Die Quintessence, ein Review vom anderen Stern

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Lustiges Rumgeblödel:
Getrost dem Motto: "MEIN Gitarrenbauer, MEINE Gitarre und ICH!", möchte ich hier ein Konkurrenzthema zu dem meines ehrenwerten Mod-Kollegen Akquarius starten, kann ja nicht angehen, dass der hier soviel Aufmerksamkeit auf sich zieht und ich in Vergessenheit gerate ;-)

Ähm ja, also die Quinte kennt ja jeder theoretisch begabte Musiker, auch der Violinist Philippe Quint, wird den meisten so unbekannt sein wie mir, ebenso wie das Weingut Quint.
Die Quintessence wiederum ist wieder was ganz anderes. Wenn quasi der Quacksalber im Quadrat hüpft, quer zur Querachse, und dabei eine Qualle mit einem Quirl quält, dann darf man keineswegs quengeln, wenn der Qualm die Qualität der Quantentheorie verdeckt und der Querulant mit einem Quitschen querfeldein in sein Quartier geschickt wird.
Jedenfalls ist diese Quintessence hier etwas ganz besonders.

Ernsthaftes Nichtmehrgeblödel:
Man nehme also ein beliebigen Phänomen, beispielsweise einen tollen Sound, und komprimiere ihn so weit, dass nur noch ein kleiner Tropfen mit dem absoluten Kern, der reinen Klarheit des Tons vorhanden ist. Jetzt nehme man ganz viele dieser Tropfen und bade ein Stück Holz darin. Dieses verbaue man zu einer Gitarre.
So oder so ähnlich könnte man sich die Entstehungsgeschichte der Rössler Quintessence vorstellen, wenngleich Stefan Rössler wohl kaum auf die Idee käme seine jahrzehntelang getrockneten Hölzer auch nur irgendeiner Form von Flüssigkeit auszusetzen, und das ist auch gut so.

Wie man ja schon lesen konnte, war ich mehr oder weniger lange unterwegs um mir einen Überblick über die Landschaft der hochpreisigen Klassik-Gitarren. (einen kurzen Eindruck gibt es hier: https://www.musiker-board.de/vb/nylon/305313-gitarre-bauen-lassen-dortmund-umgebung.html)
Jetzt wo das Projekt "Gitarrenbau" abgeschlossen ist, (Ohne dass ich mir eine Gitarre habe bauen lassen, aber dafür eine schon fertige in meinen Besitz übergegangen ist) möchte ich hier an dieser Stelle ein kleines Resümee ziehen und es mit einer Art "Review" verbinden. Wobei Review das falsche Wort ist, denn niemand wird meine Gitarre exakt so kaufen können, deswegen hat keiner was davon ;-) Trotzdem möchte ich einen kleinen Einblick geben, warum ich mich grade für diese Gitarre entschieden habe.

Ein Punkt, den man nicht unterschätzen darf, ist meiner Meinung nach die Kompetenz und Freundlichkeit des Verkäufers/Gitarrenbauers. (Natürlich neben der Qualität der angebotenen Gitarren)
Mir war es wichtig auch einige Modelle des jeweiligen Bauers dort anzuspielen und mir ein Bild von der Arbeit des Luthiers zu machen. Der Gitarrenbauer ansich ist ein eher skurriles Tierchen, aber im Grunde sehr freundlich. (will ja auch was verkaufen) Meist sehr aufgeschlossen und steht Antwort auf alle Fragen. Das Problem ist, dass kaum ein Gitarrenbauer mehr als zwei-drei Gitarren von sich da stehen hat. Das ist auf der einen Seite logisch, weil viele ja erst auf Bestellung bauen, andererseits ärgerlich, wenn man dann in die Situation kommt: Gitarre 1 klingt vernünftig, kostet aber ein Heidengeld, Gitarre II ist billiger, klingt dafür aber auch mies. Will man nun eine Gitarre die dazwischenliegt, hat man immer noch keine Ahnung was man bekommt.
Daher empfand ich Musikgeschäfte die 8-10 Gitarren, von unterschiedlichen Herstellern anboten durchaus als eine Bereicherung für den Vergleich.
Zum Beispiel Viertmann in Köln bietet eine riesige Auswahl an (meist gebrauchten) klassischen Gitarren. Sicherlich um die 30-40, von denen ich gute zwei Dutzend angespielt hab. Das Problem an dem Laden war die Temperatur, die im eisigen Bereich lag, 80% Luftfeuchtigkeit und die Tatsache, dass Herr Viertmann überhaupt nicht auf meiner Wellenlänge lag, ständig irgendwelche Gitarren propagierte, die mir überhaupt nicht zusagten und mir am Ende gar meine Hanika abkaufen wollte, was ich dann doch etwas seltsam fand.
Ja, meine Gitarre hatte ich grundsätzlich immer zum Vergleich dabei. Macht meiner Meinung nach absoluten Sinn. Damit man mal einen Eindruck vom Raum bekommt ist das mit Sicherheit die einzig praktikable Lösung.

Jedenfalls erhöhte sich so mein Kenntnisstand von dem was es so gibt und dem was ich so wollte. Und schließlich zog es mich zu Rössler zurück, wo ich relativ am Anfang meiner Suche schon einen sehr guten Eindruck bekam.

Stefan Rössler hat nicht nur eine vergleichsweise große Werkstatt, sondern auch einen separaten Showroom/Geschäft, wo er seine eigenen, sowie diverse optimierte Seriengitarren anbietet.
In offener Atmosphäre lassen sich hier 10? Gitarren von ihm antesten. Bereit liegen Fußbank, Gitarrenstütze (das machte ihn mir gleich sympathisch), Stimmgabel, Stimmgerät etc. Das ist durchaus nicht Usus, ich war oft durchaus froh meine eigene Stütze immer dabei zu haben. Bei meinem ersten Besuch hatte ich einen Termin vereinbart, (DAS wiederum IST Usus) braucht man hier aber eigentlich nicht, denn Herr Rössler hat normale Öffnungszeiten zu denen man ihn dort antrifft.
Direkt bei der Begrüßung bot er Kaffee, Tee und Kekse an. Das war auch eher eine Seltenheit auf meiner Suche. (Vor allem Tee mit Milch und Zucker. Ich gebs zu, ab und an bin ich ein Engländer)
Die Gitarren, um auf das Interessante zurückzukommen, gehen interessanterweise in absolut verschiedene Richtungen. Von der "ich hau dich vom Stuhl"-Flamenca, bis hin zur softi-weichen Brumm-Zeder-Tüte war da wirklich für jeden Geschmack was dabei.

Bei zwei Gitarren hatte ich schon nach kurzem Anspielen dieses "ich harmoniere mit dem Instrument"-Gefühl. Gut, die eine kostete 16.000€, das war etwas über meinem Budget.. ;-) Aber auch die durfte ich anspielen.

Ah, noch eine Sache die ich erwähnen muss: mein Kumpel Sebastian, war mir auf der Tour eine sehr große Hilfe. Habe ihn desöfteren mitgeschleppt um eine zweite Meinung, und jemanden der von vorne Hört, zu haben. (Dummerweise kann kaum ein Gitarrenbauer Gitarre spielen) So hatte ich wenigstens eine unabhängige Absicherung. Vier Ohren hören mehr als zwei.

Kommen wir nun zum Objekt der Begierde:
Die Quintessence (http://www.gitarrenbaumeister.de/content.php?id=16): (eigene Fotos werde ich nachreichen sobald ich herausgefunden hab wieso meine Kamera sie nicht auf meinen PC überspielen möchte)

Hardfacts:
Decke: Alpenfichte
Boden/Zargen: ostindischer Palisander (tja, Rio ist einfach zu teuer ;-)
Hals: Cedrella (hab ich vorher noch nie gehört), mit einem Streifen Ebenholz verstärkt
Griffbrett: afrikanisches Ebenholz

Schellackpolitur
ovales Schalloch
12-Loch-Steg

Optisch ganz schlicht, die Schallochrosette sind nur zwei kleine Streifen. Ganz dünne Bindings am Korpus und ein kleines Inlay am Kopf.
Das kam mir sehr entgegen. Ich mag das schlichte viel lieber als große Verzierungen.
Davon abgesehen ist das eine Gitarre zum drauf spielen, nicht zum angucken.
Erstaunlich ist auch das Gewicht: Sie ist deutlich schwerer als meine Hanika. ich folge hier dem Motto: "Schwerr ist gutt, schwerr ist zuverrlässick". Hat auch den Vorteil, dass die Gitarre sehr stabil auf meinem Bein steht.

Softfacts:
Bespielbarkeit: Ja das ist irgendwie ein Geheimnis. Nachdem ich sie gespielt hatte, hätte ich Stein und Beim geschworen, dass hier eine verkürzte Mensur, eine 50er Sattel oder sonstwas im Spiel wäre. Sie bespielt sich unglaublich leicht und präzise. Aber nichts dergleichen... de facto: 52er Sattel, 65er Mensur. Der Trick liegt laut Mr. Rössler darin, dass er Hals und Griffbrett in drei Zonen abrichtet und so überall eine extrem niedrige Saitenlage hinbekommt. Tatsächlich macht es kaum einen Unterschied ob man in tiefen oder hohen Lagen spielt. keine Ahnung ob das mit den Zonen stimmt, aber egal was er macht, es funktioniert bestens.

Klang: Tjo. Ist prima ;-)

Nagut, etwas ausführlicher: das besondere ist die Ansprache. Der Ton steht sofort im Raum. Das ist für eine Fichtendecke eher ungewöhnlich. Dadurch resultiert aber eine Klarheit, die ich selten so erlebt habe. Jeder Ton eines Akkords kann erfasst werden, nichts wird verwischt. Man hört alles. Natürlich auch jede Unsauberkeit.
Der einzige minimale Schwachpunkt den ich momentan sehe sind die Diskant Saiten, die noch nicht so offen strahlen wie ich es gerne hätte. Allerdings habe ich momentan noch Carbonsaiten drauf, die sowieso eher härter und nicht so strahlen klingen, und zum anderen ist die Gitarre ganz neu und nicht eingespielt. Nach zwei bis drei Stunden Spieldauer merkt man da schon einen Unterschied in die richtige Richtung. Ich bin frohen Mutes, dass sich die Gitarre da noch ein wenig entwickeln wird, bzw ich durch die Saitenwahl etwas nachtunen kann.

Preislich mit 3800€ sicherlich keine Einsteigergitarre, für mich zum Studium aber noch zu rechtfertigen, und im Vergleich mit anderen Gitarren gradezu ein Schnäppchen
 
Eigenschaft
 
Bärenstark Torsten.

Das mit Viertmann kann ich nachvollziehen. Als ich da aufschlug, wusste ich nicht, dass dort nur Nylonstrings hängen. Getestet hab ich dann trotzdem. Und wieder mal festgestellt, dass ich doch eher der stählerne Typ bin und Nylons einfach nicht mein Ding sind :D

Ich grautliere Dir herzlich zu Deiner Quintessence und bin sehr gespannt, welche Gitarren in unserer zukünftigen gemeinsamen Zeit im Forum noch zu Deiner Auswahl an Saiteninstrumenten hinzukommen.

Mein Gitarrenbauer hatte Gott sein Dank gleich 5 seiner Werke zum Antesten parat.

Und er spielt sehr gut Gitarre - vorzugsweise DADGAD ;)
 
Klingt nach 'ner guten Investition; gratuliere! Wird die Hanika jetzt entlassen?
 
Ich grautliere Dir herzlich zu Deiner Quintessence und bin sehr gespannt, welche Gitarren in unserer zukünftigen gemeinsamen Zeit im Forum noch zu Deiner Auswahl an Saiteninstrumenten hinzukommen.

Danke für die Gratulation, auch an saitentsauber.
Die nächsten Monate bis Jahre werde ich wohl eher kein Geld mehr für Gitarren übrig haben ;-) Das war in etwa mein Jahresgehalt, was da draufgegangen ist. Und ich bin eigentlich rundum versorgt. (wobei ich nicht ausschließen will mal ne billige Lagerfeuergitarre oder ähnliches zu kaufen) Was mir noch am ehesten fehlt wäre eine vernünftige E-Gitarre, aber was mir da vorschwebt ist nun wirklich vorerst nicht drin.
Aber kommt Zeit, kommt vllt nen vernünftiger Job, kommt vllt noch ne schöne Gitarre, wer weiß? ;-)

Wird die Hanika jetzt entlassen?

Auf gar keinen Fall. Ich hab nicht vor ständig eine 4000€ Gitarre mit zur Uni oder zu den Ensemble-Proben zu schleppen, das Risiko ist mir definitiv zu groß. Die Quintessence wird meine Gitarre zum ernsthaften Üben zu Hause, sowie für Konzerte, Prüfungen etc. Die Hanika hat da durchaus noch ihre Lebensberechtigung. (Du kriegst sie nicht :p)
 
Nettes Review, zum Schmunzeln.:) Ich gratuliere Dir und wünsche Dir viel Freude mit der neuen. Ich denke ja, dass es einfach nur unwahrscheinlich viel Spaß machen wird, auf so einer Gitarre zu spielen.:great::D
 
Hey bei uns in der gegend gibts auch nen Gitarrenbauer Rössel (glasub ich zu mindest...:D)
Aber der baut feine Bässe... nur mal so am rande hier was eingeworfen:D
 

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