
Limerick
Mod Emeritus
... ein herzliches "Hallo" in die Runde!
... ich wende mich mal mit einem etwas offenen Diskussionsanstoss an euch. Habe da keinerlei Bedenken, dass da was Falsches dabei rauskommen könnte.
Ich möchte ausserdem gleich zu Beginn betonen, dass ich hier niemanden diskriminieren oder ich mich bewusst über gewisse Fangemeinden oder Anhänger gewisser Musikrichtungen auslassen will. Ist nicht meine Art, wisst ihr ja.
Ich hätte lediglich den ein oder anderen Gedanken zu dem Thema eingefangen. Es beschäftigt mich nämlich.
Folgendes Szenario:
Wir haben gestern das Spiel Russland-Frankreich an der Eishockey-WM in Bern besucht. Ist quasi gleich vor unserer Haustür. 4 Minuten zu Fuss, und wir stehen vor der Arena
Von daher, Pflichtprogramm, da mal rein zu schauen! (Zumal sich den armen Hockeyspieler sowieso niemand zuwendet. Vor allem in Anbetracht dessen, wie es hier ausgesehen hat, als im Wankdorf die EM-Matches im Fussball ausgetragen wurden
Aber, anderes Thema... )
Nach dem Match haben wir uns im Festzelt noch ein, zwei weitere Biers gegönnt und haben dort vor einer, wie soll ich sagen, unterhaltsamen, musikalischen Untermalung gestanden.
Prinzipiell: Fans --> schauen sich das Spiel an --> sind nicht wegen der Musik dort --> laden sich ihre Gemüter während des Spiels stimmig auf --> kommen raus, wollen mit ihren besten Kumpels noch über die Spielstrategien und den Spielstand diskutieren --> suchen sich das (einzige) Festzelt auf, welches Platz für geschätzte 2000 Leute bietet --> setzen sich hin --> bestellen ein paar Bier.
So.
Das war wohl auch dem Veranstalter klar, deshalb wurde eine Band organisiert, die man als Hintergrundband durchgehen lassen kann, damit sich das Fanvolk nicht gestört fühlt und eine Diskussion mit normalem Pegel möglich ist, ohne dass man seinem Vis-à-Vis das Bier trocken föhnt.
Was steht auf der Bühne? Eine Metal Band
cool
, bestehend aus 5 Mitgliedern. Allerteuerstes Equipment, Türme von Verstärkern, Monitoren, Ersatzgitarren, ....
Die Jungs sind geschätzte 24 Jahre alt, tragen alle Lederhosen, schwarze T-Shirts, Nieten- und Lederarmbänder und haben allesamt eine Haarpracht, die die obere Hälfte ihrer Erscheinung ziert. Das Problem: Sie spielen auf Wohnzimmerlautstärke, damit man sich auch in der ersten Reihe "Gesundheit" wünschen kann, wenn einer niesen muss.
Die Jungs, was wäre anderes zu erwarten gewesen, gehen voll rein, versuchen, die Menge zu animieren. Musikalisch hätte ich sie als semiprofessionell eingeschätzt. Ein 0815-Verschnitt einer Mischung aus Metallica, AC-DC, Dream Theater (von der Stimmlage und den Haaren des Sängers her) und IronMaiden.
Der Schlagzeuger: Spielt genau dieses Set in diesen Grössen und hat ausserdem eine Unmenge an Paiste Signaturemodellen rumhängen.
Der Ergonomie wurde kaum Aufmerksamkeit geschenkt, und so leuchten die gold-gelben Einlagen im Holz der Floortoms als "V" durch die Menge, weil man die beiden Kessel lieblos gegeneinander-geneigt aufgestellt hat. Beim China und bei anderen Cymbals hatte er bestimmt mehr Rebound als auf seiner schlaff und miserabel gestimmten Snare, weil er diese felsenfest an den Beckenständern angezogen hatte.
Sein Kopf baumelte zwischen seinen Knien, weil er den Hocker so weit unten hatte, und an seinem undynamischen Spiel konnten wohl weder die langen Haare noch sein Head-Gebange noch sein Pulswärmer etwas verbessern.
Seine closed X-Hat, welche er sich als Zierde zusätzlich hingehängt hatte schien wohl völlig in Vergessenheit geraten zu sein und ich fragte mich zudem, wieso man dem armen Kerl seine Toms nicht verstärkt, sondern lediglich die ganze Suppe über Overheads abgenommen hatte. Null Dynamik, null Stimmung, null Emotion, riesen Show, überteuertes und völlig Fehl am Platz wirkendes Equipment, gespielt von einer verarschten, überambitionierten Poserband (um es noch einmal zu betonen: Es hätte jede beliebige Musikrichtung sein können!)
Klar, das Konzert an der Eishockey-Wm werden die Jungs wohl künftig als Referenz angeben können.
Trotzdem frage ich mich in solchen Situationen, in der ersten Reihe stehend, weil ich mir das ganze Gebrösel aus der Nähe ansehen (und ich natürlich das Schlagzeug inspizieren will) und während mein Bier in der Hand warm wird, weil mir das Trinken vergangen ist:
Wie kann so etwas passieren? Und: Wieso spiele ich in dem Moment nicht auf dieser Bühne?
... meine Kumpels fragen sich dann, wie ich mich den ganzen Heimweg lang über ein solches Szenario aufregen kann.
Was will ich euch damit sagen? Keine Ahnung!
Aber wenn ich mir so etwas ansehe, muss ich doch ungeschoren zugeben, dass ich völlig andere Vorstellungen von Musik habe, dass ich diese anders auslebe, anders zeige und sich bei mir Musik anders anfühlt. Sieht man mir Musik an? Bis auf die Kopfhörer für optimalsten Riesensound für unterwegs (nie ohne!): Nein, aber man hört sie, wenn ich sie spiele.
... während sich meine Kollegen in meinen Konflikt einklinkten und meinten, dass "ihr Bild" einer Metalband eine viel rauere Stimme und düsteres Auftreten seien, überlegte ich an viel Grundlegenderem. Für mich war das das kleinste Problem. Und trotzdem wusste ich nicht, was mich störte.
Vielleicht war ich auch einfach nur neidisch, nicht selbst auf der Bühne gestanden zu haben. Kann sein, vielleicht, sehr gut möglich sogar! Andererseits finde ich es einfach nur noch lächerlich, was da abgegangen ist.
Da spiele ich doch lieber in meiner Stillen Kammer, als mit Schall und Rauch einen einzelnen, betrunkenen Russland-Fan mit meinem Monsterequipment erfolglos auf den Beinen zu halten.
Einfach nur noch traurig, so etwas.
Ähnliche Erfahrungen gemacht? Auch mal neidisch gewesen, oder zumindest das Gefühl gehabt, in einer falschen Welt zu stehen? Kennt ihr den Gedanken: "Ok, lassen wir die Kerle machen. Ich setzt mir nachher meine Kopfhörer auf und tauche in meine, in die wirkliche Welt der Musik ein, die ich niemandem zeigen muss, die ich nicht zelebriere, sondern einfach auf meine Art und Weise leben und praktizieren kann."
Hinzu kommt bei mir vielleicht Frust, weil ich es hätte besser können, Enttäuschung, zu was Musik alles verwendet wird, etwas Wut darüber, wie falsch die Musik an diesem Event vom Veranstalter eingesetzt wurde und den innerlichen Drang, allen Leuten zu zeigen, was Musik überdies auch noch sein kann oder sein könnte.
Alles Liebe,
Limerick
... ich wende mich mal mit einem etwas offenen Diskussionsanstoss an euch. Habe da keinerlei Bedenken, dass da was Falsches dabei rauskommen könnte.
Ich möchte ausserdem gleich zu Beginn betonen, dass ich hier niemanden diskriminieren oder ich mich bewusst über gewisse Fangemeinden oder Anhänger gewisser Musikrichtungen auslassen will. Ist nicht meine Art, wisst ihr ja.
Ich hätte lediglich den ein oder anderen Gedanken zu dem Thema eingefangen. Es beschäftigt mich nämlich.
Folgendes Szenario:
Wir haben gestern das Spiel Russland-Frankreich an der Eishockey-WM in Bern besucht. Ist quasi gleich vor unserer Haustür. 4 Minuten zu Fuss, und wir stehen vor der Arena
Nach dem Match haben wir uns im Festzelt noch ein, zwei weitere Biers gegönnt und haben dort vor einer, wie soll ich sagen, unterhaltsamen, musikalischen Untermalung gestanden.
Prinzipiell: Fans --> schauen sich das Spiel an --> sind nicht wegen der Musik dort --> laden sich ihre Gemüter während des Spiels stimmig auf --> kommen raus, wollen mit ihren besten Kumpels noch über die Spielstrategien und den Spielstand diskutieren --> suchen sich das (einzige) Festzelt auf, welches Platz für geschätzte 2000 Leute bietet --> setzen sich hin --> bestellen ein paar Bier.
So.
Das war wohl auch dem Veranstalter klar, deshalb wurde eine Band organisiert, die man als Hintergrundband durchgehen lassen kann, damit sich das Fanvolk nicht gestört fühlt und eine Diskussion mit normalem Pegel möglich ist, ohne dass man seinem Vis-à-Vis das Bier trocken föhnt.
Was steht auf der Bühne? Eine Metal Band
Die Jungs sind geschätzte 24 Jahre alt, tragen alle Lederhosen, schwarze T-Shirts, Nieten- und Lederarmbänder und haben allesamt eine Haarpracht, die die obere Hälfte ihrer Erscheinung ziert. Das Problem: Sie spielen auf Wohnzimmerlautstärke, damit man sich auch in der ersten Reihe "Gesundheit" wünschen kann, wenn einer niesen muss.
Die Jungs, was wäre anderes zu erwarten gewesen, gehen voll rein, versuchen, die Menge zu animieren. Musikalisch hätte ich sie als semiprofessionell eingeschätzt. Ein 0815-Verschnitt einer Mischung aus Metallica, AC-DC, Dream Theater (von der Stimmlage und den Haaren des Sängers her) und IronMaiden.
Der Schlagzeuger: Spielt genau dieses Set in diesen Grössen und hat ausserdem eine Unmenge an Paiste Signaturemodellen rumhängen.
Der Ergonomie wurde kaum Aufmerksamkeit geschenkt, und so leuchten die gold-gelben Einlagen im Holz der Floortoms als "V" durch die Menge, weil man die beiden Kessel lieblos gegeneinander-geneigt aufgestellt hat. Beim China und bei anderen Cymbals hatte er bestimmt mehr Rebound als auf seiner schlaff und miserabel gestimmten Snare, weil er diese felsenfest an den Beckenständern angezogen hatte.
Sein Kopf baumelte zwischen seinen Knien, weil er den Hocker so weit unten hatte, und an seinem undynamischen Spiel konnten wohl weder die langen Haare noch sein Head-Gebange noch sein Pulswärmer etwas verbessern.
Seine closed X-Hat, welche er sich als Zierde zusätzlich hingehängt hatte schien wohl völlig in Vergessenheit geraten zu sein und ich fragte mich zudem, wieso man dem armen Kerl seine Toms nicht verstärkt, sondern lediglich die ganze Suppe über Overheads abgenommen hatte. Null Dynamik, null Stimmung, null Emotion, riesen Show, überteuertes und völlig Fehl am Platz wirkendes Equipment, gespielt von einer verarschten, überambitionierten Poserband (um es noch einmal zu betonen: Es hätte jede beliebige Musikrichtung sein können!)
Klar, das Konzert an der Eishockey-Wm werden die Jungs wohl künftig als Referenz angeben können.
Trotzdem frage ich mich in solchen Situationen, in der ersten Reihe stehend, weil ich mir das ganze Gebrösel aus der Nähe ansehen (und ich natürlich das Schlagzeug inspizieren will) und während mein Bier in der Hand warm wird, weil mir das Trinken vergangen ist:
Wie kann so etwas passieren? Und: Wieso spiele ich in dem Moment nicht auf dieser Bühne?

... meine Kumpels fragen sich dann, wie ich mich den ganzen Heimweg lang über ein solches Szenario aufregen kann.
Was will ich euch damit sagen? Keine Ahnung!
... während sich meine Kollegen in meinen Konflikt einklinkten und meinten, dass "ihr Bild" einer Metalband eine viel rauere Stimme und düsteres Auftreten seien, überlegte ich an viel Grundlegenderem. Für mich war das das kleinste Problem. Und trotzdem wusste ich nicht, was mich störte.
Vielleicht war ich auch einfach nur neidisch, nicht selbst auf der Bühne gestanden zu haben. Kann sein, vielleicht, sehr gut möglich sogar! Andererseits finde ich es einfach nur noch lächerlich, was da abgegangen ist.
Da spiele ich doch lieber in meiner Stillen Kammer, als mit Schall und Rauch einen einzelnen, betrunkenen Russland-Fan mit meinem Monsterequipment erfolglos auf den Beinen zu halten.
Einfach nur noch traurig, so etwas.
Ähnliche Erfahrungen gemacht? Auch mal neidisch gewesen, oder zumindest das Gefühl gehabt, in einer falschen Welt zu stehen? Kennt ihr den Gedanken: "Ok, lassen wir die Kerle machen. Ich setzt mir nachher meine Kopfhörer auf und tauche in meine, in die wirkliche Welt der Musik ein, die ich niemandem zeigen muss, die ich nicht zelebriere, sondern einfach auf meine Art und Weise leben und praktizieren kann."
Hinzu kommt bei mir vielleicht Frust, weil ich es hätte besser können, Enttäuschung, zu was Musik alles verwendet wird, etwas Wut darüber, wie falsch die Musik an diesem Event vom Veranstalter eingesetzt wurde und den innerlichen Drang, allen Leuten zu zeigen, was Musik überdies auch noch sein kann oder sein könnte.
Alles Liebe,
Limerick
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