Text analysieren

Joen
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Guten Abend!

Ich hab folgendes Problem: Ich soll für das Fach Deutsch einen Text von eine Dichter Analysieren und da dacht ich mir wer kann das besser wie jemand der selber Texte schreibt!
Und da hier viele Leute echt Ahnung vom Lieder schreiben haben dürfte es ja kein so großes Problem sein sie auch zu analysieren, sprich Stielmittel erkennen,...
Ich hab mich auch schon mehr oder weniger erfolg reich mit dem Thema auseinander Gesetzt und schon ein paar Stielmittel herausgeschrieben! Hier erstmal der Text:

Abgedankte Soldaten

Würmer im Gewissen,
Kleider wohl zerrissen,
Wohlbenarbte Leiber,
Wohlgebrauchte Weiber,
Ungewisse Kinder,
Weder Pferd noch Rinder,
Nimmer Brot im Sacke,
Nimmer Geld im Packe,
Haben mitgenommen,
Die vom Kriege kommen:
Wer denn hat die Beute
Eitel freche Leute.

Hier mal meine Analyse:

  • Das Reimschema ist aa, bb, cc,... ->Paarreim
  • Zeile 3,4 und 7,8 sind Alliterationen und Parallelismen
  • Zeile 11 ist eine Rhetorische Frage
  • In Zeile 7 und 8 wurde aus Sack Sacke und aus Pack Packe -> hinzugefügter vokal
  • Würmer im Gewissen ist ein Methaper
  • Jede Zeile hat 6 Silben, vielleicht auch deshalb in Zeile 7 und 8 der Vokal damit man auf 6 Silben kommt
  • Die Atmosphäre ist eher Düster
  • Mit Würmer im Gewissen will der Autor vielleicht sagen das die Leute kein Gewissen mehr haben, den Würmer essen ja und in unserem Fall das Gewissen also ist ja keins mehr da!
  • Mit dem Namen des Gedichtes "Abgedankte Soldaten" kann ich nicht so viel Anfangen ich dachte mir das die Soldaten das Leid was beschrieben wird nicht mehr Verantworten können und so etwas nicht mehr wollen und aus dem Grund dann abgedankt haben

So arg viel mehr ist mir nicht mehr aufgefallen, könnt ihr noch andere Stielmittel entdecken? was würdet ihr in das Gedicht reininterpretieren? Lieg ich völlig Falsch oder bin ich auf dem Richtigen Weg?

Was man vielleicht noch dazu sagen muss ist dass das Gedicht im dreißig-jährigen Krieg spielt!

Ich hoffe ihr könnt mir weiter helfen diese Interpretation ist sehr wichtig für meine Schulnote und weiß nicht an wen ich mich sonst wenden sollte! Ich weiß dass dieser Beitrag hier eigentlich nicht so gut passt aber ich sehe keine andere Möglichkeit wo ich es sonst Posten sollte!

Liebe Grüße
Jonas
 
Eigenschaft
 
Du solltest mal ein wenig versuchen, dich in das Gedicht hinein zu versetzen. Das geht umso besser, je mehr du dir die damalige Zeit vergegenwärtigst und mal drüber nachsinnst, wie sich so ein wiederkehrender Soldat wohl fühlen wird.
Ich würde sagen, es geht hier ganz klar um die Kriegsheimkehrer. Dass Dilemma, was die mit sich rumschleppen, wird damals wie heute ähnlich sein.

Würmer im Gewissen, -> das Gewissen lässt ihnen keine Ruhe, zerfrisst ihre Seele,
Jeder, der schon mal gedient hat, dürfte eine ungefähre Vorstellung davon haben, was in einem Krieg auf einen zukommt, vor allem psychisch. Anderen Menschen bewusst Leid zuzufügen ist für die wenigsten Menschen leicht zu verarbeiten. Gerade in einer lang anhaltenden Situation von Überlebensangst, Rachegefühlen, Zermürbung, ständig lauernder Gewalt und wieder Angst werden die meisten Menschen für den Rest ihres Lebens traumatisiert.

Kleider wohl zerrissen
Wohlbenarbte Leiber, -> beides wohl klar, oder?

Wohlgebrauchte Weiber, -> ja, was wird damit wohl gemeint sein? Lange Jahre nur unter Männern und in ständiger Ausnahmesituation. Was tut man dann, wenn man irgendeine Frau in die Hand bekommt? Gebrauchen. Auch mit Gewalt, wenns sein muss.

Ungewisse Kinder, -> sind die Kinder, die du zuhause antriffst dein eigenen? Oder, auch möglich, sind damit die Kinder gemeint, die du mit o.g. Weibern irgendwo in der Welt gezeugt hast.

Weder Pferd noch Rinder, -> bettelarm, nix mehr, um sein weiteres Leben irgendwie bestreiten zu können. Pferde standen für einen gewissen Wohlstand, auch als Arbeitsmittel verwendet. Und Rinder, klar, zur eigenen Versorgung.

Nimmer Brot im Sacke,
Nimmer Geld im Packe,
Haben mitgenommen,
Die vom Kriege kommen: -> mit leeren Händen zurück gekommen, aber (deshalb der Doppelpunkt)...
Wer denn hat die Beute -> Die entscheidende Frage. Wo ist das, was ihnen vor dem Krieg versprochen wurde? Wo ist die ganze Beute hin, die sie gemacht und dafür mit ihrem Leben/ihrer Gesundheit bezahlt haben?

Eitel freche Leute. -> Gilt heute wie damals. Am Krieg verdienen nur die, die nicht selber die Knarre in die Hand nehmen müssen. Adel, Monarchen.... oder heute Imperialisten, Rüstungskonzerne etc.

So würde ich es machen. Kann aber nur ein Ansatz sein, ausformulieren musst du es schon selber :)

Viel Erfolg damit
Frank
 
Wie konkret so eine Gedichtanalyse ausehen muss, hängt von der Klasse, der Schulform, in der Oberstufe evtl. von Grund- oder Leistungskurs ab und (leider) nicht zuletzt von der Persönlichkeit deines Lehrers. Speziell in Deutsch trifft man ja öfter mal auf das Exemplar, das seine Meinung und Interpretation für die einzig mögliche hält und nur das explizit im Deutschunterricht erklärte Verfahren als richtig anerkennt. Die haben es dann eigentlich selbst nicht kapiert.

Mal abgesehen davon:
So als grobe Richtschnur kann man sich an ein Schema wie zB. dieses hier halten: http://www.rhetoriksturm.de/gedichtanalyse1.php
Die Sachen mit dem Metrum und den Kadenzen haben zumindest wir damals nie gemacht und die kannst du wahrscheinlich weglassen (Aber der Vollständigkeit halber: es handelt sich durchgängig um einen dreihebigen Trochäus(betont unbetont) mit weiblicher Kadenz).

Wie lautet denn die genaue Fragestellung? Was du bei der Analyse berücksichtigen solltest, hängt vom aktuellen Unterrichtsthema und dem bisher gelernten ab. Wenn ihr euch gerade mit dem Barock befasst, wäre es vielleicht interessant, Vergleiche zu anderen Dichtern (gängiges Beispiel wäre Andreas Gryphius, schau zB. mal hier, dann weißt du, was ich meine: http://de.wikipedia.org/wiki/Tränen_des_Vaterlandes#Das_Gedicht ;)) zu ziehen und zu schauen welche der Epochenmerkmale, die ihr kennenglernt habt, sich im Gedicht finden lassen. Wenn ihr euch mit Kriegslyrik befasst, wäre ein üblicher Vergleich der zwischen diesem Gedicht, das sich auf den dreißigjährigen Krieg bezieht und deutschsprachiger Nachkriegslyrik wie zB. von Peter Huchel.

Für eine gelunge Analyse mit anschließender Interpretation ist es meiner Meinung nach wichtig, dass du nicht nur aufzählst, was du so herausgefunden hast, sondern aus den ganzen einzelnen Bauteilen eine in sich schlüssige Intrepretation zusammen schusterst. Was erzeugen die identifizierten Stilmittel für Wirkungen, was erzeugen die Metaphern für eine Stimmung, was bedeutet das für die Gesamtinterpretation?

Eine Möglichkeit wäre, das Gedicht in Bildfelder aufzuteilen. Für mich wirken zB. die Verse 1-3, 4-6, 7-10 und 11 & 12 zusammengehörig. Der von dir angesprochene Parallelismus (eine Alliteration ist was anderes) in 3 und 4 diente dann der Vebindung der beiden Gruppen. Du Sprichst von einer Vokalanfügung ("Epenthese") in 7 und 8, die der Einhaltung des Metrum dient. Ich würde aber tippen, dass diese Dativendungen in der damaligen Sprache noch gängiger waren, wenn nicht sogar noch vollständig in Gebrauch.
Noch eine Auffälligkeit wäre, dass kein direktes Subjekt auftritt (etwa ich, du, er, oder Eigennamen), sondern unpersönliche Formulierungen. Welchen Zweck hat das? Wofür stehen die Würmer im Gewissen, die zerissen Kleider, die Narben, wofür die Frauen, die Kinder das Vieh? etc.
Versuch diese Bilder und Metaphern auszudeuten und in Einklang zu bringen. Welche Funktion haben die letzten beiden Verse gegenüber den restlichen?

Ich habe bewusst eher Fragen gestellt und Andeutungen gemacht, als konkrete Deutungen zu geben, weil es meiner Meinung nach nichts bringt, wenn ich dir das vorinterpretiere. Wichtig ist, dass deine Argumentation und Interpretation logisch und schlüssig ist, dann kann dir kein Deutschlehrer was - wenn er selbst sein Handwerk beherrscht. Parallelen und Vergleiche fallen gerne unter den Bereich "Transferleistung", der oft die meisten Punkte bringt ;)
 
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