"Was uns Musiklehrer zu erzählen vergessen..."

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Hallo,
der Titel dieses Themas ist auch der Titel meines zweiten kleinen Buches, das ich dieses Jahr veröffentlicht habe.
Während meiner ganzen Schulzeit hatte ich Unterricht an verschiedenen Instrumenten und bei verschiedenen Lehrern. Danach habe ich autodidaktisch weitergemacht. Über die letzten ca. 13-14 Jahre habe ich mich dadurch weg von den relativ starren, belehrenden Vorgaben (und Lernen nach Noten) im Unterricht wieder hin zu einem natürlichen Lern- und Entwicklungsprozess bei der Musik entwickelt - so dass ich selbst viel mehr gelernt und nun mehr Freude damit habe als je zuvor. Wie das zu Stande kam, darüber habe ich geschrieben und vielleicht kann das ja dem ein oder anderen Hobby-/Laien-Musiker helfen, auch wieder mehr Freude mit der eigenen Musik zu haben...

Was meint ihr zu dem Thema?
Habt ihr vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht - also, dass der Unterricht, wie er klassischer Weise abläuft, nur bis zu einem gewissen Grad hilfreich ist?

Falls jemand an dem Buch (ISBN 978-3-347-07794-2) im Detail interessiert ist, freue ich mich natürlich über Reviews oder Rezensionen (kostenlose Rezensionsexemplare sind möglich und können beim Verlag angefragt werden).

Viele Grüße,
Fabian

Und hier noch eine kleine Leseprobe, aus dem Kapitel: "Wie klingt das wohl?"

[...]
Dieses selbstständige Entdecken, oder im ersten Schritt vielleicht nur vorsichtige Variieren, kommt im handels-üblichen Instrumentalunterricht normalerweise nicht vor. Oder hat dich dein Lehrer schon einmal animiert, ohne Vorgaben einfach loszulegen? Dabei ist das bewusste Ausprobieren meiner Erfahrung nach die wohl effektivste (und vielleicht sogar einzige) Methode, etwas wirklich zu Lernen und vollständig zu verinnerlichen.

Ich habe das unter anderem beim Singen erlebt. Auch wenn ich dafür nicht sonderlich talentiert bin, mache ich es gerne und wollte ein wenig dazulernen. Viele Wochen, Gesangsstunden und Stimmübungen später habe ich ein paar Grundlagen gelernt, anders mit der Stimme umzugehen. Doch das Verhältnis aus Aufwand und Resultat war leider sehr gering. Nur selten konnte ich Tonhöhen genau und in einer Klangfarbe treffen, die ich gerne gehabt hätte. Brauchte ich eine andere, bessere Methode?

Ich habe es versucht, ebenfalls mit wenig Erfolg. Nach einigen Monaten und etwas Frustration probierte ich dann was ganz anderes: An Stelle vorgegebener Übungen spielte ich mit meiner Stimme herum. Ich saß am Klavier, spielte eine einzelne Note und versuchte diese möglichst akkurat zu treffen. In Kombination mit genauem Hinhören, welchen Ton ich erzeugte und wie anstrengend oder entspannt es sich anfühlte, bekam ich unglaublich schnell ein Gefühl dafür, mit meiner Stimme umzugehen. Außerdem macht es richtig viel Spaß, allerlei komische Geräusche zu machen :) Innerhalb kürzester Zeit erreichte ich damit weitaus mehr als durch den anfänglichen Unterricht und dem stumpfen Befolgen vordefinierter Methoden und deren Übungen – die für absolut alle funktionieren, und natürlich mit 10 Tagen Geld-zurück-Garantie! Im Nachhinein habe ich einzelne Teile und Übungen wieder aufgegriffen. Jetzt kann ich sie gezielt anwenden, wann und wo sie für mich hilfreich sind.

Damit verurteile ich nicht generell alle Methoden. Gerade um eine erste Basis zu schaffen, kann es durchaus helfen, einer Methode zu vertrauen und ihr eine Zeit lang zu folgen. Allerdings kann kein Programm oder Lehrer dir alle Antworten geben und dein ganzes Potential ausschöpfen. Das kannst nur du, indem du mehr und mehr Vertrauen in dich selbst aufbaust. Und manchmal heißt das eben auch, Abstand nehmen und etwas anderes versuchen, was für dich besser funktioniert.

Einfach ausprobieren wie Verschiedenes klingt, brachte weitere positive Nebenwirkungen mit sich. Ich lernte viel über die Strukturen, welche der Musik zu Grunde liegen und wie diese im Zusammenspiel funktionieren. Dazu gehören zum Beispiel verschiedene Melodiefolgen, Verzierungen, Rhythmen, Harmonien oder wie größere Abschnitte von Liedern strukturiert sind. Dadurch lese ich Noten inzwischen ganz anders, nicht mehr so linear wie früher.

Halten wir uns beim Üben ausschließlich an Noten, lernen wir zwar unbewusst einige dieser Muster auswendig, entwickeln aber kein wirkliches Verständnis dafür. Es fehlt der Vergleich zu anderen Variationen, insbesondere solchen, die überhaupt nicht gut klingen. Ohne diesen Kontrast – es praktisch zu erleben, statt nur theoretisch auswendig zu lernen, was 'richtig' ist – können wir nur schwer die Wirkung verstehen. Dann können wir keine eigene Musik erschaffen, sondern bleiben sozusagen abhängig von Noten.

Dennoch ist das Studium von Musik-Literatur verschiedener Epochen und Genres eine wertvolle Erfahrung. Auf dieser Basis können wir erneut herumspielen und immer neue Möglichkeiten entdecken. So ersetzt das Herumprobieren nicht alles andere, sondern ergänzt und bereichert es.

Durch das spielerische Ausprobieren trainieren und lernen wir also viel mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich. Das genaue Hinhören bis hin zu Harmonielehre und
sogar Komposition. Und das ohne spezifischen Unterricht eines hochspezialisierten Experten für die jeweilige Disziplin.

Wie sieht’s aus, einen Versuch wär das Ganze vielleicht mal wert, oder was denkst du gerade?
[...]
 
Eigenschaft
 
Bei wievielen Lehrern hattest Du Unterricht?

Gruß
Lisa

Gerade mal nachgezählt, das waren 7 im direkten Unterricht. Wenn man Ensemble- und Orchester-Leiter mitzählt waren es noch ein paar mehr... Die Erfahrungen wurden mir über die Ziet auch immer wieder in Gesprächen mit anderen Hobby-Musikern bestätigt.

Natürlich gibt es auch andere Ansätze.
Besonders erwähnenswert finde ich da die Akademie für musikpädagogische Innovation in der Schweiz (www.mdu.ch). Dort wird fertig ausgebildeten Musiklehrern nochmal eine ganz andere Form von Unterricht nahe gebracht, in der die Schüler wirklich selbstbestimmt lernen (hat aber nichts mit anti-autoritär zu tun).
Ich war dort als Gast bei einem Seminar - jedoch erst nachdem ich das Buch geschrieben hatte- und habe festgestellt, die integrieren dort vieles, was ich auch beschreibe, direkt mit in den Unterricht. Und ich habe noch nie Kinder und Jugendliche, aber auch die Lehrer selbst, mit so viel Freude und Begeisterung am Unterricht und beim Üben gesehen...
 
Also Maestro Ernesto animiert in seinen Kursen zum selber ausprobieren, variieren und eigene Wege und Übungen entdecken, vom ersten Grundkurs an. Er war ja auch an der Musikhochschule in Köln und ich denke, dass er dort eine gute Basis bekommen hat. Er sagt wörtlich, dass eigens entwickelte Übungen die so nicht gelehrt werden, die wertvollsten sind. So ganz allein bist du also nicht... :)
https://lern-gitarre-online.de
 
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Während meiner ganzen Schulzeit hatte ich Unterricht an verschiedenen Instrumenten und bei verschiedenen Lehrern. Danach habe ich autodidaktisch weitergemacht. Über die letzten ca. 13-14 Jahre habe ich mich dadurch weg von den relativ starren, belehrenden Vorgaben (und Lernen nach Noten) im Unterricht wieder hin zu einem natürlichen Lern- und Entwicklungsprozess bei der Musik entwickelt - so dass ich selbst viel mehr gelernt und nun mehr Freude damit habe als je zuvor. Wie das zu Stande kam, darüber habe ich geschrieben und vielleicht kann das ja dem ein oder anderen Hobby-/Laien-Musiker helfen, auch wieder mehr Freude mit der eigenen Musik zu haben...

Offensichtlich und möglicherweise hattest du keine guten Lehrer. Vielleicht waren das welche mit wenig stilistischer Vielfalt und wenig methodischem Repertoire. Das ist schade und schlecht.

Ich halte deine abwertenden Verallgemeinerungen "Was uns Musiklehrer zu erzählen vergessen..." und "kommt im handels-üblichen Instrumentalunterricht normalerweise nicht vor" für nicht sehr hilfreich, um jemanden voranzubringen. Es gibt besseren Musikunterricht als den, den du erfahren hast, und meiner Einschätzung nach ist eine höhere Qualität durch mehr methodisch-didaktische Vielfalt und Sensibilität für Schülerbedürfnisse mittlerweile Standard. Vor 40+ Jahren wäre deine Kritik treffender gewesen.
 
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Was soll denn Ziel und Tenor deines Buches sein?

Dieses selbstständige Entdecken, oder im ersten Schritt vielleicht nur vorsichtige Variieren, kommt im handels-üblichen Instrumentalunterricht normalerweise nicht vor.
Definiere "handelsüblich". Schon in den 1970er Jahren hat man mit diesen Formen des "explorativen Musikunterrrichts" gearbeitet, allerdings mit fragwürdigen Ergebnissen, weil es sich herausgestellt hat, dass Schüler klare Ansagen mehrheitlich bevorzugen!
Halten wir uns beim Üben ausschließlich an Noten, lernen wir zwar unbewusst einige dieser Muster auswendig, entwickeln aber kein wirkliches Verständnis dafür.
Wenn sich jemand beim Üben ausschließlich an die Noten hält, hat er weder das Prinzip sinnvollen Übens, noch das Prinzip notierter Musik verstanden. Aber vielleicht erklärst du ja in deinem Buch, wie das die Profis machen, und was man sich diesbezüglich als Lernender von diesen abschauen kann.
Dennoch ist das Studium von Musik-Literatur verschiedener Epochen und Genres eine wertvolle Erfahrung.
Wohl wahr. Allerdings dürfte diese Erfahrung bei deiner Vorgehensweise sehr oberflächlich bleiben und sich auf ziemlich simpel gestrickte Genres beschränken müssen, denn hinter der musikalischen Literatur oder auch den Dokumenten improvisatorischer Musizierpraxis steckt in der Regel eine über Generationen hinweg gewachsene handwerkliche Kompetenz, die sich im Normalfall nicht mal so eben rein hörend und durch Herumdaddeln erfassen läßt.
(...) ohne spezifischen Unterricht eines hochspezialisierten Experten für die jeweilige Disziplin.
Das mag für unspezifische Ergebnisse im Hobbykeller ausreichen, für den Erwerb hochspezialisierten Wissens und Könnens wäre es fatal, auf die Kompetenzen qualifizierter Experten zu verzichten.
Intuitive Genialität ist hilfreich, aber eben nicht alles: Mozart ist auch deshalb etwas geworden, weil sein Vater Leopold einer der fähigsten Musikpädagogen seiner Zeit war.
Auch das Ohr hört und versteht letztlich nur das, was der Kopf zwischen den Ohren bereits über das Gehörte weiss. Und dieses Wissen beruht auf Expertise.
Allerdings kann kein Programm oder Lehrer dir alle Antworten geben und dein ganzes Potential ausschöpfen.
Das ist auch nicht Sinn der Sache. Das künstlerische Potential eines einzelnen Menschen hat so viele Facetten, dass der einzelne Lehrer immer nur einen Teilaspekt abdecken kann.

Fazit: Nach ein paar Zeilen hatte ich bereits das ungute Gefühl, dass hier banale Binsenweisheiten rekapituliert werden, die längst obsolet sind, weil so ziemlich jeder von dir aufgeführte Aspekt in den letzten Jahrzehnten zumindest von den formell ausgebildeten Unterrichtenden längst aufgegriffen wurde.
Dass insbesonders bei selbsternannten self-made Lehrern konzeptionelle Defizite zu konstatieren sind, liegt eher an dem fragwürdigen Umstand, dass jeder Musikunterricht anbieten darf, der sich dazu berufen fühlt. Und da klaffen Berufung und berufliche Kompetenz bisweilen arg auseinander. Möglicherweise hattest du überwiegend mit der letztgenannten Spezies zu tun, dann hast du einfach Pech gehabt. Allein aus der Perspektive eines zwangsläufig immer subjektiv begrenzten Erfahrungshorizonts gleich die ganze Branche und ihre methodischen und didaktischen Kompetenzen in Frage zu stellen, halte ich für verfehlt und kontraproduktiv. Und um anderen Leuten in einem Buch kluge Ratschläge für ihre musikalische Laufbahn geben zu können, sollte man fachlich schon ziemlich breit aufgestellt sein.
 
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Sollte der Titel nicht besser heißen: "Was mir meine Musiklehrer zu erzählen vergaßen"?

Mittlerweile gibt es längst Instrumentalschulen (z.B.) für Kinder, die alle die kritisierten Aspekte durchaus berücksichtigen, etwa die Reihe vom deHaske-Verlag "Hören-Lesen-Spielen".
Dabei kann und sollte ein freierer, improvisiernder Umgang mit dem Material auch nicht generalisiert werden. Unterricht ist ein individuelles Eingehen auf die jeweiligen Bedürfnisse, Fähigkeiten, Talente und Auffassungsbedingungen des Schülers. Für manche ist die Anregung, freier und mit eigener Kreativität an die Stücke bzw. an Musik heranzugehen eher verwirrend als nützlich und motivationsfördernd.
Hinzu kommt, dass ohne einen gewissen Input, also ohne schon selber vorgegebene Musik spielen zu können - wofür ein Mindestmaß an Verstehen, sei es auch intuitiv, nötig ist - selten ein Output möglich ist. Auch wenn Kinder und Jugendliche meist eine größere Hörerfahrung von Musik aufweisen können, heißt das noch lange nicht, dass sie jemals genauer und bewusster hingehört haben. Ein guter Unterricht fördert daher auch das bewusste Hören.

In der Tradition der Jazzmusik findet man auffällig oft, ja mit großer Regelmäßigkeit Hinweise, dass später sehr berühmte und sehr innovative Musiker in jungen Jahren Stunden über Stunden damit verbracht haben, Soli ihrer Vorbilder nachzuspielen (meist nach Gehör von Schallplatten abgenommen). Ihre große Übung noch ganz am Anfang war also die Imitation. Das war ihr Input aus dem sie als kreative Geister später ihren Output entwickelt haben.
Beispiele dazu finden sich im übrigen quer durch die Jahrhunderte, der junge Mozart hat auch erst mal so komponiert, wie er es um sich herum hörte und mit bekam und gewiss auch beigebracht bekam. Seine Genialität und überbordende Fantasie hat ihn dann später gewaltig über diese frühen Vorbilder hinaus wachsen lassen.
 
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Von Pädagogik habe ich keine Ahnung, doch als früchtetragendes Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler verstehe ich einen bidirektional funktionierenden Dialog, in dem der Schüler lernt, sein Wissen und Können auf einem bestimmten Gebiet selbst zu erweitern. Bei der Bewertung der pädagogischen Fähigkeiten eines Lehrers bin ich mir dessen bewußt, daß wir die Welt nicht so verstehen, wie sie wirklich ist, sondern wie wir sie vor unserem persönlichen Hintergrund und in unserem individuellen Kontext wahrnehmen.

Der eine Schüler ist mit dem Unterricht zufrieden, wenn der Lehrer seine Fragen verständlich (dem Schüler zugänglich) beantwortet hat, und der Schüler freut sich: Endlich habe ich's kapiert. Der andere Schüler ist mit dem Unterricht zufrieden, wenn der Lehrer in ihm viele Fragen angeregt hat, und er selbst nach den Antworten suchen darf und diese auch selbst findet. Doch für beide Schüler ist es frustrierend, ohne befriedigende Antworten dazustehen. Dann habe ich noch viele Schüler erlebt, die nach keinen Antworten suchten, weil in ihnen gar keine Fragen entstanden waren (Desinteresse).
Und ich finde alle drei Typen richtig, und ich glaube, daß in jedem von uns alle drei Typen stecken.

Ich selbst hatte vier Musiklehrer (Einzelunterricht in Musikschulen); einen Gesanglehrer und drei Klavierlehrer. Zusammen etwa 6,5 Jahre Musikunterricht, für die ich etwa 9.500 € bezahlt habe. Singen konnte ich schon im Kindesalter - ohne Unterricht (mein erster Honorar war eine Tafel Schokolade und eine Limo in einer Kneipe, wo ich mit vier Jahren zwei Lieder gesungen habe - Solo und ohne Begleitung!), und das einzige Musikinstrument, das ich einigermaßen spielen kann, wenngleich auf einem niedrigen Niveau, ist akustische Gitarre (einfache Lied-Begleitung), und diese Fertigkeit habe ich mir selbst (ohne Lehrer, ohne Unterricht) beigebracht.

Soll ich daraus jetzt schlußfolgern, jeder ist sich selbst der beste Lehrer?
Nein, es ist meine persönliche Geschichte, in der ich gelernt habe, daß unser Schulsystem viel zu sehr auf Bewertung fokussiert ist, da bleibt weder Zeit noch Raum für einen wertschätzenden Dialog, in dem sich beide, Lehrer und Schüler, auf Augenhöhe begegnen können, für eine gemeinsame Entwicklung zu einem produktiven Team.

Nicht jede Art von Unterricht ist für jeden Schüler geeignet, und nicht jeder Schüler ist für das deutsche Schulsystem gemacht. Und dennoch - hier im Forum ist eine Menge von guten Musikern, die bei ihren Musiklehrern sowohl das Musikinstrument als auch die -theorie erfolgreich erlernt haben, und viele von ihnen lernten bei demselben Musiklehrer wie ich, und ich kann weder das Instrument noch die Theorie. Für den einen Schüler paßt es, für den anderen nicht.

Aber weder der Erfolg des einen Schülers noch der Mißerfolg des anderen Schülers darf zum Maßstab werden, die pädagogischen Qualitäten des Lehrers zu bewerten. Es gilt immer noch: Zum Unterricht und seinem Erfolg/Mißerfolg gehören zwei - der Lehrer und der Schüler.

Gruß, Bert
 
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Sollte der Titel nicht besser heißen: "Was mir meine Musiklehrer zu erzählen vergaßen"?

oder auch schlicht und ergreifend: Wie ich gedenke, mit einem Buch Geld zu verdienen...
 
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Doch das Verhältnis aus Aufwand und Resultat war leider sehr gering.
Wohl wahr!

Ich habe mir die Mühe gemacht, etwas längere Passagen des Büchleins wenigstens zu überfliegen und muss meinen ersten Eindruck zumindest dahingehend korrigieren, dass es keine Passagen enthält, die man als explizites "Musiklehrer-Bashing" auslegen könnte. Dafür sind die den Text durchziehenden Aussagen zum pro und contra von Unterricht auch so widersprüchlich oder so allgemein gehalten, dass die diesbezüglich ambivalente Position des Autors für einen Leser eher irritierend, denn erhellend ist.

Die knapp 70 Seiten bestehen im Kern aus Variationen der Binsenweisheit "Lernen ist erfolgreicher, wenn man Spaß dabei hat", ein thematisches Ostinato, an dem sich der Autor bereits in einer anderen Veröffentlichung abgearbeitet hat. Dabei wird schnell ersichtlich, dass hier lediglich ein laienhaftes und ebenso banales, wie klischeebehaftetes Musikverständnis vorliegt, das in Kombination mit einer offensichtlichen Unkenntnis des aktuellen musikpädagogischen Diskurses nicht ausreicht, um dem Thema wirklich neue Perspektiven abgewinnen zu können - womit sich zwangsläufig die Frage nach dem Erkenntniswert des Buches stellt.

Dass man sich emotional besetzte Sachverhalte besser merkt, dass man Musik, die man mag, auch bereitwilliger übt - all das sind Selbstverständlichkeiten, für die es heute doch keinen Erklärungsbedarf mehr gibt!
Und dass asiatische Kinder ans Instrument geprügelte, technisch gedrillte Roboter ohne "wahres" musikalisches Verständnis sind, ist eine nicht nur dümmliche, aus Unkenntnis der Kultur entstandene, sondern zudem rassistische und eurozentristische Unterstellung, über die man sich in einem Text aus dem Jahre 2020 angesichts der unbestreitbaren musikalischen Qualität heutiger asiatischer Interpreten nur noch wundern kann.

Ich komme daher zu dem Schluss, dass der Autor aus seiner eigenen musikalischen Biografie und dem damit verbundenen defizitären Kenntnisstand Schlüsse zieht, die nicht zu verallgemeinern sind.
Positiv zu vermerken: Da dieses Büchlein nur als E-Book im Selbstverlag erscheint, sterben dafür wenigstens keine Bäume.

NB: "Spaß" ist kein musikalischer Parameter ;) ...
 
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Sollte der Titel nicht besser heißen: "Was mir meine Musiklehrer zu erzählen vergaßen"?

Das war auch mein Gedanke :great:. Ich glaube Dir, dass Du für Dich einen Weg gefunden hast, Musik zu machen, als mit den Lernerfahrungen bei "klassischen" Lehrern, die Du bis dahin hattest. Sicher sind auch einig Deiner Ansätze und Gedanken dazu richtig und sinnvoll.

Ich glaube aber (noch) nicht, dass Du selber wirklich die Zeit und Lehrerfahrung hast/hattest, ein fundiertes neues Konzept zu entwickeln, dass Du auch wirklich selber getestet und verfeinert hast. Ich denke, Du bringst eher eine Sammlung von eigenen Meinungen und Erfahrungen. Warum? Laut Deinem Lebenslauf bist Du dafür erstens noch recht jung (Ja, ich glaube für so einen Ratgeber braucht man tatsächlich nachweisbare Erfahrung...). Außerdem steht da zwar was von Unterricht nehmen, aber nichts von gegebenem Unterricht. Also ist nicht erkennbar, wie Du Dein Konzept verifizieren bzw. noch wichtiger, validieren konntest. Außerdem hast Du in der Zeit auch noch die Hochschullehre revolutioniert, nach dem was ich aus dem Auszug erkennen konnte, nach einem ähnlichen Ansatz. Vielleicht musst DU Deine Vita da auch nur nacharbeiten?

Ich bin mir aber sicher, dass es für solche Bücher einen Markt gibt. Schließlich kriegen die Kinder heute ja schon in der Grundschule von den Helikopter-Eltern beigebracht, dass es nie die "Schuld" des Lernenden selbst ist, wenn mann nicht voran kommt, sondern immer die des Lehrers. Natürlich hilft es, wenn man sich gut mit dem Lehrer versteht, und er individuell auch einen eingeht. Aber ich persönlich tendiere eher dazu Probleme da zu finden, wo ich sie auch selber lösen kann.

Andererseits gibt es am Buchmarkt, auch Facebook oder YouTube hunderte durchweg junger und jüngster Musiker, die das einzig richtige neue Lehr/Lernkonzept entdeckt haben, mit dem jeder Holzklotz zum Musiker werden kann (nur bei mir funktioniert es nicht).

Also viel Erfolg mit Deinen Büchern.

Gruß,
glombi
 
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oder auch schlicht und ergreifend: Wie ich gedenke, mit einem Buch Geld zu verdienen...
Und das ist jetzt schlimm?
Der TE erzählt doch erlebtes aus seiner Sicht und Betroffenheit. Das spricht nicht alle an wie man hier lesen kann aber vielleicht gibt es viele die ähnliches durchgemacht haben.

Verstehe die ganze Moralscheinheiligkeit hier nicht.
 
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ich verstehe die Einwürfe sehr gut, der "Autor" hat wenig Ahnung, nur seine eigenen beschränkten Erfahrungen und keinerlei Ergebnisse eigenen Lehrens vorzuweisen.

Wenig Substanz für ein (angeblich) allgemeingütiges Buch.
Gegen seine Autobiografie ist nix einzuwenden, dann soll er das aber auch so nennen.
 
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Ich kann hier keine Scheinheiligkeit erkennen. Es wird gesagt, wie es ist: Es ist Werbung für ein - persönliches - Buch.

Ich hatte auch Unterricht und kann die genannten Eindrücke nicht bestätigen. Persönliche Erfahrungen verallgemeinern zu wollen ist immer heikel. Und ganz persönlich: Wer solch reißerische Titel verwendet, darf sich nicht über passendes Echo wundern.
 
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a) der Beitrag ist im Vorfeld mit der Moderation abgesprochen worden - daher redet hier gerne über die Inhalte und Ansichten, nicht jedoch über "Geld verdienen mit einem Buch" ... Merci



b) Ich bin zufällig bin über einen TedX Vortrag von Victor Wooten gestolpert. Im Prinzip geht es bei ihm um den Übergang von spielerischer Erfahrung in konkrete Lernmuster. Ganz klar hat sein theoretisches Wissen aufgeholt, sonst wäre er nicht da, wo er ist. Aber Musik zu begreifen - zu fühlen - war bei ihm immer erst mal der Kick. Und genau mit solchen "Lerntypen" tun sich viele Lehrer dann doch irgendwie schwer. Sie passen nicht in ihre "Lehrpläne", denn man muss sie von der Leine lassen.

Pauschalisieren kann man das sicher nicht, denn es gibt auch Lehrer (ich habe selber so einen) die da recht locker mit umgehen ... und einem trotzdem in seiner Entwicklung steuern.





Gruß
Martin
 
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Und das ist jetzt schlimm?
Der TE erzählt doch erlebtes aus seiner Sicht und Betroffenheit. Das spricht nicht alle an wie man hier lesen kann aber vielleicht gibt es viele die ähnliches durchgemacht haben.
Verstehe die ganze Moralscheinheiligkeit hier nicht.

Den Vorwurf der Moralscheinheiligkeit finde ich sehr unzutreffend. Lass doch mal das Argument an dich ran, dass alleine schon der Titel "Was uns Musiklehrer zu erzählen vergessen... - Eine wertvolle Ergänzung zu jedem Musik-Unterricht" undifferenziert abwertet. Ist es scheinheilig, das zu kritisieren? Ich denke: nein, das ist treffende Kritik. Und der Untertitel "Eine wertvolle Ergänzung zu jedem Musik-Unterricht" unterstellt ebenso undifferenziert eine defizitäre Situation jedes Musikunterrichts. Ein pauschales Defizit im Titel ebenso pauschal einem ganzen Berufsstand vorzuwerfen, ist halt anmaßend.

Hilfreich ist eine solche Publikation außerdem aktuell überhaupt nicht, weil Musiker und Musiklehrer in der jetzigen Pandemie-Situation sicher jeden Support brauchen können, aber keine pauschale undifferenzierte Kritik. Wenn man jetzt was Hilfreiches zur Musikpädagogik publizieren will, dann sicher nicht sowas.

In welchen Formulierungen oder sachlichen Ausführungen siehst du da Moralscheinheiligkeit?
 
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Der TE erzählt doch erlebtes aus seiner Sicht und Betroffenheit.
Die eigenen Erfahrungen sind für den Autor nur das Sprungbrett für einen Text, der sich als Ratgeber für andere versteht. Ein solcher Ansatz kann funktionieren, wenn ein Autor das fachliche Kaliber hat, neben Schwänken aus dem eigenen Leben auch wirklich substantielle Erkenntnisse zu vermitteln. Mir fällt da spontan "Die Kunst des Klavierspiels" von Heinrich Neuhaus ein, da befinden wir uns allerdings in einer völlig anderen Liga.
Aber Ratgeber von sich selbst überschätzenden Laien für andere Laien gibt es bereits zur genüge, und mehrheitlich sind diese Ausflüsse des ungehemmten Dilettantismus einfach nur überflüssig.
 
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a) der Beitrag ist im Vorfeld mit der Moderation abgesprochen worden - daher redet hier gerne über die Inhalte und Ansichten, nicht jedoch über "Geld verdienen mit einem Buch" ... Merci
Beim Lesen des Startposts drängte sich mir letzter Gedanke aber doch sehr stark auf. Auch so kann man Publicity erzeugen. Aber sei's drum. Jeder muss irgendwo seine Nische finden.

Gruß
Lisa
 
Also Maestro Ernesto animiert in seinen Kursen zum selber ausprobieren, variieren und eigene Wege und Übungen entdecken, vom ersten Grundkurs an. Er war ja auch an der Musikhochschule in Köln und ich denke, dass er dort eine gute Basis bekommen hat. Er sagt wörtlich, dass eigens entwickelte Übungen die so nicht gelehrt werden, die wertvollsten sind. So ganz allein bist du also nicht... :)
https://lern-gitarre-online.de
Hallo HD600,
Danke für den Hinweis! Das kannte ich noch nicht und werde ich mir gerne mal näher ansehen...
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Kurz noch ein Wort zur Zielgruppe: das sind Hobby-Musiker, die merken, dass was nicht funktioniert und sie nicht weiter kommen, aber überhaupt nicht wissen, woran es vielleicht liegen könnte. Dafür stelle ich Ansätze auf Basis meiner direkten Erfahrungen vor, nicht mehr und nicht weniger. Fragen dazu beantworte ich jederzeit gerne.

Ich zwinge niemandem etwas auf, jeder kann selbst entscheiden, mit welchen Inhalten er sich beschäftigen will. Das Schreiben ist ein Hobby von mir, wer glaubt damit schnell Geld zu verdienen, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen.

Auf jeden Fall immer interessant, wie unterschiedlich die Reaktionen sein können. Über positives Feedback von an Hochschulen ausgebildeten Musiklehrern (die es interessiert gelesen haben, obwohl sie ja gar nicht die Zielgruppe sind) im direkten Gespräch, habe ich mich bisher am meisten gefreut.

Auch ich weiß Experten zu schätzen, dieses Gespräch über musikpädagogische Innovation fand ich zum Beispiel besonders interessant:
 
Beim Lesen des Startposts drängte sich mir letzter Gedanke aber doch sehr stark auf.

Der Autor steht ja hier zur Diskussion zur Verfügung (was sich grade mit meinem Tippen überschnitten hat) ... abgeworfene Werbung und Link Dropping sieht anders aus ;).

Ich habe auch noch keinen Anspruch des Autors gesehen, mit seinen Aussagen recht zu haben. Es ist vielmehr ein Einstieg in eine Diskussion. Die empfinde ich als durchaus sinnvoll, denn es gibt reichlich Menschen die auch negative Erfahrung mit Lehrern gemacht haben ... ein "Kundenkreis" der derzeit verloren ist für Lehrer.

Auf der anderen Seite bin ich auch bei @HaraldS - Man kann nicht alle über einen Kamm scheren ... insofern wäre ich von den Lehrern hier im Thread auch durchaus dran interessiert zu hören, wie sie es denn genau angehen, um Frust beim Schüler zu verhindern. Von wo bis wo reicht die Palette der Werkzeuge in eurer "Zauberkiste"?

Gruß
Martin
 

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