Harmonische Analyse für Al Jarreau Stück

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Hallo Freunde,

ich frage mich, in welchem harmonischen Kontext die ersten vier Akkorde des zweiten Stückes "I will be here for you" auf der Platte "Jarreau" von 1993 stehen.

Da der Song urheberrechtlich geschützt ist, bitte ich, die eigene Plattensammlung zu bemühen, da ich ihn nicht irgendwo raufstellen kann.

Das Stück steht in F-Dur/D-Moll. Ist der erste Akkord als Septakkord anzusehen, oder ist er eine Tritonussubstitution der Dominante der Moll-Tonika (Eb7/9/#11/13)?

Was ist mit dem zweiten Akkord, dem - finde ich - interessantesten?
Ist er eine Variante von D-Moll (dann wäre er eher ein Sus, weil die Terz fehlt) oder die Doppeldominante zu F, also eine Art G-Dur (9/11 mit Terz!)?

Akkord 3 (g-moll7/9) und 4 (Bbj7) dürften wohl weniger Schwierigkeiten machen?

Bin wirklich gespannt auf eure Ergebnisse!
 
Eigenschaft
 
Hallo PVaults,

es klingt wirklich interessant.

Beim ersten Hören empfinde ich ich g als Zentrum (zumindest pegelt es sich dort ein), ist ja auch nicht nichts zu hören, was hier schon auf F-Dur/D-moll weisen würde.
Den zweiten Akkord höre ich als Gadd11, weil der Baßton d sehr hoch gepielt wird. Erst wenn der Baß einsetzt, wirkt der Akkord etwas dominantischer.


Die selben vier Akkorde werden gegen Ende des Stücks noch mal gespielt. Jetzt habe ich aber D-moll im Ohr:

Ref:
||: Dm7 . . . | A7 . . . | Bbmaj7 . . . | Gm7 . A7 . :||
| Dm7 . . . | A7 . . . | Bbmaj7 . . . | Gm7 . C7sus . |

| Ebmaj7 . . .​
Hier klingt Ebmaj7 wie ein Vorhalt. Der Akkord stimmt bis auf den Baßton mit dem C7sus davor überein. Er wirkt auch wie der C7sus subdominantisch. Meine Auflösungserwartung ist an der Stelle F.

Mit dem nachfolgenden Akkord wird mein Grundtongefühl etwas etwas verunsichert. Je häufiger ich diese Stelle allein durchspiele umso mehr empfinde ich hier Gm7 als Ziel, als neues Zentrum. Höre ich mir den ganzen Song am Stück an, empfinde ich Gm7 immer noch als II von F-Dur.

Den zweiten Akkord empfinde ich auch änlich wie du. Der Akkord ist wie eine Mischung aus D7sus und Gadd11. Die Auflösung nach Gm7 klingt schlüssig, egal als was man diesen Akkord nimmt. Das b (=h) in diesem Akkord bewegt sich leittonmäßig in die Mollterz bb von Gm7. Und der Baß bewegt sich gleichzeitig im Quintfall. Insgesamt klingt es um einiges interessanter als ein einfacher D7sus oder Dm7

Elegant finde ich auch den Übergang zum letzten Refrain. Aus Bbmaj7 wird ein Bb7#9b13 und aus Ebmaj7 wird Ebm7
Im Prinzip wird durch die 4 Akkorde die halbtönige Transponierung des letzten Refrains etwas verschleiert. :)

Gruß


p.s. Ich habe das Intro mal rausgeschrieben, falls jemand wissen will, wie es klingt. Ich hoffe es stimmt ungefähr.
 

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Beim ersten Hören empfinde ich ich g als Zentrum (zumindest pegelt es sich dort ein), ist ja auch nicht nichts zu hören, was hier schon auf F-Dur/D-moll weisen würde.
Den zweiten Akkord höre ich als Gadd11, weil der Baßton d sehr hoch gepielt wird. Erst wenn der Baß einsetzt, wirkt der Akkord etwas dominantischer.

Genau das ist das Problem. Dazu verwenden die dort verschiedene Voicings, sogar im Intro, wenn man mal genau hinhört, denn manchmal spielen sie ein Dm7/9/11/13/15 ohne Terz - ja, ich erwähne die 15 mit Absicht. Dort ist er dann wirklich ein Sus-Akkord, als geschlechtslose Dominante zum nachfolgenden G-Moll7/9 (hier fehlt dir das C in der rechten Hand - im Blockakkord ;) ).
Die Variante mit Gadd11 (und add2, ohne 7) mit D im Bass wäre ja die Doppeldominante zu F, er wirkt für mich dann wie ein Quartsextakkord, seltsam, seltsam...

Die selben vier Akkorde werden gegen Ende des Stücks noch mal gespielt. Jetzt habe ich aber D-moll im Ohr:

Ref:
||: Dm7 . . . | A7 . . . | Bbmaj7 . . . | Gm7 . A7 . :||
| Dm7 . . . | A7 . . . | Bbmaj7 . . . | Gm7 . C7sus . |

| Ebmaj7 . . .​
Hier klingt Ebmaj7 wie ein Vorhalt. Der Akkord stimmt bis auf den Baßton mit dem C7sus davor überein. Er wirkt auch wie der C7sus subdominantisch. Meine Auflösungserwartung ist an der Stelle F.

Ebj7 sehe ich als Tritonussubstitution von A7, also der Dominante von D-Moll, und der Quintfall wäre klar. (C7 liegt übrigens auch auf der "Reihe"... ;) )

Was sagst du?

Mit dem nachfolgenden Akkord wird mein Grundtongefühl etwas etwas verunsichert. Je häufiger ich diese Stelle allein durchspiele umso mehr empfinde ich hier Gm7 als Ziel, als neues Zentrum. Höre ich mir den ganzen Song am Stück an, empfinde ich Gm7 immer noch als II von F-Dur.

Oder als Subdominante von D-Moll...
Was auch auffällt, daß die "klassische" (Pop-)Form vertauscht ist:
Der Vers in Dur, der Refrain in Parallel-Moll.

Den zweiten Akkord empfinde ich auch änlich wie du. Der Akkord ist wie eine Mischung aus D7sus und Gadd11. Die Auflösung nach Gm7 klingt schlüssig, egal als was man diesen Akkord nimmt. Das b (=h) in diesem Akkord bewegt sich leittonmäßig in die Mollterz bb von Gm7. Und der Baß bewegt sich gleichzeitig im Quintfall. Insgesamt klingt es um einiges interessanter als ein einfacher D7sus oder Dm7

Jaaaaa, so geht es mir auch.

Elegant finde ich auch den Übergang zum letzten Refrain. Aus Bbmaj7 wird ein Bb7#9b13 und aus Ebmaj7 wird Ebm7
Im Prinzip wird durch die 4 Akkorde die halbtönige Transponierung des letzten Refrains etwas verschleiert.

Ein Supertrick. Den muß man sich merken, besonders mit der Stimmführung.

p.s. Ich habe das Intro mal rausgeschrieben, falls jemand wissen will, wie es klingt. Ich hoffe es stimmt ungefähr.

Im ersten Akkord fehlt noch ein Bb in der rechten Hand, ggf. kannst du das G in der linken Hand einen Ton tiefer legen und das G sowie die anderen Töne des Akkordblocks mit der rechten Hand spielen. Erfordert etwas Akrobatik, wenn man das ohne Pedal spielen will.

PS: Du bist aber recht schnell im Heraushören... - niiicht schlecht! Vielen Dank auch für die Arbeit. Ein oder zwei Stücke später ist auch noch so ´ne Nummer auf der Scheibe, die harmonisch richtig abgefahren ist...
Und an der Ballade am Ende der Platte kannst du dir mit Analysen die Zähne ausbeißen, die ist mal echt heftig...
Steely Dan gibt da diesbezüglich auch einige Rätsel auf. Und Anita Baker mit ihren Übergängen, hehehehe...
 
Vielleicht sollten wir die harmonik in der musik nicht überbetonen, verschiedene instrumente haben verschiedene spielweisen und erzeugen verschiedene denkweisen. Heute ist die gitarristenmentalität weit verbreitet, für die die welt nur aus akkorden und griffen besteht, ein klavierspieler sieht das ganz anders, er hat einige saiten mehr zur verfügung und benutzt sie auch freizügiger, von den "melodikern" ganz abgesehen, die einen ganz anderen standpunkt haben.
Was die oft komplizierte bezifferung angeht, da handelt es sich meist um zwei verschiedene, simultan erklingende akkorde, im ersten takt des Intros spielt die linke hand "Es-Dur", die rechte "F-Dur", ganz einfach ein fall von bi-tonalität. Nicht-gitarristen, diese schlingel, trennen sich seit einiger zeit sogar manchmal ganz von erkennbarer tonalität, da hört jede bezifferbarkeit auf oder würde so unübersichtlich, dass keiner sie mehr lesen kann, und warum überhaupt? Bezifferungen sind seit dem generalbass nichts anderes als kürzel, um sich das notenschreiben zu ersparen; wenn ich einen satz ausschreibe, brauche ich sie nicht.
Und für die jazz-harmoniker: ich habe 2 jahre lang unfreiwillig in engem kontakt mit Afro-amerikanern gelebt, keiner von den blendenden improvisatoren hatte auch nur die geringste ahnung von europäischer harmonielehre, hätte ich da von "sus 4" und "Gadd 11" gesprochen, was mir damals auch unbekannt war, hätte man mich angesehen wie ein weltwunder, aber die jungs machten prächtige, lebendige musik. Sie benutzten die ihnen zur verfügung stehenden mittel auf ihre weise, woraus man später theoretische grundlagen ableitete, die rache des weißen mannes, der natürlich am kommerziellen erfolg der "schwarzen musik" teilhaben wollte. Mit Swing und Big band kamen auch die bezifferungen auf, mit der gitarrenkultur wurde die dem instrument gerechte tabulatur wieder entdeckt.
Ich bin der letzte, der nicht-wissen und -können befürwortet, aber auf manchen teilgebieten kann man auch übertreiben.
 
Günter Sch.;2969126 schrieb:
Vielleicht sollten wir die harmonik in der musik nicht überbetonen, verschiedene instrumente haben verschiedene spielweisen und erzeugen verschiedene denkweisen. Heute ist die gitarristenmentalität weit verbreitet, für die die welt nur aus akkorden und griffen besteht, ein klavierspieler sieht das ganz anders, er hat einige saiten mehr zur verfügung und benutzt sie auch freizügiger, von den "melodikern" ganz abgesehen, die einen ganz anderen standpunkt haben.
Was die oft komplizierte bezifferung angeht, da handelt es sich meist um zwei verschiedene, simultan erklingende akkorde, im ersten takt des Intros spielt die linke hand "Es-Dur", die rechte "F-Dur", ganz einfach ein fall von bi-tonalität.

Die Tatsache, daß der erste Akkord als Kombination von Eb und F-Dur aufgefasst werden kann, ist mir (und ich denke auch MaBa) voll und ganz bewußt, überaus sogar. Doch:

Paul Hindemith befaßt sich in seinem Werk "Unterweisung im Tonsatz" mit dem Begriff der "Bi- bzw. Polytonalität". Er kommt zu dem Schlß, daß es diese Form der Tonalität nicht geben kann, weil kein Mensch zwei Bass- bzw. Grundtöne in dieser Form von Akkorden hört. Ich bin der gleichen Meinung, ich sehe Bitonalität als eine Satzform, nicht als zwei getrennte Akkorde. Zumal diese Bitonalität hier höchstens über eine Folge von zwei Akkorden geht, nicht jedoch konsequent durchgeführt wird.

Jeder Akkord mit mehr als drei Tönen kann bitonal erscheinen. Hier einige Beispiele, mit dem Satz spiele man selbst etwas herum:

Cj7 = C-E-G-H => C-Dur + E-Moll
C7/9 = C-E-G-Bb-D => C-Dur + G-Moll, den verminderten Akkord nicht eingerechnet.
C7/9/11, (ohne 3) = C-G-Bb-D-F => Csus4 + Bb-Dur, G-Moll ist ebenso enthalten.

Die komplizierte Schreibweise ist notwendig, um sich auf einer Ebene unterhalten zu können. Weiterhin gibt sie dem (erfahrenen) Musiker verschiedene Möglichkeiten des Voicings (Tonsatzes), mit denen er seine Interpretation improvisatorisch gestalten kann.

Ausgeschriebene Sätze würden diesem Zweck entgegensprechen, da ja nicht nur die Harmonien, sondern auch die Töne gesetzt sind und so keine Improvisation möglich wäre.
Komplizierter als die Generalbassbezifferung ist die heutige Jazz-Bezifferung auch nicht, beide erfordern ein internsives Erlernen und ausgiebige Praxis am Instrument.

Was die unterschiedlichen Spielweisen und -techniken angeht, ist mir sehr wohl bewußt, daß das die Denkweise beeinflußt, spiele ich doch verschiedene Instrumente selbst und erlebe das so, wie du schreibst. Trotzdem darf man nicht verwechseln, daß Spieltechnik/-weise erst einmal nichts mit dem Harmonischen Kontext zu tun hat.

Es ist auch offensichtlich, daß ein Musiker, de ein (einstimmiges) Melodieinstrument spielt, viel weniger in Harmonien denkt als in Melodien, ist er naturbedingt doch nur in der Lage, nur einen Ton und keine Akkorde auf seinem Instrument hervorzubringen, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Somit denkt der Musiker horizontal, nicht vertikal und befaßt sich automatisch mehr mit Verzierungen und Durchgangsnoten.

Günter Sch.;2969126 schrieb:
Nicht-gitarristen, diese schlingel, trennen sich seit einiger zeit sogar manchmal ganz von erkennbarer tonalität, da hört jede bezifferbarkeit auf oder würde so unübersichtlich, dass keiner sie mehr lesen kann, und warum überhaupt? Bezifferungen sind seit dem generalbass nichts anderes als kürzel, um sich das notenschreiben zu ersparen; wenn ich einen satz ausschreibe, brauche ich sie nicht.

"Erkennbare" Tonalität, ein für mich sehr schwieriger Begriff. Mit der Übung steigt nämlich die Erkennbarkeit der Akkorde, warum Jazzmusiker besonders intensiv diese Fähigkeit üben und erlernen müssen. Zum Satz habe ich mich schon oben geäußert.

Günter Sch.;2969126 schrieb:
Und für die jazz-harmoniker: ich habe 2 jahre lang unfreiwillig in engem kontakt mit Afro-amerikanern gelebt, keiner von den blendenden improvisatoren hatte auch nur die geringste ahnung von europäischer harmonielehre, hätte ich da von "sus 4" und "Gadd 11" gesprochen, was mir damals auch unbekannt war, hätte man mich angesehen wie ein weltwunder, aber die jungs machten prächtige, lebendige musik. Sie benutzten die ihnen zur verfügung stehenden mittel auf ihre weise, woraus man später theoretische grundlagen ableitete, die rache des weißen mannes, der natürlich am kommerziellen erfolg der "schwarzen musik" teilhaben wollte. Mit Swing und Big band kamen auch die bezifferungen auf, mit der gitarrenkultur wurde die dem instrument gerechte tabulatur wieder entdeckt.
Ich bin der letzte, der nicht-wissen und -können befürwortet, aber auf manchen teilgebieten kann man auch übertreiben.

Natürlich kann man auf Harmonielehre verzichten, wenn man jedoch einen Feldversuch machen und eine Reihe an Musikern untersuchen würde, käme man zweifelsohne zu dem Ergebnis, daß nur ein verschwindend geringer Teil aller Musiker in der Lage wären, ohne Kenntnisse der Harmonielehre und ggf. anderer musiktheoretischer Bereiche korrekt oder gar innovativ zu improvisieren. So sieht nun mal die Realität aus - man schalte nur mal das Radio ein, um sich von dieser Tatsache zu überzeugen (Melodie, Rhythmik, Harmonik, Instrumentierung etc. wie geklont).
Der gute Musiker nutzt sogar die Harmonielehre, um sich Wendungen und Verbindungen einzuprägen.

Alle Harmonielehre kommt aus der Praxis, die Versuche mit der 12-Ton-Musik mußten daran scheitern, weil den Verfechtern dieser Musik nicht die außerordentliche Bedeutung von Schlußverbindungen und der damit verbundenen Schlußwirkung von gewissen Intervallen bewußt war. Daher kann so ein System, das nur der Theorie entspringt, nicht zu brauchbaren musikalischen ergebnissen führen.

Zu dem angeführten Beispiel mit den begabten afrikanischen Musikern führe ich wieder das Argument an, daß man nicht gewisse außerordentliche Talente mit der Mehrzahl der Musiker vergleichen kann - wir sind doch auch nicht alle reich, nur weil ein paar wenige Menschen auf diesem Planteten Milliarden besitzen...

Und einen gewissen Teil an Gehör und Kreativität kann man erlernen, sonst bräuchte es ja keine Musiklehrer mehr.

Übertrieben halte ich diese Diskussion nicht, es ist schade, daß sich wohl nur ein kleiner Teil der Msuiker daran beteiligen können - das liegt aber nicht an irgendeinem Mangel an Talent oder Genius, sondern an einem Mangel an Wissen.

Nebenbei sei gesagt, daß es sich bei diesem Stück keinesfalls um Jazz handelt, sondern um Pop-Musik...
 
Ebj7 sehe ich als Tritonussubstitution von A7, also der Dominante von D-Moll, und der Quintfall wäre klar. (C7 liegt übrigens auch auf der "Reihe"... ;) )

Was sagst du?
Nach den vielen Wiederholungen des Refrains bereitet C7sus darauf vor, daß gleich etwas passiert. Ich erwarte hier eigentlich den Wechsel in das parallele F-Dur.

Ebmaj7 ist überraschend und klingt sehr reizvoll, verringert aber nicht meine F-Dur-Erwartung. F wäre für mich jetzt immer noch die stimmigste Auflösung. Ich weiß aber, daß nicht jeder so hört, wie ich.

Die richtige Überraschung ist natürlich der Gadd11/D (bzw. D7sus). Nachdem er zu hören ist, kann Ebmaj7 im nachhinein auch als ein Vertreter für A7 angesehen werden. (Oder als Vertreter des Vertreter? A7 => Eb7 => Ebmaj7) Nachdem ich diese Wendung schon kenne, kann ich sie auch gleich so hören.

Empfindet man hier g als neuen Grundton, kann Ebmaj7 wieder als Subdominante, D7sus als Dominante und Gm7 als Tonika gehört werden. Das passiert bei mir, wenn ich diese 4 Akkorde ein paar Mal wiederhole, automatisch.

Wenn ich mir überlege, daß ich an der Stelle, wo jetzt dieser Akkord aufgetaucht ist, eigentlich eine Auflösung erwartet habe... Vielleicht auch ein Grund, den Akkord eher als Gadd11 zu fühlen (d.h. g als neues Zentrum).

Ich denke einfach, es ist durch die Wahl der speziellen Akkordtöne mehrdeutig. Ich selber höre ja auch mal so und mal so, je nachdem, worauf ich mich gerade konzentriere. Und ich bin nur eine Person.

Gruß
 
Wir sind ja nicht weit voneinander entfernt, ich suchte nach einem passenderen ausdruck als bi-tonalität, war aber zu bequem, einen zu erfinden für 2 (oft verkürzte) dreiklänge der (nicht immer) gleichen tonart, aber verschiedenen stufen. Aber was auch immer Hindemith meinte, bi-tonalität muss nicht durch ein ganzes stück gehen, obwohl es so etwas bei Strawinsky, Bartok und nachfolge gibt. Was spielt die celesta bei der überreichung der silbernen rose?
Was pop-musik angeht, lugt natürlich die Tante Operette in ihrer "moderneren" form durch, mit einer prise jazz und reizakkorden verbrämt, wie im genannten beispiel, das ich leider nicht vor mir habe.
Verschiedene jazz-improvisationen wurden von der aufzeichnung her im notenbild realisiert, sodass man sie dann auch als "notenfresser" nachspielen kann, ich hatte meinen spaß u.a. mit dem "klassischen" Count Basie und verwegeneren "sophisticated ones", sehr schräg, atonal und kaum bezifferbar.
 
Empfindet man hier g als neuen Grundton, kann Ebmaj7 wieder als Subdominante, D7sus als Dominante und Gm7 als Tonika gehört werden. Das passiert bei mir, wenn ich diese 4 Akkorde ein paar Mal wiederhole, automatisch.

Wenn ich mir überlege, daß ich an der Stelle, wo jetzt dieser Akkord aufgetaucht ist, eigentlich eine Auflösung erwartet habe... Vielleicht auch ein Grund, den Akkord eher als Gadd11 zu fühlen (d.h. g als neues Zentrum).

Ich denke einfach, es ist durch die Wahl der speziellen Akkordtöne mehrdeutig. Ich selber höre ja auch mal so und mal so, je nachdem, worauf ich mich gerade konzentriere. Und ich bin nur eine Person.

Gruß

Stimmt. Das fällt mir jetzt auch auf, daß man das so hören kann - ein Turnaround...

Ich habe mich eher daran gewöhnt, die Grundtonart zu hören und den Rest über Substitutionen zu erklären, das hilft mir beim Transponieren, weil ich über den Quintenzirkel transponiere.

Aber du hast wirklich recht, das kann man so oder so hören. So etwas fasziniert mich immer auf´s Neue, und in der Praxis angewandt, kann man durch ein solches Denken beim Spielen mal mehr den einen oder anderen Charakter betonen, was dann auch der Hörer unbewußt wahrnimmt.

Günter Sch.;2969979 schrieb:
Wir sind ja nicht weit voneinander entfernt, ich suchte nach einem passenderen ausdruck als bi-tonalität, war aber zu bequem, einen zu erfinden für 2 (oft verkürzte) dreiklänge der (nicht immer) gleichen tonart, aber verschiedenen stufen. Aber was auch immer Hindemith meinte, bi-tonalität muss nicht durch ein ganzes stück gehen, obwohl es so etwas bei Strawinsky, Bartok und nachfolge gibt. Was spielt die celesta bei der überreichung der silbernen rose?

Ich glaube, ein ganzes Stück "bitonal" zu setzen, macht nicht soviel Sinn (die von dir aufgeführten Gegenbeispiele als rühmlich Ausnahme), genausowenig, einen einzelnen Akkord als "bitonal" bezeichnen zu wollen, eher eine Phrase oder wie man das Teilstück auch immer nennen mag. Da sind wir uns sicher auch einig, es hapert halt immer wieder etwas bei der Kommunikation - auf der anderen Seite zeichnet die unterschiedliche Namensgebung die Musiker auch als Kreative aus, die sich für jeden Teilcharakter einen neuen Namen ausdenken. Und wer sich etwas damit beschäftigt hat, weiß immer, was gemeint ist, wie wir ja feststellen können. ;)

Günter Sch.;2969979 schrieb:
Was pop-musik angeht, lugt natürlich die Tante Operette in ihrer "moderneren" form durch, mit einer prise jazz und reizakkorden verbrämt, wie im genannten beispiel, das ich leider nicht vor mir habe.

Wirklich? Wie meinst du das, hast du da ein paar Beispiele für (Entschuldige meinen Mangel an Werkkenntnis...)?

Günter Sch.;2969979 schrieb:
Verschiedene jazz-improvisationen wurden von der aufzeichnung her im notenbild realisiert, sodass man sie dann auch als "notenfresser" nachspielen kann, ich hatte meinen spaß u.a. mit dem "klassischen" Count Basie und verwegeneren "sophisticated ones", sehr schräg, atonal und kaum bezifferbar.

Den Begriff "atonal" mag Hindemith auch nicht, s.o. - er kritisiert eher den Mangel, Melodien richtig setzen zu können. Wie ich schon sagte, denke ich, es liegt daran, die Schlußwirkung von gewissen Intervallen nicht beachtet zu haben. Atonal wäre für mich nur die "moderne" Klassik, so etwas wie mein Freund Stockhausen, sicher nichts für ruhige Stunden oder eine Party, aber da gibt es immer andere Momente... ;)

Mit der Bezifferung... da kommt man eben nicht weit mit der klassischen Generalbass-Schreibweise, kann man die moderne Jazz-Schreibweise jedoch als aufgebohrte Generalbass-Schreibweise ansehen, denke ich.

Ich bin allerdings der Meinung, daß selbst Notenfresser, wenn sie die Mühe nicht scheuen, ein weiteres großes Fachgebiet anzugehen, in der Lage sind, improvisatorisch recht fit zu werden, haben sie doch den Vorteil, in Bildern zu denken. Bleibt das Problem der Zeiteinteilung...
 

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