Opern - Thread

  • Ersteller Mr. Key
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@ ks13
Dank für die anregungen, und irgendeiner werde ich auch folgen und meine theatermüdigkeit überwinden, habe ich doch noch so manchen koffer mancherorts herumstehen, nach Weimar zieht mich z.b. ein stein aus Ehringsdorfer travertin. Bis dahin mach weiter so schöne gedichte, mit oder ohne rotwein, drinnen oder draußen, bei sonne oder regen.
 
hi,

lebt der thread noch?

ich rutsche gerade in das operngefielde, momentan, als erste stufe quasi, mozarts buffas, die hochzeit des figaro, unter harnoncourt (seeeehr wichtig...) ist einfach geeeeenialst!!!!!!! und da ponte als librettist, da gibts nix besseres, ich könnt mich bei manchen textstellen allein deshalb schon abkeksen, aber wie der mozart dann diesen humor in die musik überträgt: ma, herrlich. und der harnoncourt lässt die sängerInnen vor allem bei den rezitativen auch noch wirklich spielen, was dem ganzen einen hauch von perfektheit verleiht...ich weiss ich weiss, ich komme ins schwärmen...

die nächsten sachen, die ich angehe, sind weitere mozarts (giovanni, entführung aus dem serail) und dann die vorgeschichte vom figarofigarofigarofigarofiiiiiiiigaroooo... vom rossini.

momentan tu ich mir mit verdiopern zb noch etwas schwer, die sind für mich irgendwie zu "breit". und wagner ist meine (einzige) absolute "persona non grata" unter den komponistInnen, ganz egal, welches genre. vielleicht schaff ich es im alter, mich mit ihm zu versöhnen (da wird man ja milder, heisst es...), momentan gehts wie gesagt gar nicht.

lg
 
winterreisende schrieb:
...lebt der thread noch?...
Solange es jemanden gibt, der dazu etwas zu sagen hat und solange es jemanden gibt, der sich dafür interessiert, solange wird dieser Thread leben:great: .
Lang möge er leben!

Zu Mozart muß ich sagen, daß mir der Film "Amadeus" gar nicht gut getan hat.
Obwohl ich durchaus sicher bin, daß vieles nur Fiktion war, bin ich durch dieses kindische Gebaren des Genies so abgestoßen worden, das Wort 'dekadent' fällt mir in diesem Zusammenhang ein, daß ich eine Art Vorurteil gegen Mozart und seine Musik aufgebaut habe.
Ich weiß, daß das ein Fehler und sehr schade ist, aber wenn ich eine Oper von ihm sehe, sehe ich oft gleichzeitig Szenen aus dem Film, wie Mozart albern unter und auf den Tischen mit seiner Constanze rummacht, und ganz nebenbei, wie völlig unwichtig eine geniale Melodie aufs Papier wirft - und habe dabei vollstes Verständnis für den Salieri...
Ich hätte den Film lieber nie sehen sollen...:screwy:

Für mich unbelastet ist dagegen zum Beispiel Albert Lortzing. 1996 hatten wir auf dem Spielplan die Komische Oper "Zar und Zimmermann", diese Oper hat mir immer wieder viel Vergnügen bereitet. Ich hatte zwar nicht viel dabei zu tun, eine Handvoll Geräuscheinspiele und zwei oder drei Bühnenmusiken - aber gelangweilt habe ich mich nie.

1998 sind wir mit dieser Inszenierung nach Havelberg eingeladen worden, die hatten ein rundes (1250 Jahre?) Stadtjubiläum, wird haben mit äußerst professioneller Unterstützung (opus Kiel und die Armee vor Ort) ein Gastspiel auf der alten Werft - daran erinnere ich mich heute noch sehr gern.
Dort haben wir dann natürlich mit Mikroports und kompletter Orchesterabnahme gearbeitet.
Am Tag vorher waren Proben. Als wir zur Singschule kamen (Heil sei dem Tag an welchen Du bei uns erschiehienen, dideldum, dideldum...) kam eine Herde Kühe, die auf der Weide rechts nebenan grasten, soweit sie konnten, zur Bühne. Bloß gut, das es nur eine Probe war, wir mußten alle erst mal ablachen...:D :D :D
 
hi,

ich finde, der film (und überhaupt die ganze geschichte, die gibts nämlich schon länger in buchform) tut dem salieri noch viiiiiiiiieeeeel mehr unrecht als dem mozart. klar, der wird als spinner dargestellt, aber das ist so lächerlich, dass man es nicht ernst nehmen kann. ich denke, forman (der hat ihn ja gedreht, oder?) wollte damals den mozart vom thron runterhaun, find ich prinzipiell auch gut, denn er wurde von musikern und hörern ja als gott himself betrachtet. da war ja schon harnoncourt in den 50ern und 60ern ein gotteslästerer...also den gedanken, mozart menschlich "zu machen", finde ich ganz gut.

aber dabei den salieri zum neidhammel, ungustl und letztlich mörder zu machen, ist eine andere geschichte, die aber wie gesagt schon vorher in die welt gesetzt wurde. man müsste viel mehr salieri spielen, so schlecht hat der gar nicht komponiert. und das verhältnis mozarts zu ihm war meines wissens nach auch nicht soo schlecht.

also das der film schaden anrichtet, kann ich verstehen, deshalb auf den mozart zu verzichten: nein.

und by the way: wie sollte man sich den einen kompositionsakt vorstellen? unter blut und schweiss und tränen?... (war n scherz)

lg
 
Ray schrieb:
Callas in allen Ehren, aber mir ist das zu stark. Das wirkt auf mich immer so schnell affektiert, übertrieben. V.a. wenn dann noch dieses (heute meist nicht mehr ganz so starke) Vibrato reinkommt. Dann doch lieber Konstanze oder Pamina ;)
Dann solltest Du Dir mal ein paar Arien bzw. Einspielungen mit Cecilia Bartoli anhören, die es fertigbringt, mit extremer - und perfekter - Barock-Koloratur echte Gefühle wie z.B. Wut oder Schmerz, aber natürlich auch Freude im damals zeitgemäßen Stil so zu vermitteln, daß man es heute nachempfinden kann. Und daß gerade Maria Callas affektiert oder übertrieben singen würde, hätte ich von einem Moderator im Klassik-Forum eigentlich nicht erwartet... :eek: ;)

Zum "Amadeus"-Bashing: Schulligung, aber... :rolleyes:
 
Jetzt mal zu was anderem: Hat irgendwer am Mittwoch den Figaro von den Salzburger Festspielen gesehen (ist er im deutschen Fernsehen überhaupt übertragen worden?)
und wie sind eure Meinungen. Ich bin leider nicht in den Genuss der ganzen Übertragung geworden, da ich am Vortag zu wenig geschlafen habe, und irgendwann im 3. Akt
eingeschlafen bin. Daher habe ich keinen guten Gesamteindruck.
Was mich interessieren würde, da ich mich beim Figaro nicht auskenne: Gibts diesen Engelstypen, der da die ganze Zeit herumgetanzt ist bei den anderen Inszenierungen auch, oder ist der nur ein verrückter Einfall des Regisseurs?
So, jetzt hab ich mal fürs erste genug geschrieben, sagt mir eure Meinungen!
 
Der "engel" ist amor/eros in gestalt Cherubinos (im namen klingt der engel freilich an)und kommt im textbuch nicht vor. Ich habe mir das kritisieren abgewöhnt, freue mich aber, wenn die bandbreite eines stückes ausgenutzt und erweitert wird. Hier lag der akzent (auch in der gesangskunst) deutlich bei den klugen und starken frauen, die den männern die leviten lesen, die fäden immer in der hand und sympathie und recht auf ihrer seite haben. Besonders die gräfin gab sich leidenschaftlich und kämpferisch, ein wenig kam die durchtriebene Rosine des vorangehenden "Barbier" zum vorschein. Das war keine leichtfüßige komödie, sondern die ewige tragik der frau, sich gegen männliche arroganz, intrige und demütigung wehren zu müssen.
Ärgerlich ist der medienrummel um die schöne Anna, umso erfreulicher, dass sie sich selbst nicht als star sieht und ihr komödiantinnentum in den dienst des ganzen stellte. Musikalisch auffällig die ruhigen tempi, die vieles erblühen ließen, was oft verhetzt wird; was in Deutschland selten gelingt, sind leicht hingeworfene rezitative im parlando-stil, es wird zuviel dabei gesungen, dafür verstand man auch beinahe jedes wort. Ich vermisste auch den garten am schluss, manche dinge sind nur in südlichen sommernächten möglich, und bei treppen tun mir immer die sänger leid, die zum singen bekanntlich luft brauchen, was regisseure anscheinend nicht wissen. Ob man sich so auf dem boden herumwälzen muss, und ob die kleine Barbarina (damit fängt jede sängerin an, mausert sich dann zur Susanna, wird reifer und enttäuschter als gräfin und endet als Marzelline) so doof sein muss, ist mir auch fraglich. Es sollte eben "originell" sein.
 
Ich war am Wochenende zu den Schloßfestspielen in Schwerin-
Verdis "La Traviata"-
schöne Stimmen,schönes Ampiente,
hat sich gelohnt-
schöne Ausstattung,
liebevoll gemacht.

Habt Ihr da schon mal was gesehen?
Nächstes Jahr wollen sie "Maskenball" machen......schöne Musik!!!!!
 
Ich liebe Opern, was für meine Generation und mein Alter nicht so typisch ist aber da ich selber Opern singen.

Ich hab schon viele Opern im theater gesehen, allerdings muss man auch sagen, dass es immer sehr auf den regisseur und die darsteller ankommt. Am liebsten mag ich aber Mozart und Verdi. Auch zum selber singen ist es schon. La nozze de figaro ist ein tolles stück vobei der part des cherubin (mezzosopran) mir von den liedern besser gefällt als die sopranrolle susanna, obwohl die rosenarie klasse ist

zauberflöte ist sowieso eine wunderbare oper. die habe ich schon als kind geliebt. pamina ist eine tolle rolle mit wunderbaren duetten allerdings ist ihre stimme eher erwachsen und schwer im gegensatz zu der leichten und süßen rolle der papagena.

la traviata mit der wahnsinnarie, ist wirklich klasse.

Mir gefällt es, dass bei den meisten opern man das gefühl haben kann sie leute die singen verstehen was sie tun und haben auch hart dafür gearbeitet. nicht so wie bei anderen musikrichtungen, wo hinz und kunz ein mikro bekommt und singen darf
 
Die oper ist weiblich, nicht mehr ganz jung und spricht mit vorliebe italienisch. Das macht sie in jungen augen und ohren nicht besonders attraktiv, denn wie jede kunstgattung wendet sie sich an eine bestimmte gesellschaftsschicht. Heranwachsende haben erst seit jüngster zeit taschengeld, sind daher zielgruppe für ganze industrie-zweige. Ohne taschengeld oder elterliche aufwendungen gab es keine nennenswerte jugendkultur, außer etwa staatlich verordneter oder religiös/kirchlich praktizierter. Teenager waren ökonomisch uninteressant, wer hätte für sie irgendetwas produzieren sollen? Mit 14 kamen sie in eine lehre, wurden tüchtig ausgebeutet und herum-geschubst, die jungs gingen dann auf wanderschaft und ins erwerbsleben, die mädchen wurden "mannbar" (schönes wort, o sprache!) und verheiratet, jugendprobleme, jugendkultur? Unbekannt. Pubertät? Wen interessierte es, die probleme waren eher auf seiten der jugendlichen.
Die handvoll literaten und musiker, darunter Vincenzo Galilei, vater eines weit berühmteren sohnes, die um 1595 in Florenz zusammenkamen und sich "Camerata" nannten, wollten ihren kollegen von der bildenden zunft nicht nachstehen. Die reisten nämlich nach Rom, um antike architektur und skulptur aufzufinden, zu vermessen und die gewonnenen kenntnisse zu verarbeiten, und da lag die idee nicht fern, das antike drama wiederzubeleben. Man wusste aus den werken von Aischylos, Sophokles und Euripides, dass ein chor die stimme des volkes darstellte und sich auf einer "orchestra" genannten fläche bewegte, bei Plautus gibt es auch eingestreute "lieder", nur musik war nicht erhalten, man wusste zwar, dass etwa die homerischen epen von "rhapsoden" bruchstückweise vorgetragen wurden, selbst Kaiser Nero sang zur kithara, und man stellte sich eine art sprechgesang vor zu sparsamer akkordbegleitung. Die cameratisten experimentierten, und was dabei herauskam, nannten sie "opera", das zusammenwirken vieler künste: dichtung-musik-darstellung-tanz-bühnenbild-kostüm.
Die erste oper hieß "Dafne", die geschichte eines mädchens, das vom gott Apollo verfolgt, von anderen, gnädigen oder neidischen göttern, möglicherweise auch von ihrem vater, dem flussgott Penaios in einen lorbeerbaum verwandelt wurde.
Hätten die autoren ihr werk einer gruppe von teenagern vorstellen sollen? Nein, Giacomo Peri, der komponist, war kapellmeister am großherzoglichen hof, und da fand die erste opernaufführung in kleinem, privatem kreise statt.
Es war sicherlich ein schock für die verwöhnten ohren, man war an kunstvolle kirchenmusik, 5stimmig-polyphone madrigale, vieltönige instrumentalmusik bei den prächtigen maskenzügen und tänzen gewöhnt. Wir haben leider keine zeitgenössische kritik, und auch das werk ist nicht erhalten, aber der begriff "monodie" sagt uns, dass einstimmig, eher eintönig mehr rezitiert als gesungen wurde.
In Florenz wie anderen italienischen stadtstaaten hatte der geldadel (die erste bank war der Monte dei Paschi in Siena, ein "monte" war eine art leihhaus, wo man sich mit bargeld gegen pfand versorgen konnte, dazu kam das wechseln der buntscheckigen münzen: was dabei herauskommt, wissen wir) sich auch formal geadelt und die sprösslinge der kaufmanns- und bankiersfamilie Medici regierten als großherzöge und hielten hof. Baulust und repräsentation werden zum bedürfnis, um den herrschafts-anspruch nach außen hin zu dokumentieren, dem volk gelegentlich ein schauspiel zu bieten, die maskenzüge hatte ich erwähnt, nun bot sich eine neue gattung an, den mächtigen zu schmeicheln und sie zu überhöhen. Die oper wird zur erfolgreichsten gattung der nächsten jahrzehnte, wenn nicht jahrhunderte, wandelt sich mit der gesellschaft, und, da sie nicht gestorben ist, existiert sie noch heute. Ein andermal mehr davon.
 
ich mag am meisten wagners fliegender holländer. wobei ich mich wirklich nicht mit opern auskenne. doch der fliegender holländer sit wirklich sehr fein :great:
die ouvertüre von wagners walküre ist auch hammer
 
Hallo,

am schönsten finde ich die Puccini-Opern "Turandot" und "La Boheme". Doch auch Mozart
und Rossini seh ich mir gerne an. Ansonsten höre ich auch gerne nur Arien, denn ich habe nicht immer Zeit, mir die ganze Oper anzuhören und rezitatives "Gesinge" in Hintergrund, während ich zu tun habe, geht mir eher auf die Nerven.:redface:
LG
 
Zu den letzten beiden beiträgen:
es gibt ouverturen und vorspiele (und ausnahmen!), eine ouverture ist ein instrumentales, auch für selbständigen, konzertanten vortrag geeignetes stück. Bachs ouverturen sind eigentlich suiten mit ausgiebigen einleitungssätzen, in der oper schaffen sie eine sphäre des übergangs vom profanen, täglichen leben zu den geschehnissen auf der bühne. Das war nicht immer so, während der ouverture wurde geschwatzt, wurden mehr oder geräuschvoll die plätze eingenommen, heute sind wir disziplinierter. Manche ouverturen beziehen sich mit ihrem thematischen material auf das folgende, nehmen gar dessen dramaturgie mit musikalischen mitteln voraus. Die ouverture zu "Egmont" von Beethoven (musik zum schauspiel) würde man wenig später als "sinfonische dichtung" bezeichnet haben. Von dem schwer-lastenden spanischen sarabanden-rhythmus und der klage der holzbläser gelangt sie über kämpferisch/dialektische auseinandersetzung und eine spannende krise zur siegessinfonie (die früh-bürgerliche "per aspera ad astra"-mentalität), Mozarts ouverturen haben eine lockerere beziehung, "Figaro" gar keine, "Don Giovanni", Così fan tutte" und "Zauberflöte" eine zumindest mit zitaten angedeutete. Bei Rossinis "Wilhelm Tell" hören wir klage, kuhreigen, gewitter und geschwindmarsch, bei seinem "Barbier" suchen wir vergebens, kein wunder, denn die ouverture war schon fertig und für ein anderes stück bestimmt, die übrige oper war dann das werk von 14 tagen. Vor Wagners "Holländer" pfeift der wind, schäumen die wogen, erklingen das hohle "holländer-leitmotiv", die alte ballade mit ihrer erlösungsmelodik und am ende die harfenumplätscherte verklärung.
Vorspiel hat eine andere bedeutung, ist manchmal nur eine verdeutschung, das vorspiel zu den "Meistersingern" z.b. ist eine richtige ouverture, aber ab "Lohengrin" führen Wagners vorspiele kurz und direkt in das geschehen, das vorspiel zur "Walküre" deutet das unwetter an, in dem Siegmund herumirrt, bevor er Hundings hütte erreicht.
Bei Puccini hebt sich der vorhang mit den ersten akkorden, Verdi hatte das mit seinem letzten werk "Falstaff" vorgemacht. Das hängt mit der entwicklung der oper zum musikdrama zusammen, aber das führt jetzt zu weit.
Ob oper als hintergrundsmusik für munteres familienleben geeignet ist, wage ich zu bezweifeln, und das herausreißen einzelner teile führt zu falschen einschätzungen. Wer etwa nur die beliebten, süßlichen stellen aus Puccinis werken ("Gianni Schicchi "!) hört, hat keinen eindruck vom gesamtwerk.
 
Lieber G?nterSch.,

vielen Dank für die ausführliche Darstellung deiner Meinung. Ich singe selber und habe neben Kunstliedern auch mal Opernarien in meinem Repertoire, und da ist es einfach zu aufwendig, für die Arie der Dalila auch noch Samson und den Oberpriester auswendig zu lernen!
Aber mal im Ernst, ich hatte geschrieben, dass ich nicht immer die Zeit habe, die ganze Oper zu hören. Und wenn ich Musik höre (auch als Hintergrundmusik) dann ist es immer Klassik. Ob ich jetzt die "Vier Letzten Strauss-Lieder" von Barbara Hendricks höre oder ein Opernquerschnitt, hängt natürlich von meiner Stimmung ab aber es heißt ja nicht, dass ich nicht weiß, was das Gesamtwerk bedeutet.
Und warum sollte sich die Oper nicht in ein munters Familienleben einfügen lassen?
Es kommt immer darauf an, welche Oper man den Kindern näherbringt. (Im Kino muss ja schließlich auch darauf achten, dass der Film für das jeweilige Alter geeignet ist.)
Man sollte nicht versuchen, die Oper oder die klassische Musik im Allgemeinen, auf einen Sockel zu stellen, wo sie nur den Musikwissenschaftlern oder irgendwelchen blasierten "Wichtigen" vorbehalten bleibt. Ich wage sogar zu behaupten, dass Mozart das ganz und gar nicht gefallen würde, sonst hätte er nicht die Zauberflöte geschrieben.
Einen schönen Abend noch und LG

Übrigens habe ich kein Wort von "Gianni Schicchi" geschrieben, sondern von "Turandot" und "La Bohème" und die sind nicht wirklich "süßlich".
 
Wie können wir den thread wiederbeleben? Sammelt doch alle vorurteile, die gegen die oper sprechen, dann haben wir eine gesprächsgrundlage. Stichwort genügt.
Beispiel : Oper ist unnatürlich, wer singt denn im täglichen leben, und wer eilig fort muss, weil gefahr im verzuge ist, warum singt er lange und laut "ich muss jetzt fort", und sein partner "er muss jetzt fort", "nun muss ich aber wirklich fort!", "er muss nun fort" und so geht es noch 32 takte lang? Im "Barbier von Sevilla" "Stille, stille, sachte. lei - - - se, lasst uns der gefahr entflie - - - hen ", so lange, bis es zu spät ist. Warum ist das so?
In Deutschland sind die operetten von Guilbert und Sullivan kaum bekannt, in den "Piraten von Penzance" trampeln die schmuggler durch die dünen und brüllen lauthals :"Leise, leise", was natürlich umwerfend komisch ist, aber eben englischer humor.
 
Noch ein paar stichworte:
Opern sind zu lang und langweilig - Opern versteht man nicht - Oper ist was für snobs -Oper ist, wenn die dicke dame kommt - Oper ist altmodisch - Oper ist teuer

Wenn nicht anders, werde ich darüber peu à peu monologisieren, im vertrauen, dass es auch stille leser gibt (was eine sehr sympathische eigenschaft sein kann, wenn ich an manche OT-threads denke, wo mancher besser geschwiegen hätte). Immerhin haben ein paar hundert hier schon hereingeschaut, wenn auch nur wenige sich zu wort meldeten.
 
Wer das sagt, hat vollkommen recht. Kaum eine kunstgattung entfernt sich so weit von der natur und begibt sich dafür in das reich der kultur. Breiten wir Faustens zaubermantel aus, und schon schweben wir über dem lieblichen tal der Ilm, da stehen die alten weiden so grau, und im nebel drehen Erkönigs töchter ihren reigen. Aber bei Oberweimar ändert sich das bild, aus der flusslandschaft wird ein wohlgeplanter und -angelegter park mit baumgruppen, durchblicken, brücken, verschlungenen wegen und zierlichen gebäuden: die idyllische natur wurde durch menschlichen geist und andauernde menschliche arbeit zum landschaftskunstwerk.
Das kleine menschliche stimmorgan, in langer, mühevoller arbeit zur vollkommenheit ausgebildet, sensible lippen und hände, die hoch-entwickelte, kostbare instrumente handhaben, wer denkt da noch an natur, an knorpel und muskeln, an atemstrom, an nerven und sehnen, an holz, lack, metall und ein alles steuerndes kontrollorgan, an schwingungen und resonanzen, wenn der vorhang aufgeht und uns in ein zauberreich entführt? Was große geister erdacht und festgehalten haben, wird nachgeschaffen, witz und heitere laune verbreiten sich, rührend und leidenschaftlich geht es zu, oft auch tragisch. Es waren opern, die den nationalgedanken und den freiheitsdrang der völker stärkten wie "Fidelio" in Wien, der "Freischütz" in Berlin, der name "VERDI" wurde in Italien zum symbol, seine chöre rissen die menschen mit, in Frankreich hatten "große oper" und "opéra comique" verschiedene funktionen, in Russland bekamen geschichte und folklore ihre künstlerische prägung, polnisch und tschechisch wurden zu opernsprachen und über die grenzen hinweg getragen. Ein ganzes jahrhundert lang dominierte die oper, war lebendig und mit dem leben verwoben.
Aber lauern nicht auch gefahren, wenn kultur sich allzuweit von natur entfernt, wenn aus landschaft kultursteppe wird? Lange wächst eine stattliche allee heran, aber eines tages ist sie überaltert, wird womöglich zur gefahr, und der straßenverkehr ist wichtiger.
Die zeiten ändern sich, wer spannt primadonnen und virtuosen noch die pferde aus, um die kutsche selbst zu ziehen? Selbst wenn man möchte, es geht nicht. Was selbstverständlich war, emsig genutzt wurde, wird in museen verwahrt und als kuriosum bewundert: andere zeiten, andere idole, andere medien, ein anderes verständnis von natur und kultur und so weiter und so fort.
 
Hochkulturen haben oft etwas zwittriges, gefährdetes, das "Sündenbabel" und "die zustände wie im alten Rom" sind sprichwörtlich, da müssen die barbaren kommen und reinen tisch machen. Nach hochgezüchtetem operngesang kehren wir mit schlagern, rock und rap zu einer breiten basis zurück, zurück zur natur der unverbildeten stimme, mikrophon und neue medien machen es möglich.
In der oper verschmelzen sprache und musik zu einer nicht immer gleichberechtigten ehe, das wort tritt meist zurück, wird bloßes transportmittel, und musikalische gesetze übernehmen die führung. So kommt es zu den geschilderten widersprüchen, das wort ist kurz, die handlung drängt vorwärts, aber die musik "ist noch nicht fertig", sie hat eine zeitlupenwirkung. "Ich liebe dich, so wie du mich, am abend und am morgen" , selbst wenn ich das mit gefühl sage, dauert es 5 sekunden, in der vertonung von Beethoven mindestens 15, das vorspiel nicht gerechnet, verlängerungsfaktor 3. Und wenn Bach von "Buß und reu knirscht das sündenherz entzwei" singen läßt, wird das durch textwiederholung zu einer kompletten arie. Puristen werden bemerken, dass diese beide beispiele nicht der oper entstammen, aber sie fallen mir eben gerade ein.
Den sprachlauten werden feste frequenzen zugeordnet, sprache wird zu gesang und gewinnt dadurch an ausdruckskraft, nicht nur die hirnrinde wird tangiert, es geht in die tiefe unserer psyche, wo ästhetisches und religiöses beheimatet sind. Dem intellekt werden emotionen "aufmoduliert", und dieser effekt ist umso stärker, je höher die frequenzen sind, ich halte eine sopranstimme für weit ausdrucksstärker und variabler als einen bass, und die spitzentöne aller stimmgattungen haben die größte wirkung. Das ist geschlechtsspezifisch, frauen schmelzen dahin bei den hohen tönen eines tenors, verspüren gar eine physiologische wirkung, die wir gröber besaiteten männer nicht nachvollziehen können, wir lassen uns von mezzo- oder anderen sopranen bezaubern.
Oper ist eine hoch-erotische angelegenheit, was sehr junge leute anscheinend nicht wahrnehmen, sonst würden sie statt in die disco ins opernhaus strömen !
Ich komme auf das zwitterhafte und die frequenzgänge zurück, man stelle sich doch einmal den Cherubino aus "Figaro" und den Oktavian aus dem "Rosenkavalier" als tenöre vor, der ganze zauber wäre dahin! Zwitterhaft ist die oper auch noch in anderer beziehung: das akustische entspricht nicht immer dem optischen, stimmlicher liebreiz oder männlicher charme sind nicht immer der äußeren gestalt adäquat. Ich drücke vorsichtig aus, was man im fachjargon etwa einen "vernickelten floh" nennt, einen kleinen, dicken tenor in silberner rüstung als "Lohengrin". Es gibt eine aufnahme der "Turandot" mit einer jung-mädchenhaften stimme der Liù, es singt die Caballé. Aber über damen reden wir später, anzumerken wäre freilich, dass eine opernstimme über jahre reifen muss, sodass wir frühe jugend kaum auf der bühne zu sehen und zu hören bekommen.
 
Lang manchmal, ja; langweilig, nein! Wo anders wird soviel geliebt, betrogen, gemeuchelt, gefoltert, vergewaltigt, was ja zuschauers lieblingthemen zu sein scheinen ? Oper im 19.Jh. deckte das ganze spektrum menschlicher leidenschaften und bedürfnisse ab, freilich nicht so realistisch wie der frühe "kintopp", das spätere "lichtspieltheater" und das noch spätere fernsehen. Cavaradossi hört man nur schreien; was man im nebenraum mit ihm anstellt, bleibt verborgen, und Tosca sieht man nicht als "dummy" in den Tiber platschen, was der film sich nicht entgehen ließe.
Aber bitte, wo sonst stürzen sich heroinen von einer klippe ins meer, reiten in die wabernde lohe des endzeitlich alles verzehrenden feuers, sterben aus liebeskummer, Tb kommt freilich öfter vor, aber dass jemand, den dolch im herzen, professionell gemordet, aus dem sack befreit, wunderschön singt, das gibt es nur in der oper. Es wird genachtwandelt, feurige räder rollen über die bühne, der höllenschlund tut sich auf, genien schweben vom himmel (das wort genie hat eine zweifelhafte herkunft), götter, riesen, zwerge, wassermänner, nixen, elfen, helden, schurken, treue frauen treten auf, wer spricht da von langweilig? Und was spielt sich nicht im orchesterraum ab? Da ist ein kommen und gehen um die pauken herum, bei den posaunisten, nur bei manchen dirigenten sitzen sie da wie die mäuschen und verkneifen sich die runde skat im stimmzimmer. Und gar eine letzte vorstellung, wo die mimen zu allerlei schabernack aufgelegt sind!
Der heldenbariton hat mit der altistin gewettet, dass er sie im "Rheingold" zum lachen bringt, er flüstert "Isst du lieber harte oder weiche eier?" und sie hebt feierlich an : "Weiche, Wotan, weiche, flieh des ringes fluch!" Das ist uralt, aber wir haben ja junges publikum, und eigene erlebnisse gebe ich lieber nicht zum besten.
Bei kurzopern, einaktern muss man zwei miteinander koppeln, aber zwei eifersuchtsdramen mit todesfolge hintereinander wie bei "Cavalleria rusticana" und "Bajazzo"? Puccinis "Tryptichon" hat drei teile, und die sind nun wieder zu lang für einen abend. Einigen wir uns auf 3 stunden dauer, pause nicht mitgerechnet, für Mozart und Verdi reicht das allemal. Und - - - langeweile ist subjektiv, und nicht immer ist das buch, der lehrer oder gar die oper schuld!
 
Beides lässt sich nicht leugen: die anfänge der oper liegen in der barocken prunk- und repräsentationssucht: so wie Herkules über dem schlosspark von Kassel und auf einer kuppel in Dresden schwebt, so wollten die mächtigen dieser mitunter kleinen welt sich verherrlicht und wie in einem hohlspiegel stark vergrößert sehen. Im nachrevolutionären England litt Händel mit seiner italienischen oper schiffbruch und bezog dann die entstandenen chöre in seine oratorien (biblische stoffe konzertant) ein.
In Wien sah der hof den "tollen tag" des Herrn Mozart nicht gern, die Prager umso lieber und bestellten gleich noch den "Don Giovanni", den edelmann, den der teufel holt. Das dauerte länger in Deutschland, das es noch nicht gab, aber von dem die bürger träumten und im "Freischütz" eine vorahnung sahen, auch hier blieb der preußische hof ostentativ der aufführung fern, man setzte auf seinen generalmusikdirektor (ich glaube, der erste dieses militärischen titels) Gasparo Spontini. Der hatte 3 opern verschiedenen genres verfasst und hielt die geschichte der oper damit für beendet, die in wirklichkeit erst begann. Lortzing wurde der liebling dessen, was wir biedermeier nennen, aber man kann auch "vormärz" sagen, das gären vor den bürgerlichen revolutionen 1848/49. Und da spielt Wagner schon mit und wird weitere impulse geben wie sein kollege Verdi in Italien. Aber oper blieb auf das bürgertum beschränkt, das entstehende proletariat entzog sich, ob freiwillig oder durch den kleiderzwang (man musste "anständig" d.h. bürgerlich gekleidet sein, um z.b. in Weimars hauptstraße flanieren zu dürfen). Selbst die versuche der nationalsozialisten mit billigen theaterringen und die der DDR mit ihrer "Volksbühne" wurden kaum angenommen. Und die neureichen der 20er gingen zwar "in die oper", landeten aber im operetten- oder revuetheater, das ihnen mehr entsprach. Operngeschichte ist kultur- und sozialgeschichte.
Oper ist teuer, der aufwand ist groß, und wo saßen die eigentlichen kenner und enthusiasten, in den logen, auf den rängen? Auf dem "Olymp", ganz oben, mitunter ohne sitzgelegenheit, die man sich mitbringen musste, auch gab es einen sondereingang, damit man sich nicht in die "gesellschaft" mischte, man brauchte sich auch nicht "in schale zu schmeißen".
Heute ist oper wieder teuer und bei festspielen ist "man" wieder unter sich, leider!
 

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