interessant! :great:

Ich gebe Dir recht, es ist wenig zielführend, in eine "ja! - nein! - doch!"-Diskussion zu verfallen, darum geht's ja auch nicht.
Jedenfalls ist es meiner Ansicht nach sehr spannend, die üblichen "Einsatzgebiete" von Instrumenten im allgemeinen und diatonischen Harmonikas im besonderen zu erweitern und zu schauen, was alles spielbar ist bzw. spielbar gemacht werden kann.


sondern nur darauf hinweisen, dass die Behauptung "nur ein Moll-Akkord" irreführend ist. Selbst ein Zweireiher verfügt im Spiel über drei Moll-Akkorde, die auch bereits konstruktionsseitig eingeplant sind (mit Rücksicht auf Knopflage und Balgrichtung).

Ja, das stimmt, meine Behauptung war irreführend.
Zur Verteidigung: Beim Stradella-Baß sagt man ja auch, daß die erste Akkord-Reihe Dur-Akkorde sind. Einfach deshalb, weil beim Druck auf einen solchen Knopf ein Dur-Akkord ertönt.
So und nicht anders hatte ich das gemeint, gebe aber freimütig zu, daß einen diese Aussage dazu verleiten könnte, zu glauben, man könne "keine Moll-Begleitung" spielen.

Andererseits ist Deine Aussage, daß ein Standard-Zweireiher "im Spiel über drei Moll-Akkorde" verfügt auch irreführend, denn wenn ich "Moll-Akkord" höre, dann denke ich an einen gewöhnlichen Moll-Dreiklang (also ohne jegliche Optionstöne).
Dann wären wir also quitt. ;):D



Souls le ciel de Paris...

... war z. B. ein Stück, von dem ich überrascht war, es auf der Diatonischen zu hören. :cool:

Auf seinem G/C-Meloden spielt er das Stück in Am.
Der "andere" Moll-Akkord Dm7 läßt sich wunderbar mit dem F-Dur-Dreiklang spielen, solange man D im Baß hat (solange man dann alle Melodietöne zusammenbekommt ;)).


Problem: an der Textstelle "L'hymne d'un peuple épris de sa vieille citéeeeeeee" müßte die Tonart von A-Moll nach A-Dur "umkippen", das macht gerade den Reiz aus.

Geht aber nicht. Denn A-Dur "kann" das Instument nicht. Mist. :mad:
An dieser Stelle trickst der Spieler geschickt, indem er bei "citéeeeee" die Melodie abwandelt (auf den Grundton A zurück, um die Dur-Terz Cis zu vermeiden) auf A-Moll bleibt (schade um den schönen Effekt) und dann plötzlich die Tonart wechselt:
Wenn es mit "Près de Notre Dame ..." weitergeht, müßte man sich eigentlich in Tonart A-Dur befinden, aber statt mit dem zu erwartenden Melodieton E weiterzumachen, hüpft er in die Tonart C-Dur und springt auf das G.

Dieser Wechsel ist sehr geschickt gemacht und ist mir beim ersten Hören überhaupt nicht aufgefallen, weil ich den Chanson auch nicht so besonders im Ohr hatte.

Fazit: Getrickst (aber gut!) und verändert/vereinfacht, um es irgendwie mit der Diatonischen spielbar hinzubekommen.

Aber: Dieser Kunstgriff ist einzig und allein den diatonischen Beschränkungen geschuldet, sonst hätte er es garantiert so gespielt, wie einst Piaf, Greco und andere es sangen.

Aber genau solche Tricks sind doch interessant und durchaus wert diskutiert zu werden, schließlich kann man viel davon lernen, oder?.
Deshalb verstehe ich nicht ganz Deine ablehnende Haltung gegenüber Diskussionen, bei denen es eigentlich um das Sprengen/Umgehen von Grenzen geht.

Viele Grüße
Torsten
 
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Mensch, macht um Gottes Willen weiter!!!! Ich selbst komm' zwar längst nicht mehr mit, aber es gibt bestimmt viele, die von Euch so was von profitieren können!
Also bitte nicht aufhören!!

Viele Grüsse!
 
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Hallo, Be-3,

mich stört vor allem, dass hier so häufig von "Beschränkungen" gesprochen wird, wenn die Rede auf Harmonikas kommt. Das mag meine persönliche Empfindlichkeit sein, weil ich Harmonikas immer als Befreiung wahrgenommen habe. Dass eine (nicht präparierte) Harmonika eher weniger für mikrotonale Neue Musik taugt, ist mir auch klar, aber ich habe den Eindruck, der Begriff "Beschränkung" wird im Zusammenhang mit Harmonikas deutlich häufiger verwendet als sachlich geboten - wobei gleichzeitig die Augen (bzw. Ohren) vor den instrumentspezifischen musikalischen Möglichkeiten verschlossen werden.

Diskussionen über Lösungsmöglichkeiten für Schwierigkeiten, die sich bei der Übertragung von Stücken auf Harmonikas ergeben mögen, lehne ich ja gar nicht ab. Tatsächlich ist ein Tonartwechsel z. B. von A-Dur nach A-Moll oder umgekehrt praktisch kaum machbar, nicht weil auf der Diskantseite die Melodietöne fehlen würden, sondern weil, genau wie du sagst, ich das weder auf der Bassseite noch auf der Diskantseite vernünftig akkordisch begleiten könnte.

Die möglichen Lösungen ("Work-arounds") für solche und ähnliche Fälle darzustellen ist sicherlich interessant und vielleicht auch nützlich.

So beginne ich in dem Stück unter dem Pariser Himmel den teilweise chromatischen Dur-Teil z. B. anders als Nyström im Video - das du so interessant analysiert hast :great: -, nicht in der Durparallele (C-Dur) sondern in der Dominantparallele (wäre dann G-Dur). Das hat sein Für und Wider, vielleicht mehr Wider als Für. Ich weiß es jetzt nicht mehr, aber ich hatte seinerzeit mal die verfügbaren Töne und Akkorde durchgerechnet und mit den für diesen Melodieteil benötigten verglichen und habe mich dann für diese Lösung entschieden. Vielleicht auch deshalb, weil diese Lösung eine Quarte tiefer klingt als die im Video und das Instrument, das ich am häufigsten spiele, mit seiner C/F-Stimmung eh schon eher im oberen Register spielt. Nyström spielt ja in der auch in Schweden üblichen G/C-Stimmung, die ohnehin schon eine Quarte tiefer klingt, sodass er es sich eher erlauben kann, im Dur-Teil nach oben zu gehen.
 
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Als Ergänzung und teilweise auch in Beantwortung der Ausgangsfrage des Strangs ist das folgende Video geeignet. Nick Barber spielt darin das englische Shepherd's Hey auf einem D/G-Zweireiher in den Tonarten C-, Cis-, D-, Dis-, E-, F-, Fis-, G-, Gis-, A-, B- und H-Dur.



Auch an dem Beispiel wird deutlich, das die Herausforderung bei der Harmonika weniger das Melodiespiel ist, sondern - wie Be-3 schrub - die Begleitung. In dem Zusammenhang ist es vielleicht interessant, darauf hinzuweisen, dass die baskische Harmonika zwölf gleichtönige Bässe (Bassknöpfe) hat und die schottische zwar drei wechseltönige Reihen (wie in Irland in Halbtonabstand), aber einen Stradellabass.

Ein Faszinosum an der Harmonika ist für mich auch der Variantenreichtum, der zeigt, wie das Instrument jeweils inkulturiert wurde. :rock::)
 
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BOAH wie KRASS ist das denn !!! Ich glaub, ich brauch Monate, um mich hier durch die Fäden zu lesen :gruebel: :confused: :coffee:

Ihr Experten seid eine WAHRE Bereicherung :-D
 

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