Woran macht ihr fest, ob ein Text euch anspricht?

"Traurig" ist, dass Dein Beitrag suggeriert, dass Deine Meinungsbildung, ein Mal abgeschlossen, meist nicht mehr revidiert wird.
Das bedeutet doch, Du ziehst nicht in Betracht, Dich zu verändern.
würde ich für mich (nicht nur bezüglich Texte) auch so erstmal unterschreiben...
Ich mache (und höre) seit fast 50 Jahren Musik, habe mir eine Meinung "erarbeitet" u.a, auch zu Texten, und ich glaube, das ich mit diesem "Erfahrungshorizont" mir ein aussschliesslich eigenes Urteil und einen eigenen Stil erlauben kann, den ich für mich nicht mehr permanent auf den Prüfstand stellen muss.
Ergo habe ich, bei u.a. bei Texten und Musik eine lange gewachsene Meinung/Vorliebe, was auch immer...
Die "Überraschungen", die mir begegnen, werden mit zunehmendem Alter geringer.
Wenn mich ein persönlicher Schicksalsschlag trifft (kommt zunehmend vor), kann auch u.a. ein Text, der dazu passt (sofern die Musik den Inhalt mitträgt) einen gewissen Einfluss auf mich haben. (wobei es es bei mir wesentlich mehr die durch die Stimmung der Musik geprägte Affinität ist).

Beispiel (für mich):
traurig und bewegend...
www.youtube.com/watch?v=WcPR95QfPeM&list=PL160-RgHp5ukTKX0CX1Qu2Z4l0ljlWdl6&index=11&t=0s

ein Song ,der mich musikalisch (Stimmung) und textlich passend "in a Mood" brachte...
www.youtube.com/watch?v=RuhYJfxuTI0

anderes Beispiel, dessen ausschließlich Text mich "angesprochen" hat...
/www.youtube.com/watch?v=aEDBkK_BthA

ergo:
Texte sind (m.E.) selten unabhängig von der Musik (und Interpret) zu sehen...
Eine erworbene (mühsam erarbeitete) "Meinung/Vorliebe" muss ich weder ablegen, noch revidieren, kann aber jederzeit erweitert werden...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Einer der wenigen Songs, die mich inhaltlich berühren ist dieser hier:



Traurig und schön zugleich. Aber hier stimmt für mich auch einfach alles. Gesang, Musik, Text.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Sehr gute, interessante Frage....

ich kann nur aus meiner persönlicher Erfahrung antworten:

Ich mag in Songtexten athmosphärische Bilder, die den "Sachverhalt" indirekt umschreiben.

Ich mag Texte die nicht zu offensichtlich beschreiben, sondern auch "blinde Flecken" und Geheimnisse haben, also Textstellen, die man deuten/ interpretieren kann.

Ich finde es schön, wenn die gesungenen Worte einen akustischen Wohlklang haben. Wenn das zu 100% gelingt, ist es mir manchmal sogar wurscht, ob der Inhalt des Textes Sinn macht.

Wenn ich solchen Songs eine Kategorie geben müsste, würde ich sie nennen: Non-theosophical anti-statement songs. Weil; zu direkte Statements und philosofische Diskurse in Songs turnen mich eher ab. Der Text ist idealerweise Bestandteil der Musik und löst sich in der Musik auf, wie ein Stück Zucker im Kaffee.

Grüße und schönes Wochenende!
 
Woran macht ihr fest, ob ein Text euch anspricht?

An gar nix ...
Entweder ein Text spricht mich sofort an, oder irgendwann später mal ... oder eben nicht. Völlig egal was für ein Art Text.

"Gefallen" ist wieder eine ganz andere Baustelle ... aber auch das läuft bei mir über das eigene Empfinden, nicht über theoretische Überlegungen. Ein Text kann mir z. B. auch vom Schreibstil her gefallen, aber inhaltlich überhaupt nicht - oder umgekehrt. Ob mir ein Text gefällt, weiß erst wenn ich ihn kenne, da bin ich erst mal ganz offen ...
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Woran ich festmache, ob Euch ein Text anspricht?

Daran, dass ich spontan reagiere und er mich emotional packt. Das kann im Zweifelsfall auch nur eine Zeile oder eine Wendung sein. Daran, dass er mich inspiriert, etwas in mir in Bewegung setzt. Daran, dass er mich verblüfft. Daran, dass er runter geht und einfach fließt, fließt, fließt. Daran, dass er zusammen mit dem song eine Einheit bildet. Texte, die mich umhauen. Texte, die schon beim reinen Lesen etwas bei mir bewirken oder bei denen mir von Innen eine Musik, eine Melodie, ein Rhytmus oder ein Puls entgegenströmt.

Es gibt auch songtexte, die eine Weile brauchen, um bei mir anzukommen. Bei denen ich plötzlich eine zweite Ebene oder Deutung sehe, Texte deren Einfachheit nur oberflächlich ist. Texte, die mich zum nachdenken bringen.

Hmmm - da ich sehr unterschiedliche Musik höre, sind auch die Texte sehr vielfältig.

x-Riff
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Woran ich festmache, ob Euch ein Text anspricht?
Ausschließlich daran, dass ihr euch dazu wohlwollend äußert. Wie denn sonst?

Naja, Rap ist ein Fall für sich, der gesondert betrachtet werden sollte. Überhaupt deutscher Rap ..
Meine OT-Anmerkungen zu diesem Thema:

Rap kann man überhaupt nur als Musikform bezeichnen, solange das, was den Ursprung des Rap ausmachte, noch spürbar ist:
Den Text als Rhythmusinstrument verstehen. Ihn so gestalten, daß eine rhythmische Raffinesse, Kraft und Energie am Ende herauskommt.
Mit dem Text rhythmische Figuren zaubern … das wär´s !

All das ist im deutschen Rap nicht auffindbar, zumindest nicht in den Nummern, die ich bis jetzt zwangsweise zu hören bekommen habe.
Das Staccato von 16 16tel-Noten/Silben unmittelbar hintereinander, selbst, wenn diese "in Time" gesprochen werden, hat mit rhythmischer Raffinesse überhaupt nichts zu tun.

Und wie ist es damit?


View: https://www.youtube.com/watch?v=sp1UNcePBME
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Thema, alle Achtung. (y)

Ich sehe das etwas einfacher: Ein guter Song, egal aus welchem Genre, sollte beim Hörer eine Reaktion auslösen. Je stärker die Reaktion, desto besser.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich hatte gerade nochmal über das Thema nachgedacht (wenn auch nicht über diesen Thread konkret ;) ), da ich meinem Bruder bzw. seiner Band oft "lyrics by Captain Obvious" vorgeworfen hatte. Mittlerweile ist mir fachsprachlich klar, was ich mit diesem Gefühl gemeint hatte: Konkreten Texten (ob persönlich oder unpersönlich) fehlt oft der Subtext. Der ist nicht nur bei Songs wichtig, sondern auch bei Romanen und Filmen.
Wenn Charaktere in Geschichten genau das sagen würden, was sie denken, würde sich der Dialog bestenfalls unnatürlich, weil zu offen und ehrlich anfühlen, im schlimmstenfall neudeutsch "cringe".

Ein aktuelles Beispiel vom diesjährigen ESC, dem genau ein solcher "on the nose"-Text vorgeworfen wurde, war der slowenische Beitrag "How Much Time Do We Have Left?"
Ich könnte euch erklären, worum es geht, aber das ist gar nicht nötig - der Text sagt es frei heraus:


View: https://youtu.be/Jbs9WlvIkg0?si=AOwBHJaFL69zRgUf

Hätte ich das Lyric Video verlinkt, wäre es noch mehr "in your face", weil das auch noch unnötigerweise mit einem Disclaimer davorkommt, der es auch nochmal explizit erklärt.
Das ist ein bisschen so wie bei einem Comedian (was Sänger Klemen tatsächlich ist), der seine Witze erklärt. Bloß, dass er in dem Fall eben offenbar meinte, stattdessen die Tragik erklären zu müssen.

Dieser Song wäre natürlich ein exemplarischer Fall von "persönlich + konkret". "Unpersönlich + konkret" wären bspw. generische Weltverbesserer-Hymnen, die man beim ESC natürlich ebenfalls oft hört.


Man vergleiche das mit anderen Songs zum selben Thema: Unheiligs "Geboren um zu leben" ist etwas weniger konkret, aber immer noch konkret genug in den ersten Zeilen, um das Thema ziemlich klar zu machen.
Bei Herbert Grönemeyers "Der Weg" muss man sich das Thema schon mehr aus dem Kontext erschließen (oder eben die Biografie des Sängers kennen).


Die Debatte, was nun künstlerisch wertvoller ist, ist schon Jahrhunderte alt. :) Im Deutschunterricht mussten wir damals Heinrich Heines Haltung, der eher ein Fan von Subtext und Ironie war (Bsp. sein Gedicht "Zur Beruhigung") vergleichen mit Georg Herweghs deutlich expliziterem Gedicht "Reißt die Kreuze aus der Erden! Alle sollen Schwerter werden!"

Heines Weg war natürlich auch eine gute Möglichkeit, Zensur und Verfolgung zu vermeiden - weil es für ein Gericht schwierig ist, einem eine andere Absicht zu unterstellen als das, was man schwarz auf weiß geschrieben bzw. wörtlich gesagt hat. (Siehe dazu auch diesen Thread zu den Grenzen des Sagbaren). Diese Option bleibt einem selbstverständlich auch heute noch. :)


Ich selber bin jemand, der gerne eine konkrete Metapher nimmt und dann den ganzen Song über in diesem Bild bleibt. Damit teste ich gleichzeitig, wie passend die Analogie ist - nämlich dadurch, ob sie den ganzen Text über durchhält oder nicht. Manchmal merkt man dadurch auch, dass eine Analogie buchstäblich für den A ist... :D

Ich kenne aber auch Menschen, die genau das stört, wenn man sich nur auf eine Metapher beschränkt. Hier fällt mir wieder ein ESC-Beispiel ein, der isländische Song von 2017 namens "Paper"... der komplett nur aus Papier-Wortspielen bestand ("you cut right through, I'm stuck like glue to you..."). Da hat sich damals ein Reviewer, dem ich gefolgt bin, genau an dieser "metaphorischen Konsistenz" gestört.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
@Strato Incendus ,
ich hatte noch nicht Gelegenheit, den Thread zu lesen. Genau genommen, noch nicht einmal deinen Anfangspost habe gründlich lesen können. Ich wollte nur schnell "Wie geil" rufen, dass du Cosmic Sceptic zitierst. Mehr Menschen sollten ihm folgen!

Back to reading the OP...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich die Weltverbesserer-Hymnen im Startpost noch als unpersönlich + abstrakt eingeordnet habe, in meinem letzten Post hingegen als unpersönlich + konkret. :)
Diesen Widerspruch wollte ich noch kurz auflösen: Die Weltverbesserer-Hymnen haben oft (ironischerweise) "the worst of both worlds":

"Abstrakt" sind Weltverbesserer-Hymnen meistens deshalb, weil die im Text geäußerten Empfehlungen, wie genau die Welt denn jetzt besser werden soll, meistens recht allgemein gehalten sind und eben NICHT konkret. Denn die meisten Weltverbesserer-Hymnen wollen nur deshalb universell sein, um Massen-Appeal zu haben - weshalb man sie vorwiegend bei Massen-Veranstaltungen wie eben dem ESC hört (oder damals Live Aid usw.). Würde man konkrete politische Forderungen in einen Weltverbesserer-Song einbauen, limitiert man sein Publikum ja auf diejenigen, die einem bereits zustimmen (und die paar wenigen, deren Meinungen man ggf. mit dem Song selbst ändern kann).

"Konkret" sind Weltverbesserer-Hymnen durch das Floskelhafte, weil viele der Klischées, die in solchen Texten vorkommen, eben deshalb Klischées sind, weil sie auch in der Alltagssprache regelmäßig vorkommen.
Um wieder ein ESC-Negativbeispiel zu nehmen:
Jessica Mauboy (ESC Australien 2018) schrieb:
I know, I know what you must be thinking
That we are powerless to change things
But don't, don't give up
'Cause we got love, 'cause we got love

Man bewegt sich vom Sprachniveau also im Bereich der "persönlichen + konkreten" Everyday-Life-Songs, anstatt in der Poesie, die abstraktere Songs üblicherweise haben; inhaltlich bleibt man aber so schwammig wie die abstrakten Songs. Man setzt sich also zwischen alle Stühle. :p Und ein Song, der seine Existenz nur damit rechtfertigen kann, allen gefallen zu wollen, gefällt am Ende dann oft niemandem.

Ich wollte nur schnell "Wie geil" rufen, dass du Cosmic Sceptic zitierst. Mehr Menschen sollten ihm folgen!
Ich kenne ihn (er schreibt sich übrigens amerikanisiert Cosmic Skeptic, wahrscheinlich, damit ihn mehr Menschen schneller finden); aber wo habe ich ihn denn hier zitiert? :D
 
Stimmt, obwohl er eher Brite ist, schreibt er den Namen Amerikanisch. Du zitiertest ihn in deinem ersten Post: "Aber wie CosmicSkeptic (YouTube) mal so schön sagte, wir können ja nicht kontrollieren, was wir "wollen" - wir tun es einfach."
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ah, danke für den Reminder :D - wenn der Startpost so lange her ist und eine gewisse Länge hat, ist es schwierig, eine konkrete Zeile zu finden. :) Die Suchfunktion hatte mir nämlich nur deinen Post angezeigt. Vermutlich, weil ich im Startpost CosmicSkeptic zusammen geschrieben hatte, weil das seine Handle auf YouTube ist.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Was deine Frage "Woran macht ihr fest, ob ein Text euch anspricht" betrifft, kann ich keine eindeutige Antwort geben. Deine Einordnung in persönlich/unpersönlich und konkret/abstrakt ist ja nur eines von zahllosen möglichen Systemen. Ich würde für mich dieses System eher nicht verwenden, weil ich feststelle, dass diese Bezugspunkte für mich nicht sonderlich relevant sind. Texte, die ich mag und Texte, die ich nicht mag, finden sich in jedem deiner Quadranten - für mich müssen offensichtlich andere Kriterien maßgeblich sein.

Tatsächlich ist es schwierig, einen roten Faden zu finden, der meine Mag-ich-Texte verbindet.

Bei Romanen habe ich deutliche Präferenzen: Wenn die Figuren interessant und vielschichtig sind und gerne auch den einen oder anderen Bruch haben und vielleicht nicht immer moralisch eindeutig sind, dann sehe ich über lausige Plots hinweg. Der beste Actionthriller mit clever ausgearbeitetem Plot langweilt mich, wenn die Figuren mich nicht packen.

Analog, glaube ich, finde ich generell Songtexte gut, die ein (impliziten) lyrisches Ich haben, das ich interessant finden kann. Springsteen macht das oft richtig gut. In "My Hometown" beschreibt das lyrische Ich den Niedergang seiner Heimatstadt. Das ist soziologisch interessant, aber gut wird für mich der Text dadurch, wie das lyrische Ich, durch dessen Augen wir diesen Niedergang für sich interpretiert und wie es damit umgeht: einerseits träumt es davon, mit seiner Partnerin wegzugehen, andererseits wiederholt es die Erfahrungen seines Vaters, indem es seinem Sohn die Stadt zeigt: "Sieh dich um, das ist deine Heimat..." In ganz wenig und sehr einfachen Worten werden Hoffnungen, Sehnsüchte und Unsicherheiten nachvollziehbar - und das nimmt mich mit.

Leonard Cohens Texte haben für mich eine ähnliche Wirkung. Ich empfinde die Texte oft rätselhaft. Vieles kann ich deuten, manches nicht. "Who by Fire" ist so ein Beispiel. Ich verstehe jedes einzelne Wort, seine Bedeutung im Kontext allerdings nicht immer, und der gesamte Text hat Bedeutungsdimensionen, die mir verschlossen sind. Ich spüre aber, dass diese Bedeutungen für das lyrische Ich (und für Cohen) ganz große Wichtigkeit haben. Ich spüre, wenn auch möglicherweise nur mittelbar, eine Menschlichkeit, die mich anspricht.

Ein Gegenbeispiel sind manche Raptexte. Als ich zum ersten Mal SNAP!s "The Cult of Snap!" hörte, war ich so gespannt darauf, was der Text sein könnte. Dann las ich ihn und war von der Nichts-igkeit erschlagen. Da rappt der Rapper lediglich darüber, dass er rappt und dass seine Texte Manifeste seien - nur kommt dann nichts weiter. Texte dieser Manier - "Ich bin cool, weil ich reich bin" oder "ich bin reich, weil ich cool bin" oder "ich Rapper besser als du und deine Mutter" - bleiben für mich inhaltsleer und damit uninteressant. Das betrifft übrigens nicht nur Rap. Europe's "Final Countdown" ist immer ein Lieblingsstück für mich - nur der Text lässt mich völlig kalt. Ich spüre, dass der Autor da eigentlich nichts zu sagen hat, nichts ausdrücken will.

Anyway... Jetzt habe ich viel gelabert und niemand ist klüger geworden dadurch...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer

Ähnliche Themen

Novalee
Antworten
7
Aufrufe
3K
Kawai
K
K
Antworten
0
Aufrufe
3K
KullerKeks
K
wolbai
Antworten
1
Aufrufe
1K
wolbai
wolbai
x-Riff
Antworten
0
Aufrufe
5K
x-Riff
x-Riff
2 Bad
Antworten
72
Aufrufe
8K
Jongleur
J

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben