Ich stimme da voll zu, ergänzend und mutmachend vielleicht noch:
Es ist ja nicht so, dass Du die komplette Harmonielehre in 37 Bänden durcharbeiten musst, bevor Du etwas praktisch umsetzen kannst.
Jedes kleine Stückchen an Theorie kannst Du sofort am Instrument verwenden. Für mich ist das immer, als würde ich in einer Sprache ein paar neue Wörter oder eine neue Zeitform verstehen. Natürlich muss man dass immer mal wieder rausholen und üben, und es geht auch nicht sofort völlig in Fleisch und Blut über. Aber angenommen Du kapierst was Benson da mit den Umspielungen gemacht hat. Dann spielst Du die Stelle so wie sie ist, in der Tonart. Dann übst Du sie mal an anderen Akkordtönen, vielleicht noch mal in einer anderen Tonart, die in einem Stück von Dir vorkommt. Später dann noch in zwei drei anderen Tonarten. Mit der Zeit wird sich das immer mehr verselbständigen, aber das dauert halt.
Aber ich versteh auch, wenn Dir das zu anstrengend ist oder Du keine Lust auf das eher analytische Nachdenken und Erarbeiten hast.
Mir geht es mit vielen Dingen so, dass ich es höre und denke, wow das klingt toll, sowas würde ich auch gern können. Mit etwas Glück und Zeit findet man dann etwas zum Thema und fängt an, das zu verstehen und vielleicht zu üben. Dann kann ich es halbwegs in C-Dur und vergesse es wieder, aber irgendwann taucht es wieder auf und fügt sich mit der Zeit in alles andere ein, was man schon kann.
man kann auch ein Solo einfach Ton für Ton auswendig lernen und es dann immer gleich spielen
Das ist natürlich möglich, aber im Jazz eigentlich nicht das Ziel. Beim Auswendig lernen sollte es eher darum gehen, zu verstehen, was da passiert, das zugrundliegende Prinzip zu "extrahieren" und flexibel anwenden zu können.
Klingt jetzt theoretisch, wird aber am konkreten Beispiel dann klarer.
Hast Du eigentlich ab und zu mal Unterricht oder eine Stunde, wo Du konkret fragen kannst und Dir jemand am Instrument was zeigt? Mein Eindruck ist, dass Du als Autodidakt Dir viel angeeignet hast, und zwischen dem bekannten Stoff immer noch Lücken sind, die das Gesamtverständnis behindern. (Bin selbst im Jazz Autodidakt, und ein Lehrer, zu dem ich ab und zu mal gehe, um meine Fragen loszuwerden, hat mir sehr geholfen.)