Warum können Deutsche nicht klatschen?

  • Ersteller Apfelsaft
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Ich glaube, es wird (wurde) uns wirklich "in die Wiege" gelegt. Unsere Kinderlieder und Kirchenlieder (und das ist doch das, was die meisten von klein auf so mitbekommen) sind schon sehr straight im Takt und betonen entweder jeden Schlag oder eher die 1 und ab da geht's weiter. Fuchs du hast die Gans gestohlen - 1 und 3 auf "Fuchs" und "Gans", 2 und 4 auf "hast" und "stohl" - wird dann noch vom Text verstärkt.

Das Instrument, dass man als Kind aus besserem Hause dann auch erlernen "muss", ist natürlich ein klassisches mit ebensolchen Rhythmen.

Die 2 und 4 braucht man bei allem, was swingen/rocken soll - das ist bei uns eben doch erst in den 60er/70er Jahren angekommen, und in Kirche und Kindergarten bis heute noch nicht. Und auf Volksfesten mit Volksmusik auch nicht.

Bis man dann einen eigenen Musikgeschmack entwickelt, ist es zu spät und die Marschmusik ist im Blut :D

Wer sich die hohe Kunst des Klatschens mal zu Gemüte führen will, höre mal hier rein. Das geht mit Publikum nur, wenn das Publikum etwas Anderes "im Blut" hat.
 
Auch bei den Franzosen wird mal auf 1+3 geklatscht. Harry Connick jr. spielt einen 5/4 Takz und schon passte es. Mich wundert, dass das Publikum seinen Rythmus konsequent durchhält. Oft fangen die Leute ja richtig an und kommen dann raus..
 
Hier bei 3:50 eine interessante Lösung zum "Problem" --> :)

 
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(y) Das ist mal genial! Muss ich mir merken für solche Fälle.

Normalerweise versucht man das durch für alle sichtbares "Vorklatschen" von der Bühne aus zu regeln.

Edit: sehe gerade, dass der Vorschlag dazu auch schon mal in #16 vor vielen Jahren gemacht wurde.
Trotzdem war es das Video wert, den Thread wieder aufzuwecken .... ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Und Harry Connick Jr. hat seinen Job der Unterhaltung ja quasi von der Pike auf gelernt (Hotelbars usw. - soweit mich mein Gedächtnis nicht trügt).
 
Trotzdem war es das Video wert, den Thread wieder aufzuwecken .... ;)

Allemal!

Und es ist auch ein wenig tröstlich: offenbar haben nicht nur wir Deutschen das Klatschen auf 1 und 3 gepachtet.
Andererseits: es geht ja um ein scheinbar generelles "Problem" der Europäer und auch weiße Amerikaner sind eigentlich Europäer...

Der Extremfall des Klatschens auf 1, 2, 3 und 4 kommt vielleicht auch zustande, weil einige wackere Weltverbesserer (wie ich) penetrant auf 2 und 4 dazwischen klatschen, es aber niemanden juckt. :nix: :D
 
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Genialer Trick! Da würde ich aber selbst bei raus kommen.
 
Trotzdem war es das Video wert, den Thread wieder aufzuwecken .... ;)
Dir ist nicht aufgefallen das die Beschreibung von JoergHH's Video in Beitrag #42
auf das Video von Beitrag #43 passt?

Entweder ist JoergHH Hellseher oder das auf Privat gesetzte Video war dasselbe. ;-)

Lernen wir als Deutsche nicht ohnehin das mitzählen jeder Viertel beim marschieren?
Links, Zwo, Drei, Vier ... Links, Zwo, Drei, Vier
 
Aha, ein 150 Prozenter. Nein, ich habe mir die Beschreibung eines nicht mehr verfügbaren Videos nicht mehr angesehen. Danke für diese (völlig überflüssige) Belehrung.(thumbsDown)
 
Ich hab keine Ahnung, welcher Takt "We will rock you" von Queen ist, aber wer das nicht richtig mitklatschen kann, besitzt auch nur Schuhe mit Klettverschluss :D
 
4/4, das setzt aber eben auch auf 1 ein, wenn auch die Betonung dann klar auf 2 u. 4 liegt. Aber das doppelte aufstampfen (oder was auch immer man da macht) begonnen auf 1 erleichtert es wohl den Händen ziemlich, die 2 bzw. nach einer Wiederholung dann die 4 zu finden ;)
Lenke die Leute auf 1 vom Klatschen ab und zwinge sie auf 2 dazu, dann läuft der Offbeat^^
 
Über das Thema habe ich auch schon viele Stunden nachgedacht. Das wurde mir schon in der Schule beigebracht, dass es falsch ist.

Mein damaliger Musiklehrer war Jazz-Schlagzeuger und Pianist. Er hat es uns in etwa so erklärt:

Die gemeinen Kinderlieder beginnen alle auf 1 und haben kein Intro, da dies den Kindern den Einstieg in das Lied erschweren würde. Diese Kinderlieder gibt es aber nicht nur bei uns sondern sind in der Regel auf der ganzen Welt gleich.

Warum gerade Menschen aus Afrika und Lateinamerika ein besseres Rhythmusgefühl haben liegt oft an der Kirche.

Während in Deutschland ein Kirchengang wiefolgt aussieht: hingehen, hinsetzten ein paar langsame traurige Lieder singen, Frühschoppen.

Im Gegensatz dazu wird in Lateinamerika und Afrika der Gottesdienst zelebriert. Fetzige Lieder mit klatschenden Chor. Und dieser Chor klatscht nicht auf 1 und 3.

Zumindest wurde es mir damals so erklärt.

Ein Blick nach Asien und Europa als Vergleich zu Afrika und Lateinamerika reicht allemal, damit ich diese Erklärung glaube. Denn wir Europäer und die Kollegen aus Asien haben alles, aber kein Rhythmusgefühl.
 
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Das Thema hat für mich mindestens drei Ebene:

1. Richtiges vs. falsches Klatschen

Das zu pauschalisieren finde ich "falsch". Weder ist 2 + 4 immer richtig, noch 1 + 3 immer falsch. Selbst wenn 1 + 3 falsch sein sollte, ist es aus meiner Sicht genauso verkehrt, als einziger stur 2 + 4 zu klatschen, nur um den anderen zu zeigen, wie doof sie sind, bzw. wieviel besser man es selber weiß. Das stört nur die ganze Veranstaltung und bringt keinem was. Wenn's einen so sehr stört, dann lieber einfach gehen...

(Ich hatte dazu letztens eine Diskussion mit meiner Ma (klassische Klavierprofessorin in Pension). Ich lerne selber gerade Klavier und habe in ihrer Hörweite eine etwas aufgepeppte Version von "Memory" aus Cats gespielt. Ich habe wohl gefühlt "richtig" betont, sie hat mir aber zu erklären versucht, dass historisch bedingt und bei dieser Art Musik die 1 die schwerste Zählzeit sein sollte, die 3 etwas leichter. Nachdem ich ihr mittels Youtube zeigen wollte, dass das bei dem Stück nicht zutrifft, musste ich ihr nach genauerem Anhören der Aufnahme dann doch "leider" Recht geben...)

2. Das Besserwissen

In der Regel werden solche Threads aus meiner Sicht in erster Linie eröffnet, um zu zeigen, wie doof und unmusikalisch die Deutschen doch sind, aber nur um im zweiten Satz nachzulegen, dass das für einen selber natürlich nicht gilt, und man tief im Inneren eigentlich Schwarz ist und Groove hat, als Auserwählter quasi. Wer's braucht...

3. Deutsche können nicht...

Ich weiß nicht, ob das ein aktuelles Phänomen ist. Aber ich lese immer häufiger: Deutsche können nicht Tanzen oder Klatschen, Deutsche haben keinen Groove, oder zuletzt, Deutsche haben keine Esskultur... Ist es in anderen Kulturen/Nationen auch üblich, die eigene Nation und Kultur ständig nur runter zu machen? Oder ist das auch so ein deutsches Ding. "Deutsche können sich nicht freuen, auch mal was gut zu machen/zu können..."?! Ich frage für einen Freund...

Gruß,
glombi
 
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Punkte 2 & 3 fallen unter „Politik & Gesellschaft“ und das diskutieren wir hier im „Musikalischen“ bitte nicht :)
 
Mein damaliger Musiklehrer war Jazz-Schlagzeuger und Pianist. Er hat es uns in etwa so erklärt:

In der Regel wird (früher mehr als heute) ein Schlul-Musiklehrer aber eher einen klassischen Hintergrund haben, alleine durch das Studium. Bei uns wurde - übertrieben gesagt - alles an Musik, was jünger als 100 Jahre war, als "minderwertig" betrachtet, außer der Neuen Musik.
Besser gesagt eigentlich: Strenge Trennung zwischen "E-Musik" und "U-Musik". Jazz, Pop und Rock waren als U-Musik praktisch kein wirklich ernsthaftes Thema.


Warum gerade Menschen aus Afrika und Lateinamerika ein besseres Rhythmusgefühl haben liegt oft an der Kirche.

"Bei uns" ist ein Gottesdienst viel so wichtig und ernsthaft, dass jede Freude, jedes Herumhüpfen/Tanzen/Lachen als unangemessen betrachtet wird.
Liegt vielleicht daran, dass Afrika und Lateinamerika erst spät durch Missionare bekehrt wurde, als der Paradigmenwechsel vom rachsüchtigen und strafenden Gott hin zum liebenden, verzeihenden Gott bereits vollzogen war.
Bei uns steht immer noch zu oft Tod, Leid, Martyrium und Sünde im Zentrum, während in Afrika/Lateinamerika Freude, Erlösung und Hoffnung die tragenden Elemente sind.

Ich bezweifle aber, dass heute (!) die Kirche einen sonderlich prägenden Einfluss auf uns hat.

Da bin ich eher ein Anhänger der "Marsch"-Argumentation: Der Marsch als militärisch-musikalische Durchhalte- und Parademusik bedingt eben automatisch eine Betonung der schweren Zählzeiten beim Marschieren.
Andererseits habe ich das Gefühl, in meinem Leben mehr amerikanische und französische als deutsche Soldaten marschieren gesehen zu haben (Militärparaden und alles was mit Nationalstolz verbunden werden kann, ist ja bei uns heute aus bekannten Gründen deutlich weniger ausgeprägt als in allen anderen Ländern).


Das zu pauschalisieren finde ich "falsch".

So ist es. Pauschalieren grenzt auch immer an Rassismus im erweiterten Sinne, weil etwa einer Nationalität pauschal Eigenschaften zugesagt werden.
Wenn man aber das böse Wort "Vorurteil" durch eine statistische Tendenz ersetzt, ist es nicht mehr ganz so böse und hat einen gewissen wahren Hintergrund.


genauso verkehrt, als einziger stur 2 + 4 zu klatschen, nur um den anderen zu zeigen, wie doof sie sind, bzw. wieviel besser man es selber weiß.

War natürlich ein Extrem-Beispiel und man muss nicht alles verbissen und negativ sehen. Wenn Musiker auf der Bühne "vorklatschen" soll das positiv-animierend, nicht besserwisserisch-belehrend sein. Ob sich Teile des Publikums dann als "Hilfsmusiker" betätigen müssen, kann solche oder solche Hintergründe haben... :gruebel:


Ich habe wohl gefühlt "richtig" betont, sie hat mir aber zu erklären versucht, dass historisch bedingt und bei dieser Art Musik die 1 die schwerste Zählzeit sein sollte, die 3 etwas leichter. Nachdem ich ihr mittels Youtube zeigen wollte, dass das bei dem Stück nicht zutrifft, musste ich ihr nach genauerem Anhören der Aufnahme dann doch "leider" Recht geben...)

Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor:
Die klassischen Schwerpunkte/Betonungen gelten meiner Meinung nach für den Grundpuls immer noch - das Klatschen auf 2 + 4 imitiert aber in erster Linie die Snare, die eben immer den "Nachschlag" klopft - das ist auch bei vermeintlich deutschtümelnder Marschmusik so.



Punkte 2 & 3 fallen unter „Politik & Gesellschaft“ und das diskutieren wir hier im „Musikalischen“ bitte nicht :)

War auch mein Gedanke.
Aber man stößt - auch oder gerade in der musikalischen Praxis - immer wieder auf solche Aussagen.
Auch typische Meinungen wie "Weiße können keinen Jazz spielen" usw. sind ja nicht auszurotten.

Viele Grüße
Torsten
 
Weder ist 2 + 4 immer richtig, noch 1 + 3 immer falsch. Selbst wenn 1 + 3 falsch sein sollte, ist es aus meiner Sicht genauso verkehrt, als einziger stur 2 + 4 zu klatschen, nur um den anderen zu zeigen, wie doof sie sind, bzw. wieviel besser man es selber weiß.

Eben. Die Menschen sind soziale Wesen, und wenn der Initiator so-rum-betont klatscht, klatschen sie halt in der gleichen Betonung mit. Mich persönlich stört diese Klatscherei während der Vorstellung; ins Konzert oder in die Oper gehe ich, um das Spiel bzw. den Gesang der Künstler zu hören, und nicht irgendein Geklatsche.
Zum Klatschen ist Zeit genug, wenn der letzte Ton gespielt/gesungen wurde und der Vorhang fällt.

Eine andere Sache ist, wenn der Künstler (oft in der leichten Unterhaltung) das Publikum zum Klatschen explizit auffordert; dann weiß ich, das Klatschen ist erwünscht und der Künstler gibt auch das Klatschmuster vor, so daß das Publikum richtig (= wie gewünscht) klatschen kann.

@Apfelsaft
Menschen aller Nationalitäten können richtig klatschen, und es gibt immer einige (auch in aller Welt), die aus der Reihe tanzen oder klatschen.

Gruß, Bert
 
@Be-3

dass die Kirche in unseren Regionen wenig Einfluss auf kindliche Musikbildung hat, das glaube ich sofort. Da viele ja garnicht erst hingehen.

Dass es in Südamerika und Afrika anders ist, da musst du mir aber schon zustimmen. Dort hat Glaube und Gott einen komplett anderen Stellenwert.

Und das sage ich als Kirchengegner und Atheist, mag schon was heißen. Ich akzeptieren die Kirche als Gemeinschaft die einen stützen kann. Aber ich glaube nicht an ein Wesen welches mich lenkt. Das gibt es schlicht nicht.

Bei uns in der Nähe ist ja die US-Army stationiert und da gibt es so einen Gospelchor, meine fresse muß ich sagen, die machen echt gute Musik. Die haben mal auf einem Bürgerfest gespielt. Ich als Metaller war wirklich begeistert von dieser Musik.
 
Man kann wohl zusammenfassend sagen:

Aus so allen Musiker- / Tänzer- / Producer- / ....... -bubbles heraus (derer das MB ja genauso eine ist wie wohl zumindest Teile des Umfelds der meisten User) , also die paar Prozentchen der Menschheit, die keine Deutschlehrer sind und trotzdem wissen, dass man Rhythmus mit 2 H schreibt, kann schnell mal der Eindruck entstehen, dass der andere Teil der Menschheit keine Ahnung von Rhythmus hat.

Also OnTopic: Deutsche sind Menschen. Menschen sind lernende Wesen, was sie nicht erlernen, üben, praktizieren können sie idR. nicht.

LG
 
Ein Video fehlt noch:

This is schwarze music, zwei and vier, one TWO three FOUR, okay? ... classical music ... - yes - but schwarze music one TWO three FOUR :claphands:

Taj Mahal - Blues With a Feeling (Live in Bremen 1993)

 
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