
De-loused
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In der Sache habe ich zwei Sichtweisen, die ich beide fĂŒr gerechtfertigt halte und zwischen denen ich nicht so recht entscheiden kann. Auf der einen Seite muss man denke ich immer aufpassen das man mit Kritik im Rahmen bleibt, schlieĂlich ist der Typ noch ziemlich jung und hat in seiner Musikerkarriere schon mehr erreicht als die meisten von uns je tun werden, von daher gibt ihm sein Erfolg auch grunsĂ€tzlich erstmal recht. Ich sehe es wie du, technisch ist da wenig auszusetzen, auch von der Koordination her ist das sehr anspruchsvoll und zeigt wieviel Arbeit er da reinsteckt. Dazu kommt dass das Publikum bei diesen Drumwettbewerben wie dem Guitar-Drumoff natĂŒrlich auch ein bischen rumgepose sehen will, von daher ist das fĂŒr den Anlass schon ein gutes Solo. Das ist was mein Verstand mir sagt, mein GefĂŒhl sagt mir ein bischen was anderes: auf der anderen Seite nĂ€mlich finde ich das die Musik dabei (wieder mal) zu kurz kommt, und da möchte ich dem Limerick mal dezent widersprechen. Interessant ist da nĂ€mlich nichts, zu allen Aktionen (Ride+Hihat Grooves, alternierende 16tel zwischen linkem FuĂ und linker Hand, Wirbel) kann ich aus dem Stand 10 Videos posten die genau dasselbe beinhalten, und Groove kommt dabei halt auch höchstens fĂŒr Sekundenbruchteile zustande wenn man jeder musikalischen Idee nicht mal 30 Sekunden Zeit gibt sich zu entfalten und dann hektisch in die nĂ€chste reinstolpert. Gerade um diese Geschichten mit der FuĂ-Cowbell musikalisch sinnvoll einzusetzen braucht es nĂ€mlich Dynamik und Akzente, was man dort hört ist eher Geklacker. Insgesamt sicherlich ein gutes Solo, aber kreativ und MUSIKALISCH setzen andere junge Drummer ganz andere Akzente, z.B. Tyshawn Sorey, Justin Faulkner, Marcus Gilmore.Zu der Sache mit der Cowbell gibts irgendwo anders noch ein Video von JP, wo er irgendwie erklĂ€rt, dass er da ewig dran gehockt ist und das immer noch nichtr 100% hinbekommt und dass das auch n ziemlich kompliziertes Element ist, er es aber so cool findet, dass ers mit einbauen wollte.
Den letztgenannten halte nicht nur ich fĂŒr ein PhĂ€nomen, Marcus Gilmore gilt schon mit Anfang 20 als einer der besten Drummer in New York, und da ich mir ja vorgenommen hatte diese Rubrik mit ihm vollzuspammen bis ihr das anerkennt,

Er hat halt schon in jungen Jahren einen eigenen Stil, so wie ihn habe ich noch keinen anderen spielen hören. Wenn man sich z.B. das erste Lied anhört gibt es da groĂartige Rhythmusarbeit. Die Pointe besteht darin, dass man zu Beginn von den "geraden" Klavierakzenten her denken könnte das das StĂŒck im 4/4tel-Takt ist, die 1 + 3 auf 4tel-Ebene aber schrittweise als 1 und 5 auf 8tel-Ebene interpretiert werden (zum ersten mal ca. ab 55s), das StĂŒck also im 7/8tel Takt ist. Dadurch das in diesen "angetĂ€uschten" 4/4tel-Takt, zu dem immer wieder zurĂŒckgelehrt wird (z.B. bei 03:10, 04:47, 06:10), eine Achtel fehlt, ergibt sich halt dieses etwas merkwĂŒrdige, lockere Feeling. In diesem nicht ganz leichten Feeling bewegt sich Marcus Gilmore nicht nur traumwandlerisch sicher, sondern er hat immer auch noch ein Ohr fĂŒr die Kollegen ĂŒbrig, sei es wenn diese ins 4/4tel-Feeling zurĂŒckgehen, Halftime spielen (03:30), oder die Dynamik angepasst werden muss: wie er in dem Basssolo (ab 06:35) in einem weitem Bogen stufenlos den Energielevel von seichten "4tel"-Akzenten ĂŒber afrikanisch angehauchte Begleitpattern bis in wildes Geballer steigert, dass nenn ich nicht nur technisch, sondern musikalisch sensationell. Das Ganze ist dann auch noch improvisiert und deshalb von der geistigen Leistung Lichtjahre vom Niveau eines JP Bouvet entfernt, der etwas böse gesagt Pattern abspult anstatt Musik zu machen. Tut mir Leid wenn ich so ausschweife und euch damit nerve, aber manchmal muss es einfach raus.
