Tritonussubstitution "ohne Tritonus" möglich ?

turko
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Hallo Kollegen,

ich denke gerade über ein kürzlich aufgetauchtes "Problem" nach. Ich habe einen Song geschrieben, dessen schematischer harmonischer Ablauf unten skizziert ist. Das Abgebildete ist nicht die Klavierbegleitung, sondern der Versuch, das jeweilige harmonische Gesamtgeschehen zu skizzieren. Die Melodie des Songs bewegt sich - soweit möglich - im eher Blues-tonalen Bereich ... (daher auf öfters ein "Clash" zwischen einem C-Blues-gestützten Ton G, und einem harmonisch "geforderten" Gb über einem Ab7 Akkord. Was ich aber zugunsten des Gs ausgehen habe lassen. Weil ich mich in diesem Falle - ausnahmsweise - für die logische Weiterführung der Melodie entschieden habe, und weil ich mir dachte, "wenn Herbie Hancock (Canteloupe Island) das darf, dann darf ich das auch ...". Was mich nun interessiert und bewegt, ist jedoch:

Der markierte A7sus-Akkord FUNKTIONIERT an dieser Stelle irgendwie wie eine Tritonussubstitution, da es aber gar kein Domsept-Akkord ist, IST es in Wirklichkeit ja keiner. WIESO "funktioniert" er dann dennoch ... und auf eine gar nicht "hölzerne", sondern sogar auf irgendeine Art überraschende und aufregende Weise ... wie ich zumindest finde ...

Meine persönliche Theorie dazu ist, daß den Hauptanteil des Funktionierens dabei diese, und GENAU diese Stimmführung zu verantworten hat, und daß die chromatische Annäherung des Basses an den "Zielton" schon von fast ganz alleine irgendwie das Trisub-Gefühl hervorruft, ungeachtet dessen, ob der drauf aufgebaute Akkord dem nun wirklich völlig entspricht, oder nicht ...

Aber GANZ zufrieden bin ich mit der Erklärung auch nicht. Deswegen die Frage an Euch ! Hat jemand einen Gedanken dazu ? (Und überhaupt Lust, über sowas nachzudenken ... ??) ...

LG, Thomas
Song-Harmonieschema.jpg
 
Eigenschaft
 
Es ist nicht immer wichtig, ob die Septime dabei ist, um aus einem Klang Dominante oder Doppeldominante zu machen.
Du hast richtig erkannt, dass der Kontext nun ausreicht, auch ohne die Septime eine Tritonussubstitution zu machen.

Ist in anderen Fällen auch so. Die Susakkorde zum Beispiel können schließlich auch ohne Terz dominantische Wirkung haben, bzw. ist ja im Jazz eine Terz nicht unbedingt nötig um einen deutlichen funktionalen Zusammenhang zu gewährleisten.
 
Hallo Thomas,

ich glaube entscheidend ist hier das von Dir angewandte Distanzprinzip, basierend auf der Kleinterzachse.
Angefangen im Takt 9 bewegt es sich zunächst 2-taktig fort.

|| Ab7sus | % | B7sus | % | D7sus | % | F7sus | G7sus A7sus ||

Der letzte Takt dieser 8-taktigen Sequenz ist sozusagen die Rückführung zum Ersten. Deshalb funktioniert es.
Die letzten beiden Takte könnten auch so aussehen:

| F7sus | F#7sus G7sus | und es würde genauso funktionieren.
Ich würde das nicht unbedingt streng funktional sehen.
 
| F7sus | F#7sus G7sus | und es würde genauso funktionieren.

Hi Cudo,

nein, würde nicht funktionieren, aber nur deswegen nicht, weil die Melodie, die Du nicht kennen kannst, dem zuwiderläuft. Aber ich verstehe, was Du meinst. Es ist der "generelle Drang zurück nach Hause", den diese Passage hat ...

Im übrigen liegt diese eher "allgemeine Betrachtungsweise" meiner prinzipiellen Herangehensweise sowieso mehr. Ich habe Trisubs schon lange verwendet, ehe ich diese Bezeichnung überhaupt kannte, und ich habe sie noch immer lange verwendet, ehe ich das Erklärungsmodell GELERNT habe, WARUM sie funktionieren. Mit gemeinsamen Tritoni in vertauschten Rollen und so weiter ... beseelt von diesem Wissen war ich ob der fraglichen Passage dann einigermaßen verwirrt ... aber ich gehe einfach wieder "back to the roots" (zu meinen eigenen nämlich ...) ... :)

Danke für Eure Antworten.

LG, Thomas
 
Zum einen kannst du ja auch den Akkord als Substitut eines Substitutes betrachten.

Zum anderen ist es ja grundsätzlich möglich, eine Tritonussubstitution einer komplette II-V-Verbindung vorzunehmen. Die klingt dann auch etwas sperriger, ähnlich wie der Sus-Akkord als SubV. Die Quarte im SubV-Sus4 klingt interessant, sie wird zum aufwärtsstrebenden Leitton. (Ich habe in der zweiten Notenzeile im PDF versucht, dem Rechnung zu tragen.)

Ich habe übrigens Probleme, es so zu hören, wie du. Die Harmonik der 2. Zeile schweift sehr weit ab. Kann sein, daß das auch nur an der fehlenden Melodie liegt.
 

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  • SubV7sus4_.pdf
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Ich habe übrigens Probleme, es so zu hören, wie du. Die Harmonik der 2. Zeile schweift sehr weit ab. Kann sein, daß das auch nur an der fehlenden Melodie liegt.

Ja, das glaube ich gerne ... und möchte ich auch stark hoffen ... Ich werde aus ... ähm. ... "wissenschaftlichen Gründen" diese Passage hier noch nach-posten, sobald sie vorhanden (= eingesungen) ist, um auch einen bessern Gesamteindruck davon zu kriegen, um was es hier überhaupt geht ...

Auf die Idee, den fraglichen Akkord als Substitut eines Substitutes zu berachten, wäre ich allerdings noch nicht gekommen ... :eek:
Dafür bin ich ein zu praxisorientierter Mensch ... :) ... ist dessen ungeachtet aber sicher eine gut mögliche Interpretation ... :)

LG, Thomas

---------- Post hinzugefügt um 18:32:29 ---------- Letzter Beitrag war um 12:55:16 ----------

Wie versprochen, hier das Machwerk zwecks besserer Illustration (Aus Faulheitsgründen das GANZE, ich wollte nicht noch extra DIESE Passage herausschneiden), mit einem Dank an alle, die sich an der Besprechung beteiligt haben !



LG, Thomas
 
Hallo Thomas,

etwas, was mich an deiner Skizze irritiert hatte, war erste Akkord im Refrain. Jetzt weiß ich, daß es eher wie ein Auftakt ist, und das Cm die eigentliche Auflösung ist. Damit hast du den Bogen zum Refrain sehr gut hinbekommen.

Ich kann auch deinen Eindruck bezüglich Asus nachvollziehen. Und ich denke auch, daß es haupsächlich die Chromatik ist, die diesen Effekt hervorruft.
Der Asus ersetzt hier ein Am7, meiner Meinung nach. Von Am7/9 nach Abmaj7/9 (in C-moll) klingt sehr ähnlich. Vom Begriff sollte MI-Funktion passen, auch wenn er (für mich) in Moll nicht so geläufig ist.
Wenn ich das jetzt mit MI-Funktionen in Dur vergleiche, dann gibt es da ja auch diese ähnlichen Sounds: Alle Maj7 MI-Funktionen können genauso aufgelöst werden wie die Substitutdominanten auf der gleichen Stufe, nämlich durch einen Halbtonschritt nach unten in eine diatonische Funktion. (z.B. in C-Dur: Statt Eb7 Dm ein Ebmaj7 Dm)

Gruß
 
Betr.: Deine ersten beiden Absätze

Und irgendwie empfinde ich die Melodie als das, das das Ganze irgendwie zusammenhält ... das kommt in dieser Form im Harmonie-Sheet nicht zur Geltung ...

Ansonsten: Zustimmung zu dem, was Du schreibst.

LG und Danke
Thomas
 

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