Hi
Ich habe das in der Tat so im Unterricht gelernt (Barockmusik 90%), und zwar insbesondere im Zusammenhang mit Duos spielen. Schon der Einsatz wird mit Blickkontakt und einem Schwung gegeben. Und im weiteren schwingt man auch um dem Partner einen zusätzlichen visuellen Hint für Groove und Phrasierung zu geben. Es sind also quasi auch Mikro-Dirigier-Bewegungen.
...wenn der Körper den Gesamtausdruck ein bisschen Mittanzen darf verdeutlicht man sich auch selbst den Rhytmus und kann sich ggf. mehr gehen lassen. Man erlaubt sich vielleicht automatisch etwas mehr zu "übertreiben" weil eben der Körperausdruck und der musikalische zusammen passen. Du spielst das Theater mit dem Körper mit und überzeugst dich so auch selber von deinem Ausdruck und bist mehr im Moment.
Relativ extreme Phrasierungen sind und waren ein Merkmal das die hip Praktiker von der eher klassisch geschulten Wiedergabe von Barockmusik (heute komplett überformt/vermischt, gab es bis etwa in die 90iger eher) getrennt hat. Ob das immer ästhetisch gut ist ist eine Geschmacksfrage, es ist aber im allgemeinen eine Sache die doch so überzeugt hat dass man sie heute zwar manchmal abschwächt aber fast nie ganz radikal weglässt.
Stichwort dabei auch Rhetorik/ Klangrede und so weiter also das wurde oft so als Gedanke transportiert dass man sich eine bewusste und sehr viel überdeutlichere Phrasierung aneignen muss wenn man als Klassiker alte Musik spielt da diese Musik von Natur aus "rhetorischer" bzw. mehr auf der Phrasierungsebene rednerisch gedacht sei.
Gutes Beispiel für modernen "Barockgroove" - das ganze Album hier.
View: https://www.youtube.com/watch?v=2CeFgw1W_eg&list=RD2CeFgw1W_eg&start_radio=1
Ich weiß nicht ob sich das jeder vorstellen kann aber- wenn man die Noten für diese Stücke einfach so irgendwelchen sehr fähigen Hobbymusikern austeilen würde- am krassesten noch sagen wir das hätte man 1970 oder so getan- ohne dass diese etwas mit "moderner barocker" Phrasierung vertraut wären- man würde ein absolut drastisch anderes Ergebnis haben- viel ruhiger und statischer.
Man muss mit Lust in die Synkopen reingehen und die Noten extrem ungleich gewichten wenn man so klingen will. Auch ganz typisch ist dass Phrasen oder Melodien aus 8/16 Takten einen wichtigen Vordersatz haben in dem harmonisch irgendwas passiert und wo man sich mit Kraft hineinlehnt und dann "bloß" eine Art Klausel dahinter bei der man die Noten wesentlich mehr verkürzt wegen ihrer vergleichsweisen "Banalität"/ weil sie eben nicht das selbe Gewicht haben müssen. Phrasierungs- und Tonlängendynamik.