Guten Abend.
"Anständig spielen", "gut spielen", "Skills haben" - was hab ich nicht schon alles gehört. Das sind oft gedroschene und gleichermaßen hohle Phrasen. Im Endeffekt klang der mir so beschriebene Drummer meist fürchterlich, ja sogar richtig scheiße. Warum? Die Symptome sind in der Majorität der Fälle annäherd gleich: Kein Timing (von Mikrotiming fange ich gar nicht erst an), keine Dynamik, keine Ideen, musikalisch absolut neben der Spur - die komplett Abteilung "So mache ich es verkehrt".
Ein Trommler ist - wie eigentlich jeder andere Musiker im Grunde auch - ständig im Werden und sollte sich entwickeln. Okay - kommen wir auf den Boden der Tatsachen zurück: Als Amateur wird das recht schwierig, weil man ja dann doch ein paar andere Sachen zu tun hat als ständig in aller Gründlichkeit über den persönlichen Entwicklungsstand am Drumset nachzudenken. Aber Entwicklung muss schon sein. Wie schnell die letztendlich vorangetrieben wird, hat in erster Linie etwas mit dem eigenen Engagement zu tun. Mit jenem geht auch Erfolg/Misserfolg einher. Wer sich nicht vor sein Set im Proberaum/Keller/..., oder vor sein Practicepad setzt und schlichtweg spielt (von üben red' ich gar nicht), der wird zu nix kommen. Das Gefühl für das Instrument kommt nur über die Beschäftigung mit eben jenem. Es gibt Talente, die das Gefühl schneller beherrschen lernen und auch schnell mit dem Instrument musikalisch versiert arbeiten können. Die meisten Schlagwerker finden zu diesem Gefühl aber nur über Kampf und äußerste Konzentration gepaart mit jahrelanger Erfahrung.
Ein guter Drummer wird - zumindest in meinen Augen und Ohren - nur derjenige oder diejenige, der vielen anderen Musikern (und damit meine ich nicht nur Drummern) zuhört. Wie sie phrasieren, wie musikalische Interaktion funktioniert, wie Dynamik eingesetzt wird. Klar will jeder erstmal ein paar Beats und Grooves lernen, damit er in einer Band nicht ins kalte Wasser fällt. So soll es auch sein.
Was für mich ebenfalls unabdingbar ist, ist das (ständige) Hinausschieben von Grenzen. Damit geht ein Verursachen spielerischer Fehler einher. Davor sollte man aber nicht zurückschrecken. Es ist imho sehr wichtig, dass man beim Spielen Fehler macht (und diese auch bemerkt ;-)). Dann sollte man sich fragen, ob man üben muss oder diese Dinge verstärkt spielen sollte. Ich persönlich setze mich nicht hin und probe gewisse Dinge vom Blatt. Es läuft eher so ab, dass ich etwas höre und versuche, es nachzuspielen. Daraus ergeben sich wiederum eigene Ideen, weil man persönliche Akzentuierungen und ein eigenes Spielgefühl in die Sache einfließen lässt. Sich (von guten Künstlern) inspirieren zu lassen bringt einen unheimlich weiter - vor allem als Amateur.
Ganz nebenbei hat ja auch nicht jeder die Möglichkeit am Tag knackige 3,4,5 oder mehr Stunden durchzuspielen. (Ich kenne Schlagzeuger, die nicht mal ein eigenes Set besitzen, aber frischfröhlich jede Woche ihr Säcklein packen, um in der örtlichen Musikschule ein mickriges halbes Stündchen am Drumset zu dilletieren. Das kann es nicht sein.)
Wer gut werden möchte, muss Zeit opfern und ans Instrument gehen. Wer lieber Bier trinken gehen mag, spielt vielleicht im Endeffekt nicht so gut. Die Ansprüche sind verschieden. Wer viel Bier trinken und gut spielen kann, ist halt "lucky" ;-).
Wer also hinter seinem Vorhaben, Schlagzeug spielen zu wollen, steht, sich inspirieren lässt, Zeit und Muße investieren kann und will und bereit ist, trotz Fehlern und teilweisen Misserfolgen oder schlechten spielerischen Phasen den Mut nicht verlieren und dann noch eine Band mit Musikern findet, die die ganze Sache ähnlich sehen, der hat keine allzuschlechten Karten.
Selbst Dave Weckl hat im besten Alter (über 30) nochmal bei Freddy Gruber Unterricht genommen. Nobody's perfect. ;-)
Alles was ich sagen will: Gebt dem Kerl Zeit, der wird schon
Cheers.
(Alle Angaben beinhalten persönliche Erfahrungen und sind selbstredend Gewähr.)