Lineare Knopfgrifftastatur

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Liebe Leute,

ich möchte euch hier mal eine alternative Diskanttastatur vorstellen, die ich in den letzten Monaten entworfen und gebaut habe. Auf dem Foto unten seht ihr den Prototyp, der aus meinem alten Pianoakkordeon entstanden ist.

Ich habe die Lineare Knopfgrifftastatur entwickelt, nachdem ich vom Pianoakkordeon auf das B-Griffsystem umgestiegen war. Es stellte sich heraus, dass die B-Griff-Tastatur zwar bereits einen wesentlich bequemeren Fingersatz im Vergleich zur Pianotastatur ermöglicht, z.B. bei Halbtonverzierungen in beide Richtungen macht sich dies bemerkbar (die Finger liegen dabei in einer von den Registerschaltern nach außen weisenden Diagonale). Problematisch sind auf dem B-Griffsystem aber oft Ganztonfolgen, weil diese in der ergonomisch ungünstigeren Diagonale von außen nach innen liegen und die Hand dafür gedreht werden muss.
Aus diesem Grund habe ich auf der Linearen Knopfgrifftastatur die Ganztonschritte in den senkrechten Reihen angeordnet. Die Halbtonschritte liegen ähnlich wie beim B-Griffsystem in einer bequem spielbaren Diagonale von innen nach außen und zusätzlich in horizontaler Linie (auch letzteres ist auf dem B-Griff ähnlich, nur dass dort eine Reihe übersprungen werden muss, um den nächsten Halbton zu erreichen. Auch läuft die Chromatik genau wie beim C-Griff von außen nach innen, nur eben in einer horizontalen Linie).
Auf der Linearen Knopfgrifftastatur ist bereits bei 4 Reihen jeder Ton doppelt vorhanden, so dass sich verschiedene Griffmöglichkeiten ergeben und eine 5. Reihe (wie beim Knopfakkordeon sonst meist vorhanden) unnötig erscheint. Baulich ist sie kein größeres Problem sein, wenn die jeweils 2 Knöpfe für den gleichen Ton miteinander gekoppelt werden, so wie auch bei anderen Knopftastaturen mit Wiederholungsreihen. Die Grafik zeigt eine Tastatur für 120-bässige Instrumente (Tonumfang e-cis4). Die 22 horizontalen Reihen à 2 cm finden gut auf einer Standard-Pianodiskantseite (48 cm) Platz.

Diese Überlegungen treffen für alle Spieler zu, die es gewohnt sind, in erster Linie "von schräg oben" oder wie auf dem Pianoakkordeon "von der Seite aus" zu spielen. Wenn man allerdings die Handhaltung "von schräg unten" wie z.B beim Fingersatz nach Würthner gewohnt ist, stellen sich diese Fragen nicht so sehr.

Der einzige Nachteil, den ich gegenüber B- und C-Griff sehe, ist dass große Intervalle weiter auseinander liegen (Oktave über 5 Knöpfe), aber immer noch näher als bei der Pianotastatur (Oktave über 6 Tasten).
Es sei noch erwähnt, dass das Prinzip zweier Grundreihen mit je 6 Ganztönen auch schon bei der Beyreuther-Tastatur (siehe Foto) verwirklicht ist, nur dass die Reihen hier auf Lücke angeordnet sind, so dass sich für aufsteigende Halbtöne wieder die zuvor erwähnte ungünstige Diagonale ergibt (von außen nach innen, wie beim C-Griff).

Schaut euch mal die Grafik an und probiert die Tastatur gedanklich aus (sie ist aus der Spielerperspektive dargestellt)! Ich bin gespannt auf eure Meinungen.
 
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Das Problem, das ich hier sehe, ist ein schlichtes "wer braucht das?". Die existierenden Lösungen sind ja bereits fest etabliert, mit passenden Schulen, Lehrern, Grifftechniken etc. Die Pianotastatur ist weder bei Orgeln noch beim Piano selbst abgelöst worden.

Dein Vorschlag existiert ja in diversesten Variationen schon geraume Zeit. http://squeezehead.com/uniform-keyboard/ hat viele interessante Referenzen am Ende.

Wenn Du mal Bilder von finnischen Knopfakkordeonisten anschaust, wirst Du feststellen, daß die alle G-Griff spielen. Ausnahmslos. Hat sich in deren Kulturkreis durchgesetzt. Von der Griffweise kein Unterschied zu C-Griff, aber halt in anderer Grundtonlage.

Wenn sich so etwas durchgesetzt hat, brauchst Du ganz gewaltige Vorteile, um dagegen anzustinken. Und selbst dann: Pianotastaturen sind zu groß und klobig für Akkordeons, verringern den Stimmumfang, machen das Instrument mechanisch instabil durch ausladende Tastatur, haben die größten Probleme mit Tastaturführungen (jede Werbung für Spitzenpianoakkordeons redet von der genial gelöstenTastatur, das ist bei Knopfgriff nie ein Thema).

Etc etc. Haben sich trotzdem durchgesetzt. Weil die Leute es von anderen Instrumenten her kennen und zuviele Klavierlehrer rumliefen und zuwenig Haushalte sich ein Klavier hinstellen konnten. Um ein neues System nicht nur zur letztlich unfruchtbaren Spielwiese für Dich selbst zu machen, mußt Du schon ein paar Akkordeonwettbewerbe damit aufmischen... Ob nun von Dir oder jemand anders gespielt.

Ich weiß von einer Frau, die ein historisches Spezialakkordeon von ihr selbst in das Trossinger Instrumentenmuseum gegeben hat, mit der Auflage, daß es auch an Interessierte, die es spielen wollen, ausgeliehen werden soll.

Aber das wird wohl nicht wirklich passieren: in so ein Instrument muß man hineinwachsen, das kann man nicht so ausleihen und mal eben spielen.

Ich selbst habe ein historisches Instrument in C-Griff, das nur ein Vierreiher ist, und bei dem die verminderte Akkordreihe in russischer Manier verschoben ist. Eine der Überlegungen für eine Änderung zum heute üblicheren wäre, daß man das Instrument leichter verleihen könnte: ob nun an Musikschüler, oder zu thematisch passenden Festivals, bei denen ein historisches Instrument dann gespielt wird (so wird ja etwa Paganinis Lieblingsgeige jährlich gespielt).

Werde ich nun nicht machen. Der Akkordeonbauer hat mir gesagt, daß ich leichter in das Akkordeon hineinwachse als umgekehrt. Aber ich beabsichtige auch, es lange zu behalten. Und was ich darauf lerne, funktioniert auch anderswo. Und das ist bei Deinem Instrument dann eben anders.

Es gibt ja die Bayreuther Tastatur bereits auf Akkordeons und die Leute lassen die Finger davon, wenn ihnen nicht ein Instrument quasi in den Schoß fällt.

Zumindest ist das Akkordeon dann relativ gut gegen Diebstahl gesichert...
 
Danke für deine ausführliche Antwort, dak!
Natürlich hast du völlig Recht, dass man so ein neues System nicht ohne eine gewaltige Lobby etablieren kann. Darüber mache ich mir auch gar keine Illusionen.
Ebenso richtig ist, dass man sich auch an ein bestehendes System gewöhnen kann. Nachdem ich meine Bastelarbeit beendet hatte und mit einem Akkordeonbauer über die Kosten und technische Machbarkeit eines Umbaus meines B-Griffs gesprochen hatte, habe ich mich tatsächlich auch in demütiger Dankbarkeit mit dem Vorhandenen arrangiert (ich will schließlich nicht zwei Jahre lang sparen und mich dann nochmal komplett neu umgewöhnen).
Mich interessiert aber trotzdem unabhängig von diesen Hindernissen eure Meinung in rein spieltechnischer Hinsicht (Fingersatzkomfort). Denn ich meine nach wie vor, dass diese Tastatur leichter zu bespielen wäre als alle anderen chromatischen.
Wo du gerade etwas von in russischer Manier verschobenen Reihen schreibst: Weißt du zufällig etwas über die hier beschriebene Tastatur, d.h. wer sie wann wo und warum erfunden und gebaut hat? (Bitte dann dort antworten)
https://www.musiker-board.de/vb/akkordeon/223030-ungew-hnliche-knopfgriff-tastatur.html
 
Hallo Walgyst,
erstmal Gratulation!
Du willst etwas ändern und das ist immer ein schwieriger Weg.
Kannst Du uns einfach die Vorteile und auch Nachteile deines Systems erortern?
An einem Beispiel vielleicht – wo es richtig deutlich wird?
Mit freundlichen Grüßen
 
Also, einige Vorteile habe ich ja schon oben beschrieben.
Wie auf B- und C-Griff auch, kann man z.B. ein Stück in jede beliebige Tonart transponieren und dabei das Griffschema beibehalten, wenn man sich auf drei Reihen beschränkt. Eine Reihe ist dabei sogar schon gedoppelt, so dass man da sogar noch den jeweils bequemeren Fingersatz wählen kann (bei 5-reihigen B- und C-Griff-Instrumenten hat man da jeden Ton nur einmal).
Der Ausgangspunkt war für mich die manchmal unbequeme Diagonale von außen nach innen (aufsteigend); auf dem B-Griff sind das Ganztonschritte und auf dem C-Griff Halbtonschritte. Aus dem Grund habe ich die Ganztonschritte vertikal angeordnet, ähnlich also wie beim Pianoakkordeon, nur dass es hier nicht den unlogischen Bruch e-f und h-c gibt.
Ferner habe ich Wert darauf gelegt, dass man jeden Ton bequem mit seinen benachbarten Halbtönen verzieren kann und danach in jede Richtung wieder Finger frei hat, um die Melodie fortzusetzen (ich spiele viel serbische und bulgarische Stücke).
Schau dir mal die Grafik an (Tastatur aus der Spielerperspektive) -
im Folgenden steht die Zahl in Klammern für den Finger und die römische Zahl für die Reihe. Beispiel C-Dur-Tonleiter: c(2)III, d(3)III, e(4)III, f(3)IV, g(5)II, a(3)IV, h(5)II, c(4)III
Ganz ohne Daumen-Untersetzen wie auf dem Piano:)
Oder setz mal den 3. Finger auf das e (Reihe III). Pralltriller oder Vorschlag mit f ist sowohl mit (2)IV als auch mit (4)II möglich. Mordent oder Vorschlag mit dis genauso, je nachdem, was im weiteren Verlauf sinnvoller erscheint. Probier einfach mal ein einfaches Lied in Gedanken mit Hilfe der Grafik aus, da erschließen sich die Möglichkeiten am besten!
Der einzige Nachteil, den ich sehe, ist wie gesagt, dass sich die Intervalle in vertikaler Richtung stärker ausdehnen als beim normalen Knopfgriff (aber immer noch weniger als beim Piano).
Gruß waldgyst
 
...zur Wiederentdeckung der genialen Tastatur, die der ungarische Mathematiker und Pianist Paul von Janko bereits 1883 patentieren ließ.

Trotz ihrer eindeutigen ergonomischen Überlegenheit über die C-Dur-Piano-Klaviatur konnte sie sich beim Klavier hauptsächlich wegen der Immobilität der teuren Instrumte und deren langen Lebensdauer nicht durchsetzen.

Dies ist beim Akkordeon anders. Akkordeonisten spielen ihr eigenes Instrument und sind nicht darauf angewiesen, dass überall Instrumente mit dem selben Tastatur-Standard stehen. Beim Akkordeon können sich neue Standards deshalb viel leichter durchsetzen als beim Klavier. Beim Akkordeon muss sich die Janko-Tastatur jedoch nicht nur mit der deutlich unterlegenen C-Dur-Piano-Klaviatur messen sondern mit der ebenfalls chromatischen Knopfgrifftastatur. Ob da die Vorteile die Nachteile des Systemwechsels überwiegen, kann ich als Nicht-Knopfgriffspieler leider nicht beurteilen.

Bisherige Versuche mit der Janko-Tastatur beim Akkordeon sind offensichtlich im Sande verlaufen. Ich führe dies jedoch nicht auf das Janko-System, sondern auf die von der Piano-Tastatur abgeleiteten unnötig großen Tasten zurück. Mit Knöpfen in üblicher Größe könnte es besser klappen.

Weitere Informationen über die Janko- und andere reformierte Tastaturen habe ich einmal in diesem Beitrag (Nr. 16) im Klavierforum zusammengestellt.

Gruß aus Wien
Roman
 
Wobei an meinem System eben neu ist, dass die Knöpfe in Querrichtung nebeneinander liegen und nicht auf Lücke, wodurch sich auf dem Akkordeon bequem bespielbare horizontale Reihen ergeben [von außen in Balgrichtung aufsteigende Halbtöne in absteigender Fingerfolge, z.B. c(5), cis(4), d(3), dis(2)].
Das würde auf dem Klavier naturgemäß nicht viel Sinn machen, da sich da die Hand der Tastatur in einem anderen Winkel nähert.
 

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