Abschwächer, warum sie klingen, wie sie klingen

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auflauf
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weiß ich noch nicht genau, aber eine Ahnung habe ich. Sie gelten ja als mit zunehmender Abschwächung immer dumpfer klingend. Dachte mir, das muß man doch eingrenzen und messen können.

Als Abschwächer: reaktiver Abschwächer M2 nach John Hewitt
M2-210318a.gif

der in einem hundertseitigen Thread im Marshall-Forum diskutiert wird. Jemand aus dem Forum hatte mir zum Ausprobieren den M2-Abschwächer geliehen. Die folgenden Ergebnisse hatte ich dort gepostet, aber da Ihr mich hier in einem anderen Thread drauf gebracht hattet, interessiert es vielleicht auch hier jemanden.

Hörtest: der Abschwächer tut, was er soll, ich kann den Harley Benton 15W mal mit mehr als Gain 2 und Volume 0,9 spielen, das ist praktisch. Aber: es gibt eine Höhendämpfung, je mehr Abschwächung, desto deutlicher. Allerdings noch verschmerzbar, weil ich den Abschwächer nicht nutze, um den Amp voll aufzureißen, sondern um halt abends leicht angezerrt in der Wohnung spielen zu können und daher der Abschwächungsgrad nicht so hoch ist. Von den möglichen -7, -10, -14, -21, -24, -28, -30 db könnte ich -10db, -20db (und mal -30db) gut gebrauchen.

Meßaufbau: Software REW, 15€-USB-Audiointerface, Behringer ECM 8000 Meßmikrofon, Harley Benton Tube 15 Amp, 1m Abstand.

Frequenzgang:
M2 on Harley Benton Tube15.jpg
Alle Kurven scheinen parallel zu liegen, nix Höhendämpfung. Hier mal die Kurven parallel verschoben:
M2 onHBT15-0db_-10db_-21db_curves moved up.jpg
Und sie liegen tatsächlich genau übereinander, keinerlei Höhendämpfung. Die Unterschiede im Baß liegen am Rauschteppich dort, der ist bei geringen Lautstärken eben relativ lauter.

Wiederholung, diesmal ca 15db lauter aufgenommen:
Aligned freq resp 23_10_21.png
Definitiv keine Höhendämpfung. Die Unterschiede im Baß sind erwartungsgemäß geringer, paßt also.

Das schien ja dem Höreindruck Abschwächer = Höhendämpfung zu widersprechen. Deswegen habe ich statt eines Frequenz-Sweeps das nochmal mit weißem Rauschen und mit einem clean gespielten Akkord wiederholt, ob da vielleicht irgendwelche Obertöne .... Ergebnis:
white noise and B7clean_0db and -20db.jpg
Auch mit diesen Signalen wieder keine Höhendämpfung. Hier mal die Spektren der Akkorde in Audacity, unterschiedliche db-Skala beachten
H7 clean 0db 2021-10-12 um 20.01.39 audacity.png H7 clean -20db 2021-10-12 um 19.58.00 audacity.png
Fazit: es gibt keine Höhendämpfung. Die einzig logische Erklärung scheint mir tatsächlich die Psychoakustik. Bei leisen Lautstärken ist die Empfindlichkeit für hohe Frequenzen geringer. Der Unterschied ist aber nicht groß, in den Höhen gerade mal 2-3db von 80 db auf 40db.

Also hab ich mal treble caps an verschiedenen Positionen in den Abschwächer geklemmt. Zunächst 10µF parallel zum Spannungsteiler, wo sie laut JH hingehören:
10µF parallel R2A.jpg
Ergebnis wie erwartet, funktioniert. Mit 4.7µF statt 10µF beginnt die Höhenanhebung später*:
4.7µF and 10µF parallel to R2A.jpg
Damit habe ich auch gespielt, klingt nicht schlecht, evtl. eher bei leisen Lautstärken sinnvoll, der Effekt dürfte ruhig noch geringer sein. Insgesamt scheint das die Lösung zu sein.

Dann 10µF von Eingang auf Ausgang, d.h. parallel zum gesamten Abschwächer
10µF parallel EA.jpg
Ergebnis ist eine brutale und sinnfreie Höhenanhebung.

Dann mal 10µF parallel zum restlichen Widerstandsnetzwerk, Vorteil ist die von der Abschwächung abhängige Wirkung:
10µF parallel to R4-R8.jpg

Zusammenfassung: bei diesem reaktiven Abschwächer gibt es definitiv keine Höhenabschwächung. Der Höreindruck kommt durch die Psychoakustik. Das wird gestützt dadurch, daß mir die Dämpfung deutlicher auffällt, wenn ich von Zimmerlautstärke auf leise abschwäche und weniger, wenn ich von über Zimmerlautstärke auf knapp Zimmerlautstärke gehe.
Irgendwelche Wechselwirkungen, Rückwirkungen der Lautsprecherspule auf die Endstufe etc. sollten laut JH Auswirkungen auf die Impedanz haben, die aber mit der Spule gut im Griff sei, das würde sich auf die Dynamik auswirken, aber augenscheinlich nicht auf den Frequenzgang. Wenn Ihr eine andere Erklärung habt, wäre ich dankbar.

Der Abschwächer läßt sich je nach Verwendungszweck verinfachen, nur die Spule soll lt. JH wegen der Reaktanz drinbleiben. Man könnte jetzt einen HB-Abschwächer schlachten und eine Spule reinfügen oder sich bei kleinen Amps wie meinem für sehr wenig Geld aus vier/sechs Widerständen und einer Spule einen spottbilligen Abschwächer zusammenbraten und für die Höhenanhebung noch einen 2,7 oder 4,7 µF Kondensator mit Vorwiderstand parallel zum Spannungsteiler wie oben*. Was ich nicht machen würde: viel Geld für einen reaktiven Abschwächer ausgeben, mir einen reinen Spannungsteiler ohne Spule zulegen. Und einen Abschwächer, der Kaffekochen kann oder Radiohören, brauche ich nicht - aber das ist mein Anwendungsfall.

Wenn jemand sich dafür interessiert, hier der Thread:
https://www.marshallforum.com/threads/simple-attenuators-design-and-testing.98285/
Und hier mein Senf dazu mit Antworten:
https://www.marshallforum.com/threa...esign-and-testing.98285/page-102#post-2187366
https://www.marshallforum.com/threa...esign-and-testing.98285/page-103#post-2190256
https://www.marshallforum.com/threa...esign-and-testing.98285/page-104#post-2194247
 
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Super @auflauf , dass du deine Ergebnisse hier nochmal so übersichtlich zusammengefasst hast! :) Das ist wirklich ein super Konzept von John Hewitt und der Marshall Forum community. Den M2 attenuator kann ich ebenfalls jedem der Löten und mechanische Arbeiten ausführen kann (Gehäuse bohren etc) nur wärmstens empfehlen.
Ich habe den Attenuator auch schon als reaktive Load-Box genutzt (via Line-Out aus dem M2) und auch das funktionierte für mich sehr überzeugend.
 
Moin,

das ist weniger Psychoakustik als eher die physiologische Hörkurve des Ohres (Fletcher-Munson). Die Mitten werden bei leisen Signalen deutlich lauter als Bässe und Höhen wahrgenommen (!). Deshalb gibt es bei vielen HiFi-Amps die Loudness-Taste, die bei leisen Signalen Bässe und Höhen anhebt.
Je leiser Du das Signal mit dem Attentutor machst, desto leiser werden Bässe und Höhen gehört, da sich die Empfindlichkeit des Ohres für verschiedene Frequenzen bei wechselnder Lautstärke verändert. Das ist Physiologie, nicht Psychoakustik.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

1635155900013.png

Von unten nach oben wird es lauter, im lauten Bereich wird es irgendwann fast linear, aber schmerzhaft. Die Kurven stellen die Hörschwellen für verschiedene Frequenzen dar. Bei der untersten Kurve ist die Empfindlichkeit gering, Du hörst erst Signale, die ca. 60dB Intensität haben. In den Mitten im Bereich 500-6000Hz hörst Du schon einen Schmetterling pupsen, so empfindlich ist das Ohr dort, bei den Höhen nimmt die Empfindlichkeit wieder ab und Du brauchst ein lauteres Signal für den gleichen Lautstärkeeindruck.
 
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Das war auch meine Gedanke: Hörereignis ist nicht das selbe wie Schallereignis.
 
Zu dem (gefühlt) gleichen Ergebnis komme ich, wenn ich meinen Engl Gigmaster15 -der einen Attenuator eingebaut hat- über meine Isolationbox von Großmann betreibe. Da kann ich die "abgeschwächte" Lautstärke des Amps durch mehr Gain/Level am Mikrophoneingang/Interface ausgleichen und dann klingt es gleich.
Im Prinzip genauso so, wenn man die Abschwächung durch mehr Master Volume ausgleicht. Bei gleicher Lautstärke nehme, egal ob mit oder ohne Lastwiderstände, ich keine Höhenbedämpfung wahr.
 
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Moin,

das ist weniger Psychoakustik als eher die physiologische Hörkurve des Ohres (Fletcher-Munson).
Moin, genau das meinte ich mit
"Bei leisen Lautstärken ist die Empfindlichkeit für hohe Frequenzen geringer. Der Unterschied ist aber nicht groß, in den Höhen gerade mal 2-3db von 80 db auf 40db."
In Deiner Grafik (ich hatte auch keine präzisere gefunden) sind selbst diese 2-3 db kaum zu erkennen.

Das ist angloamerikanisch und auch in D die Psychoakustik. Die Feinheiten, daß Maskierung, mp3, Fraunhofer, Lautstärkeempfinden, Ortung etc. mal eher besser in Physiologie, in Neurologie, in Psychologie, Physik, in Medizinphysik passen, schenk' ich mir - tun die Psychakustiker auch.
 
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Eine Verständnisfrage meinerseits: Es gibt ja Abschwächer (wie z.B. den Attenuator der OX), denen man nachsagt, sie seien sehr klangneutral. Sind die dann quasi subjektiv klangneutral, weil sie die EQ-Kurve so anpassen, dass die bei geringer Lautstärke weniger hörbaren Frequenzen verstärkt werden? Biegt ein als neutrale empfundener Abschwächer damit quasi die Kurve so, dass es sich anhört als wäre es der gleiche Sound bei geringer Lautstärke?
 
Das kann ich mir nicht vorstellen, weil die Endlautstärke ja nicht feststeht und man auch mit Tt für das Ohr laut spielen kann. Ansonsten in die Specs schauen
 
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Das könnte sein.
Oder der Nachsager spielt einfach lauter als andere.
Oder der Nachsager ist halbtaub.
Oder der Nachsager redet sich seine Anschaffung schön.

Jemand mit Zugang zu dem OX müsste es halt mal messen: Frequenzgang mit Abschwächer minimal und mit Abschwächer stark wirksam.
Genau das, was ich in der ersten Grafik gemacht habe. Das geht sogar mit einem Laptop-Mikro.
 
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Es gibt ja Abschwächer (wie z.B. den Attenuator der OX), denen man nachsagt, sie seien sehr klangneutral. Sind die dann quasi subjektiv klangneutral, weil sie die EQ-Kurve so anpassen, dass die bei geringer Lautstärke weniger hörbaren Frequenzen verstärkt werden? Biegt ein als neutrale empfundener Abschwächer damit quasi die Kurve so, dass es sich anhört als wäre es der gleiche Sound bei geringer Lautstärke?
Für die OX Box kann ich jetzt nicht sprechen, die habe ich nie getestet. Übrigens kommt der Attenuator von dem Teil meistens nicht gut weg.
Ich selbst besitze eine Fryette Power Station, die als ziemlich neutral gilt, was ich auch bestätigen kann. Nichtsdestotrotz ist das ganze von der Lautstärke abhängig, da der Speaker anders arbeitet und Fletcher / Munson auch noch ein Wörtchen mitzureden haben. Das kann man dann durch die Einstellungen der Power Station wieder ausgleichen. Das geht bis zu dem Punkt, wo der Speaker einfach nicht mehr klingt. Da müssten dann wieder andere Lösungen wie z.B. Fluxtone Speaker herhalten.
 
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Eine Verständnisfrage meinerseits: Es gibt ja Abschwächer (wie z.B. den Attenuator der OX), denen man nachsagt, sie seien sehr klangneutral.
Ein Ox oder Two Notes Torpedo sind IMO etwas anders gedachte Geräte. Das sind IMO IR Loadboxen mit mehr oder weniger aufwendigen Lastwiderständen, die selbige benötigen, damit der Verstärker einfach nicht kaputt geht, wenn er ohne Box (Last) betrieben wird. Ziel ist aber letztlich ein PA/Recording taugliches Line Signal zu produzieren.
Attenuator wie Marshall Power Brake, Toneking Ironman, Rivera Rockcrusher, TAD Silencer,.... nutzen dagegen immer noch den Gitarrenlautsprecher für die Wiedergabe.
Im ersteren Fall sollte es kein es kein Problem sein, das Signal vor dem Lastwiderstand ohne irgendwelche Verluste abzugreifen und via AD-Wandlung und Cab Simulation jeden möglichen Sound zu erzeugen.
 
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