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Garantie weg bei Equipment-Weiterverkauf?

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RalleO
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Hallo,

ich hatte die folgende Frage vor einiger Zeit schon mal in einem anderen Unterforum gestellt, aber keine rechtlich eindeutige Antwort bekommen können. Ich hoffe, es ist ok, wenn ich das Problem jetzt noch einmal hier in die Runde werfe, zumal ich denke, das es viele von uns betreffen könnte.

Also es wird ja beim Anbieten von gebrauchtem Equipment häufig damit geworben, dass noch Restgarantie vorhanden sei und daher die Originalrechnung beim Kauf mitgeliefert werde. Nur ist mir folgendes passiert: Ich habe einen gebrauchten Preamp gekauft, der vom Vorbesitzer vor ca. einem Jahr bei einem der großen Musikalien-Versandhäuser gekauft wurde. Die Rechnung wurde mitgeschickt. Einige Zeit nach dem Kauf traten Probleme bei der Preset-Anwahl auf, meiner Ansicht nach ein Garantie- bzw. Gewährleistungsfall. Ich habe mich also mit dem Versandhaus in Verbindung gesetzt in der Annahme, dass ich einen Reparaturanspruch hätte. Zu meiner großen Überraschung bekam ich dann einen Anruf eines der Mitarbeiter, dass bei Weiterverkauf an Dritte kein Garantie- bzw. Gewährleistungsanspruch mehr bestehe. Der Erstbesitzer hätte das Gerät einschicken können, ich als Zweitbesitzer hingegen müsse die Reparatur in jedem Falle selbst bezahlen, da bei Weiterverkauf auch der Hersteller selbst nicht mehr zahle. Das hat mich nun ziemlich verblüfft. Heißt das konkret, dass man diese allgegenwärtigen Angaben wie "noch 2 Jahre Restgarantie" in den Verkaufsanzeigen bzw. bei ebay getrost ignorieren kann, da man als Zweitbesitzer (usw.) ohnehin keine Ansprüche hat? Ist das im Grunde gar kein Kauf- (und Verkaufs-)argument?

Danke für die Info und Gruß
Ralle
 
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Zu meiner großen Überraschung bekam ich dann einen Anruf eines der Mitarbeiter, dass bei Weiterverkauf an Dritte kein Garantie- bzw. Gewährleistungsanspruch mehr bestehe.

DAs stimmt leider. In der Regel können und dürfen Rechte aus Kaufverträgen nicht weitergegeben werden, also auch evtl. bestehende Gewährleistungs-/Garantieansprüche nicht.

Heißt das konkret, dass man diese allgegenwärtigen Angaben wie "noch 2 Jahre Restgarantie" in den Verkaufsanzeigen bzw. bei ebay getrost ignorieren kann,

Ja, bei Kauf von privat auf jeden Fall. Null und nichtig. (Den meisten kann man da wohl keine böse Absicht unterstellen, sie wissen es einfach nicht besser.)

Beim Kauf eines Gebrauchtgegenstandes von einem Händler ist dieser für 1 Jahr Gewährleistung zuständig. Er darf sich nicht mit einer noch bestehenden "Herstellergarantie" aus der Verantwortung stehlen, da der private Kunde ja kein Anrecht beim Hersteller drauf hat.
 
Das haut mich jetzt wirklich um. Das war für mich bisher immer mit ein entscheidendes Kriterium beim Gebrauchtkauf, ob noch Garantie auf dem Artikel war oder eben nicht. Ich habe meine eigenen Kleinanzeigen-Angebote selbst auch gelegentlich mit solchen Aussagen geschmückt, weil ich natürlich auch davon ausgegangen bin, dass die Garantie sozusagen mit dem Verkaufsgegenstand "mitwandert".
 
DAs stimmt leider. In der Regel können und dürfen Rechte aus Kaufverträgen nicht weitergegeben werden, also auch evtl. bestehende Gewährleistungs-/Garantieansprüche nicht.

Das stimmt so nicht. Bei Gewährleistungsrechten wird allgemein eine "Übertragbarkeit" angenommen. D.h. wer privat kauft, kann die Gewährleistungsrechte gegenüber dem ursprünglichen (!) Verkäufer geltend machen.
Bsp: A kauft bei B, dieser verkauft es an C. Ist die Sache mangelhaft (zum Zeitpunkt des Kaufes von B bei A !!), kann C die Gewährleistungsrechte, die eigentlich B zustehen würden, geltend machen. Das gilt auch, wenn B die eigene Gewährleistung ausgeschlossen hat, da insoweit er seine eigenen Rechte auf Gewährleistung an C "überträgt".

Das mit der Garantie ist Einzelfallabhängig. Die Garantie ist grundsätzlich ein eigenständiger Vertrag (im Gegensatz zur Gewährleistung!), in dem eine Garantieübertragung auf Dritte (den neuen Käufer) ausgeschlossen sein kann. Dann nützt also die Rechnung nix mehr. Allerdings muss dieser Ausschluss explizit in den Garantiebestimmungen des Herstellers/Verkäufers drinstehen.
Praktisch wird allerdings meist auf Garantie repariert, wenn man die rechnung vorlegen kann.
 
Bsp: A kauft bei B, dieser verkauft es an C. Ist die Sache mangelhaft (zum Zeitpunkt des Kaufes von B bei A !!), kann C die Gewährleistungsrechte, die eigentlich B zustehen würden, geltend machen. Das gilt auch, wenn B die eigene Gewährleistung ausgeschlossen hat, da insoweit er seine eigenen Rechte auf Gewährleistung an C "überträgt".

Es gibt da in der Tat wohl unterschiedliche Auffassungen. Aber das ist ja nur die Spitze des steilen Eisbergs.

Das mit der Garantie ist Einzelfallabhängig. Die Garantie ist grundsätzlich ein eigenständiger Vertrag (im Gegensatz zur Gewährleistung!), in dem eine Garantieübertragung auf Dritte (den neuen Käufer) ausgeschlossen sein kann.

vgl. §10, Ende 2. Absatz hier:

http://www.musik-service.de/agb-inf1003de.aspx

Einige (mögliche) Probleme dieser Materie:

# Der Privatverkäufer schreibt aus Unwissenheit "Garantie", meint aber Gewährleistung.

# Der "Kunde" des Privatverkäufers müsste anhand der mitgelieferten O-Rechnung in den AGB beim Erstverkäufer prüfen, ob es A) freiwillige Garantie oder gesetzliche Gewährleistung ist und B) ob der Garantieübergang an Zweitbesitzer ausgeschlossen wird oder nicht. (siehe MS-Link).

# Ob ein Schaden nach dem Zweitkauf überhaupt ein Gewährleistungsschaden ist (= Material- oder Herstellungsmangel bestand schon beim Kauf) oder nicht, muss zudem geklärt werden. DAs ist ja bereits als Erstkäufer oft nicht ganz unproblematisch, geschweige denn als Zweit- oder gar Drittbesitzer.

# Die Reichweite der gesetzl. Gewährleistung sind den meisten ohnehin schon unbekannt. NAchweisfristen Händler/ Kunde über Mängelfreiheit bei Lieferung: DAs GEsetz "vermutet" generell zugunsten des Käufesr, dass die Ware schon beim Verkauf fehlerhaft war, wenn ein Mangel in den ersten 6 Monaten auftritt. Ausnahme hiervon ist, dass diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Vom 7.-24. Monat liegt die Beweislast beim Käufer.

Man sollte sich da also nicht in Sicherheit wiegen, denn "Garantie" habe ich selbst als Erstkäufer ja überhaupt nur dann, wenn sie zusätzlich vom Händler gewährt wurde.

Tipp für private Verkäufer: Ich erwähne "Garantie" oder "Gewährleistung" nicht extra und vermeide damit aktive Beteiligung an jeglicher Rechtsunsicherheit. Ich gebe z.B. an: "Kaufdatum XXX, Original-Rechnung wird als Altersbeweis mitgeliefert." (Oder Kopie davon, falls die O-RG. für mich steuerlich von BElang ist). Damit weckt man keine Erwartungen und vermeidet Missverständnisse.


Unterschiede Garantie/Gewährleistung:

http://www.ra-kotz.de/garantie.htm

http://www.ra-kotz.de/schuldrechtsmodernisierung.htm
 
Es gibt da in der Tat wohl unterschiedliche Auffassungen. Aber das ist ja nur die Spitze des steilen Eisbergs.

Bzgl. der Übertragung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte eigentlich nicht. Jedenfalls wenn der Zwischenverkäufer die eigene (!) Gewährleistung ausgeschlossen hat, ist afaik mittlerweile sogar die Pflicht anerkannt, die Gewährleistungsansprüche gegen den ersten Verkäufer zu übertragen.
Dies geschieht allerding "stillschweigend", eine ausdrückliche Vereinbarung o.ä. bedarf es insoweit nicht. Man macht das quasi, ohne es zu merken oder zu wissen.

Mit dem Rest hast du natürlich Recht. Im Allgemeinen wissen die Leute ohnehin schon nicht, wo die Unterschiede von Garantie und Gewährleistung liegen. Die weiteren praktischen Probleme (Beweislast, Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang) kommen noch dazu.

Im Ergebnis ist man nur dann auf der sicheren Seite, wenn der Mangel ein Herstellungsfehler ist. Ich hab meinen Zenamp z.B. gebraucht gekauft und eine LED war defekt. Das war ein bei HK bekannter Produktionsfehler. Ich konnte demnach die Gewährleistungsansprüche (auf Nachbesserung, sprich Reparatur) trotz Privatkauf geltend machen (s.o.), da klar war, dass der Fehler bereits bei Übergabe der Sache vom Erstverkäufer an denjenigen, der mir den Amp verkaufte vorlag.

Allerdings ist es eben auch so, dass viele Händler auf "Garantie" reparieren, wenn man die Rechnung vorlegt. Darauf besteht dann meist kein Anspruch (so z.B. bei Musik-Service, siehe AGB), aber die machens halt auf Kulanz.

Völlig wertlos ist die Rechnung also nicht. Zum einen dokumentiert sie (wie bei mir) dass bestehende Gewährleistungsanprüche noch nicht "verjährt" sind, zum anderern hat man die Chance auf Kulanz.
 
Kann das jemand mal in einen Tipp/Workshop für nicht juristisch ausgebildete Leute zusammen fassen? Wäre toll.

Ich persönlich halte das Thema für sehr wichtig und fände es klasse, mehr Klarheit für den "Normalverbraucher/verkäufer" reinzubringen.

Ich selbst bin gescheitert, dass in einem Nicht-Jusiten-Deutsch zu forumlieren - bzw. meine Testpersonen haben es nicht verstanden.:redface:


Topo :cool:
 
Falls ich es die nächste Woche noch schaffe, werd ich mich mal dran versuchen. Es ist tatsächlich gar nicht mehr so schwer, wenn man es mal verstanden hat. Aber das Ganze juristischen Laien nachezubringen ist recht schwierig. Mal sehen...
 
Moin,

na da habt Ihr ja wieder ein Faß aufgemacht. Das mit dem Kaufrecht-Workshop ist schon heavy, wenn es nicht "auf Deutsch" sein muss. However, ich find´s gut. Bin gespannt.

Zu der Frage mit der Käuferkette: Wenn der Erstkäufer einen Kaufgegenstand an einen Zweitkäufer veräußert, dann erstreckt sich der Kauf grds. nur auf die Sache (zB Verstärker), nicht auf irgendwelche Rechte, die dem Erstkäufer gegen den Verkäufer zustanden. Das heißt, der Zweitkäufer hat eine Sache gekauft, keine zusätzlichen Rechte. (Gewährleistungs-) Rechte müssten ausdrücklich übertragen werden. Es gibt zwar eine Entscheidung des BGH (20.12.96, NJW 97, 652), in der die Übertragung von Gewährleistungsrechten durch Auslegung des Kaufvertrages (quasi als stillschweigend) angenommen wurde; das lag aber an den besonderheiten des Einzelfalls, bei dem deutlich war, dass die Parteien das wirklich gewollt, aber übersehen hatten. Wenn nun aber der Erstkäufer die Gewährleistung mit dem Zeitkäufer (von privat zu privat) wirksam ausschließt und nichts an Rechten überträgt, dann kann das im Fall eines "gewöhnlichen Mangels" (das sog. allgemeine Mängelrisiko) nicht mehr durch Auslegung repariert werden, der Zweitkäufer hat keine Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer (vgl. BGH vom 13.02.04, V ZR 225/03). Für alle, die es näher interessiert: Auch mit der Drittschadensliquidation kommt man hier nicht weiter, weil das Auseinanderfallen von Anspruch (der Erstkäufer) und Schaden (der Zweikäufer) nicht "zufällig" war, was aber Voraussetzung für die DSL wäre.

Noch ein Wort zum "Kassenbeleg": Man sollte im Hinterkopf behalten, dass dieser Kassenzettel die Gewährleistungsabwicklung in der Praxis zwar wirklich erleichtert, dass aber rechtlich gesehen die Gewährleistung auch ohne Kassenzettel beansprucht werden kann. Ein Kassenbeleg ist im Gewährleistungsrecht nirgendwo vorgeschrieben. Rechtlich gesehen stellt der Kassenzettel nur eines von vielen denkbaren Beweismitteln dar um zu beweisen, dass man auch wirklich das jeweilige Produkt bei dem jeweiligen Verkäufer zu einem bestimmten Zeitpunkt gekauft hat. Hier könnte aber genauso gut ein Zeuge diesen Beweis erbringen.

Grüße

Edit: Das mit der "Garantie" ist natürlich etwas ganz anderes, ein eigener Vertrag. Das wurde ja bereits oben erklärt. Da kann der Garantiegeber vertraglich sehr viel regeln, auch per AGB. Ich würde mich immer auf die - gesetzliche - Gewährleistung konzentrieren, da weiss ich, was ich habe. Nur wenn die nicht hält, würde ich die Garantie aufkochen.
 
So, ich versuch mal einen kurzen Überblick zu geben (wer schon mal ein juristisches „Kurz“-Lehrbuch gesehen hat, versteht vielleicht warum ein „Überblick" so viel zu lesen sein kann ;-)).

Der Beitrag richtet sich an juristische Laien. Es ist nicht ganz einfach, aber ich hoffe man versteht es ungefähr. Wer etwas nicht versteht, oder genauer erläutert haben möchte, einfach melden!


I. Ausgangsfall und Allgemeines zum Kaufrecht

Als Ausgangsfall nehmen wir einmal folgendes an:

A kauft bei einem großen Musikhändler (M) einen neuen Amp. Der M gibt auf den Amp 3 Jahre „Garantie“. Nach ein paar Monaten (siehe Abwandlungen unten) gefällt A der Amp nicht mehr. Er verkauft ihn weiter an B. Dabei schließt er die Gewährleistung wirksam aus.
[kurze Anmerkung: das ist u.U. gar nicht so einfach, aber um es nicht ausarten zu lassen sei hier angenommen, dass der Ausschluss wirksam ist] A gibt dem B die Rechnung mit, aus der hervorgeht, dass A den Amp bei M gekauft hat. Er weist B ausdrücklich darauf hin, dass auf dem Amp noch „Garantie“ bei M sei. Es kommt wie es kommen muss, der Amp geht nach ein paar Wochen bei B einfach nicht mehr an.

Der Fall dürfte jedem von uns recht bekannt vorkommen. Ständig liest man die Angebot mit „Restgarantie“, „Rechnung wird mitgeliefert“ usw.
Was uns jetzt hier interessiert, ist die Frage, ob B überhaupt irgendwelche Recht hat, die ihm dazu verhelfen, dass sein Amp wieder repariert wird.

Bevor ich hier einsteige, ist es unbedingt nötig, ein paar „Basics“ im Kaufrecht zu vermitteln.

Essentiell ist es, die beiden Begriffe Garantie und Gewährleistung auseinander zu halten. Beides wird oft vermischt und es gibt viele Fehlvorstellungen und Rechtsirrtümer, die kaum auszumerzen sind. Was verbirgt sich jetzt dahinter?

1. Die Gewährleistung
Die Gewährleistung ist ein im BGB geregeltes Institut (§§ 437 ff. BGB). Grob gesagt, geht es um die Rechte des Käufers, wenn der Kaufgegenstand einen Mangel aufweist. Was unter einem Mangel zu verstehen ist, regeln die §§ 434, 435 BGB. Grundsätzlich liegt ein Mangel vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Sache von der vereinbarten (oder üblichen) Beschaffenheit negativ abweicht. Klingt kompliziert, ist es manchmal auch. Hier soll es uns nur soweit interessieren, als ein Amp, der nicht mehr angeht, einen solchen Mangel aufweist.
Die eigentliche Überraschung für viele Laien ist aber die Tatsache, dass die Gewährleistung nur zu dem Zeitpunkt greift, wenn der Kaufgegenstand übergeben wird. Das bedeutet, dass die Gewährleistung nur anwendbar ist, wenn zum Zeitpunkt der Übergabe der Kaufgegenstand schon defekt war! Geht dieser später kaputt, hat der Käufer Pech gehabt.
Dies lässt sich eigentlich recht gut nachvollziehen: der Verkäufer kann ja nichts dafür, wenn der Gegenstand später das zeitliche segnet. Das ist das Problem des Käufers!
Verwirrung stiftet dann meist, dass es „2 Jahre Gewährleistung“ gäbe und die Beweislastumkehr bei gewerblichen Verkäufern. Wenn man bedenkt, dass die Gewährleistung ja den Käufer nur vor Mängeln im Zeitpunkt der Übergabe schützen soll, ist es wirklich schwierig nachzuvollziehen, was es mit den „2 Jahren Gewährleistung“ auf sich hat. Die 2 Jahre sind quasi nur eine Art „Verjährung“. Das bedeutet, dass der Käufer innerhalb von 2 Jahren Ansprüche auf Gewährleistung wegen eines Mangels zum Zeitpunkt der Übergabe (!) geltend machen kann. Manche Mängel sind eben bereits bei Übergabe vorhanden, stellen sich aber erst einige Zeit später heraus (z.B. kann ein Ausgang des Amps schon bei Übergabe defekt gewesen sein, man merkt das aber erst nach einem Jahr, weil man den Ausgang nie benutzt hat).
Das Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt der Übergabe hat grundsätzlich der Käufer im Prozess zu beweisen. Er muss also nachweisen, dass der Amp schon bei Übergabe defekt war.
Bei gewerblichen Verkäufern kommt dem Käufer die Hilfe des § 476 BGB zu gute. Danach wird vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe zeigt, bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat. Auch das lässt sich gut nachvollziehen: geht die Sache innerhalb von 6 Monaten kaputt, wird wohl schon beim Kauf etwas mit dem Gerät nicht gestimmt haben, so kann z.B. eine Lötstelle nicht sauber gewesen sein, die dann innerhalb von 6 Monaten den Amp lahm legt.

In Kurzfassung: die Gewährleistung deckt nur Mängel ab, die bei Übergabe der Sache schon vorhanden waren. Geht der Amp später z.B. wegen Verschleiß kaputt, bestehen keine Ansprüche aus Gewährleistung!

2. Die Garantie
Diese Situation ist natürlich unbefriedigend. Für Händler, die Neuware verkaufen ist daher die Übernahme einer Garantie interessant. Hier soll nur der Fall einer sogen. „Haltbarkeitsgarantie“ betrachtet werden. Konkret bedeutet das, dass der Händler für die Dauer der Garantiezeit (z.B. 3 Jahre) dafür gerade steht, dass der Kaufgegenstand nicht kaputt geht.
Diese Garantie ist freiwillig! Sie ist nicht gesetzlich vorgeschrieben (im Gegensatz zur Gewährleistung), sondern ist ein eigener Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer. Insoweit sind den genauen Bedingungen der Garantie auch wenig Grenzen gesetzt. Überspitzt gesagt, kann der Verkäufer auch reinschreiben, dass es nach 3 Tagen Sonnenschein keine Garantie mehr gibt.

Konkret: Geht der An/Aus – Schalter des Amps nach einem Jahr kaputt, ist das ein Fall für die Garantie. Der Verkäufer garantiert ja gerade, dass der Schalter eine normale Benutzung über 3 Jahre aushält. Nur wenn der Schalter schon bei Übergabe des Amps defekt war, greift (auch) Gewährleistung.


II. Anwendung auf die „Verkäuferkette“

Wendet man diese Grundsätze nun auf unseren Ausgangsfall an, kommt folgendes heraus:
Der Kaufvertrag besteht zunächst zwischen B und A. B muss sich also (zunächst) an A halten.

1. Ansprüche gegen A
Der Anspruch aus Gewährleistung besteht nicht, weil A diese gegenüber B wirksam ausgeschlossen hat.
Eine (eigene) Garantie hat A gegenüber B auch nicht übernommen. Dies hätte ausdrücklich geschehen müssen.
Bei A ist also für B nichts zu holen.

2. Ansprüche gegen M?

Die eigentliche Frage ist nun, ob B sich nicht direkt an M wenden kann. Eigene Ansprüche aus Gewährleistung oder Garantie hat B gegen M nicht, weil beide ja keinen Kaufvertrag geschlossen haben. Sie haben eigentlich nichts miteinander zu tun!

Allerdings hat A Ansprüche gegen M. Und zwar aus Gewährleistung (wir gehen davon aus, dass der Mangel schon bei Übergabe von M an A „angelegt“ war, also der Schalter schon einen unbemerkten „Knacks“ hatte) und aus der von M übernommenen Garantie.
Es stellt sich die Frage, ob B nicht die Ansprüche des A gegenüber M geltend machen kann.

a) Garantie
Eigentlich kann A dem B problemlos den Anspruch gegen M aus der Garantie abtreten. Durch die Übersendung der Rechnung und der Erklärung, dass „noch Garantie drauf ist“, kann man davon ausgehen, dass A dies auch getan hat.
Damit stünde B ein Anspruch auf Reparatur des Amps gegenüber M zu. Allerdings muss man sich jetzt an den Abschnitt über die Garantie oben erinnern: M kann in die Garantiebestimmungen reinschreiben „was er will“. Und tatsächlich findet sich meist ein Ausschluss der Abtretbarkeit in den AGB. Das bedeutet, dass die Garantie dann nicht übertragbar ist. B hat also keinen Anspruch aus Garantie gegen M!
Das ist eigentlich auch nachvollziehbar: die Übernahme der Garantie soll ja ein Grund sein, beim Händler Neuware zu kaufen. Dieser hat keinerlei Interesse daran, Geräte reparieren zu müssen, die nicht bei ihm gekauft wurden. Im Übrigen soll sich natürlich der Privatkauf aus Händlersicht „nicht noch lohnen“.

b) Gewährleistung
Das eben Gesagt passt hier nicht: da die Gewährleistung ein gesetzliches Recht ist, kann M nicht verhindern, dass Ansprüche hieraus abgetreten werden.
A kann seine Ansprüche gegen M also an B abtreten („übertragen“). Ob er dies getan hat, kommt auf den Einzelfall an.
Im Ausgangsfall würde ich das grundsätzlich bejahen. Man kann in dem Übersenden der Rechnung und der laienhaften Erklärung „da ist noch Garantie drauf“ durchaus schließen, dass A auch die Gewährleistungsansprüche an B „übertragen“ hat.

Für alle die jetzt ausgestiegen sind: A hat wegen des Defektes Anspruch auf Reparatur des Amps bei M. Diesen Anspruch hat er auf B übertragen. B kann also von M Reparatur des Amps verlangen.

Soweit die Theorie. Schwierig wird die praktische Seite. Wie bereits gesagt, muss derjenige, der die Gewährleistung geltend macht, beweisen, dass der Gegenstand zum Zeitpunkt der Übergabe bereits einen Defekt hatte.
In unserem Fall müsste demnach B nachweisen, dass der Schalter zum Zeitpunkt der Übergabe von M an A (!!!) bereits einen „Knacks“ hatte und nicht später durch Verschleiß kaputt ging. Das dürfte sehr schwierig werden.

Entscheidend ist hier die zeitliche Komponente:
a) Kauf A bei M und Verkauf an B sowie der Defekt des Amps liegen innerhalb von 6 Monaten: hier hat B Glück, da ihm § 476 BGB zu Hilfe kommt (s.o.), der die Beweislast umkehrt. M muss nun beweisen, dass der Schalter bei der Übergabe an A (!!) in Ordnung war. Dürfte auch schwierig werden.

b) Zeigt sich der Defekt erst, nachdem mehr als 2 Jahre seit Übergabe M an A (!!) vergangen sind, hat B ebenfalls Pech gehabt, die Gewährleistung ist „abgelaufen“. Das gilt auch wenn er den Amp selbst gerade erst bei A gekauft hat. Entscheidend ist das Verhältnis A und M, da B die Ansprüche des A geltend macht!


Ergebnis:

– Eine Garantie ist meist nicht übertragbar. Es nutzt B also nichts, dass A bei M noch Garantie „auf dem Amp hätte“.

– Die Gewährleistung nutzt B nur etwas, wenn seit dem Kauf von A bei M noch keine 2 Jahre vergangen sind. Weiterhin bringt sie nur was, wenn B entweder
a) beweisen kann, dass die Sache schon bei Übergabe von M an A defekt war, oder
b) seit Übergabe M an A noch keine 6 Monate vergangen sind

Um mal ein konkretes Beispiel zu liefern, wie das funktionieren kann:
Ich habe meinen Zenamp gebraucht gekauft. Er hatte eine defekte LED. Der Erstkäufer hatte den Amp vor 8 Monaten gekauft. Ich hätte in einem Prozess beweisen müssen, dass die LED schon von Anfang an defekt war. Das war bei mir aber kein Problem: es war ein bei HK bekannter Produktionsfehler. Damit war klar, dass der Amp schon „defekt“ die Fabrik verlassen hatte und daher auch schon „defekt“ an den Erstkäufer übergeben wurde.
Ich habe den Amp also kostenlos repariert bekommen (allerdings von HK selbst und wohl eher aus Kulanz denn aus rechtlichen Gesichtspunkten).


Noch größere Probleme tauchen dann auf, wenn A die eigenen Ansprüche gegen M nicht auf B übertragen will. Dann stellt sich die Frage, ob B den A dazu zwingen kann, ob er also einen Anspruch auf die Übertragung hat.
Das ist juristisch höchst umstritten. Der BGH hat dies in einigen Entscheidungen bei Grundstücken verneint. Ob die auf andere Fälle und auf die Schuldrechtsmodernisierung übertragbar ist, ist zweifelhaft. Es gibt jedenfalls viele Stimmen in der Literatur, die einen solchen Anspruch bejahen, wobei da auch im Einzelnen einiges umstritten ist (z.B. Rechtsgrundlage §242 oder §285? usw.).
Jedenfalls ist man dann auf ganz dünnem Eis!


Im Ergebnis ist das Mitschicken der Rechnung zwecks „Garantie“ also praktisch bedeutungslos, da die Garantie nicht übertragbar ist und die Gewährleistung schwierig durchzusetzen sein wird, falls sie überhaupt eingreift (was ohnehin recht selten der Fall sein wird!).
 
also en kumpel von mir hat bei thomann etwas das er über mich bestellt hatte garantiemäßig eingesendet, war überhaupt kein problem.. außerdem mal davon abgesehen kann man mit den verkäufern ja klarmachen, dass man die artikel auf deren namen einschickt, aber als adresse einfach seine eigene angibt, das sollte in den meisten fällen funktionieren, kommt natürlich auch immer etwas auf den laden an.. zur not wie gesagt mit dem ursprünglichen verkäufer bisl was abklären. zum glück sind die meisten leute, also musiker, ja ehrliche knochen :)
 
Im Ergebnis ist das Mitschicken der Rechnung zwecks „Garantie“ also praktisch bedeutungslos, da die Garantie nicht übertragbar ist und die Gewährleistung schwierig durchzusetzen sein wird, falls sie überhaupt eingreift (was ohnehin recht selten der Fall sein wird!).

Sehr schön zusammengefasst! Das sollte man so vielleicht mal in Sticky-Form als Warnung/Info im Board-Flohmarkt veröffentlichen. Dort wimmelt es ja nur so von "Restgarantie"-Verkaufsargumenten.
 
@rfc:

Gute Zusammenfassung, richtig der Hinweis auf die Mängelzeitpunkte.

Grüße
 
Diese Garantie ist freiwillig! Sie ist nicht gesetzlich vorgeschrieben (im Gegensatz zur Gewährleistung), sondern ist ein eigener Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer. Insoweit sind den genauen Bedingungen der Garantie auch wenig Grenzen gesetzt. Überspitzt gesagt, kann der Verkäufer auch reinschreiben, dass es nach 3 Tagen Sonnenschein keine Garantie mehr gibt.

Das ist so nicht ganz korrekt. Die Garantie setzt überhaupt kein Vertragsverhältnis voraus. Sie ist eine einseitige Erklärung des Herstellers gegenüber dem Endverbraucher. So viel ich weiss lassen eigentlich nur Automobilhersteller eine Übertragung der Garantie zu. Zwischen Hersteller und Endverbraucher kommt ja in aller Regel kein Vertrag zustande.

Nur mal so der Vollständigkeit halber da wir hier schon juristisch klugsch***
 
Wie ist es eigentlich, wenn ich als privater Verkäufer einer gebrauchten Sache dem Käufer gegenüber erkläre, dass ich ihm garantiere, dass der von ihm erworbene Gegenstand bei Übergabe in einem voll funktionstüchtigen Zustand ist? Ist das dann quasi auch eine Garantie oder eine Gewährleistung oder wirkungslos oder wieder ganz etwas anderes?
 
@ralleO:

M. E. wäre das eine Garantie im Sinne von § 276 I BGB, eine Eigenschaftschaftszusicherung. Das ist etwas anderes als die oben dargestellte Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie nach § 443 BGB. Leztere stellt eine eigene Anspruchsgrundlage für Ansprüche dar, die Eigenschaftszusicherung bewirkt dagegen, dass die gesetzliche Gewährleistungshaftung schärfer ist, nämlich dass es insoweit nicht mehr auf ein "Vertretenmüssen" (Verschulden) für das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft ankommt.

Eine Haltbarkeitsgarantie liegt deshalb nicht vor, weil in dem Beispiel nicht ausgedrückt wäre, für welchen Zeitraum eine Sachmängelfreiheit garantiert werden soll. Gegen eine Beschaffenheitsgarantie spricht, dass keine Beschaffenheit garantiert wird, die nicht ohnehin geschuldet ist (funktionstüchtig). Außerdem würden viele klärungsbedürftige Punkte einer Beschaffenheitsgarantie ungeklärt bleiben.

Daher also nur Eigenschaftszusicherung nach § 276 I BGB. Auf fehlendes Verschulden könntest Du Dich also keinesfalls "rausreden", wenn das gebrauchte Stück doch nicht so funktionstüchtig bei Übergabe war.

Grüße
 

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