Disgracer
A-Gitarren-Mod
Angeregt durch diese Beitrag hier, möchte ich die Diskussion über Preise etc eines Solo-Gitarrenbauers hierhin auslagern:
Ich finde diese Ansicht durchaus interessant und diskussionswürdig.
Seit 15 Jahren besitze ich eine Gitarre, die von einem Solo-Gitarrenbauer gebaut wurde.
Ich begann dort mit meinem Studium für Musik-Lehramt und wollte an der Stelle investieren, um meine Fähigkeiten ausreizen zu können.
Da das nun wirklich viel Geld für einen angehenden Studenten ist, hab ich die ganze Sache wirklich ernst genommen und war quasi bei nahezu jedem Gitarrenbauer und Musikladen in ganz NRW.
Ungelogen habe ich dort innerhalb eines Jahres über 1000 Gitarren angespielt.
Natürlich gab es bei den Gitarrenbauern keine wirkliche Obergrenze, aber es war doch eher extrem selten, dass eine Gitarre über 10.000€ gekostet hat. Die meisten Gitarren waren tatsächlich im Bereich 3000-6000€.
Meine Gitarre hat 3500€ gekostet (http://www.gitarre-roessler.de/gitarrenbau/quintessence/ mit ovalem Schallloch) und hat laut Aussage des Gitarrenbauers etwa 85-90 Arbeitsstunden intus. Mittlerweile zahlt man etwa 1000€ mehr. Inflation und so.
Etwa die Hälfte der angebotenen Gitarren von Herrn Rössler kostet unter 10.000€ und eigentlich ist alles was teurer ist nur deswegen teuer, weil exotische und teilweise schwer zu verarbeitende Hölzer verwendet werden.
Meine Erfahrung damals war, dass es im Bereich ab 3000€ viel mehr Extreme in den Gitarren gab, also teilweise sehr klare, mit extrem viel Attack, sehr basslastige etc.
Ich hätte aber nicht sagen können, dass der Preis irgendeine direkte Einwirkung auf den Klang hatte. Ich hab Gitarren für 20.000€ gespielt, die ich nicht gut fand und günstigere, die ich phantastisch fand. Dies hängt auch extrem mit der Art zu Spielen zusammen, ob mit Fingernägeln oder ohne, Art der Musik, etc.
Die teuersten Gitarren waren oft sehr speziell: Doble Tapa, also mit zwei Decken oder (damals superneu) quasi Laminat aus zwei ultradünnen Decken mit Kunststoff (Kevlar?)- gewebe dazwischen, eleviertes Griffbrett und dann natürlich die üblichen Verdächtigen wie Rio Palisander etc.
Ich persönlich hätte aber kaum eine dieser Gitarren gekauft, also auch nicht aus klanglichen Gründen und wenn sie die Hälfte gekostet hätten.
Tatsächlich hatte ich bei Herrn Rössler auch die teuerste Gitarre in der Hand, die ich jemals gespielt habe: Über 22.000€. Im direkten Vergleich mit der Gitarre, die ich dann gekauft habe, waren es laut meiner Empfindung, Aussage eines Freundes, der alle Touren mitmachen musste, weil ich auch gerne was zum Klang aus Zuschauersicht hören wollte, und des Gitarrenbauers selbst nur marginale Unterschiede, wenn ich gespielt habe. Er sagte auch, dass der Preis nur dadurch zustande kommt, dass das verbaute, exotische Holz extrem hart ist und man permanent mit Maske und Sichtschutz arbeiten muss, weil die Späne gesundheitsschädlich sind.
Von daher habe ich aus meiner Erfahrung ein eher entspanntes Verhältnis zu hochpreisigen Gitarren un d sehe es eher "technisch". Der Klang spielt für den Gitarrenbauer beim Preis eher eine kleine Rolle. Es ist mehr der Aufwand, der gepflegt wurde. Und bei den großen Namen natürlich auch Supply&Demand. Wenn ich nur 10 Gitarren im Jahr bauen kann, aber 100 Leute habe, die meine Gitarren wollen, kann ich eben die Preise hochsetzen.
Ich habe mal in Dortmund Gitarren von Jakob Poljakoff (= Presler Gitarren) angespielt, die er für ~3500€ verkauft hat. Und ich war ein solcher Idiot die nicht zu kaufen. Mit seinem Umzug nach Berlin hat er da 2000€ auf den Preis aufgeschlagen, was deutlich angemessener war und dann irgendwann aufgehört Gitarren zu bauen.
Insofern empfinde ich die Preisgestaltung bei hochpreisigen Gitarren sehr kompliziert.
Ich würde aber Atomfried widersprechen wollen, dass man erst ab 10.000€ bei Gitarrenbauern schauen sollte. Meine Erfahrung ist da eben eine andere und ich würde schon für die Hälfte eigentlich immer zum Gitarrenbauer laufen. (Oder mittlerweile tatsächlich eher nach gebrauchten Gitarren schauen)
Was ist eure Meinung zum Thema?
3000 EUR sind ganz sicher kein "gutes Geld" für einen Gitarrenbauer in westlichen Breiten. Man muss kein BWL Genie sein, um festzustellen, dass bei realistischen 10 - 12 Instrumenten im Jahr und somit 30 bis 36k Umsatz im Jahr nach Abzug aller Kosten (Bestandteile wie Holz und Mechaniken, Verbrauchsmaterial, Werkzeuge, Strom und ggf. Werkstattmiete) kaum mehr was übrig bleibt.
Von einem Solo-Gitarrenbauer erwarte ich High End - und zwar in Bezug auf Verarbeitung, Qualität, Ästhetik und Klang. Wer das liefert, verkauft nicht für 3k. Im Bereich zwischen 3k und 10k würde ich lieber von der Stange oder einer kleinen Manufaktur kaufen (Collings, Goodall, Bourgeois...). In Richtung Beauftragung eines Solo-Gitarrenbauers würde ich erst ab min. 10k Budget denken - das muss man bei den guten einfach min. anlegen.
In dem Preisbereich fängt esdann vllt. auch an, langsam Spaß zu machen. Aber da muss man auch erst Mal hin kommen. Neben einem anderen Job und Familie eher aussichtslos.
Baubericht 0-14 Ital. Fichte / Palisander
Es geht derzeit nur noch ganz langsam weiter, da ich mit 2 kleinen Kindern und was sonst noch so anliegt sehr schwierig Zeit finde. Das Finish sollte demnächst langsam Mal fertig sein. Schelllackpolitur gefällt mir überhaupt nicht, das werde ich nicht mehr machen sollte ich künftig noch Mal...
www.musiker-board.de
Ich finde diese Ansicht durchaus interessant und diskussionswürdig.
Seit 15 Jahren besitze ich eine Gitarre, die von einem Solo-Gitarrenbauer gebaut wurde.
Ich begann dort mit meinem Studium für Musik-Lehramt und wollte an der Stelle investieren, um meine Fähigkeiten ausreizen zu können.
Da das nun wirklich viel Geld für einen angehenden Studenten ist, hab ich die ganze Sache wirklich ernst genommen und war quasi bei nahezu jedem Gitarrenbauer und Musikladen in ganz NRW.
Ungelogen habe ich dort innerhalb eines Jahres über 1000 Gitarren angespielt.
Natürlich gab es bei den Gitarrenbauern keine wirkliche Obergrenze, aber es war doch eher extrem selten, dass eine Gitarre über 10.000€ gekostet hat. Die meisten Gitarren waren tatsächlich im Bereich 3000-6000€.
Meine Gitarre hat 3500€ gekostet (http://www.gitarre-roessler.de/gitarrenbau/quintessence/ mit ovalem Schallloch) und hat laut Aussage des Gitarrenbauers etwa 85-90 Arbeitsstunden intus. Mittlerweile zahlt man etwa 1000€ mehr. Inflation und so.
Etwa die Hälfte der angebotenen Gitarren von Herrn Rössler kostet unter 10.000€ und eigentlich ist alles was teurer ist nur deswegen teuer, weil exotische und teilweise schwer zu verarbeitende Hölzer verwendet werden.
Meine Erfahrung damals war, dass es im Bereich ab 3000€ viel mehr Extreme in den Gitarren gab, also teilweise sehr klare, mit extrem viel Attack, sehr basslastige etc.
Ich hätte aber nicht sagen können, dass der Preis irgendeine direkte Einwirkung auf den Klang hatte. Ich hab Gitarren für 20.000€ gespielt, die ich nicht gut fand und günstigere, die ich phantastisch fand. Dies hängt auch extrem mit der Art zu Spielen zusammen, ob mit Fingernägeln oder ohne, Art der Musik, etc.
Die teuersten Gitarren waren oft sehr speziell: Doble Tapa, also mit zwei Decken oder (damals superneu) quasi Laminat aus zwei ultradünnen Decken mit Kunststoff (Kevlar?)- gewebe dazwischen, eleviertes Griffbrett und dann natürlich die üblichen Verdächtigen wie Rio Palisander etc.
Ich persönlich hätte aber kaum eine dieser Gitarren gekauft, also auch nicht aus klanglichen Gründen und wenn sie die Hälfte gekostet hätten.
Tatsächlich hatte ich bei Herrn Rössler auch die teuerste Gitarre in der Hand, die ich jemals gespielt habe: Über 22.000€. Im direkten Vergleich mit der Gitarre, die ich dann gekauft habe, waren es laut meiner Empfindung, Aussage eines Freundes, der alle Touren mitmachen musste, weil ich auch gerne was zum Klang aus Zuschauersicht hören wollte, und des Gitarrenbauers selbst nur marginale Unterschiede, wenn ich gespielt habe. Er sagte auch, dass der Preis nur dadurch zustande kommt, dass das verbaute, exotische Holz extrem hart ist und man permanent mit Maske und Sichtschutz arbeiten muss, weil die Späne gesundheitsschädlich sind.
Von daher habe ich aus meiner Erfahrung ein eher entspanntes Verhältnis zu hochpreisigen Gitarren un d sehe es eher "technisch". Der Klang spielt für den Gitarrenbauer beim Preis eher eine kleine Rolle. Es ist mehr der Aufwand, der gepflegt wurde. Und bei den großen Namen natürlich auch Supply&Demand. Wenn ich nur 10 Gitarren im Jahr bauen kann, aber 100 Leute habe, die meine Gitarren wollen, kann ich eben die Preise hochsetzen.
Ich habe mal in Dortmund Gitarren von Jakob Poljakoff (= Presler Gitarren) angespielt, die er für ~3500€ verkauft hat. Und ich war ein solcher Idiot die nicht zu kaufen. Mit seinem Umzug nach Berlin hat er da 2000€ auf den Preis aufgeschlagen, was deutlich angemessener war und dann irgendwann aufgehört Gitarren zu bauen.
Insofern empfinde ich die Preisgestaltung bei hochpreisigen Gitarren sehr kompliziert.
Ich würde aber Atomfried widersprechen wollen, dass man erst ab 10.000€ bei Gitarrenbauern schauen sollte. Meine Erfahrung ist da eben eine andere und ich würde schon für die Hälfte eigentlich immer zum Gitarrenbauer laufen. (Oder mittlerweile tatsächlich eher nach gebrauchten Gitarren schauen)
Was ist eure Meinung zum Thema?