Mythos, Brands, Gehirnwäsche

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Ein aktueller Gitarrenkauf hat bei mir ein paar Fragen zutage gefördert zu der ich gern Eure Meinung erfahren würde.

Fender, Gibson, Gretsch, Martin, Rickenbacker.........

Keine Frage, die genannten Unternehmen gehören zu den Pionieren der Branche. Allen gemeinsam ist, dass sie ikonische Instrumente herstell(t)en die als Referenz bezeichnet werden können. Unzählige Musiker nahezu aller Genres haben im Laufe der Zeit mit deren Hilfe das musikalische Spektrum ausgelotet und setzen diese Tradition fort.

In einem Artikel, der die Stratocaster als prototypisches Synonym für die Evolution der Gitarre betrachtete wurde nachgewiesen, dass abgesehen von kleinen Details die Entwicklung der Stromgitarre als abgeschlossen angesehen werden kann. Trotzdem, und auch mit Blick auf den größeren Kreis an Herstellern, die heute auf hohem Niveau und mit guten Materialien fertigen kann sich das Markenbewusstsein heute bei vielen Käufern, mich eingeschlossen halten. Nun könnte man anführen, dass man deren Pionierleistung mit dem Kauf honoriert, was aber insofern absurd ist, als dass die Erfinder der Patente bereits verstorben sind und auch das Management der jeweiligen Firmen nichts mehr mit der Originalbesetzung zu tun hat.

Trotzdem scheint es zwischen Gitarren und Aktien jene Gemeinsamkeit zu geben, dass in der Kaufsumme auch der Wert des jeweiligen Unternehmens eingepreist ist, und damit, und das wäre für mich das einzige echte Argument der Wiederverkaufspreis stabiler bleibt als bei den Kopien. Dies findet seinen Höhepunkt z.B. in den Fender Pre-CBS Instrumenten wo dann letztlich der Wert an etwas Unwiederbringliches gekoppelt ist, genau genommen ist damit der größte Teil des Wertes zwar konsensfähig, aber formal rein virtuell.

Zurück zum Pragmatischen: Es gibt heute massig gute Argumente sich bei der Konkurrenz umzusehen und die gebotenen Alternativen werden auch - anteilig, nicht aber in der Breite - angenommen.

In meinem Fall ist es so, dass die Vorlieben, bzw. Kriterien für eine Kaufentscheidung preislich (irrational?) skaliert sind. Meine Ausschlusskriterien für den Kauf bei großen Brands sind hierbei: Musikerpolizei - deren Meinung ist mir als Home Player egal. Dass der Glanz meiner Vorbilder auf mich abstrahlt ebenso, fänd ich absurd. Eher, dass die initiale Optik sich tief in meinem Bewusstsein verankert hat.

Trotz aller tragfähigen Gegenargumente gab es für mich beim Kauf meiner G6120 Gretsches, es sind zwei mit unterschiedlicher PU Bestückung und der Fender Telecaster keinen Zweifel daran, dass es jeweils ein Orignal sein soll.

Anders sieht es bei den Gibson Style Gitarren aus. Hier haben die "Original Kopien" von Heritage, gefertigt auf den originalen Manufakturwerkzeugen, teils von ehemaligen Gibson Mitarbeitern in Kalamazoo, nicht zuletzt des atraktiveren Preises und der stabilen Qualität die Nase vorn. Es gibt Nichts was ich daran vermisse, weder optisch, noch klanglich, noch bezüglich der Bespielbarkeit.

Mein letzter Kauf sollte eine ES330 Style Gitarre mit P90's sein und hier konnte sich mehr als je zuvor ein verhältnismäßig günstiges Modell mit gesunden Specs durchsetzen, nämlich eine Stanford Thinline 30 AV. Sauber gefertigt, Nitrolack inkl. Koffer für 1,1K.

Mein BF und Tweed Amp ist jeweils ein Fender PTP Klon, auch hier musste es zwar kein Original sein, aber dennoch dicht an den historischen Schaltkreisen orientiert.

Da ich selbst beruflich im Umfeld der Bildungsforschung unterwegs bin, werde ich täglich mit grundsätzlich relevanten Funktionen des menschlichen Gehirns konfrontiert. Da wird grob zwischen zwei zentralen Mustern, nämlich dem schnellen und langsamen Denken unterschieden. Man braucht nicht so viel Schmalz im Oberstübchen dem schnellen eher impulsiv-triebhafte Motivation zugrunde zu legen und analog dazu dem Langsamen eher Reflektiertes. Beides ist potenziellen Käufern von Instrumenten zuzutrauen, aber welcher Modus gewinnt schlussendlich 😝

Obwohl ich das weiss, und mich auch als selbstreflektieren Zeitgenossen empfinde ist es so, dass ich bei meinen ersten Präferenzen Gretsch und Fender niemals auch nur in Betracht gezogen hätte eine Kopie zu kaufen. Gerade bei einer Tele, die gemäß meinem letzten Gitarrenhändler eigentlich aus einem Küchenbrett und einem Baseballschläger besteht könnte auch der Pragmatismus siegen und ein empfindlich billigeres Instrument den Zuschlag erhalten.

Ich würde dieses Phänomen gern komplett verstehen. Die Frage zielt auch darauf ab, dass es zwar ausgewiesene Sammler gibt, hier ist die Motivation klar, aber eben auch richtig gute Player die Vintage Instrumente oder originale Brands spielen. Mit anderen Worten kann die Markenfrage eben nicht nur an die Sammelleidenschaft oder der Anschaffung eines krisensicheren Wertgegenstandes gekoppelt sein. Gibt es bei den Boardmembers vergleichbares Verhalten, Allem voran die Inkonsistenz über die Brands verteilt, und wenn ja, warum?

Edit: Einkommen als limitierenden Faktor habe ich mal aussen vor gelassen.
 
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Mittlerweile ist es mir ziemlich egal was auf der Kopfplatte steht, ich bevorzuge No-Names.
 
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Trotzdem wirst Du nicht Irgendetwas kaufen. Was sind bei den No Names Deine Kriterien?
 
Bespielbarkeit, Klang, angenehmes Handling, Gewicht, Preis.
 
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Meine Strat kommt von Tom Anderson (mit Dave Schecter jemand der in der CBS Zeit aus einer Fender eine Gitarre gemacht hat - Parts) und später eine eigene Firma gründete. Die Menge der Updates/Upgrades ist gewaltig - trotzdem wurde der „alte Klang“ konserviert.

Meine Tele sind von LsL … die sich massiv der klassischen Tele verschrieben haben.

Es stehen also Geschichten und Erfahrungen hinter den Kaufentscheidungen - und zwar aus erster Hand.

Ansonsten habe ich noch weitere Exoten auf Basis der Originale.

Wenn ich mir die Kaufentscheidungen betrachte, so ist da - ja, Sonderfall - viel auch dran, dass ich die jeweiligen Firmen von „Innen“ kenne. Dieser persönliche Bezug ist für mich bei F und G nicht möglich. Trotzdem habe ich auch 2 F-Strat.

Tom Anderson, Tausch, LsL, PRS, DZPL,

Gruß
Martin
 
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Mein amerikanischer Nachbar Jim ist mit Tom Anderson verwandt 😀.

Bei Dir gibt es hinsichtlich der Formen der Modelle immer noch Gemeinsamkeiten mit den Ikonen. Auch das heraus zu bekommen war mein Ziel.
 
... dass die Vorlieben, bzw. Kriterien für eine Kaufentscheidung preislich (irrational?) skaliert sind.
KOMPLETT irrational, weil emotional.

Ich würde dieses Phänomen gern komplett verstehen.
warum?
Stichwort Markenidentität:
"Warum mag man gewisse Marken? Weil ihnen eine klar ausgearbeitete Identität zugrunde liegt, die positive Assoziationen hervorruft und es hierdurch schafft, ein dauerhaftes Verhältnis zum Kunden aufzubauen.
Die Assoziationen mit einer Marke oder einem ganz speziellen Markenartikel haben einen Einfluss auf das Kaufverhalten von Verbrauchern.
Verbinden Sie mit einem Produkt oder Hersteller ein positives Image, so tendieren sie verstärkt dazu, sich für einen Kauf zu entscheiden.
Der Markenkern beschreibt den wesentlichsten Wert, für den ein Unternehmen oder eine Marke steht. Dieser Wert entspricht der Eigenschaft, mit welcher die Marke in der Wahrnehmung der Zielgruppe und der Öffentlichkeit identifiziert wird."
https://www.marketinginstitut.biz/blog/markenidentitaet/
 
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Ich spiele seit bald 30 Jahren Gitarre. Zwar bin ich kein Profi, spiele aber auch schon fast gleich lange in Bands.
Anfangs habe ich natürlich auch nach Gitarren der großen Marken Ausschau gehalten und mir schließlich 2 Gibsons und einen Marshall zugelegt.
Ja, der Sound ist super.

Weil ich mich technisch nicht so auskannte habe ich mir vor etwa 4 Jahren einen Bausatz gekauft, den billigsten den ich gefunden hatte.
Das Ergebnis war gar nicht so übel und auch der Sound war eigentlich ok. In der Corona Zeit habe ich einen 2ten Bausatz geholt und bin dann auch vom GAS befallen worden und habe mir zu viele weitere eher günstige Gitarren zugelegt, teils gebraucht, teils neu.

Was ich nun zusammenfassend sagen kann:
Ich kaufe mir bestimmt keine teure Markengitarre mehr. Das Wichtigste ist und bleibt das Üben und dass man mit dem Instrument Spaß hat.
Wenn man die Gitarre, was ich auch gelernt habe, auch noch für seine Vorlieben gut einstellen kann, macht das viel aus.

Somit habe ich auch statt meiner Gibson eine Harley Benton live gespielt und der Sound war super. Der Großteil vom Sound kommt sowieso aus den Fingern.
 
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Ich würde generell bei den Kopien erstmal unterscheiden in hochwertige Kopien, von den Martin gesprochen hat, und billigen Kopien, die nur auf Grund
ihres Ähnlichseins zu höherwertigen Instrumenten verkauft werden.
Hochwertige Kopien kaufe ich durchaus, von den billigen lasse ich aus verschiedenen Gründen die Finger.
 
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@7€nd€r
Als ehemaliger only "Markenspieler" in den 80er/90er (Gibson, Jackson, Fender, Peavey) habe ich festgestellt, dass es heute sehr viele Anbieter von sehr guten Gitarren gibt, die den Bruchteil des Originales kosten.

Für manche spielt der Name keine Rolle, für die meisten aber schon. So meine Erfahrung beim Austausch mit anderen Musikern.

In meinem Musiker-Umfeld spielt keiner günstige Instrumente, außer ich ;) Also scheint der Markenname doch noch immer ordentlich Substanz beim Kauf zu haben.

Ich meinerseits habe es geschafft, mich Dank eigener Bildtests, von Markennamen zu lösen und ausschließlich auf die Qualität zu achten.

Und da gibt es regelmäßig Überraschungen ;)
 
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Vielleicht bin ich auch dauerhaft werbegeschädigt. Sobald ich ein Produkt in der Werbung sehe will ich es nicht mehr.
 
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Die Assoziationen mit einer Marke oder einem ganz speziellen Markenartikel haben einen Einfluss auf das Kaufverhalten von Verbrauchern.
Ich oute mich jetzt mal und gebe zu, dass das bei mir sogar einen Einfluss aufs Spielverhalten hat :redface:... auch wenn es nur ein paar wenige Prozent ausmacht.
Ich würde generell bei den Kopien erstmal unterscheiden in hochwertige Kopien, von den Martin gesprochen hat, und billigen Kopien, die nur auf Grund
ihres Ähnlichseins zu höherwertigen Instrumenten verkauft werden.
Hochwertige Kopien kaufe ich durchaus, von den billigen lasse ich aus verschiedenen Gründen die Finger.
Dies möchte ich voll und ganz unterschreiben. Vor allem bei Amps ist dies bei mir so. ;)
 
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Ganz viele der Instrumente kommen mittlerweile aus Fernost. Oft sogar aus den gleichen Fabriken.

Wenn eine Gitarre sich gut spielen lässt, ist es vollkommen egal was für eine Marke die hat.
Sollte es jemandem wichtig sein, was auf der Kopfplatte steht, dann ist das genauso ok.

Jedenfalls gibt es derzeit sehr hochwertige Instrumente im Bereich 250 - 600€. Heute kann man sich um unter 1k€ Equipment (Instrument, Amp, Effekte, Kabel) zulegen, das für Live absolut ausreicht. Das finde ich eigentlich extrem cool.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ich oute mich jetzt mal und gebe zu, dass das bei mir sogar einen Einfluss aufs Spielverhalten hat :redface:... auch wenn es nur ein paar wenige Prozent ausmacht.

Dies möchte ich voll und ganz unterschreiben. Vor allem bei Amps ist dies bei mir so. ;)

Ich spiele einen Marshall JCM 2000 über eine 1960ger 412er und habe mir später noch einen Orange TC30 inkl. Orange 212 zugelegt. Im Studio hab ich über einen JCM800 aufgenommen. Die klingen alle super.
Zu Hause spiele ich jedoch primär über einen Joyo Bantamp. Das Teil ist Class D und kinderleicht. Beim nächsten Gig überlege ich schon, eher den kleinen mitzunehmen. Mir ist das schon vollkommen egal was da auf der Bühne steht.
 
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Alleine schon die Tatsache, dass man von einer Kopie spricht, macht es für mich uninteressant.
Da könnt ihr argumentieren, was ihr wollt.
Original oder Kopie? Na was schon?
 
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Alleine schon die Tatsache, dass man von einer Kopie spricht, macht es für mich uninteressant.
Da könnt ihr argumentieren, was ihr wollt.
Original oder Kopie? Na was schon?

Dann muss man die Gitarre selber bauen :)
(Hab sogar schon Holz zu Hause nur bisher noch keine Zeit)

ad Kopie:
Meine Gibson Studio ist einmal umgefallen und da hatte ich einen Bruch der Kopfplatte. Das wurde dann repariert. Meine Harley Benton sowie ESP "SC Type" sind vielleicht "Kopien", nur haben die das Gibson Design aus meiner Sicht verbessert, indem sie einen "neck volute" haben.
 
Alleine schon die Tatsache, dass man von einer Kopie spricht, macht es für mich uninteressant.
Da könnt ihr argumentieren, was ihr wollt.
Original oder Kopie? Na was schon?

Das sehe ich, in erster Linie als Player unterwegs anders, wobei es mir nicht egal ist wie die Kopie gestaltet ist. In den Eighties hatte ich zu wenig Geld mir eine echte Strat zu kaufen, wäre aber nicht auch die Idee gekommen etwas Anderes als eine JV Squier zu kaufen. Sozusagen eine Original-Kopie. So wie es sich heute z.B. mit Gibson vs Heritage verhält...... Insofern korrelliert meine Haltung mit dem was dubbel zur Markenidentität schrob, mir konnte die Industrie sehr wohl etwas ins Bewusstsein injizieren und obwohl ich dies weiss würde ich vermutlich bei meinen Prios wieder in gleicher Weise entscheiden.

Als Sammler gehörst Du aber auch einer Klientel an, für die meine Fragen nur bedingt relevant sind. Trotzdem bedanke ich mich artig für den Beitrag 😀
 
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Ich würde dieses Phänomen gern komplett verstehen.
Ich weiß nicht, ob man das komplett verestehen kann, weil das ja bei jedem individuell anders ist und dazu noch eine Mischung aus verschiedenen Gründen. Für meinen Teil: ich finde das Design der alten Klassiker, vor allem Gibson einfach toll. Wenn die Gitarre aber geil ist, ist mir das Wurscht ob da Gibson, Tokai, Burny, Greco, Maybach, etc. draufsteht.
 
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Klar, aber was spielst Du? Gibson, Burny, Greco, Tokai, Maybach? 😉
 
Ich würde dieses Phänomen gern komplett verstehen.
Ich glaube nicht das dies möglich ist.
Weil ein Phänomen kann man dem Wortsinn nach nicht verstehen dann wäre es ja kein Phänomen.
Man kann es bewundern, akzeptieren, ablehnen aber verstehen nicht.
Verstehen kann man naturwissenschaftliche Dinge.
Phänomene gehören da nicht wirklich dazu.

Abschliessend möchte ich anmerken das ich davon nicht betroffen bin.
Aufgedruckte Buchstaben auf etwas lösen bei mir nichts aus.
Solide Handwerksarbeit im oberen Qualitätsbereich schon.
Das geht aber nicht Hand in Hand.

:popcorn2: :prost:
 
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Ich finde zu diesem Thema dieses Video von Henning Pauly super:
Videolink
 
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