Blackstar / Barbed Wire Soul / 1997 / CD

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Technische Daten:

Format: Audio CD, kein "Copy Control"
Plattenlabel: Peaceville
Gesamtspielzeit: 43:38
Genre: Stoner Metal


Musiker:

Jeff Walker - Bass, vocals
Carlo Regadas - Gitarre
Mark Griffiths - Gitarre
Ken Owen - Schlagzeug


Produzenten: Colin Richardson


Tracklist

1. Game Over
2. Smile
3. Sound of Silence
4. Rock 'n' Roll Circus
5. New Song
6. Give up the Ghost
7. Revolution of the Heart
8. Waste of Space
9. Deep Wound
10. Better the Devil
11. Instrumental


Einleitung:

Bei genauerer Betrachtung des Lineups ist zunächst auffällig, dass sich hier, mit Ausnahme von Gitarrist Mark Griffiths, eine Kopie der letzten "Carcass"-Besetzung zusammengefunden hat, um unter dem Projektnamen "Blackstar" eine Momentaufnahme der letzten 30 Jahre Metal-und Rockgeschichte einzufangen.
Retrospektiv auf die Bandgeschichte von "Carcass" übertragen erscheint dies als logische Konsequenz; eine Anknüpfung an den vermeintlichen Stilbruch ihres Finalalbums "Swansong" und eine in sich geschlossene Weiterentwicklung hin zu mehr Melodiestruktur und Facettenreichtum ist hierbei genausogut denkbar, wie ein kompletter Neuanfang und Zurückstellen der Zähler auf null.
Worin der genaue Zusammenhang zwischen ihrem Namen und dem gleichnamigen Stück auf der "Swansong" liegt, entzieht sich meiner Kenntnis.


Das Album:

Gitarren-und Schlagzeuggeplänkel leiten in "Game Over" ein Midtempobrett par excellance ein, dessen Harmonics selbst für einen Zack Wylde eine Kampfansage wären; reflektierte Aggressivität vor allem im Gesang, der in Rauheit wohl zweifellos einem Walker zuzuschreiben ist, jedoch geprägt ist von Ohrenfreundlichkeit und abwechsungsreicher Eingänglichkeit.
Ein facettenreiches Break und ein technisch sowohl versiertes als auch enorm verspieltes Solo lösen vom Start weg eine Euphorie beim Hörer aus, die hohe Erwartungshaltungen an die Folgetitel stellt.

"Smile" hingegen schießt noch einmal weit über Diese hinaus; geniale Riffs, dessen Groove und Energie vorbildlich wirken, auch die intelligent arrangierten Drums mit dem sinnvollen Einsatz der Doublebass können beim genaueren Hinhören aufhorchen lassen, dass hierbei wahre Detailliebe bewiesen wurde.
Der Gesang zählt hier wohl zu den Glanzlichten von Jeff Walkers Karriere und bringt eine vertraute, aber dennoch erfrischend neu wirkende Dynamik in das Spielgeschehen.

Was noch gemächlich beginnt, entpuppt sich ebenfalls als reife Tanznummer, die nur noch nach mehr Airplay schreit und so manche Rockdisko aufmischen könnte.
Besonders der Chorus in "Sound of Silence" weiß mit seinem earcatchigen Arpeggio-Minimalismus zu gefallen.

Ein schleppendes, harmonicsgeschwängertes Riff, welches in ähnlicher Form bereits aus "Game Over" bekannt ist, erwartet den Hörer im "Rock 'n' Roll Circus".
Die Leads während der Bridge haben schon fast eightiesorientierten Thrashcharakter a la Slayer oder Testament, während das völlig überraschende Saxophonsolo sehr förderlich für den geradezu kaputten Charme des Tracks ist.
Hierbei wurden übrigens sämtliche Blasinstrumente von Sessionmusikern eingespielt, also keinerlei Klänge aus der Dose, was wieder einmal die Liebe für Detail und belebende Auflockerung untermauert.

Welcher Film mit dem einleitenden Zitat bei "New Song" persifliert wird, kann ich nicht beantworten, aber der Rest aber wirkt rifftechnisch wie schon hundertmal gehört plus Walkers markantem Organ.
Der Song schafft es zu keinem Zeitpunkt, einen ähnlichen Groove wie seine Vorgänger auszulösen und ist der erste in einer Reihe von schwächeren Werken.

"Give Up the Ghost" geht es bezüglich der Hauptriffs da nicht unähnlich; hätte man nicht den einzigartigen Gesang, würde man geradezu angefremdet von dem Track, da man ihn nicht zuordnen könnte und recht schnell das Interesse an ihm verliert.
Bridge und Solo überzeugen dann jedoch wieder etwas ausgeklügelter und können wenigstens etwas von der Gesamtathmosphäre retten.

Endlich wieder eine etwas stärkere Nummer ist die "Revolution of the Heart", jedoch nichts völlig unbekanntes oder überraschendes; der Track versinkt nicht im Mittelmaß, kann jedoch auch nicht annähernd zu den Besten gezählt werden.

Wem die Verspieltheit der Band zusagt, der hat mit "Waste of Space" seinen Meister gefunden; ACDC-typische Midtemporiffs treffen auf Hörner und Mundharmonika und schaffen eine starke Hymmne, die sich so mancher Rocker zu "Carcass"-Zeiten gewünscht hätte, so unwarscheinlich es auch gewesen wäre.

Eine wieder etwas schnellere Nummer ist "Deep Wound"; treibend, bluesig, mit leichter NWOBHM Schlagseite und dennoch mit diesem unverkennbaren Deathmetal-Flair; eine Mischung, wie sie sich auch am Beispiel der Spiritual Beggars bewährt hat.

Eine gute Mitsing/gröhl Nummer ist "Better the Devil"; nichts Hektisches, aber auch kein übermäßig kantenreicher Schweinerock.

"Now lets kill that fucking band" tönt es in alter Clooneymanier; genau meine Gedanken, die ich am Ende dieser Achterbahnfahrt zwischen groovetechnischer Perfektion und unauffälligem Mittelmaß erleben muss, denn im Angesicht ihrer statischen Rocknummern könnte man die Jungs am liebsten erwürgen, liefern sie doch in der ersten Halbzeit eine wirklich überzeugende Klangkulisse ab.
"Instrumental" greift aber die Stärken der Band auf und läuft erneut zur Höchstform an, schnell und ganz und gar nicht instrumental wird nochmal abgerockt.


Der Sound:

Der Sound des Albums ist klar, wenn auch in keinster Weise überproduziert oder glatt, enorm kraftvoll und definiert; man könnte fast von einer typischen Richardson-Produktion sprechen, wäre es nicht ein so ungewöhnliches Genre in Betrachtung seiner bisherigen Arbeit (z.B. "Fear Factory" oder eben "Carcass").
Hier dominiert offensichtlich dreckiger, metallastiger Rock 'n' Roll der letzten Jahrzehnte, aber eben auch eine Prise der Aggressivität und Tightness, die für mich immer die Ur-"Carcass" ausgemacht haben.
Dennoch ist nichts Knüppelhaftes a la Necroticism vorhanden, düstere Klangkulissen und Growls fehlen gänzlich; an deren Stelle rückt eine andere Form der Heavieness, Musik, welche Altbewährtes in ein neues, modernes Gewand kleidet und dabei nicht gerade zimperlich zu Werke geht, dennoch auf extreme Downtunings o.ä. verzichtet.
Im Anbetracht der Rauheit der Stimme und des Gitarrensoundes kann man die Musik getrost im Southern/Stoner Sektor unterbringen; wenn man nichts auf derartige Trendvokabeln gibt, ist man mit Rock oder midtempoorientiertem Metal aber auch nahe dran.


Fazit:

Zunächst mal das einfachste, nämlich eine Liste Derjenigen, welche mit Blackstars Debüt nichts anfangen werden:
Leute, die ein kompromissloses, "Back to the Roots"-Revival von "Carcass" herbeisehnen, können im Prinzip genauso verzichten wie der durchschnittliche Stumpfmetalhörer, der nichts für tanzbare Melodien, sondern nur für schnelle und irgendwo technische Knüppelorgien übrig hat.
An wen richtet sich also die Platte?
Jeder, der auf dreckigen Rock steht, sollte zumindest mal reinhören, insbesondere Freaks wie ich, die eine moderne, härtere "Black Sabbath"-Interpretation wünschen, wie sie auch schon in den erwähnten "Spiritual Beggars" dargereicht wurde.
Trotz einiger schwacher Tital überwiegt der positive Gesamteindruck und findet seinen Stammplatz in meinem Plattenregal und meinem Auto-CD-Player.
Ob es sich bei "barbed Wire Soul" um die letzte Veröffentlichung unter dem Namen "Blackstar" handelt und wie die Innovation bei einer Folgeveröffentlichung aufrecht erhalten wird, bleibt abzuwarten.

Insgesamt: 8.0/10.0
 
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Ich hab das Album schon seit längerem und kann mich deinem Review im Grossen und Ganzen anschliessen. Irgendwie ne coole Rock Band mit der thightness von Carcass. Schade das es keine von beiden Bands mehr gibt, ne Blackstar Reunion wäre eigentlich auch interessant.
 
Ich kann mich der Beschreibung (bis auf einige Ausnahmen) auch größtenteils anschließen.
"New Song" gefällt mir beispielsweise ziemlich gut.
Was mich allerdings ein bisschen enttäuscht, ist der Gesang, was allerdings den Gesamteindruck nur leicht schwächt.

Ich würde ca. 7 von 10 Punkten geben.
 

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