Die Schrammelharmonika

  • Ersteller waldgyst
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In der Zeit damals vermutlich durch die Bank so...da werden vermutlich beim Hersteller dutzende von Zungenfeilern beschäftig gewesen sein. Denn diese Stimmplatte wurde ganz sicher nicht vom Harmonikabauer gefeilt, sondern beim Stimmplattenhersteller. Aber mangels Schleifmaschinen eben von Hand... und da war Durchsatz angesagt, sonst war der Preis nicht zu halten. Dass es flott gehen musste sieht man ja auch am groben Feilenhieb an den Stimmzungen. Auch damals war da nix mit liebevoll in Form gefeilt sondern auch damals gabs schon Akkord!
 
Ich erinnere eine Textstelle daß die Wechselbässe womöglich eher als Tonerweiterung gedacht waren als zur gleichzeitigen Begleitung der Diskantseite.
Ich habs gesucht finde diese Textstelle aber nicht mehr.
Mein Eindruck ist, daß bei gleichzeitiger Bedienung von Bässen und hohen Tönen Letzteren (ca oberes Drittel) besonders auf Druck leicht die Puste ausgeht.
Mit einem erweiterten bandoneoähnlichen Balg wie Walther Soyka ihn verwendet hat man Möglichkeiten da auf Zug gleichzeitig mehr rauszuhohlen.
Auch sollen zwei Harmonikas verwendet worden worden sein, wovon dann vielleicht eine den Bass übernahm, die andere die hohen Töne,
abgesehen von der Kontagitarre natürlich die die Basseite ganz ersetzen konnte.
In dem Video Laundschdrossen hört man die Bässe sehr gut aber die Diskantseite kaum.
Die Möglichkeiten gleichzeitige Bassbegleitung zu hohen Tönen bei gefühlvollerem Einsatz scheint mir beim Wechselbass mit originalen Zungen und Balg begrenzt.
Das schmälert das Instrument aus meiner Sicht aber nicht sondern beeinflußt nur die Richtung.
Vielleicht läßt sich aber mit vie Arbeit aus dem Material mehr Flexibilität rausholen hohe Töne auch ohne vollen Druck zum Bass noch hörbar auf Druck klingen zu lassen
Die Methode in Längsrichtung mit Schleifsteinen zu schleifen (die ich zufällig mal eingelagert hatte) scheint mir die beste auch um den groben Feilenhieb auch etwas zu glätten.
Erst mal sauber und später eine Seite bis es zu singen anfängt im Bereich der mittleren Töne.


DSCN9990.jpg
 
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Ich hab mir direkt die Verstimmtere vorgenommen.
Im Nachhinein glaube ich wurde da immer wieder mal nach Gehör nachgestimmt und auch Schwebung reingebracht.
Das war schon arg verstimmt und die Zungen sind ziemlich malträtiert.
Wenn man da versucht mit dem Stein was zu glätten kommt man auf jeden Fall nicht oder nur selten unten an.
Aber es hat geklappt und war in dem Fall vielleicht die einzig sinnvolle Methode.
Das sind 208 Zungen im Diskant und mit geschätzen 15 Stunden komme ich auf 5 Min durchschnittlich.
Vielleicht waren es aber auch 20 Stunden obwohl ich etwas in Handwerkzeugführung geübt auch quer und diagonal den Stein geführt habe.
Wenn ich später noch eine Schwebung reinstimmen will wäre mir höher zu riskant.
Das schien mir teils schon eng, dann eher etwas tiefer.
Durch die Bearbeitung mit dem Stein scheint mir die Ansprache schwerfälliger Töne besser geworden zu sein.
Günstig war auf jeden Fall jede Stimmplatte auf Grund der Bauweise mit Leder und Haken direkt auch im Stimmstock fest eingebaut testen zu können denn der Ton ist dann doch noch mal anders als nur fest reingehalten.
Auf jeden Fall bin ich erst mal zufrieden mit Maxitos Hilfe! ein schönes Ergebniß erzielt zu haben.
 
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Die Belegung der 12 Knöpfe des Wiener wechseltönigen Standartbassystems ist in Andreas Teufels Magisterarbeit, bei Walther Soyka und Wikipedia unterschiedlich angegeben.
Möglicherweise gab es verschiedene Belegungen für die Wiener Bässe.
Meine beiden Instrumente entsprechen der Grafik von Walther Soyka
http://schrammelharmonika.nonfoodfactory.org/geschichte.html



Wechselbass.jpg
 
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Vielleicht waren es aber auch 20 Stunden obwohl ich etwas in Handwerkzeugführung geübt auch quer und diagonal den Stein geführt habe.
Wenn ich später noch eine Schwebung reinstimmen will wäre mir höher zu riskant.
Das schien mir teils schon eng, dann eher etwas tiefer.
Durch die Bearbeitung mit dem Stein scheint mir die Ansprache schwerfälliger Töne besser geworden zu sein.

So ganz habe ich zwar nicht verstanden, was du damit genau meinst - aber auf dem Bild sieht es so als als ob du an den Stimmzungen im vorderen Bereich alle bisherigen Feilspuren komplett rausgeschliffen hast... So war mein Hinweis nicht gemeint mit dem flächig schleifen...Das flächig schleifen hat den Vorteil dass man damit nur seeehr wenig Material abtragen muss um auch größere bereiche nachstimmen zu können. Und zwar meist so wenig, dass man nur die Spitzen n bissl abträgt und das Grundmaterial noch nicht mal antastet. Und man schleift auch nicht mit der Absicht, dass "man erstmal ne Basis schafft damit man später mal draufstimmen kann" .. nein ... die Schleifmethode ist bereits eine Methode mit der man stimmt ... eben um nicht nach her mit weiteren Methoden nochmals Material abuzutragen.

Wobei ich dich nicht davon abhalten will die Stimmzungen alle komplett zu überschleifen - ist schließlich dein Instrument und mit dem kannst du machen was du magst:hat:


Erst mal sauber und später eine Seite bis es zu singen anfängt im Bereich der mittleren Töne.
Da darf man aber nicht drauf hoffen, dass man einfach losstimmt und irgendwann mal der Ton "singt"... das macht der normal nur, wenn man schon ziemlich ne Ahnung hat in welche Richtung das gehen soll...Das klappt in der Regel nicht. Die Leute die einen Ton so stimmen, "dass er singt", wissen meist ziemlich präzise was notwndig ist.. nur ist denen das meist zu umständlich anderen das zu erklären, worauf sie genau achten und was für Grundeinstellungen sie hierfür anstreben...Die wissen auf welchen Punkt se hin wollen und machen den Rest dann per Gehör und zwar nicht für einzelne Töne sondern für einen kompletten Bereich.

Es ist ja auch so, dass Schrammelharmonikas meist ein bestimmtes Einsatzfeld haben , wofür sich bestimmte Stimmungen und Schwebungen als passend ergeben haben. Und die Spezialisten, für die Schrammelharmonikas kennen eben das Einsatzfeld und die Spieler sehr gut und können dementsprechend gezielt stimmen. Wer das alles nicht kennt, kann das Instrument halt stimmen - hat aber keine Ahnung, welche Besonderheiten zu beachten wären. Es ergibt dann zwar ein gestimmtes Instrument, aber meist ohne den besonderen Flair zu erreichen.
 
Auf dem Bild mit den Schleifsteinen ist erst nur die tiefste Zunge ganz links von mir bearbeitet worden und da tatsächlich am Gewicht wo aber auch reichlich Material ist.
Alle anderen Bearbeitungsspuren sind noch alt und waren leider über die ganzen Längen vorhanden als sei hin und her gestimmt worden.
Ich habe mich deshalb schon bemüht großflächig vorsichtig vorzugehen da mir die Zungen besonders der höheren Töne oben schon etwas dünn vorkamen.
Die war schon arg verstimmt und meist deutlich zu tief.
Nur wenige stimmten im Ton.
Ich weiß es nicht wie lange es gedauert hat.
Die Stimmplatten zu reinigen war auch zeitaufwendig und natürlich das von unten vorsichtig an den Ton rantasten um nicht erst höher und dann wieder tiefer zu stimmen was auch geklappt hat.
Die Zungen der anderen Schrammelharmonika scheinen mir für mich in der Stimmung ausreichend gut das die so bleiben kann.
Ich hätte Lust mit der Schwebung zu experimentieren aber diese Originalzungen bleiben jetzt besser so.
Vielleicht finde ich früher oder später einen passenden kompletten Satz Zungen dazu.
Die Schwebung scheint mir eher im Bereich der mittleren Töne nach unten und oben weniger werdend.
Ich hab ja ein Vergleichsinstrument in dem das drin ist was ich nicht wüßte,
Bei beiden Harmonikas stimmten die Basstöne überein mit dem Baber an beiden einen halben Ton tiefer.
Bei der einen habe ich das korrigiert bei der anderen bleibt es so.
Möglicherweise könnte es an der Stelle Zufall oder eine von der Theorie abweichende gängigere Praxis sein.
 
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1870 soll Nikolai Iwanowitsch Beloborodow in Tula eine dreireihige chromatische Harmonika identisch der Wiener Schrammelharmonika entwickelt haben, benannt Bajan nach dem Dichter Bojan.
Die Höhe des Kurztastengriffbretts, die Gehäusetiefe und Gehäusebreite, Die Beschläge zum Öffnen des Gehäuses des Diskantdeckels und die Befestigung der Stimmstöcke mit Lochhaken meiner drei ab ca 1970 gebauten Orientalbajane und einiger weiterer ähnlicher Handzuginstrumente deren Namen ich noch nicht herausfinden konnte sind noch nahezu identisch zur Schrammelharmonika geblieben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bajan
 
Die anderen ähnlich nahen Verwandten der Schrammelharmonika mit kurzen Tasten (tuschetischer Garmon und Bass Garmon ) sind in Georgien seit ca. der zweiten Hälfte des 19zehnten Jh. gebräuchlich.
bzw. der Bassgarmon vermutlich dann später
https://en.wikipedia.org/wiki/Georgian_accordion
 
Grund: zusatz
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Jetzt habe ich eine chromatische Harmonika von Josef Hlaváček aufgetan die in Teilen der Schrammelharmonika sehr ähnelt.
IMG_20221230_014929274[1]b_bearbeitet-1.jpg

Das Diskantverdeck (links) ist gebrochen und fehlt ein Stück aber kein Problem für mich das zu richten. Auch die gesamte Mechanik ist brauchbar.
IMG_20221230_015247222[1].jpg

Die Tastenfederung ist wie bei den Schrammelharmonikas üblich.
IMG_20221230_015151781[1].jpg

IMG_20221230_015407224[1].jpg

Anstelle der Schlapfenbässe hat sie schon einen Stradellabass mit zwei Reihen Grundbässe und zwei Reihen Akkorde
IMG_20221230_015037837[1].jpg

Die Stimmplatten sind auch hier auf Leder gesetzt sind aber leider nicht aus Messing und daher in deutlich schlechterem Zustand.
Notdürftig in Gang setzen läßt sich das schon mit erheblichem Aufwand um dann ein Ergebniß einigermaßen oder vorübergehend funktionierender Dekoration zu erreichen.
Da spielt man dann aber doch nicht drauf.
Vielleicht fällt mir dazu noch was besseres ein.
Ich werde erst mal die Technik optimieren.
 
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Jetzt hab ich die Zeit gefunden die Sache mal weiter anzugehn.
DSCN0005.JPG

Die Zungen klemmten bis auf wenige besonders die inneren durch die Materialveränderung der Stimmplatten. Aber sie sind erstaunlicherweise nach mindestens 100 Jahren rostfrei.
J. Hlavacek hatte in Wien gelernt und danach eine eigene Harmonikawerkstatt in Louny eröffnet. Bis zum Umzug nach Prag 1922 wurde dort gefertigt.
Nach "etwas" Zurechtkratzen und Biegen sind die Töne schon mal alle ungefair wieder da.

IMG_20230113_222128230[1].jpg

Denke das wird wieder und die auf Leder gesetzte Befestigung vereinfacht das Nachtimmen ja auch. Nach meiner Messung sofern möglich scheint es mir auf 432 gestimmt gewesen zu sein.
 
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IMG_20230115_164135792[1].jpg

Bis auf den Orientalbajan lassen sich die Instrumente grob ca. vor 1930 zuordnen.
Alle haben noch verschiedene Gemeinsamkeiten mit der ursprünglichen Schrammelharmonika und auch untereinander.
Sehr ähnlich sind auch die Abmessungen in der Breite und Tiefe

Gemeinsamkeiten.jpg
 
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Gibt es hier Spieler einer Schrammelharmonika oder nur Sammler?
Mich würde mal eine Hörprobe interessieren, ob man das nach Diatonische, Akkordeon, Bandoneon oder doch ganz eigen klingt?
hallo,

ich spiele seit einigen jahren schrammelharmonika.
mein instrument habe ich bei will haben um 120€ gekauft, es war unspielbar.
ich hab mich dann mit unterstützung der schrammelharmonikaseite von walther soyka an die reparatur gemacht.
ein lokaler harmonikabauer hat sie mir dann gestimmt, leider in die falsche richtung, dadurch war slles einen halbton zu tief.
um mir auf die schnelle zu helfen habe ich dann einfach alle stimmplatten um eine position versetzt, das geht ohne werkzeug und relativ schnell, weil die platten nur auf die lederdichtung geklemmt sind.
beim balg bin ich dann aber angestanden.
den dicht zu bekommen und neu zu verkleben ist nicht so einfach.

ich bin dann auf johann pascher gestoßen.
das ist ein pensionierter htl lehrer.
ich hab ihm mein instrument geschickt und er hat es generalsaniert, incl. papierdämpfer.
ein traum!

hier seine seite:
http://www.hyperbox.org/jpascher/

zum klang:
die schrammel hat einen feinen leisen klang, nicht so durchdringend wie eine steirische.
meine vermutung ist, dass das nicht notwendig war. die schrammelharmonika hat laut walther soyka die klarinette in der schrammelmusik ersetzt und durfte sich neben der gitarre nicht zu breit machen.
daher wohl auch der (zeitungs)papierdämpfer.
gestimmt werden die beiden zungen auf eine langsame schwebung.
zernig beschreibt das in einem servus tv beitrag:
https://www.servustv.com/volkskultur/v/1294937560557-1334558442/

ich verwende die schrammelharmonika nicht für heurigenmusik oder wienerlied sondern für spanische musik in der band gallo pinto:
gallopinto.eu


ich bin eigentlich der schlagzeuger der band und kein virtuoser harmonikaspieler.
die schrammelharmonika hat mit dem b system ein geniales knopflayout, ist klein, leicht und klingt wunderbar.
die geringe lautstärke habe ich nie als einschränkung empfunden, mit einer gitarre kann die immer mit und wenn wir auftreten nehme ich sie über mein gesangsmikro ab.

unten hier sind ein paar hörproben




schöne grüße,
bernhard breuer
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Jetzt hab ich die Zeit gefunden die Sache mal weiter anzugehn.Anhang anzeigen 877909
Die Zungen klemmten bis auf wenige besonders die inneren durch die Materialveränderung der Stimmplatten. Aber sie sind erstaunlicherweise nach mindestens 100 Jahren rostfrei.
J. Hlavacek hatte in Wien gelernt und danach eine eigene Harmonikawerkstatt in Louny eröffnet. Bis zum Umzug nach Prag 1922 wurde dort gefertigt.
Nach "etwas" Zurechtkratzen und Biegen sind die Töne schon mal alle ungefair wieder da.

Anhang anzeigen 877910
Denke das wird wieder und die auf Leder gesetzte Befestigung vereinfacht das Nachtimmen ja auch. Nach meiner Messung sofern möglich scheint es mir auf 432 gestimmt gewesen zu sein.

hallo,
mir hat bei meiner restaurierung johann pascher sehr geholfen.
er hat alle werkzeuge und einen großen fundus an ersatzteilen für die schrammelharmonika.
..und er ist nicht teuer:
http://www.hyperbox.org/jpascher/
schöne grüße!
 
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Meine echte Schrammelharmonika hat tatsächlich wie an vielen Stellen beschrieben einen besonderen Klang.
Erwähnt fand ich dazu die dämpfende Zeitung und das Schafsleder das weicher ist als zB das Leder der ähnlichen chromatischen Harmonika.
Ob die Stimmplatten aus weichem Messing da eine besondere Auswirkung haben kann ich nicht beurteilen.
Diese Stimmplatten dürften aber etwas sein das später nicht mehr gefertigt wurde und den späten Nachbauten fehlt vielleicht auch klanglich (?)
Sehr gut auch klingt der Orientalbajan mit seinen sicher auch handgefertigten durchgehenden Messingplatten.
Ich selbst habe für die Schrammelharmonika nur passendes Material für die Federung der Diskantseite.
 
ich glaube der klang hängt zum einen mit der anwendung zusammen (ein weiche, schöner klang war wichtiger als lautstärke und durchsetzungsvermögen) und zum anderen mit den technischen möglichkeiten. das spaltmaß zwischen den messingstimmplatten und den federstahlzungen entspricht nicht heutigen standards. das hat den nachteil, das das ansprechverhalten schlechter ist und die zungen mehr luft brauchen.
dafür klingen sie weichen.
das wird durch die doppelchörige belegung und die langsame schwebung noch unterstützt.
 

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