Hallo Akkordeonfreunde,
Ja, das Dilemma ist uns sehr wohl bewußt. Aber ist es denn mit dem Klavier oder der Geige anders?
Leute, die Blasmusik (oder Geige, Fagott, Harfe, Klavier, Flöte etc.) mögen, wollen keine Rock-Musik.
Leute die Rock-Musik mögen, wollen keine Blasmusiker u.s.w. sehen.
Wenn also Geiger Rock spielen wollen, haben sie das gleiche Problem wie Akkordeonisten, die Klassik spielen wollen, eben nur umgedreht.
Es ist eben so, als wollte man mit einem Blasorchester Heavy Metal spielen und damit auf einem Rock-Festival auftreten.
Diese Gegenüberstellungen lassen sich mit jedem Instrument durchdeklinieren.
Im Grunde kann man das Dilemma auf die einfache Formel bringen: Wenn man ein Instrument (gleich welcher Art) in einem anderen als dem "angestammten" und gewohnten Musik-Genre spielt hat man Probleme.
Mir scheint, mit unserem geliebten Handzuginstrument liegt der Fall etwas anders. Geige, Trompete (alle Blasinstrumente, egal ob Holz oder Blech), Klavier, selbst Gitarre haben alle einen angestammten Platz in der klassisch-konzertanten Musik, im Konzertsaal sowie im Theater. Für jedes der von play-bach aufgelisteten Instrumente gibt es Konzerte der "alten" Meister, sie sind integraler Bestandteil des klassischen Sinfonieorchesters. Selbst das "modernere" Saxophon hat seinen Platz im Sinfonieorchester gefunden.
Aber auch in der modernen - einschließlich Rock - Musik haben sie in der Regel einen angestammten Platz, selbst Violine, dank Vanessa May und Riverdance. Das edle Waldhorn, und auch Fagott z. B. finden Verwendung im Jazz.
Nicht so das Akkordeon. Sagt man: Ich spiele Violine, Cello, Waldhorn, Klarinette, Fagott, ... : Anerkennendes Kopfnicken. Ich selbst spiele auch noch Konzertgitarre, Waldhorn, Kornett sowie Wagnertube, kann das also gut belegen. Heißt es jedoch "Akkordeon", sind die Reaktionen ETWAS anders. Und wenn man dann noch nachschiebt "aber keine Seemannsmusik, Bierzelt-Dschunkelgröler, Schuhplattler, sondern Mozart, Beethoven, ...", dann ist ungläubiges Staunen - oder Amüsement - angesagt. Das Akkordeon wird halt von der breiten Öffentlichkeit eben NICHT als mit den anderen Instrumenten auf gleichem Niveau stehend angesehen. Fragt mal Leute, ob sie wissen, wer Hussong, Patkovic, Anzelotti, Romanko ..., oder Würthner, Schittenhelm, ... ist. Fehlanzeige. Ich habe gerade vor einigen Tagen einem Bekannten einige Weblinks zu diversen Webseiten geschickt, weil auch bei ihm wieder das altbekannte Staunen aufkam: Was, KONZERTMUSIK fürs Akkordeon, gibts das überhaupt, geht das denn, wie klingt denn das ??? Wie, Akkordeon kann man STUDIEREN - wie soll das denn gehen? usw.
Gitarre ist "cool" (Beatles, Hippies, Rock, Heavy Metal, DAS Szeneinstrument der Jugend) und gleichzeitig "seriös" (alte Meister, spanische Musik, ...) Da kann das Akkordeon überhaupt nicht mithalten, was das Image betrifft. So ist das nun mal, doch sollte es uns nicht weiter beirren. Wir lieben halt das Besondere, das ist ja nichts Schlechtes, sondern zeichnet uns aus.