ist unter Euch jemand, der mir Näheres zum Thema "Targeting" als Methode der Jazz-Improvisation (bspw. Django Reinhardt) sagen und ggf. weiterführende Quellen nennen kann?
Hi,
Hagenwil hat ja schon einiges zu Thema gesagt.
Hier nun ein Überblick über die Möglichkeiten eine Annäherung zu platzieren.
Zielton sind meist 1, 3, und 5 eines beliebigen Akkordes. Septime und Tensions kommen nicht so häufig als Zielton vor, da sie nicht die Stabilität von 1, 3 und 5 besitzen.
Der Zielton kann sowohl von oben als auch von unten schrittweise (=Sekundschritt) angesteuert werden.
In der Regel wird er von oben diatonisch, das heißt durch den darüberliegenden leitereigenen Ton der momentanen Chordscale, angesteuert und von unten chromatisch.
Beispiel in C Dur: Akkord ist z.B. V7/II, also A7b9. Die momentane Chordscale ist somit HM5. Akkordtöne die angesteuert werden sind a, c# und e.
Die Approaches (Annäherungstöne) von oben sind also leitereigen, d.h. in unserem Fallbeispiel, der Ton a wird durch den Ton bb, der Ton c# durch den Ton d und der Ton e durch den Ton f angesteuert.
Bemerkenswert in diesem Beispiel ist, dass die leitereigenen Approaches von oben zufällig alle ebenfalls chromatisch sind. Das ist eben tonleiterbedingt.
Die Approaches von unten (chromatisch) wären nun in unserem Beispiel:
a wird durch g#, c# durch b# und e durch d# vorbereitet.
Als Instrumentalist ist es nun ratsam diese beiden Arten der melodischen Zieltonvorbereitung einzeln zu üben. Zunächst vielleicht die Diatonischen.
Eine Übung in C Dur für den Akkord auf der II Stufen, also D-7, wäre z.B.:
Diatonisch von oben aufwärts oder abwärts e d, g f, b a, e d, etc.
Chromatisch von unten c# d, e f, g# a, c# d.
Wenn das sicher geht versuche man die beiden möglichen Kombination der beiden Annäherungen.
Chromatisch - diatonisch - Zielton
Beispiel für die II Stufe in C Dur:
c# e d, e g f, g# b a, c# e d
oder
diatonisch - chromatisch - Zielton.
Beispiel für die II Stufe in C Dur:
e c# d, g e f, b g# a, e c# d
Nicht vergessen. Diese Patterns auch abwärts üben!
Wenn diese beiden Pattern in Achteln (evtuell auch swingphrasiert) gespielt werden, gibt es eine interessante Dreierverschiebung. Natürlich kann die Übung auch triolisch gespielt werden.
Wenn das einigermaßen geht, versuche man folgende Variation in Sechszehnteln:
e d c# d, g f e f, b a g# a e d c# d. Hier handelt es sich um eine Vorwegnahme der Auflösung.
Diese Technik ist meines Erachtens einer der wichtigsten Bausteine der Melodiebildung schlechthin. Durch diese Übungen bekommt man ein Gespür für Spannung - Auflösung. Die Targetnote ist immer die Auflösung. Sie fällt für gewöhnlich auf einen Downbeat, d.h., die Approaches fallen von Natur aus auf die "und". Bei Dreier-Verschiebungen entfällt diese natürliche Gegenbenheit, deßhalb versuche man zunächst die oben zuerst aufgeführten Übungen, um dieses Spannungsgefälle zu spüren.
Wenn die Übungen zunächst immer auf einer Harmonie geübt werden, sollte man bei zunehmender Sicherheit dazu übergehen, Kadenzen auf diese Weise zu umspielen.
Dabei ist der wichtigste Punkt immer der Akkordwechsel. Der Approach des nächsten Akkordes im nächsten Takt kommt dabei bereits auf der 4und des vorhergehenden Taktes.
Wenn dieses Spiel berherrscht wird, kann man Singlenotelines ohne Akkordbegleitung spielen und die Harmonien werden für den Zuhörer trotzdem hörbar.
Das sollte eigentlich das Ziel eines jeden Improvisierenden sein.
Falls Du noch weitere Anregungen zum Thema brauchst, bitteschön. Es gibt noch einiges dazu zu sagen.
CIAO
CUDO