Raumakustik im neuen Proberaum

Epiphone_SG
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Hallo,

Unsere Band hat einen neuen Proberaum bezogen, den wir nun akustisch etwas optimieren wollen. Es geht uns um einen guten "Live-Sound" zum Proben. Ich beschäftige mich schon länger laienhaft mit dem Thema (lese hier zum Beispiel in den Beratungsthreads fleißig mit), mir fehlt es allerdings an Erfahrung was wirkt und was nicht. Darum würde ich hier gerne um ein paar Ratschläge bitten.

Der Raum derzeit:
Die Grundfläche ist etwa 7,2 x 4,2 m, bei einer Raumhöhe von etwa 2,50 m. Der Boden ist flächig mit (recht dünner) Auslegware belegt, ein großer dicker Teppich bedeckt zudem weite Teile des Bodens unter und um das Schlagzeug. Hinter dem Schlagzeug hängt mittig ein dicker Teppich und bedeckt etwa die Hälfte der Wand, gegenüber ist die Wand fast vollflächig mit Teppich behängt. Die Decke ist (noch) komplett unbehandelt.

Zu Testzwecken haben wir übrige Teppichrollen als improvisierte 'Bassfallen' in die Ecken gestellt, die aber -wie erwartet- nur wenig Besserung brachten.

Hier mal Grundriss und eine Ansicht des Raumes:

Proberaum.jpg Proberaum Ansicht.jpg

Beim Beziehen des Proberaums fand ich es jedenfalls extrem interessant die akustischen Auswirkungen unseres Tuns mitzuverfolgen:

Startend im leerem Raum (nackte Wände und Estrich) mit fürchterlichem Hall, war mit jeder Änderung eine deutliche Reduktion des Nachhalls hörbar. Mittlerweile ist der Klang des Raums einigermaßen erträglich, allerdings ist doch ein deutliches Dröhnen in den tieferen Frequenzen hörbar.

Diese Woche habe ich dann mal Messungen gemacht mit folgendem Ergebnis (Position des Sängers, beide Lautsprecher):

Proberaum_2017-05-17_Voc_LR.jpg

Die gesamte Messung ist in meiner Dropbox zu finden [LINK] (.zip, ~11MB). Es sind Messungen an allen Positionen der Musiker gemacht worden, an Sänger-Position zusätzlich beide Lautsprecher einzeln.

Was ich hier sehe ist (bitte Widersprecht mir, wenn ich groben Unfug erzähle):

  • Frequenzen über 1-2 kHz mehr oder weniger akzeptabel
  • "Loch" bei 13-14 kHz und bei etwa 3 kHz. Ist das problematisch?
  • alles unter 1 kHz könnte noch Dämpfung vertragen

Was können wir also tun um die Akustik zu verbessern? Ich dachte da an:

Bassfallen


In allen 4 Ecken und raumhoch (Tutorials und Bauanleitungen gibt es ja viele im Netz). Aufgrund der Steckdosenposition im Raum mit maximaler Kantenlänge von etwa 40 cm. Ich dachte deshalb an quadratische Grundfläche um möglichst viel Effekt zu erzielen, oder würden es auch dreieckige tun?

Wir hatten zudem die Idee Holzfaserplatten zu verwenden, da wir da eventuell eine Bezugsquelle hätten. Laut Datenblatt haben die mit etwa 5 kPa*s/m^2 einen ähnlichen längenbezogenen Strömungswiderstand wie Steinwolle, sind aber ökologischer und ohne besonderen Schutz verarbeitbar. Letztendlich wird der Anschaffungspreis ein gewichtiges Argument sein, ich würde aber gern wissen ob etwas grundsätzlich dagegen spricht die zu verwenden.

Behandlung der Zimmerdecke


Hier bin ich überfragt. Was wäre denn da am sinnvollsten? Ich dachte zumindest an einen Absorber über dem Schlagzeug. Wo wäre hier die beste Stelle? Und wie groß? Über die gesamte Grundfläche des Schlagzeugs? Wie sieht es mit einer Art Baldachin aus Molton aus?

Was wäre am Rest der Decke sinnvoll? Was man ja auch häufiger im Netz sieht sind Pyramidenschaumstoffplatten verteilt, z.B. im Schachbrettmuster.

Wir haben aus dem alten Raum noch einige dünne Filtermatten (mit unbekannten akustischen Eigenschaften), die dort die Decke zierten. Von der Konsistenz sind sie sehr 'luftig' und deutlich leichter und weniger dicht als z.B. Steinwolle. Gestapelt und eingepackt in Holzrahmen und Stoff könnte sich aber hier vielleicht ein zusätzlicher (oder mehrere kleine) Absorber basteln lassen, der zumindest in den höheren Frequenzen wirksam ist.

Vorhang vor Fenster


Irgendwas muss hier ohnehin geschehen, um zumindest den Schlagzeuger vor blendendem Sonnenlicht zu schützen. Die Frage ist, ob man das nicht mit den Raumakustischen Maßnahmen verbinden kann. Hier würde ich zu schwerem Stoff (Molton?) tendieren, der möglichst faltig hängt.

Diffusoren


Das Thema Diffusoren würde ich erstmal aussen vor lassen, da es das dringlichste Bass-Problem eher nicht lösen wird.

Was haltet ihr soweit davon?
 
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Grund: Groben Unfug entfernt :-)
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3,10 m dicke Absorber?

Da keine besondere Abhör- oder Aufnahmesituation geschaffen werden muss, würde ich anfangen solange Steinwolle/Glaswolle/Wasauchimmer reinzustellen, bis subjektiv das gewünsche Ergebnis erreicht wird.
Ggf. den Teppich 'rauswerfen.
 
3,10 m dicke Absorber?

Hoppsala...da ist mir tatsächlich ne Null zuviel reingerutscht. Dann ist das natürlich Unfug. Ich hab die Grafik mal entfernt. Bei 'normalen' Dimensionen sind beide aber auch ziemlich vergleichbar. Meine Frage bezog sich auch eher auf echte Erfahrungen mit unterschiedlichen Materialien.

Ggf. den Teppich 'rauswerfen.
Welchen Teppich meinst du genau? An der Wand?
 
Den unterm Schlagzeug. Kann man ausprobieren, falls die Absorber zu viele Höhen schlucken.
 
Mach dir erstmal Gedanken darüber was du wirklich erreichen willst. An einen Proben-/Übungsraum stellt man ganz andere Ansprüche was zB die Nachhallzeit angeht. Die kann relativ lang sein. Eine Sekunde wäre völlig in Ordnung.

Ich würde eher Wert auf eine gute Durchhörbarkeit legen. Statt viel Absorbtion zu nutzen, würde ich eher mehr mit Diffusoren arbeiten. Dann gehen nämlich auch die krassen Kammfilter in den Höhen ein bisschen weg. Außerdem hören sich so eben alle besser und man kann die Amps deutlich leiser machen.

Wenn der Lärmpegel potentiell hoch wird, ist Absorption aber schon auch wichtig. Hybride Diffusoren/Absorber wären eine Möglichkeit beides zu kombinieren, sind allerdings nicht ganz trivial zu konstruieren. Wenn ich endlich mal Zeit habe meine eigenen zu bauen, dann mach ich vielleicht ein Tutorial.

Absorption brauchst du wie gesagt nicht so viel.

Eckabsorber können den Bereich 150Hz-600Hz auf jeden Fall aufräumen. Ich würde einfach 20cm dicke Steinwollplatten schräg über die Ecken stellen. Aber auch hier musst du gucken dass du's nicht übertreibst. Vielleicht erstmal zwei Raumecken machen und gucken ob's reicht. Ich würde dann aber die Absorber auch verlatten, damit sie nicht so viele Höhen schlucken.
 
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@chaos.klaus
Was wir wollen ist ein ausgewogenes Gesamtbild mit generell eher kürzeren Nachhallzeiten, da die uns gerade beim Schlagzeug stören. Derzeit ziehen die Toms des Schlagzeugs eine deutliche (störende) Klangfahne nach sich. Bei der großen Standtom etwa ist das durchaus im Sekundenbereich.

Mit Diffusoren habe ich mich bislang nur am Rande beschäftigt. Auch wenn ich bei jedem Eigenbauthread oder Video regelmäßig Lust bekomme selbst welche zu bauen. Welche Platzierung würdest du denn empfehlen? Gibt es da eine allgemeingültige Regel, mit der man starten kann (z.B. Gegenüber der Schallquelle oder hinter der Abhörposition)?
Ist aber bei Diffusoren nicht auch ein gewisser Abstand zur Hörposition nötig? Da wir alle recht nah an den Wänden stehen hatte ich das Thema nicht zuletzt deshalb erstmal zurückgestellt.

Würdest du denn Maßnahmen an der Zimmerdecke empfehlen?
 
Ist aber bei Diffusoren nicht auch ein gewisser Abstand zur Hörposition nötig?

Das stimmt schon, aber es ist auch nicht ganz trivial. Die mathematischen Modelle die die Eigenschaften eines Diffusors beschreiben funktionieren nur im Fernfeld. Das heißt man kann rechnerisch erstmal nur Aussagen über die Diffusion in einiger Entfernung machen. Daher wird eine minimale Distanz für den Hörer angegeben. In der Praxis kann man aber oft etwas näher ran. Wenn man zu nah dran ist, dann hört man Verfärbungen im Klang, also einzelne Frequenzen sind hervorgehoben oder abgesenkt. Bei QRDs hört man dann zB die Resonanz der einzelnen Fächer.

QRDs würde ich aber sowieso nicht bauen. Eher einen OSD (optimized stepped diffuser). Es gibt OSD Designs die sind nur etwa 6cm dick aus 1cm dicken Holzplatten gebaut.

Eine andere Alternative sind eben hybride Oberflächen, die teilweise absorbieren und teilweise als Diffusor wirken. Das sind im wesentlichen poröse Absorber (zB eine Basotect platte) und davor eine Holzplatte die nach einem bestimmten quasi zufälligen Muster gelocht ist. Ein Vorteil ist dass man auch relativ nah an diese Panele ran kann ohne dass es zu große Verfärbungen gibt. Nachteil ist, dass sie unter etwa 2000Hz quasi komplett absorbieren. Darunter wirken sie einfach wie ein Absorber mit der entsprechenden Dicke.

Wenn du generell einen ausgewogen Klang willst, musst du die Akustik-Panele generell gleichmäßig auf alle Wände verteilen. Du könntest aber schon versuchen punktuell zB die Reflexionen des Schlagzeugs mit diffusoren zu zerstreuen.

Der Grund warum ich Diffusoren mit einbeziehen würde ist folgender: Wenn du nur Absorber anbringst, dann verringerst du die Komplexität der Reflexionen im Raum. Anstelle vieler Reflexionen die sich zu einer diffusen Fahne zusammenmischen, hast du dann nur noch ausgewählte Reflexionen und das kann wieder hörbare Kammfilter und Flatterecho erzeugen. Mit Diffusoren erhöhst du die Komplexität und das Klangbild wird eben ... diffuser.

Letztlich kannst du einfach mit Absorbern anfangen und später immernoch entscheiden ob du sie in hybride Diffsorber verwandelst. Letzlich musst du nur die entsprechende Lochplatte davorhängen.

Bassabsorption ist aber schon sicher erstmal ganz gut und das dringlichste Problem zu behandeln.
 
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