Warum eigentlich "Dur-Moll-System"

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roofonfire
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Hallo,

ich habe gerade ein kleines Verständnisproblem mit dem Dur-Moll-System (zB bei Sikora beschrieben). Warum wird das "System" nur mit Dur und Moll beschrieben oder definiert? Ich sehe natürlich, dass eine parallele Tonart dasselbe Tonmaterial verwendet und nur eben einen anderen Grundton hat. Aber, ist das nicht bei allen anderen Modi einer Tonart so? Warum ist nicht auch der lydische oder phrygische Modus zum Ausgangsmodus parallel?

Mal etwas frustriert gefragt: Ein Tiramisu heißt ja auch nicht Biskuit-Kakaopulver-System, da ist ja noch mehr dabei.

Oder steht ich auf der Leitung?

Grüße
 
Eigenschaft
 
Hallo,

ich habe gerade ein kleines Verständnisproblem mit dem Dur-Moll-System (zB bei Sikora beschrieben). Warum wird das "System" nur mit Dur und Moll beschrieben oder definiert? Ich sehe natürlich, dass eine parallele Tonart dasselbe Tonmaterial verwendet und nur eben einen anderen Grundton hat. Aber, ist das nicht bei allen anderen Modi einer Tonart so? Warum ist nicht auch der lydische oder phrygische Modus zum Ausgangsmodus parallel


Hallo roofonfire,
der Metzler Verlag hatte vor einiger Zeit auf seiner Internetseite eine Leseprobe von Peter Benarys Artikel über "Dur und Moll", erschienen in dem Werk "Die Musik in Geschichte und Gegenwart", als Leseprobe veröffentlicht. Ich fand ihn sehr lesenswert, da er ein bisschen Licht in die von Dir angeschnittene Thematik wirft, und dachte es würde Dir etwas bringen das mal zu lesen. Leider sind beim Kopieren die Umlaute auf der Strecke geblieben, aber ich glaube man kann's trotzdem lesen.

Dur und Moll
inhalt: I. Begriff. Ð II. Erscheinungsformen. Ð III. Entwicklung. Ð
IV. Theorie.
I. Begriff
Dur und Moll werden in der nachantiken und mittelalterlichen
Terminologie bezogen auf die genera (çÛîè), auf Ganz- und Halbton
(re-mi und mi-fa), auf deren Position in Tetrachord und Hexachord,
auf gro§e und kleine Terz Ÿber einem Ton oder im Quintrahmen
sowie auf die Tonstufen h und b (b durum und b molle), spŠter auf
Dreiklang, Tonleiter, Tongeschlecht und TonalitŠt. Dur und Moll als
Tongeschlechter zu bezeichnen, geht auf die antiken (diatonischen,
chromatischen oder enharmonischen) çÛîè zurŸck und entspricht
als †bersetzung des lat. genus (Gattung) der dualen oder polaren
Auffassung von Dur und Moll. Als besonders nachhaltig erwies sich
die Verbindung zwischen hexachordum durum (Ÿber g) mit Ganzton
re-mi (a-h) und hexachordum molle (Ÿber f) mit Halbton mi-fa (a-b),
denn aus ihr ging die Identifizierung von Dur mit gro§er Terz und
Moll mit kleiner Terz hervor.
G. Zarlino (Istitutioni harmoniche, III, Kap. 31, S. 181f.) gelangte
1558 durch die proportionalitˆ o mediatio Arithmetica (6:5:4) zum Durdreiklang
(Èsi pone la Terza maggiore nella parte graveÇ) und durch die
divisione Harmonica (15:12:10) zum Molldreiklang mit der gro§en Terz
oben (Èsi pone nellÕacutaÇ). Es kam Zarlino jedoch weniger auf die
Unterschiedlichkeit dieser Proportionen als darauf an, da§ sie beide
auf den Proportionen 5:4 und 6:5 basieren. Joh. Lippius bezeichnete
1612 diese beiden Dreiklangsformen als trias harmonica perfecta oder
naturalis bzw. trias harmonica imperfecta oder mollis. Statt perfecta sagte
man spŠter auch major, statt imperfecta (oder minus perfecta) auch minor
(so noch heute fŸr Dur und Moll in den romanischen Sprachen). H.
Glareans (1547) Modusnamen Ionisch fŸr den 11. (bzw. 12.) Modus
und Aeolisch fŸr den 9. (bzw. 10.) Modus setzten sich nur teilweise
durch; bevorzugt wurde eine (unterschiedliche) ZŠhlung der traditionell
acht, nach Glarean 12 Kirchentšne.
Im Vorfeld der Dur-Moll-Unterscheidung herrschten die
Bezeichnungen Ionicus und Dorius vor. H. Riemann (1920) meinte,
da§ sich bei den deutschen Praktikern schon vor 1687 (A. Werckmeisters
Musicus mathematicus hodegus curiosus) die Termini Dur und Moll
eingebŸrgert hŠtten. Doch umschrieb Joh. H. Buttstedt noch 1716
Ètota musicaÇ mit ÈUt Mi Sol, Re Fa LaÇ und J. S. Bach im Wohltemperierten
Klavier (BWV 846-893, 1722) Dur mit Ètertiam majorem oder Ut
Re Mi anlangendÇ und Moll mit ÈTertiam minorem oder Re Mi Fa betreffend
Ç. Da Ionisch und Dorisch, nicht aber Ionisch und Aeolisch als
die beiden wichtigsten Modi galten, findet sich noch in der Bachzeit
die sogenannte dorische Vorzeichnung (z.B. g-Moll mit einem b),
seltener eine lydische Vorzeichnung (z.B. B-Dur mit einem b). Seltsam
steht Galantes neben veralteten Tonartenbezeichnungen im
Titel von Joh. C. F. Fischers ÈBlumen Strauss, aus dem anmuthigsten
Kunst Garten [ . . . ] gesamlet, und in acht tonos ecclesiasticos oder Kirchen
Thon eingetheiletÇ (nach 1732). Mozart schrieb fŸr A-Dur Èex AÇ, aber
fŸr h-Moll ÈH molÇ Ð vermutlich ein Reflex des quantitativen Vorrangs
der Durtonarten im 18. Jahrhundert. Im 20. Jh., so bei Hindemith,
meint Èin EÇ eine E-TonalitŠt, die nicht mehr an Dur oder Moll
gebunden ist.
Die Assoziationen, die heute mit den Begriffen Dur und Moll verbunden
sind, werden der Musik vor etwa 1650 nicht gerecht. Deren
tonale Struktur war modal und die konsonante Terzenschichtung
intervallisch und nicht akkordisch begrŸndet. Wenn in einer gregorianischen
Melodie die Tonfolge f-a-cÕ vorkommt, so ist dies keine
Dreiklangsbrechung, noch weniger die eines Durdreiklangs. Man
sollte also entsprechende Erscheinungen in vor- und frŸhbarocker
Musik dural oder mollar nennen und die Begriffe Dur und Moll ihrer
spŠteren tonalen Bedeutung wegen vermeiden.
Der Begriff Zigeunermoll ist in beiden Wortteilen irrefŸhrend. Es
findet sich vor allem in einer mehrheitlich ungarischen Musizierweise,
die charakterisiert ist durch modale Wendungen, nichtfunktionales
Dur oder Moll, kleine (phrygische) und ŸbermŠ§ige Sekunden.
Der Tonvorrat (d-e-f-gis-a-b-cis-d oder d-es-fis-g-a-b-cis-d) ist
mehr tetrachordal als heptatonisch strukturiert.
II. Erscheinungsformen
Dur und Moll sind in der Musik des 18. und 19. Jh. die beiden
nahezu unangefochten herrschenden tonalen AusprŠgungen. Indem
sie aus den acht Kirchentonarten hervorgegangen sind, kšnnen auch
sie als Modi gelten. Sie treten nun als Tonleiter, als Dreiklang und als
TonalitŠt in Erscheinung.
Die Durtonleiter baut sich aus zwei intervallisch Ÿbereinstimmenden
Tetrachorden (ut-re-mi-fa) auf. Die beiden HalbtonabstŠnde
(mi-fa) Ÿbernahmen im Laufe der Zeit eine leittšnige Funktion. Der
Tritonus zwischen 4. und 7. Leiterstufe (mi contra fa), das einzige
chromatische Intervall, bestŠtigte in seinem GefŠlle zu sekundisch
erreichter Konsonanz die tonale Funktion des Grundtons. Die im
Mittelalter aufgestellte Quintenreihe f-c-g-d-a-e-h betraf Tonsystem
und Tonvorrat; erst spŠter bezog man sie auf die Durtonleiter. Dies
gilt auch fŸr die seit dem 16. Jh. belegte Terzenreihe f-a-c-e-g-h-d, die
ursprŸnglich im Zusammenhang mit den drei Hexachorden auf f, c
und g stand.
Theoretisch lassen sich drei AusprŠgungen der Molltonleiter
unterscheiden: 1. das reine oder natŸrlich genannte Moll; es entspricht
dem Aeolisch (= Dorisch mit b); 2. das melodische Moll; es
kombiniert den unteren Moll- mit dem oberen Dur-Tetrachord; fallend
(so will es die Schulbuchweisheit) stimmt es mit dem reinen
Moll Ÿberein. Sinnvoll ist diese Unterscheidung allenfalls auf die
Tonleitern bezogen, wŠhrend Moll, als TonalitŠt verstanden, Ÿber
einen aus ihnen gesamthaft resultierenden Vorrat von neun Tšnen
(z.B. a-h-c-d-e-f-fis-g-gis) verfŸgt Ð im Unterschied zum nur siebentš-
nigen Dur. Das (3.) harmonische Moll ist weniger Skala als Tonvorrat,
der sich aus den MolldreiklŠngen auf der I. und IV. Stufe sowie dem
dominantischen Durdreiklang auf der V. Stufe ergibt. Man vergegenw
Šrtigt es sich musikalisch sinnvoll als kleinsekundisch umrahmten
Quintraum Ÿber dem Grundton; ihm entsprechen viele barocke
Fugenthemen, z.B. das der Fuge g-Moll in Bachs Wohltemperiertem
Klavier I (vgl. Notenbeispiel 1).
Der Dur- und Molldreiklang besteht in Grundstellung und als
Sextakkord aus drei konsonanten Intervallen. (Der Quartsextakkord
galt dagegen wegen der Quart Ÿber dem Ba§ton als dissonant.) Diese
vier Dreiklangsformen sind die einzigen, die derart konsonierend in
der siebenstufigen Diatonik enthalten sind. Darauf beruht ihre
Bedeutung fŸr die mehrstimmige Musik seit dem 15. Jahrhundert.
Da§ die ersten sechs Partialtšne einen Durdreiklang bilden, hat die
Theorie seit J. Sauveur (1700/01) ebenso fasziniert wie irritiert. Ob ein
Vorrang des Dur vor dem Moll besteht, hŠngt von dessen qualitativem
oder quantitativem VerstŠndnis ab. Ein qualitativer Vorrang
besteht im grš§eren Konsonanzgrad des Durdreiklangs und der grš-
§eren ÝHelligkeitÜ der duralen gro§en Terz. Dem steht die grš§ere
ExpressivitŠt des Moll gegenŸber, begrŸndet in der hšheren Zahl verminderter
und ŸbermŠ§iger Intervalle. Ein quantitativer Vorrang des
Dur ist begrŸndet im Partialtonvorrat mancher Blasinstrumente, in
der Ÿberwiegend duralen Volksmusik Westeuropas und seit dem
Barock im affirmativen Effekt der Dur-TonalitŠt. In vorbarocker
Musik ist weder quantitativ noch qualitativ ein Vorrang von Dur
oder Moll festzustellen, sieht man von der fŸr FinalklŠnge geforderten
vollkommenen Konsonanz ab. Im hexachordalen Achttonvorrat,
wie er sich aus den drei ineinander verzahnten Hexachorden (durum,
naturale und molle, vgl. Tab. 1) ergibt, stehen vier DurdreiklŠnge (C, F,
G, B) gleichwertig vier MolldreiklŠngen (d, e, g, a) gegenŸber. †ber je
zwei Finales stehen gro§e (f und g) und kleine (d und e) Terzen. In
duralen Modi der Mehrstimmigkeit Ÿberwiegen als konsonante
ZusammenklŠnge Dur-, in mollaren MolldreiklŠnge. Wie sich durale
und mollare Modi quantitativ zueinander verhalten, wŠre zu klŠren.
Die Bevorzugung des Durdreiklangs als Finalklang ist vermutlich
weniger akustisch als darin begrŸndet, da§ er stabiler als der Molldreiklang
wirkt: Die grš§ere Terz unter der kleineren konveniert
zum raumanalogen Hšren. Zudem nimmt das Ohr die Teilung der
Quint in zwei Terzen gemŠ§ deren grš§eren oder kleineren AbstŠnden
zu Grundton und Quint, also diastematisch, wahr und nicht
gemŠ§ ihren SchwingungsverhŠltnissen, also proportional.
Die harmonische Bedeutung des Dur beruht vor allem darauf,
da§ die in der Durtonleiter enthaltenen drei Dur- und drei Molldreikl
Šnge jeweils im Abstand reiner Quinten stehen. Auch der Quintabstand
der Tetrachorde ut-re-mi-fa in der Durtonleiter (in C-Dur auf c
und g) begŸnstigte die analoge Erschlie§ung des zwšlfstufigen Tonvorrats
sowie die auf QuintabstŠnden beruhende funktionale Harmonik.
Die harmonische Bedeutung des Moll, soweit sie von derjenigen
des Dur abweicht, beruht auf der vergleichsweise grš§eren Zahl
der in den Mollskalen enthaltenen verminderten und ŸbermŠ§igen
Intervalle und DreiklŠnge samt dem daraus resultierenden expressiven
Moment. Ð Im tonalen Sinn von Dur und Moll verschrŠnken sich
ihre Skalen-, Dreiklangs- und (funktional-)harmonischen Aspekte. So
lŠ§t sich die Durtonleiter verstehen als zwei durch einen Ganzton
getrennte, gleich strukturierte Tetrachorde wie auch als ein mit
Durchgangstšnen ausgefŸllter Dreiklang (Notenbeispiel 2). Jede Leiterstufe
lŠ§t sich als Grundton, Terz oder Quint auf je drei verschiedene
Stufen beziehen, und jeder Dreiklang ist zu zwei anderen, funktional
unterschiedlichen DreiklŠngen terzverwandt, z.B. e zu C und G
oder F zu d und a.
III. Entwicklung
Die Schwierigkeiten, die sich dem Versuch entgegenstellen, die
Entstehung des Dur und Moll einleuchtend darzustellen, haben
mehrere Ursachen; so etwa die Neigung, FrŸheres auf SpŠteres zu
beziehen oder sogar von diesem her zu erklŠren, z.B. wenn man
tonale Bedeutungen des Dur und Moll auf Erscheinungen bezieht,
denen dieser Kontext noch unbekannt war. Eine andere Ursache, die
zur Sache selbst gehšrt, liegt darin, da§ die verschiedenen Erscheinungsformen
des Dur und Moll (s.o.) nicht immer auf einen gemeinsamen
Nenner zu bringen sind. Nachteilige Verwirrung stifteten die
Verkennung eines kirchentonalen Acht- (und nicht Sieben)tonvorrats
und der unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs Stufe im
modalen und im dur-moll-tonalen Zusammenhang sowie die
unklare Abgrenzung von Ton- und Stimmungssystemen.
Der †bergang von den duralen Modi (vor allem Lydisch) zum
neuzeitlichen Dur und von den mollaren Modi (vor allem Dorisch)
zu Moll verlief allmŠhlich und mit betrŠchtlichen zeitlichen †berlagerungen.
Die duralen Modi, in der Volksmusik lŠngst verankert,
erlaubten einen bruchlosen †bergang zum neuzeitlichen Dur. Das
keineswegs widerspruchsfreie Nebeneinander von Tetra- und Hexachordlehre,
die unterschiedlichen ErklŠrungen des l* durum undl )
molle, der Umstand, da§ der normative Ambitus kirchentonaler
Melodien nur bedingt dem Oktavraum Ÿber der Finalis entspricht,
die Divergenzen von Vorzeichen- und Akzidentiensetzung . . .


auszug aus dem artikel von peter benary
 
Das Tiramisu

Das Wichtigste zuerst, das Tiramisu, welches eigentlich vollausgeschrieben:

"Mascarpone-Kakaopulver-Eier-Löffelbiscuit-Zucker-Kaffee kalt"

heisst wenn es für Kinder gemacht wird, ansonsten musst du noch den Namen eines italienischen Brandy hinzufügen, z.B. Vecchia Romagna.



Das Dur-Moll System, eine Erfindung von Theoretikern?

Eigentlich müsste dieses System mindestens:

"Dur-Moll-vermindert-übermässig-System"

heissen. Vollkommen ausgeschrieben, das heisst alle Dreiklang-Typen des Barock und der Frühklassik beinhaltend, müsste das System mit:

"Dur-Moll-vermindert-übermässig-doppelt vermindert-dur-vermindert-dreifach vermindertet-moll übermäßige-dur übermäßig-vermindert übermäßig-übermäßig-vermindertet doppelt übermäßig-dreifach übermäßig moll-vermindertet-System"

benannt werden. Hier mal die kurze Liste der gebräuchlisten Dreiklänge zur besseren Übersicht:

dur Dreiklang
moll Dreiklang
verminderter Dreiklang
übermässiger Dreiklang
doppelt verminderter Dreiklang
dur-verminderter Dreiklang
dreifach verminderter Dreiklang
moll-übermäßiger Dreiklang
dur-übermäßiger Dreiklang
vermindert-übermäßiger Dreiklang
übermäßig-verminderter Dreiklang
doppelt übermäßiger Dreiklang
dreifach übermäßiger Dreiklang
moll-verminderter Dreiklang
unvollständige Septakkorde
dreifach Oktaven
überspring Oktaven
dreifach geschichtete Septen
dreifach geschichtete Nonen
dreifach geschichtete Sekunden
dreifach geschichtete Quarten
etc.


Ganz anders würde es aussehen wenn man Septakkorde auch noch berücksichtigt. Das ist aber nicht zwingend für Pop, Folklore und Rock, da bei diesen vereinfachten Musikstilen Dur und Moll Dreiklänge in 99% der Fälle genügen, respektive der Gebrauch von verminderten und übermässigen Dreiklänge die Erwartung und Hörgewohnheiten bei weitem übertreffen würde.

Fazit, die Benennung "Dur-Moll-System" ist in den meisten Fällen genügend. Man könnte natürlich auch behaupten das dieses System so heisst weil es aussschliesslich mit Dur und Moll Akkorden operieren sollte.


::::::
 
Im Dur-Moll-System stellt Frank einfach die Beziehung zwischen Dur- und Molltonalität her. Ausschlaggebend sind die Kadenzwirkungen und damit das Grundtonempfinden. Hier spielen auch die Hörgewohnheiten eine Rolle.
Einfach nachvollziebar ist das System z.B. an der Vollkadenz (alle Stufenakkorde im Quintfall angeordnet).

Beispiel:
||: Cmaj7 | Fmaj7 | Bm7b5 | Em7 | Am7 | Dm7 | G7 | Cmaj7 :||
oder:
||: Am7 | Dm7 | G7 | Cmaj7 | Fmaj7 | Bm7b5 | Em7 | Am7 :||

Unabhängig davon, an welcher Stelle man beginnt, diese Akkordfolge zu spielen, wird sich bei Cmaj7 das stärkste Auflösungsgefühl einstellen. Beim Am7 wird sich wahrscheinlich ebenfalls ein gewisses Auflösungsgefühl einstellen, allerdings wesentlich schwächer. Alle anderen Akkorde haben mehr Spannung.

Es ist zwar richtig, daß auch alle anderen Modi parallel sind, wichtiger im tonalen Kontext sind aber die Funktionen (Spannungswirkungen der einzelnen Akkorde untereinander). Und der Bezugspunkt hierfür ist immer der Grundton (Auflösung, Ruhepool, Tonika).

Gruß
 
vielen Dank für die detaillierten Antworten; ich werde den Eindruck auch nicht los, dass ihr nicht das erste mal danach gefragt wurdet. Ich hatte allerdings mit "Dur" und "Moll" in der Sufu ziemlich wenig einschlägiges gefunden.

@Hagenwil
Vollkommen ausgeschrieben, das heisst alle Dreiklang-Typen des Barock und der Frühklassik beinhaltend, müsste das System mit: ...
benannt werden

Je genauer jemand antworten kann, desto präziser sollte man zuvor fragen. Ich hatte das Verständnisproblem eher bei dem Dur-Moll-System, weniger daran, dass seine Benennung keine drei Seiten lang sein soll. Ich sollte keine Koch-Vergleiche mehr machen (außer ich lerne kochen).

Ich habe die Vollkadenz, die MaBa nochmal angeführt hat, gerade mal durchgespielt. Das Auflösungsempfinden stellt sich tatsächlich ein. Also geht das ganze letztlich zurück auf die Dur- und Moll-Lieder, die wir vorm Zubettgehen und dann die nächsten 30 Jahre gehört haben.

Grüße
 
Je genauer jemand antworten kann, desto präziser sollte man zuvor fragen..

Nein, nicht wirklich, ich öffne ja zeitweise einen Schalter mit Antworten für Fragen die niemand gestellt hat. Hier ein ganz kurzer Abriss was das Dur-Moll-System ist - bevor sich irgend jemand in etwas reinsteigert was nicht den Gegebenheiten entspricht.


Das Dur-Moll-System

Dur-Moll-System ist ein Begriff der theoretischen Harmonik, und ein tonales Darstellungssystem. Der Begriff bezieht sich auf ein spezifisches Tonsystem der europäischen Musik. Der Begriff Dur-Moll-System selbst ist ein neuer, welcher im 20. Jahrhundert den im 19. Jahrhundert üblichen Begriff "Dur- und Molltonalität" (auch Dur-Moll-Tonalität genannt) ablöst. Die drei Begriffe beschreiben das selbe, nämlich den Dualismus (Zweiheit) von Dur und Moll, und die Art und Weise der daraus entstehenden Harmonik welche diese beiden Akkordtypen zwingend beinhalten.

Dieses Tonsystem ist ein tonalitätsbezogenes System bei welchem alle Akkorde, wenn kadenzierend, sich auf ein tonales Zentrum beziehen, und ausgehend von diesem Zentrum auch ihre Erklärung und Definition erhalten. Zeitlichgeschichtlich gesehen beinhaltet die Dur-Moll-Tonalität die europäische Harmonik vom Spätbarock 1750 bis zum Ende der Klassik circa 1828.

Das tonale Darstellungssystem vor dieser Dur-Moll Zeit müsste man als "Kirchentonarten" bezeichnen, und die theoretische Harmonik der Kirchentonarten als "Punctus Contra Punctum " (Note gegen Note), sowohl auch die Generalbasslehre, oft auch Fundamentalbass genannt. Komponisten wie Haydn und Mozart kannten diese Lehren auswendig, und erhielten ihre theoretische Ausbildung von den Autoren dieser Werke. Auf der Basis ihrer theoretischen Ausbildung in diesen Disziplinen der Compositionswissenschaften komponierten sie die ersten sogenannten freien Sätze. Also Kinder, wenn ihr was in der Art wie Mozart oder Beethoven komponieren wollt, dann kennt ihr jetzt zwei der Fächer, Kontrapunkt und Generalbasslehre.


Was Frank Sikoras Buch betrifft - der Begriff Tonalität wurde immer wieder neu definiert, und in Franks Buch sind die Begriffe Melodik, Tonalität, Modalität und Dur-Moll-System synonym, Frank hat nur vergessen das explizit zu erwähnen.

:::
 
Oder ganz schlicht gesagt:
Das Dur-Moll-System tritt dann ein, wenn eine Oktave in 12 Tönen geteilt wird, so wie das bei unserer Musik der Fall ist.
Eine symmetrische Aufteilung, die auf den ersten Blick als vernünftig und logisch erscheint, funktioniert nicht: Das Ohr kann nämlich kein Zentrum ausmachen (vgl. o7-Akkord, +-Akkord, GTHT-, HTGT-, GT- oder chromatische Skala).
Nun bleibt - man teste es selbst - nur noch die Möglichkeit, die 12 Töne in eine 5er- und eine 7er-Gruppe aufzuteilen, was mit der Pentatonik und der Heptatonik der Fall ist, wobei sich beide ineinander wi(e)derspiegeln.
Als Ergebnis entsteht das Dur-Moll-System.
 
Ich hatte allerdings mit "Dur" und "Moll" in der Sufu ziemlich wenig einschlägiges gefunden.

Offtopic:

Beim suchen solltest Du immer "Suchen mit Google" anklicken.
Dann bekommst Du auch Ergebnisse. :)

Die Boardsuche ist in meinen Augen katastrophal wenn es um kurze Wörter geht.

Gruß und viel Glück beim nächsten mal.
 
Warum wird das "System" nur mit Dur und Moll beschrieben oder definiert? Ich sehe natürlich, dass eine parallele Tonart dasselbe Tonmaterial verwendet und nur eben einen anderen Grundton hat. Aber, ist das nicht bei allen anderen Modi einer Tonart so? Warum ist nicht auch der lydische oder phrygische Modus zum Ausgangsmodus parallel?
Das ist schnell erklärt:

Dur und Moll basieren auf einem anderen Prinzip als die Modes, auch wenn sich (zumindest in der 12-stufigen Stimmung) der gleiche Tonvorrat ergibt:

- Die Modes basieren auf dem Prinzip der Quintstapelung, und durch Wahl eines Grundtons ergeben sich 7 Tonarten.

- Dur und Moll basieren auf Terzstapelung: Dur ist die Tonart die man erhält wenn man 3 Dur-Dreiklänge übereinander legt (Subdominante, Tonika, Dominante), und den Grundton des zentralen Dreiklangs (-> der Tonika) als Grundton der Tonart verwendet. Die Herleitung von Moll funktioniert entsprechend mit Moll-Dreiklängen.

...Dur und Moll unterscheiden sich also im Wesentlichen dadurch von den (anderen?) Modes, dass sie eine Dominante und eine Subdominante des gleichen Tongeschlechts besitzen.

Ich hoffe ich konnte helfen. :)


Übrigens: Die Töne in denen sich Dur und Moll unterscheiden (Terz, Sexte, Septe) entsprechen der Terz von Tonika, Subdominante und Dominante, und sind deshalb in Dur groß, und in Moll klein. Sekunde, Quarte und Quinte sind bei beiden groß / rein.
 

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