
starling
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#1 Einige Gedanken zum Traumberuf des Gitarrenbauers
Ein Gespräch, das ich heute Mittag mit einem Bekannten geführt habe, hat mich mal wieder dazu gebracht, den Rest des Tages grübelnd durch die Gegend zu laufen...
Diese Gedanken würde ich euch nun gerne mitteilen, da ich denke, dass sie für den ein oder anderen E- und A-Gitarristen sowie -Bassisten ganz interessant sein könnten. Aus diesem Grund war ich mir auch etwas unsicher, bezüglich der Platzierung dieses Threads, denke aber, dass hier ein geeigneter Platz dafür ist.
Die kurze "Biograpie" dient nur als Einleitung...
Schon als ich als kleiner Junge meiner erste Gitarre bekam, interessierte ich mich auch für deren Konstruktion. Je länger ich Gitarre spielte, je besser meine Fähigkeiten am Instrument waren, desto größer wurde auch mein Wissen sowie mein Wissensdurst, was die optimale Einstellung, die Optimierung und schließlich sogar den Bau von Gitarren anging. Dadurch dass ich ebenfalls Bass spiele und viele Erkenntnisse auch auf den Bass übertragbar sind, gilt hierfür selbiges.
Parallel hing ich praktisch jeden Tag in der Werkstatt eines befreundeten Geigenbauers herum, schaute zu und sog jedes Wort wie ein Schwamm auf - er brachte mit den Umgang mit jedem erdenklichen Werkzeug, das Schärfen und Schleifen der selbigen, sowie den Umgang mit dem Werkstoff Holz bei.
Schon während der Schulzeit zeichnete sich dann ab, dass ich mein Geld mit der Musik verdienen würde und nach dem erfolgreichen Abitur verbrachte ich dann praktisch auch meine gesamte Zeit mit Studiojobs, Auftritten und dem Komponieren. Der Bau von Instrumenten blieb erstmal auf der Strecke, aber nur um sich dann später wieder Stück für Stück in mein Leben zurückzuschleichen.
Was mit einigen Instrumenten für mich selbst begann, wurde schnell zu Auftragsarbeiten für Bekannte und schließlich durch Mund-zu-Mund-Propaganda eben auch Unbekannte.
Was als Interesse anfing und zwischenzeitlich von der Bildfläche verschwand, wurde zur Leidenschaft.
Vor einiger Zeit fing ich dann an, das ganze professionell aufziehen, nicht mit einer Ausbildung als Gitarrenbauer, sondern mit der "spontanen" (aber nicht überstürzten!), aber entschlossenen Gründung einer Firma. Zwar nur als weiteres Standbein neben der Musik, aber eben (m)eine eigene, kleine Firma!
Durch diese Arbeit und auch dadurch, dass ich schon früh viele Kontakte knüpfen konnte, habe ich doch einen relativ guten Einblick in die "Szene".
Es ist doch so, viele Menschen, mich selbst als Jugendlicher eingeschlossen, sehen den Beruf des Gitarrenbauers als eine Art "Traumberuf":
Man sitzt den ganzen Tag in seiner gemütlichen Werkstatt, hat seine eigenen Arbeitszeiten, nicht viel Stress oder Druck durch andere Menschen und baut die Instrumente, die wir alle hier so lieben.
Ich war mal bei einem befreundeten Gitarrenbauer in der Werkstatt, als ein Kunde im Gespräch meinte, "Ich bin richtig neidisch auf euch Gitarrenbauer, ihr habt so einen tollen Beruf".
Nun ja, prinzipiell hat er recht. Die Wahrheit sieht dann häufig so aus, dass die wenigsten diese tolle Arbeit so zu bezahlen bereit sind, dass sie sich lohnt...
Die Bezahlung hängt nun mal davon ab, wie viel der Kunde bereit ist zu Zahlen - bei Geigenbauern oder Gitarrenbauer, die ausschließlich klassische Gitarren bauen, liegt der Satz in der Regel gut doppelt so hoch, als wenn man hauptsächlich Western- oder E-Gitarren baut.
Viele Leute fangen bei einem Stundensatz von 35€ schon an zu hadern, nur um im Anschluss ihr Auto bei einer KFZ-Werkstatt zum Studensatz von 60€ einer Inspektion zu unterziehen...
Eben jene befreundete Gitarrenbauer (und er ist kein Unbekannter in der Szene!), verlangt im Moment etwa 30 - 35€ die Stunde, was im gerade so reicht - um gut über die Runden zu kommen muss er seinen Stundensatz langfristig auf etwa 40€ anheben - man kann nur hoffen, dass das die Kundschaft mitmacht...
Nicht umsonst bezeichnen sich viele Gitarrenbauer scherzhaft als schlecht bezahlte Tischler....
Ich will hier auf keinen Fall den Beruf des Gitarrenbauers, der ja auch irgendwie der meine ist, schlecht reden - ich liebe ihn und würde neben der Musik nichts anderes machen wollen.
Aber ich liebe ihn nicht, weil es leichte, entspannte Arbeit zu super Konditionen ist, ich liebe ihn, weil ich den Geruch vom Holz beim Zargenbiegen liebe, weil ich das knirschen von frisch gehobelten Spänen unter meinen Füßen liebe und weil ich es liebe, aus einem Block Holz ein so filigranes, elegantes und wohlklingendes Konstrukt wie eine Gitarre zu schaffen.
In diesem Sinne, seid nicht zu knausrig mit dem Gitarrenbauer eurer Wahl...
Nein im Ernst, ich würde mich über eure Eindrücke und Gedanken zu dieser Thematik freuen!
Grüße
Paul
Ein Gespräch, das ich heute Mittag mit einem Bekannten geführt habe, hat mich mal wieder dazu gebracht, den Rest des Tages grübelnd durch die Gegend zu laufen...

Diese Gedanken würde ich euch nun gerne mitteilen, da ich denke, dass sie für den ein oder anderen E- und A-Gitarristen sowie -Bassisten ganz interessant sein könnten. Aus diesem Grund war ich mir auch etwas unsicher, bezüglich der Platzierung dieses Threads, denke aber, dass hier ein geeigneter Platz dafür ist.
Die kurze "Biograpie" dient nur als Einleitung...
Schon als ich als kleiner Junge meiner erste Gitarre bekam, interessierte ich mich auch für deren Konstruktion. Je länger ich Gitarre spielte, je besser meine Fähigkeiten am Instrument waren, desto größer wurde auch mein Wissen sowie mein Wissensdurst, was die optimale Einstellung, die Optimierung und schließlich sogar den Bau von Gitarren anging. Dadurch dass ich ebenfalls Bass spiele und viele Erkenntnisse auch auf den Bass übertragbar sind, gilt hierfür selbiges.
Parallel hing ich praktisch jeden Tag in der Werkstatt eines befreundeten Geigenbauers herum, schaute zu und sog jedes Wort wie ein Schwamm auf - er brachte mit den Umgang mit jedem erdenklichen Werkzeug, das Schärfen und Schleifen der selbigen, sowie den Umgang mit dem Werkstoff Holz bei.
Schon während der Schulzeit zeichnete sich dann ab, dass ich mein Geld mit der Musik verdienen würde und nach dem erfolgreichen Abitur verbrachte ich dann praktisch auch meine gesamte Zeit mit Studiojobs, Auftritten und dem Komponieren. Der Bau von Instrumenten blieb erstmal auf der Strecke, aber nur um sich dann später wieder Stück für Stück in mein Leben zurückzuschleichen.
Was mit einigen Instrumenten für mich selbst begann, wurde schnell zu Auftragsarbeiten für Bekannte und schließlich durch Mund-zu-Mund-Propaganda eben auch Unbekannte.
Was als Interesse anfing und zwischenzeitlich von der Bildfläche verschwand, wurde zur Leidenschaft.
Vor einiger Zeit fing ich dann an, das ganze professionell aufziehen, nicht mit einer Ausbildung als Gitarrenbauer, sondern mit der "spontanen" (aber nicht überstürzten!), aber entschlossenen Gründung einer Firma. Zwar nur als weiteres Standbein neben der Musik, aber eben (m)eine eigene, kleine Firma!
Durch diese Arbeit und auch dadurch, dass ich schon früh viele Kontakte knüpfen konnte, habe ich doch einen relativ guten Einblick in die "Szene".
Es ist doch so, viele Menschen, mich selbst als Jugendlicher eingeschlossen, sehen den Beruf des Gitarrenbauers als eine Art "Traumberuf":
Man sitzt den ganzen Tag in seiner gemütlichen Werkstatt, hat seine eigenen Arbeitszeiten, nicht viel Stress oder Druck durch andere Menschen und baut die Instrumente, die wir alle hier so lieben.
Ich war mal bei einem befreundeten Gitarrenbauer in der Werkstatt, als ein Kunde im Gespräch meinte, "Ich bin richtig neidisch auf euch Gitarrenbauer, ihr habt so einen tollen Beruf".
Nun ja, prinzipiell hat er recht. Die Wahrheit sieht dann häufig so aus, dass die wenigsten diese tolle Arbeit so zu bezahlen bereit sind, dass sie sich lohnt...
Die Bezahlung hängt nun mal davon ab, wie viel der Kunde bereit ist zu Zahlen - bei Geigenbauern oder Gitarrenbauer, die ausschließlich klassische Gitarren bauen, liegt der Satz in der Regel gut doppelt so hoch, als wenn man hauptsächlich Western- oder E-Gitarren baut.
Viele Leute fangen bei einem Stundensatz von 35€ schon an zu hadern, nur um im Anschluss ihr Auto bei einer KFZ-Werkstatt zum Studensatz von 60€ einer Inspektion zu unterziehen...
Eben jene befreundete Gitarrenbauer (und er ist kein Unbekannter in der Szene!), verlangt im Moment etwa 30 - 35€ die Stunde, was im gerade so reicht - um gut über die Runden zu kommen muss er seinen Stundensatz langfristig auf etwa 40€ anheben - man kann nur hoffen, dass das die Kundschaft mitmacht...
Nicht umsonst bezeichnen sich viele Gitarrenbauer scherzhaft als schlecht bezahlte Tischler....
Ich will hier auf keinen Fall den Beruf des Gitarrenbauers, der ja auch irgendwie der meine ist, schlecht reden - ich liebe ihn und würde neben der Musik nichts anderes machen wollen.
Aber ich liebe ihn nicht, weil es leichte, entspannte Arbeit zu super Konditionen ist, ich liebe ihn, weil ich den Geruch vom Holz beim Zargenbiegen liebe, weil ich das knirschen von frisch gehobelten Spänen unter meinen Füßen liebe und weil ich es liebe, aus einem Block Holz ein so filigranes, elegantes und wohlklingendes Konstrukt wie eine Gitarre zu schaffen.
In diesem Sinne, seid nicht zu knausrig mit dem Gitarrenbauer eurer Wahl...
Nein im Ernst, ich würde mich über eure Eindrücke und Gedanken zu dieser Thematik freuen!

Grüße
Paul
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