Aktuelle Gedanken rund um den Gitarrenbau

  • Ersteller starling
  • Erstellt am
Die vorrangehenden Aussagen mal pauschalisierend zusammengefasst, ist der Grundtenor also, dass es einfach zu viele Gitarrenbauer gibt
Da sehe ich eigentlich überhaupt nicht so, dass es zu viele gibt.
Wie viele Gitarren pro Jahr kann ein Gitarrebnbauer schon bauen?
und die Zeiten der Reparaturdiesntleistung (zumindest vom Gitarrenbauer) größtenteils ausgestorben sind?

Das sehe ich -leider- schon eher so, ja.
Zumal natürlich auch und gerade das www sehr stark dafür sorgt, dass es so kommt.
Ich spiele jetzt ganz bewusst mit Klischees, aber wenn "20-Finger Jackson/Dean/ESP-Tapper" einen neuen Sattel benötigt, bringt er die Klampfe "bestenfalls" zum nächstgelegenen Mega-Store mit super Newsletter und Internetversand.

Der Endfuffziger mit Rauschebart, Schürze und Hobel in der Hand, der unter Umständen noch nichtmal ´ne Website hat, kann ja gar keine Ahnung haben, der hat wahrscheinlich noch nichtmal was von 85er EMG´s gehört!! :rolleyes:

Natürlich ist das jetzt überspitzt und verallgemeinert, aber ich denke, man merkt, worauf ich hinaus will.
 
Was ja wieder für die Anfangsaussage spricht, denn hunderte etablierter Marken bzw Gitarrenbauer sind dann ja doch etwas unrealistisch?
Grüße

Weil :confused:
Hundert Gitarrenbauer, die sich zweihundert Kunden "teilen" müssen, sind alles Andere als realistisch, da gebe ich dir gerne Recht. Um das Verhältnis stimmig zu kriegen muss man also die Zahl der Anbieter reduzieren- was aber wohl nicht das Ziel sein kann- oder den potentiellen Kundenstock erhöhen.

Das Szenario, das Everrock genannt hat, ist vielleicht gar nicht so weit hergeholt. Der Tapper und der Rauschebart können nie zusammenkommen, weil beide (!) von der Existenz des Anderen gar nichts erfahren werden. Und während dem Rauschebart das Problem zumindest in seinen Auswirkungen keinesfalls verborgen bleiben kann, wird der Tapper womöglich nie erfahren, wie sein Instrument optimal getuned zu spielen gewesen wäre. Und kauft sich nach einiger Zeit ein neues, "viel heisseres" Teil.

Das nennt man dann wohl eine "Loose- Loose- Situation". Spass dran hat nur die Großindustrie.

LG
Chris
 
Ich weiß, dass die Darstellung vom "Rauschebart" deutlich überspitzt gemeint war, aber dennoch ist hier, denke ich, eine Unterscheidung fällig:
Dieses Bild würde ich eher den Gitarrenbauern zuordnen, die hauptsächlich Konzertgitarren bauen, also ein ähnliches "Image" wie Geigenbauer etc, pflegen.
Auf der anderen Seite, haben wir mittlerweile ja doch einige, etablierte, "angesagte" und meiner Meinung nach deutlich gehypte Gitarrenbauer (Namen nenne ich in diesem Kontext mal lieber nicht, nachher gibt das noch Probleme...). Und von diesen bin ich der Meinung, kann es nun einfach nicht beliebig viele geben, da sie sich praktisch zu eigenständigen Marken entwickelt haben.
Und wieso sind die Leute bereit, dafür auch noch die lächerlichen, astronomisch hohen Preise zu zahlen und an anderer Stelle dann jeden Cent umzudrehen?

Marketing, sicherlich! Aber ist es wirklich möglich, dass der gemeine Gitarrist an sich, so illusions- und vodooanfällig ist?


Der "Tapper" ist denke ich, wieder eine andere Geschichte, denn er hat andere, geringere Ansprüche und wird wohl auch nie einen Gitarrenbauer aufsuchen.
 
Marketing, sicherlich! Aber ist es wirklich möglich, dass der gemeine Gitarrist an sich, so illusions- und vodooanfällig ist?

Starling, du postest in einem Board, das (auch und gerade im E- Gitarren- Bereich) zu einem erheblichen Teil von Threads lebt, die sich diesem Voodoo widmen. In der DIY- Abteilung wird tagelang über den Klang von Potis (sic), das Sustain diverser Holzarten und die Obertonfreundlichkeit von Nitrolacken räsoniert. Das wäre, denke ich, schon ein Potential, das zu heben sich lohnen würde.

Und wenn dein Name mal bekannt ist, wird er als Marke auch zum Selbstläufer. Ich wage jetzt zu behaupten, dass heute der weitaus größte Teil eines (sagen wir mal Marken-) Fetischismus alleine durch die gebetsmühlenartige Wiederholung dieser Markennamen entsteht. Ich will gar nicht wissen, wie viele Leute xxx bei yyy kaufen (oder sich den und den Mod an ihrer Gitarre wünschen), bloß weil sie oft genug gelesen haben, dass das der Bringer ist. Ist ihr Wunsch einmal erfüllt, sind sie glücklich und zufrieden- auch wenn sie gar nicht bekommen haben, was für sie wirklich optimal gewesen wäre. Sie sind glücklich, weil sie jetzt haben, was die anderen für gut befinden.

Weißt du, wann du gewonnen hast? Wenn ich beiläufig erwähne, dass meine neue Klinkenbuchse von dir eingebaut wurde, und die Zuhörerschaft anerkennend nickt und sich dabei denkt: "Klar, drunter macht er´s wohl nicht". Dann darfst du für die Arbeit auch 50% mehr verlangen als die Konkurenz.

Just my 2 cents.

LG
Chris
 
Das ist aber genau diese Unterscheidung, die ich vorher angesprochen hatte.

Die wenigsten aller Gitarrenbauer verdienen ihr Geld ausschließlich damit, ihre gut vermarkteten Instrumente zu verkaufen. Und das liegt (zumindest zum Großteil) nicht daran, dass die anderen nicht fähig sind, ihre ebenso gut zu vermarkten, sondern daran, dass der Markt einfach nicht da ist, dass jeder Gitarrenbauer nur vom Instrumentenbau lebt.
Ein Gitarrenbauer, mit dem ich neulich gesprochen hatte, baut genau 2 Instrumente pro Jahr, den Großteil seines Geldes verdient er mit Reparaturen usw.
Und das war ja eigentlich genau das, was im Ausgangspost angesprochen wurde.
Bei einem Bau wird wohl keiner meckern, weil ihm das Instrument eigentlich doch nur 600 Euro wert ist..



Grüße
Paul



Edit: Mit dem Vodoo spielte ich eher auf andere Sachen an. Wie gesagt, Namen in diesem Kontext zu nennen, ist wohl eher nicht ratsam - aber es gibt zum Beispiel einen Gitarrenbauer, der bietet spezielle, schnellalternde Nitrolackierungen an - für Unsummen! Und die Leute bezahlen das, obwohl es einige andere, ebenfalls gitarrenspezifische Anlaufstellen (also nicht der Lackierer um die Ecke...) gibt, die das gleiche Ergebnis mit dem selben Mojo-Effekt für weniger als die Hälfte liefern.
 
Marketing, sicherlich! Aber ist es wirklich möglich, dass der gemeine Gitarrist an sich, so illusions- und vodooanfällig ist?

Niemand mehr, als der. In einem Moment der ehrlichen Selbstreflexion werden wir (fast) alle erkennen (müssen), dass wir voll sind von Klischees, Vor-/Fehlurteilen und Beeinflussungen jedweder Coleur.

Bei fast jedem Rock-/Metalgitarristen -ab einem gewissen Bekanntheitsgrad- merkt man, wenn man mal ein Special sieht, Bilder aus dem Studio oder Ähnliches, dass sie hinter den Kulissen alle möglichen Instrumente mal anspielen, alle möglichen Amps da ´rum stehen haben, auf der Bühne jedoch das Klischee ihrer Musikrichtung oder schlicht ihr Endorsement bedienen.
Jeder Zweite blubbert vom "dem" Marshall Sound und verkennt/ignoriert dabei völlig, dass ja nun auch Marshall seit Jahrzehnten auch völlig unterschiedliche Amps baut.

Es gibt Voodoo Theorien über Klanghölzer, den "Klang" von Stellschrauben und was weiss ich was.
Wir Gitarristen und Basser sind das vielleicht abergläubischste und beeinflussbarste Volk unter Gottes schöner Sonne. :redface: ;) :D

Ist so.
 
Ein Gitarrenbauer, mit dem ich neulich gesprochen hatte, baut genau 2 Instrumente pro Jahr, den Großteil seines Geldes verdient er mit Reparaturen usw.

Er bietet eben ein Gesamtpaket an, wobei sich vermutlich bei der Gewichtung seiner Standbeine noch leichtes Verbesserungspotential ergeben könnte, wer weiss.
Und wenn sich jetzt [Hypothese] gleich um´s Eck ein reines Reparaturgeschäft niederlassen würde, würde die Kunden natürlich weiterhin zum Meister gehen. Razorburst hat das oben schon mal angesprochen.
Weitaus größere Chancen hätte wohl ein "Guitar- Pimp- Shop, Customizing & Energizing", da wäre wohl sogar Potential gegeben, dass sich beide ergänzen. [/Hypothese]

Ist nur die Privatmeinung eines Laien, vielleicht kann sixstring tom zum Thema Marketing ein bisschen weiter ausholen? Insbesondere würden mich seine Meinung zu der These interessieren, dass man Markt auch "machen" kann.

LG
Chris
 
[...]
Ist nur die Privatmeinung eines Laien, vielleicht kann sixstring tom zum Thema Marketing ein bisschen weiter ausholen? Insbesondere würden mich seine Meinung zu der These interessieren, dass man Markt auch "machen" kann.

LG
Chris

Dazu wäre ich allerdings auch auf Ausführungen gespannt!


Grüße
 
Oldman's Stories (Es war einmal...): Als ich vor 30+ Jahren mit dem Gitarrenspielen anfing, hatten viele Gitarristen nur 1 (in Worten: ein) Instrument, vielleicht auch mal eine akustische und eine elektrische Gitarre, oder vielleicht auch mal sogar 3 oder 4 Instrumente. Die Instrumente wurden gespielt wie gekauft, evtl. ließ man am Hals etwas herumstellen oder den Steg etwas herum feilen. Es gab ein paar Marken, das war's.

Seit Mitte / Ende der 70er gibt es eine recht florierende Industrie, die Replacement Parts und DIY-[DoItYourself]-Kits herstellt (Di Marzio, Schecter, Rockinger, ...) es gibt Gitarrenbauer, die nach einer Phase der Standardisierung (Martin, Fender, Gibson;-) in kleinen "alternativen" Manufakturen innovative Instrumente herstellten (Gurian, Lowden, Fylde, Hopf bei den akustischen, durchgehende Hälse bei - v.a. - japanischen E-Gitarren, aktive Elektronik bei Alembic usw usf.) Diese neuen Angebote stießen auf eine Nachfrage, die Individualisierung als Paradigma sah ("mein pesönliches Instrument", Signature-Modelle), und die - nicht unwichtig - über genügend Kaufkraft verfügte, sich mehrere Instrumente zuzulegen. (Gitarristen-Krankheit!) Wir unterhalten uns heute auch über ganz andere Dinge also vor 20 Jahren. Es geht nicht mehr darum, ob eine massive Decke besser klingt, es geht um feinere "Details" (Pinmaterial, Bebalkung, ...). Damit hat die Diskussion im Gitarrenbau nach meinem Verständnis die Diskussion bei anderen, traditionsreicheren Instrumenten (Streicher, Bläser) erreicht.

Ohne Marketing ging das nicht, wenngleich das Marketing auf eine entsprechend bereite Kundschaft stieß. Parallel wuchs die Zahl der verfügbaren Informationen, in der Vor-Web-Zeit die "Fachblätter" der verschiedensten Namen, durch das Web dann noch weiter.

Tatsächlich gibt es unglaublich viele unglaublich gute Instrumentenbauer. Die Frage ist, wie viele von denen mit Instrumentenbau ihren Lebensunterhalt dauerhaft sichern können. Der "Urvater" der US-amerikanischen Boutique-Steel-String-Gitarrenbauer, Michael Gurian, hat einige Jahre nach dem Abbrennen seiner Werkstatt auf die Zulieferindustrie umgesattelt (gurianinstruments.com). Auch viele Geigenbauer verdienen ihre Brötchen damit, dass sie Industrieinstrumente herrichten.

Auf der anderen Seite hat das DIY-Thema unheimliche Verbreitung erfahren. Wir sehen es in anderen nicht-lebensnotwendigen Bereichen (Möbelrestaurierung, Autoschrauben, Fahrradbasteln, Bootsbau), dort gibt es hervorragende Amateure, die gerade dadurch, dass sie nicht die einzelnen Stunden kalkulieren müssen, exzellente Arbeit machen. Aber sie müssen eben nicht davon leben. (Gasleitungen DIY macht im Regelfall doch nur ein Klempner.)

Das DIY-Thema bringt es aber auch mit sich, dass die Kunden interessierter sein können und Spaß an guten Handwerkarbeiten haben. Es gibt ja verschiedene Instrumentenbauer, die mit ihren Kunden Kurse im Instrumentenbau veranstalten. (Gleiches im Bootsbau.) Damit kann man sich sowohl ein zweites Standbein verschaffen als auch einen Namen aufbauen. Und bei der Gelegenheit klar machen, was lieber jemand mit langer Erfahrung machen sollte. (Ich habe auch ein paar billige Instrumente, an denen ich mich selbst versuche, an die besseren Instrumente würde ich nur jemanden mit langer Erfahrung heran lassen.)

Lange Rede - kurzer Sinn: Der Markt ist gewachsen, ohne Marketing wäre dies nicht möglich gewesen. Das muss aber auf einen vorbereiteten Boden stoßen (Zeit, Geld, Vorbildung), um zu fruchten. Warum soll der Gitarrenbauer sich nicht als Tuning-Spezialist einen Namen machen? Oder DIY-Kurse anbieten? Oder seine Instrumente mit seiner eigenen Band vorführen? Aber das ist ein Problem zahlreicher Handwerksberufe.
 
Ich glaube auch, dass in den letzten Jahren die Spieler immer selbstständiger geworden sind. Eine Gitarre einzustellen oder kleinere Reparaturen sind kein Hexenwerk mehr...

Und wie du schon gesagt hast, es gibt viele gute Gitarrenbauer, aber wohl nur die einfallsreichen werden überleben.
 
Und wie du schon gesagt hast, es gibt viele gute Gitarrenbauer, aber wohl nur die einfallsreichen werden überleben.

Da lege ich ein Veto ein.
Gitarristen sind ein viel zu konservatives Völkchen als dass neue Ideen und Innovationen ein kriterium für Marktstärke wären.
Siehste doch wunderbar an Gibson und Fender. DIE fetten Unternehmen schlechthin, von Innovationen aber Lichtjahre entfernt.
 
Das "einfallsreich" bezog sich auch nur bedingt auf Innovationen oder Neuentwicklungen, ich meinte damit eher ein "einfallsreich" im Bezug darauf, sich selbst am Markt zu behaupten, sprich Strategien zu entwickeln, sich zu präsentieren, evtl sogar sich und seine Produkte mit einem Art "Mythos" in Verbindung zu bringen - siehe Gitarrenbauer, der Gibson-Reissues tuned, um sie den alten Originalen anzunähern...
 
Gedanken zum Gitarrenbau resp. über den Wunsch, Gitarrenbauer zu werden, hat Walter Kraushaar mal sehr treffend wiedergegeben:

http://www.kraushaar-gitarren.de/cms/gitarrenbauer.html

Ansonsten kann ich meine Einstellung zum Gitarrenbauer so formulieren:

Ich möchte für mein Geld ein Werkzeug, dass seine Wertigkeit durch die Qualität des Instrumentes und nicht durch den Voodoo des Herstellernamens ausdrückt. Zusätzlich habe ich über die Jahre gewisse Vorlieben entwickelt, die ich gerne an meinem Instrument umgesetzt haben möchte. Deshalb lasse ich (inzwischen) meine Gebrauchsgitarren bauen. Ich denke, die Erfahrung mit einem auf den Leib geschnittenen Instrument muss man aber für sich selbst machen.

PS: Ich habe übrigens gerade ein Instrument bei einem "Laien" in Arbeit und bin sicher, dass das Ergebnis mich zufrieden stellt, weil derjenige über langjährige Erfahrung verfügt. Und das, obwohl mein Hauptinstrument vom Zupfinstrumentenmachermeister ist...
 
Hallo 7-ender,
es tut mir Leid, aber irgendwie erkenne ich nicht ganz den Zusammenhang deines Posts zu den hier diskutierten Themen.

Grüße
 
Oh entschuldige, ich stieß heute auf das Thema und habe mich in meinem ersten Post erstmal über den Titel und nachher kurz zu dem Gedanken "warum ein Instrument vom Instrumentenbauer" und "muss der Gitarrenbauer gelernt haben, um mein Vertrauen zu genießen" geäussert. OK, ihr seit schon einen Schritt weiter im Thread, sorry.

Aber damit mein Beitrag nicht ganz so weit von der Diskussion weg ist, aktuelle Gedanken dazu:

Eine Gitarrenbauwerkstatt, wie sie z.B. mein Freund Walter betreibt, ernährt sich hauptsächlich durch Dienst am Kunden, gute Qualität zum akzeptablen Preis und einen gewissen Bekanntheitsgrad vorausgesetzt. Davon kann man leben, man wird dadurch nicht reich. Wem das reicht, der kann unbefangen Gitarrenbau nach heutigem Stand der Technik betreiben, d.h. innovativ und ohne Rücksicht auf den Mainstream. Aber alles schön in einer überschaubaren Grössenordnung und zu einem vernünftigen, aber keineswegs überragenden Verkaufspreis.

Sich im Markt als "Marke" zu etablieren, setzt einen nicht unerheblichen Teil Mainstream vorraus, den es (am besten vor den anderen) zu entdecken und zu befriedigen gilt. Denn leider verdient man heutzutage eher durch Menge als durch "Hochpreis" und die meisten "Lücken" sind bereits geschlossen. Die meisten Azubis, die ich bei Walter kennengelernt habe, arbeiten heute bei großen Firmen wie Fender o.Ä., um ein gesichertes Auskommen zu haben...

Ich glaube, dass es heute sehr schwer ist. Ein langer Atem und ein gutes Zweiteinkommen, dass die Kosten zu decken hilft, vorausgesetzt. Und professionelles Marketing kostet auch.

PS: Aber auch Leo Fender hat im Hinterzimmer seines Radioshops angefangen, war jede freie Minute unter Musikern um zu wissen was sie wollen, hat zunächst hohe Schulden gemacht und viel Glück gehabt, die richtigen Leute zu treffen...


Noch kurz zu meinem Beitrag von oben: In dem Link hat Walter ein paar intressante Gedanken zum Beruf als solches geäussert und vor allem auch gesagt: "Wer sein Hobby zum Beruf macht, hat kein Hobby mehr..."
In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen "Exoten" unter den Gitarrenbauern eingehen: Rainer Buschmann (RBC Guitars, dem einen oder anderen "on Board" als murle1 bekannt). Ein ehemaliger ICE Lockführer im Ruhestand, der selbst Musiker war und Gitarrenbau seit Jahren als "Hobby" betreibt. "Exot" deshalb, weil er vom Gitarrenbau nicht leben muss und es vor allem jüngeren und nicht so gut betuchten Musikern ermöglicht, zu ihrem "Trauminstrument" zu kommen, ohne sich finanziell verausgaben zu müssen. Schade, dass Gitarrenbau in Bezug auf ein Custominstrument sonst vielen verschlossen bleibt (Investmentjünger natürlich ausgenommen... ;)). Zu allem Überfluss muss ich sagen, dass Rainer einer der penibelsten Handwerker ist, die ich kenne. Damit ist also auch die Lücke der "Caritas unter den Gitarrenbauern" schon geschlossen (was ich mit ganz viel Hochachtung sage!).
 
Zuletzt bearbeitet:
....
Nein im Ernst, ich würde mich über eure Eindrücke und Gedanken zu dieser Thematik freuen! :great:
l


Ich habe zwei Berufsausbildungen hinter mir, laufe also nicht Gefahr, noch ernsthaft Gitarrenabuer werden zu wollen :) ...
Ich denke, es kann ein schöner beruf sein.
Klar ist vieles was ein gitarrenbauer tatsächlich tut nix anderes als Tischler-Arbeit. Teilweise auch ist er auch Mechaniker oder Elektriker, aber egal.
Und wie in jedem Job ist wohl vieles Routine und nicht wirklich kreativ.

Dennoch denke ich, es kann ein sehr schöner Job sein.
Auch ein Tischler bzw. Schreiner kann kreativ sein, z.B. wenn er Kunden berät und gemeinsamt mit dem Kunden dann "den Traumschrank" oder "die Traumküche" plant und realiisiert.
Mein Cousin, begabter Möbelschreiner, hat das eine ganze Zeit lang gemacht.

Ein Gitarrenbauer hat noch mehr Möglichkeiten, kreativ zu sein als ein Tsichler, denke ich.

Dass man als Gitarrenbauer eher schlecht verdient ist mir neu, ich nehme das aber so zur Kenntnis.

Das Tischler- bzw. Gitarrenbauerhandwerk ist ein Handwerk, das muss einem liegen.
Und Tischler, besonders aber Gitarrenbauer müssen sehr genau arbeiten. Ein Bund 1/10 mm falsch gefeilt oder gesetzt, und die Saitenlage bzw. Tonreinheit ist vielleicht schon so, dass der Kunde ein langes Gesicht zieht. Mir liegt so was gar nicht.

Gerade weil mir so etwas nicht liegt, habe ich hohen Respekt vor Leuten, die so etwas gut können; selber so etwas beruflich machen wollte ich aber nicht.

Man sollte auch nie Hobby und Beruf verwechseln.
Es mag Spaß machen, seine eigene Gitarre zu zimmern, je nach Begabung und Fleiß kommt auch was Gutes bei heraus (siehe hier einige beispiele im DIY-Forum). Man sollte aber nie den Fehler machen, das mit der Situation des Gitarrenbauers zu verwechseln.
Der Gitarrenbauer macht das nicht, weil er gerade eben Bock dazu hat, sondern er macht es, um die Miete zahlen zu können. Er muss aus diesem Grund auch Arbeiten machen, die im keinen Fun bereiten.
Und: er marbeitet unter Zeitdruck, denn a) wartet der Kunde, der vielleicht ein Konzert oder Studiotermin hat, bis dahin muss die Arbeit dann fertig sein. Und b) zahlt der Kunde z.B. fürs Neubundieren nur den vereinbarten Preis.
Braucht der Gitarrenbauer zu lange, muss er viellecjt sogar zwei mal neu anfangen, weil er etwas versehentlich verhunzt hat, geht das von seinem eigenem Stundenlohn ab.
Denn der Kunde zahlt halt nur den vereinbarten Preis X, egal, wie lange Gitarrenbauer Huber gebraucht hat.

Und eine Sache, die als Hobby noch Spaß macht, kann recht schnell öde werden, wenn man sie macht, weil man die Sache halt (wegen der Miete) machen muss, und dass dann auch noch unter Zeitdruck.

Wie immer gilt: bevor man einen Beruf ergreift, sollte man sich genau überlegen, ob man das bis zur Rente machen will, jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr.

Wegen dem Verdienst: nun, ich als Kunde finde z.B. rund 200 Euro für eine Neubundierung viel Geld.
Ich weiß aber nicht, wie viele Stunden ein guter Gitarrenbauer daran arbeitet.
Wie gesagt, ich nehme zur Kenntnis, dass Gitarrenbauer eher nicht so toll verdienen (mein Cousin als selbständiger Schreiner hat z.T sehr gut verdient).
Auch das sollte man ins Kalkül der Berufswahl einbeziehen.
Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ists halt auch nicht so toll.

Die vorrangehenden Aussagen mal pauschalisierend zusammengefasst, ist der Grundtenor also, dass es einfach zu viele Gitarrenbauer gibt und die Zeiten der Reparaturdiesntleistung (zumindest vom Gitarrenbauer) größtenteils ausgestorben sind?

Ich denke nicht, dass es zu viele gelernte Gitarrenbauer gibT; eher zu wenige.
Da es so wiet ich weiß kaum Berufsfachschulen für Zupfinstrumentenmacher gibt, ist es auch gar nicht so leicht, "Gelernter" zu werden.

Nachfrage nach Reparaturdienstleistungen wird es aber immer geben, so lange es teure Instrumente gibt, die man wegen abgespielter Bünde oder einem Halsbruch eben nicht zum Sperrmüll bringt, sondern eben reparieren lässt. Solche Reparaturen lohnen allerdings wirtschaftlich nur bei ttuerern Instrumenten. Die Squier oder Pacifica für 200 Euro lässt man i.d.R. nicht für 180 Euro neu bundieren, sondern wirft sie weg, wenn die Bünde runtergespielt sind.
Es wird aber weniger, wenn -gute- Neuinstrumente immer günstiger werden.


Tschau
Band-O-Lero

PS: wenn ich so drüber nachdenke, bin ich ganz froh, in der EDV zu arbeiten ;)
Zeutdruck hast man da auch, man muss auch genau arbeiten, aber der Verdienst stimmt zumindest.
 
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[...]

Man sollte auch nie Hobby und Beruf verwechseln.
Es mag Spaß machen, seine eigene Gitarre zu zimmern, je nach Begabung und Fleiß kommt auch was Gutes bei heraus (siehe hier einige beispiele im DIY-Forum). Man sollte aber nie den Fehler machen, das mit der Situation des Gitarrenbauers zu verwechseln.
Der Gitarrenbauer macht das nicht, weil er gerade eben Bock dazu hat, sondern er macht es, um die Miete zahlen zu können. Er muss aus diesem Grund auch Arbeiten machen, die im keinen Fun bereiten.

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Und eine Sache, die als Hobby noch Spaß macht, kann recht schnell öde werden, wenn man sie macht, weil man die Sache halt (wegen der Miete) machen muss, und dass dann auch noch unter Zeitdruck.

Wie immer gilt: bevor man einen Beruf ergreift, sollte man sich genau überlegen, ob man das bis zur Rente machen will, jeden Tag, jeden Monat, jedes Jahr.

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Verdammt richtig!
 
Wegen dem Verdienst: nun, ich als Kunde finde z.B. rund 200 Euro für eine Neubundierung viel Geld.
Ich weiß aber nicht, wie viele Stunden ein guter Gitarrenbauer daran arbeitet.
Wie gesagt, ich nehme zur Kenntnis, dass Gitarrenbauer eher nicht so toll verdienen (mein Cousin als selbständiger Schreiner hat z.T sehr gut verdient).

Ein Beispiel:

Eine ganz frühe 80er Strat, Ahornhals, irgendwann sehr sauber auf ein Floyd Rose umgebaut.

Incl. Halsradius dem Floyd anpassen, Neubundierung komplett, Griffbrett nachlackieren (incl. anpassen des Lacktons) und Versand 209.- €. Komplettes Setup und neue Saiten inbegriffen. Hat gerade mein Band-Co beim Zupfinstrumentenmachermeister bezahlt...
 
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Ein Beispiel:

Eine ganz frühe 80er Strat, Ahornhals, irgendwann sehr sauber auf ein Floyd Rose umgebaut.

Incl. Halsradius dem Floyd anpassen, Neubundierung komplett, Griffbrett nachlackieren (incl. anpassen des Lacktons) und Versand 209.- €. Komplettes Setup und neue Saiten inbegriffen. ...

Ich habe für die Neubundierung einer Paula 220 € gezaht.
Ohne Griffbrettradius-Anpassung usw.
Ich habe mich vor dem Auftrag umgehört:
180 bis 240 Euro sind im Raum Stuttgart gängiger Preis .
Und wie gesagt weiß ich nicht, wie viel Arbeitszeit eine Neubundierung bei einer Paula benötigt.


Da die Arbeit echt sehr gut gemacht wurde, fand ich das nicht zu teuer, zumal er mir auch angeboten hat, die alten Bünde noch mal abzurichten, für erheblich weniger Geld.

Aber bei dem Preisniveau überlege ich halt schon "kann ich das auch ohne Gitarrenbauer lösen" ...
Bitte nicht falsch verstehen: ich gönne jedem gutem Handwerker einen guten Lohn.
Aber ich habe halt auch nur begrenzt Geld und muss überlegen, was ich wofür ausgebe.

Band-O-Lero
 
Da wir nun schon relativ viel Zeit damit verbracht haben, über die im ersten Teil dieser "Kolumne" angesprochenen Themen zu diskutieren, denke ich, es ist nicht zu früh, um das ganze mal fortzuführen.
Falls noch Gesprächsinteresse besteht, kann man ja auch gerne noch über ältere Teile weiter diskutieren.


Hier nun also Teil 2:

#2 Die ewige Suche nach dem perfekten Ton


Die hier im Forum wohl bekannten GAS-Anfälle vieler User müssen Gründe haben. Einer davon ist sicherlich das stetige Streben nach dem perfekten Ton. Ich meine hiermit nicht den Ausgleich eigener Unzulänglichkeiten durch gutes Equipment, sondern Leute, die einfach noch auf der Suche nach dem letzten Quäntchen Klang sind.

Zu der Frage was genau denn diesen perfekten Ton ausmacht, gibt es hier im Forum sicher ebenso viele Meinungen wie User, denn jeder definiert seinen perfekten Ton anders.
Nichtsdestotrotz gibt es sicher allgemein anerkannte Faktoren, die die Grundlage für einen guten Klang darstellen. Dies sind vor allem, wenn auch (hier im Board) oft vernachlässigt, die Fähigkeiten des Erbauers sowie auch die Qualität der Materialien. Hier sind wir nun auch schon bald am Rande des physikalisch Nachvollziehbaren angekommen, um den Rest ranken sich Mythen.

Gleiches gibt es im Bereich der E-Gitarren, wo eine bekannte Gitarrenfirma alte Wickelmaschinen und alten Draht aufkauft, um angeblich unglaublich gute, den alten in nichts nachstehenden Tonabnehmer zu fertigen; nur um mal ein Beispiel zu nennen - den Leuten gefällt es, sonst würde das aus ökonomischer Sicht niemand machen.
Ist es nicht vielmehr so, dass der Klang der ersten E-Gitarren einfach idealisiert wird?
Es ist meiner Erfahrung nach eher ein kleiner Teil der Gitarristen, die sich trauen, von den schon millionenfach beschrittenen Wegen abzuweichen und sich auf die Suche nach ihrem Instrument, ihrem angestrebten Klang zu machen.

Im Bereich der klassischen Musik sind hier die Instrumente von Antonio Stradivari zu nennen. Sicher, die von ihm verwendeten Hölzer weisen aufgrund der damaligen Witterunsbedingungen optimale Eigenschaften sowie einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Mineralien auf - hier ist die physikalische Begründbarkeit aber auch schon zu Ende. Nun steht man vor der Frage, ob man den Rest durch spannende Mythen oder einfach durch die großartigen Fähigkeiten dieses Handwerksmeisters begründet.

Geniale bzw. genial klingende Instrumente sind oft simpler weise das Ergebnis genialer Handwerkskunst, die Menschen neigen aber dazu, hier die schon angesprochenen Mythen hinein zu interpretieren - eventuelle mineralische Einlagerungen im Holz bspw. faszinieren Menschen einfach mehr, als ein guter Handwerker; so entstehen die uns wohl bekannten Mythen.

Aber wie finden wir nun den perfekten Ton, gibt es ihn überhaupt? Ich glaube nicht. Sicher gibt es einige wirklich genial klingende Instrumente, doch sie sind nicht perfekt. Ist das Wort perfekt überhaupt geeignet, Klang und Musik zu beschreiben? Musik ist dynamisch, Musik lebt; das Wort perfekt hingegen könnte man in seiner Absolutheit ja fast schon als tot beschreiben.
Perfekte Instrumente mit dem perfekten Klang gibt es also nicht, was es aber sicher gibt, sind für uns perfekte, perfekt zu uns passende Instrumente, und darauf kommt es schlussendlich an...




Grüße
starling
 
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