Musik üben vs. Instrument üben

Taunus-Yeti
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Ursprung meines Beitrags unten war das Thema "Noten von Maceo Parker" (Alt-Saxophon) hier: https://www.musiker-board.de/threads/noten-von-maceo-parker.694230/
, und habe dadurch folgende Gedanken aufgeschrieben, wen es interessiert. Ich weiß nicht, wo es hingehört, deswegen habe ich es bei "off topic" eingereiht


Guten Morgen,

obwohl das Thema ja schon etwas her ist (2019), habe ich die Beiträge mit Interesse gelesen, manche mehrmals.

Ich habe dann erstmal die Thematik erfasst (wo bekomme ich Noten her) und bin dann den Hinweisen gefolgt. Ich habe nach 'inflections' und 'embellishments' gegoogelt (s. Beiträge von Mod. Claus) und bin hier fündig geworden: https://ryanheinlein.files.wordpress.com/2015/05/jazz-inflections.pdf Daran habe ich gemerkt, dass ich Teile davon auch schon umgesetzt habe, nur nicht, wie man sie bezeichnet.

Als Fan von Maceo Parker (und zT auch Candy Dulfers Spielweise, hier: YT-Video Jazztage Leverkusen von 2009

finde ich hammermäßig gut, u.a. auch den Gitarristen Ulco Bed in Don't go!) und auch bei leider nur einer einzigen Live-Gelegenheit konnte ich Maceo Parkers Spielweise kennen lernen, und die Faszination war die präzise Rhythmik, die Bläsersätze "hinten dran" und die unglaubliche Wucht des ganzen Geschehens. Und je mehr ich darüber schreibe, umso mehr verwässert es, man muss es hören und erleben, meine ich. Mindestens muss man sich "Groove on planet Earth" anhören, um seine Musik wenigstens aus der Konserve zu erleben, aber eigentlich muss man total unökologisch zusehen, wo man ihn (u.a.) live erwischt!!

Claus' Hinweise finde ich sehr nachahmenswert und werde mir eins der PC-Programme zulegen, um mir selbst loops basteln zu können, was mich als PC-Dino etliche Zeit kosten wird. Ich stimme der Meinung zu, dass das Wesentliche eh nicht in den Noten steht. Und: Ich teile auch die Meinung über das zeitraubende und geradezu "antimusikalische Benutzen von Realbooks" . Es spielten sich bisweilen haarsträubende Jamsession-Szenen ab, weswegen ich da nicht mehr hingehe. Die Teilnehmer sind so auf das Papier fixiert, schauen sich nicht an, hören nicht, was der Bandkollege spielt etc. Auch ich hatte dadurch aktives Hören verlernt (und beinahe chiropraktische Hilfe vom Schleppen aller Realbooks nötig). Das wäre dasselbe, mit einem Bobbycar in die F1-Aufstellung zu gehen. Deswegen habe ich so seit 1 Monat (wieder) die Gehörbildung aufgegriffen, übe Intervalle und Akkorde und das hilft ungemein. So konnte ich gestern "Biji" von Coltrane, gespielt von Sonny Rollins, als eine Akkordbrechung abwärts hören (indem ich es nachgesungen habe!!!) , und die Zwischentöne ergaben sich aus der ergänzenden TL ("vor die Füße gefallen"). Es war für mich ein grinsendes Mega-Erlebnis, dass das geht ;-)) Nimmt man Grundton, Terz und b7 als Harmonie, reicht sogar schon eine Hand auf dem Piano, um einen Akkord darzustellen, weil man es da auch gut sehen kann, finde ich. Also, so zu agieren, ist "Musik lernen" und nicht nur Saxophon...xy...üben, das finde ich ungemein bereichernd!

1:1-Imititation ist super, und das exakte Mitspielen von Play-Alongs, wenn sie so produziert sind, dass die Melodie oder sogar Solo-Teile ausgeschrieben und vorgespielt werden (zum Lernen), haben mir wieder gezeigt, wie oft ich mit der Intonation daneben lag. Alles Übungsfelder, die mir -ehrlich gesagt gerade jetzt in der C-Zeit- wieder den Weg "back to the roots" gezeigt haben und dafür auch Zeit ist.

Ich habe immer mehr entdeckt (entdecken müssen!), dass es mit "Saxophon-Üben" alleine nicht getan ist. Man sollte "Musik üben" , denn es braucht zwingend das Hören, das Nachsingen können (wie oben beschrieben), das "nach außen bringen, was man im Inneren hört [und gerne spielen können würde]", wenn möglich, Grundkenntnisse an den Tasten, um Harmonien hören+sehen zu können, und es braucht das genaue Zuhören, um die eigentliche Sprache (von Maceo u.a.) zu hören und zu verstehen.

So, genug gequatscht, ist ja auch schon länger her, das Thema, aber hat mich inspiriert, neue Wege zu beschreiben und da weiter zu gehen...und da ich nicht mehr der Jüngste bin, freue ich mich umso mehr, neue Wege gefunden zu haben!

Mich würden eure Erfahrungen und Gedanken dazu interessieren.

Grüße vom Taunus-Yeti
 
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Hallo,

ich habe deinen Beitrag mehrmals gelesen und doch bin ich der Meinung, das Musiküben eben auch Instrumentüben ist. Richtiger wäre vielleicht eine Musikinstrumentüben-Schreibweise. Allein im dem Begriff Instrument ist noch keine Musikzuordnung integriert, oder? Der Massenspektograph ist ein Instrument, genauso wie ein Oszilloskop ein Instrument ist. Ein Personalcomputer ist genauso ein Instrument, wie eine Bohrmaschine. Der jedem einzelne Mensch eigene Lebensfadenschicksalszufall hat entschieden und entscheidet unter Umständen für jeden einzelnen Musikinteressierten mehr als es eine tägliche Routineplanung suggeriert.

Nun habe ich hier vor mir 3 Bücher liegen, die den SaCvErHaLt besser erklären, als ich es momentan könnte.

  • Da sind einmal ausgewählte Schriften von Carl Dallhaus und Hans Heinrich Eggebrecht, die zu unterschiedlichen Themen die Frage "Was ist Musik?" beantworten. (ISBN 3-7959-0465-X)
  • Dann liegt hier der Grundriß der systematischen Musikwissenschaft von Albert Wellek mit dem Titel Musikpsychologie und Musikästhetik.
Grundsätzliche Einigung besteht darin, dass das Hören Grundvoraussetzung in der Musik sei. Gewiss sind es nicht die allerneuesten Schriftwerke, aber keineswegs uninteressant, wenn man als Leser eine gewisse Affinität zu wissenschaftlichen Texten hat.

Was mich zum 3. Buch bringt; eine technische Formelsammlung.
  • Gieck Technische Formelsammlung; 30. erweiterte Ausgabe
Wenn das eigene Ohr nicht ausreicht, oder die Faszination darin besteht, das Hören mechanisch nachzugestalten, dann hat das eigene Hören nicht mehr dem ihm von der Natur angedachten Stellenwert.

Aktives Hören bedeutet den Zufall zu minimieren und einen Instrumenteneinsatz selbst zu bestimmen. Wenn du dem Motorsportverband genügend finanzielle Mittel bereitstellst, könntest du als Marketingunternehmen das Kleinkindfortbewegungsinstrument neben einen 800PS Boliden stellen. Verteil nach Gusto Markennahmen und Emblems und schon ist der Werbespot fertig. Das Szenario gab es schon und ist gar nicht so kontrastbeladen, wie du es möglicherweise gerne hättest. Im Technikerjargon enspräche das dem Quadrat im Bernoulli-Euler-Theorem

Es ist eben nur nicht immer möglich andere Aktivitäten zurückzustellen. Und die C-Zeit, wie du es nennst, verdeutlicht, dass es Abhängigkeiten gibt, auf die man als Einzelne(R) keinen Einfluss hat. Deine Meinung :- man muss es hören und erleben. Ja, das zählt mit als Binsenweisheit und darin sind wir uns einig.

Ich versuche mich auch bei Zeiten am Saxofon, aber deinen Maceo Parker Enthusiasmus teile ich nicht. Auch orientiert sich mein Musikgeschmack eben nicht an Jazz. Den grössten pro-Sax Einfluss erhielt ich von einem Dog-Eat-Dog Auftritt. Sie spielten so um 1990 als Vorband für NewModelArmy. Hätten wir, meine damaligen Schulgefährten und ich, das Konzert nicht besucht, wäre mir und meinen Nachbarn wohl das Saxofon-üben erspart geblieben. Ich habe zwar auch anderorts das Sax davor und danach schon gehört, aber das Tönen bei der Veranstaltung ist in meinem Gedächtnis am stärksten. Nun, wie aus der Schilderung ersichtlich, war es der Saxklang in Verbindung mit Drums, Gitarre, Bass und Vocals, der für mich die Musik macht. Damit wird klar , dass mein Geschmack mehr in Richtung Musik als Kunst anstatt Solomusiker als Künstler sich orientiert. Dieses könnte sich allerdings in Zukunft ändern, sicher. Das Erleben hatte einen Einfluss, aber ob dadurch mein Musikverständnis in eine bessere Richtung gedrängt wurde, möchte ich daraus nicht ableiten.

Wenn man Sax spielt, kann man nicht zeitgleich singen; das muss ich hoffentlich nicht näher ausführen. Genauso profan ist, dass man zusätzlich zum Hören auch für den Tonfall selbst verantwortlich sein kann.
Macht es für dich jedoch im 'nach außen Bringen' einen Unterschied, den ich nicht höre. Gewiss höre ich einen Unterschied zwischen Gesang und Windinstrument, aber letztendlich sind es auch nur Varianten im Musizieren. Verallgemeinert ist da kein Unterschied, sondern persönliche Einstellungen und äußere Umstände und Gelegenheiten entscheiden für die eine oder andere Art der Tonerzeug. Singen bringt dich demnach näher an eine dir angenehme Musik, als es das Saxofon jemals schaffen könnte. Das mag für dich gelten, eine differenzierte Möglichkeit zur Verallgemeinerung lässt sich daraus aber nicht bilden.

Aber egal, das waren meine ersten Gedanken zu deiner Aufforderung zum Erfahrungsaustausch. Einiges von dem, was du geschrieben hast möchte in nicht annehmen, anderes sollte ich vielleicht besser für mich behalten.

mit quatschigen Grüssen
 
Wenn man Sax spielt, kann man nicht zeitgleich singen; das muss ich hoffentlich nicht näher ausführen.

Jain, macht man tatsächlich, aber als Effekt. Das nennt sich glaube ich Growling...

ich habe deinen Beitrag mehrmals gelesen und doch bin ich der Meinung, das Musiküben eben auch Instrumentüben ist.

Wieder Jain. Eine gewisse Instrumentenbeherrschung ist natürlich auch nötig, um sich musikalisch ausdrücken zu können.

Mich würden eure Erfahrungen und Gedanken dazu interessieren.

Ich denke, ich kann dich gut verstehen. Ich habe Geige, Saxophon, E-Gitare und jetzt Piano erlernt. Am nächsten dran am Musizieren war ich wohl mit der Geige. Den meisten Spaß in einer Band hatte ich mit der E-Gitarre. Klavier ist endlich mal eine Instrument, das ich auch nur für mich spielen möchte.

Technisch kann ich fast jedes Instrument lernen, das habe ich mir bewiesen. Aber woran auch ich jetzt mehr arbeiten will, ist das Musizieren. Wie Du sagst, das spielen zu können, was man im Kopf hat. Es gibt sicher Menschen, die das nicht extra üben müssen, ich schon.

Gruß,
glombi
 
Irgendwann muss man sich überlegen, ob man "ein Instrument" bis zur ziemlichen Perfektion erlernen möchte, oder aber sich allgemein "in der Musik" tummeln möchte. Wenn man nicht sehr früh anfängt und nicht besonders viel Zeit hat, dann muss man sich für eines entscheiden. Bei mir ist es "die Musik" geworden, entsprechend lausig spiele ich handwerklich. Aber ich weiß, welche Fehler ich mache:) Und bei reduziertem Tempo geht vieles. Ich kann halt beim Bebop nicht der Schnellste sein.
 
Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass das analytische Hören von Musik im Prinzip ausreichend ist (wie man für sich selbst Analyse definiert, bleibt auch jedem überlassen - muss gar nichts mit klassischer Notentheorie zu tun haben). Solange man nur Songs schreibt, aufnimmt und mischt, braucht es auch nicht wirkliche "Instrumentenbeherrschung" (wie immer man das auch definieren möge). Wenn man Konzerte spielen will, live performen will isses was anderes. Da muss man sich auch mehr durch Theorie büffeln und üben, üben, üben. Ansonsten brauchste eben nur ein gutes Gehör und Kreativität, so wie Musikalität im Allgemeinen. Das isses aber auch schon. Auch als besch... Instrumentalist geht eine Menge. Nur in dem o.g. Fall kommt man natürlich nicht drumrum, sich Mixingskills zu erarbeiten und ggf. etwas in akustisches Grundlagenwissen einzutauchen, oder sich auch mal mit Klangsynthese zu beschäftigen (wenn man selbstständiger klingende Elektromukke produzieren will) .
 
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