Hi Seyfried,
was mir sehr positiv auffĂ€llt: die songs stehen fĂŒr sich, es ergibt sich aber auch ein Zusammenhang der songs, die um ein Thema kreisen und die ich als "Szenen/Momente einer Beziehung" beschreiben wĂŒrde (ich weiĂ nicht, ob die songs eine Geschichte von A-Z erzĂ€hlen, aber das ist fĂŒr mich auch nicht so wichtig).
Damit sehe ich es als eine Art Konzeptalbum - und so ein Herangehen finde ich schon mal sehr klasse, weil eine Bewegung ĂŒber den einzelnen song hinaus entsteht. Zudem finde ich Deine Texte sehr gelungen: sie sind sofort verstĂ€ndlich, eingĂ€ngig, aber eigenstĂ€ndig, bietenauch genug "Unaufgelöstes", um zwei-drei-zehnmal hinzuhören und Du arbeitest mit Bildern, die den Weg freigeben fĂŒr die Phantasie.
Damit ergibt sich fĂŒr mich auch eine Stimmigkeit in der stimmungsmĂ€Ăigen Umsetzung: sparsam, singer-songwriter, akustisch, atmosphĂ€re geht vor Ton-/StudioqualitĂ€t, auch eine gewisse Skizzenhaftigkeit der Musik paĂt hier.
Einige songs gefallen mir auf diesem Hintergrund wirklich gut, das sind die, in denen Du mit diesen begrenzten Mitteln am Ausgefeiltesten arbeitest, wo Du mit Backing Vocals arbeitest, wo sich Gitarre und Gesang mit EigenstĂ€ndigkeit begegnen, wo mit Pausen und Steigerungen gearbeitet wird, kurz: Wo Du die Möglichkeiten auslotest und die musikalischen Mittel sehr bewuĂt einsetzt: "Wir sollten nicht mehr miteinander reden", "Ich will versagen", "Ich will hier raus", "Ich bin allein", "Es ist vorbei", "GetrĂ€umt von gestern/seit tausend Tagen Sonne war" - generell gefallen mir die songs, die ab etwa der Mitte der CD kommen, besser. Das macht den Einstieg in Deine CD etwas mĂŒhsam: man braucht ne Weile, um reinzukommen und fĂŒr mich ist so eine Art "Durststrecke" zu ĂŒberwinden. Generell finde ich ab der Mitte der CD auch Deine Stimme stĂ€rker, krĂ€ftiger, mutiger - was den songs aus meiner Sicht sehr gut tut.
Generell hat Deine Solo-/Melodiegitarre eine Tendenz, stellenweise meine ZahnhĂ€lse freizulegen, was kein wirklich schönes GefĂŒhl ist. Manchmal ist dieses leicht SchrĂ€ge sinnvoll - mir ist es zu viel.
Ich denke, Du hast es so gemacht, wie Du es willst (im Kontext Deiner jetzigen Möglichkeiten), insofern wirst Du in Kauf nehmen, dass Du eh auf ein bestimmtes Zielpublikum abzielst: singer/songwriter der leicht schrĂ€gen Stimmung, des Reduzierten, des Zuhörens, des In-Sich-Gehens, des Auf-Sich-Wirken-Lassens, des Sich-Einlassens. Bei anderen Möglichkeiten, die man sich schaffen könnte, wĂ€re ein Einsatz von Mandoline, Bass/Cello, sparsamen Percussions, einer harmonischeren Melodie-/Sologitarre, Backing-Vokals mit anderen Stimmen bei einigen songs aus meiner Sicht ein echter Gewinn. Das wĂŒrde zudem die Bandbreite der AtmosphĂ€re erhöhen und einer gewissen Eintönigkeit entgegenwirken.
Was soll ich sagen?
GefÀllt mir? Ja.
Ist es fertig? Ja und Nein: Es steht so fĂŒr sich und kann so fĂŒr sich stehen. Gleichzeitig kann ich es als eine "Rohfassung" sehen, von der aus man sich, was das gezieltere Einsetzen musikalischer Elemente angeht, auf die Reise begibt.
Meilenstein? Ja - wobei ich davon ausgehe, dass Du noch nicht viel veröffentlicht hast und diese CD eine der ersten von Dir ist, die Du in die weite Welt hinauslĂ€sst. Ich bin sehr dafĂŒr, so etwas zu machen, denn um mit Lichtenberg zu sprechen: Es hat sich schon mancher frigid studiert. HeiĂt: Man kann auch songs zu Tode perfektionieren, kommt nie zu einem Abschluss und bleibt im Ergebnis im Probekeller oder dem eigenen Zuhause hĂ€ngen.
Ob man das unbedingt ĂŒber Youtube raushauen sollte? Geschmacksache. Ich wĂŒrde einfach die Kommentare dazu abwarten. Wenn es zehn bis fĂŒnfzig Leuten gefĂ€llt, dann hast Du zehn bis fĂŒnfzig Leute gewonnen, die sich Deine nĂ€chsten songs anhören werden. Wenn Du hundert Leute verschreckt/verstört hast, hast Du es bei denen schwerer. Ist halt so.
Weitermachen? Unbedingt!
Herzliche GrĂŒĂe
x-Riff