Echter analoger polyphoner Synthesizer unter 500 € ?

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boardmonsta
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Was haltet ihr denn von diesem Experiment auf AMAZONA.de?
Klingt spannend, ich finde die Idee gut und will das hiermit mal weitergeben.
 
Eigenschaft
 
Einen voll polyphonen analogen Synthie kann man m.E.- selbst bei großen Stückzahlen - nicht für 500,-€ herstellen.
 
Machbar wäre es sicherlich schon, es stellt sich nur die Frage, was dabei für ein Synth rauskommt. Einen analogen Virus wird man zu dem Preis nicht bauen können, nicht mal einen analogen MicroKorg XL, und einen neuen Poly-800 wird man kaum verkaufen können angesichts dessen, was die VA-Konkurrenz zu dem Preis kann.

Wenn es ein Polysynth ist, kann man seine Hoffnungen auf ein Super-Oldschool-Teil mit rein analoger Steuerung (sprich die schwarz-silbernen Knöpfe sitzen wie beim Minimoog auf Potis, die direkt aufs Soundboard gelötet sind) weitgehend begraben. Einen Polysynth kann man auf zwei Weisen realisieren: entweder mit einem wie auch immer gearteten elektronischen Zwischen-Controller oder gar Computer, der die Soundboards steuert und wiederum über das Benutzerinterface gesteuert wird, oder mit einem kompletten Satz Bedienelemente pro Stimme, also mit einem fast kompletten eigenständigen Synthesizer pro Stimme (wer jetzt Four-Voice denkt, denkt wie ich). Letzteres macht halbwegs normale polyphone Sounds (also solche, wo alle Stimmen möglichst gleich klingen) unmöglich und ist außerdem teurer, schon deshalb, weil man ein Riesengehäuse bräuchte.

Von der Bedienung her die preiswerteste Lösung wäre natürlich, möglichst viel per Digialsteuerung zu machen, also programmierbare (vielleicht einige wenige festgelegte) Knobs, wenn überhaupt, und ansonsten Menüsteuerung, wie es damals in den 80ern üblich war (Alpha Juno, Matrix, Poly-800...). Daß das durchgeht, wage ich aber mal zu bezweifeln, solange man kein Kompaktgehäuse à la Tetr4 oder Blofeld verwendet, das Controllersparen schon aus Platzgründen gebietet. Und selbst dann werden viele schreien, daß MFB-Synths auch dutzendweise Knobs haben. Generell kann man sagen, daß ein Analoger heute zwingend zumindest eine Grundausstattung an Echtzeitcontrollern braucht, ein "Volks-Analoger" sogar ein paar mehr. Drei, vier Encoder mit umschalt-/programmierbaren Funktionen, evtl. über eine Matrix wie bei MicroKorg oder Blofeld. Ein Knob pro Parameter ist zu dem Preis aber nicht drin, selbst wenn es der Sparbrötchensynth wird, den ich mir vorstelle. Trotzdem bin ich für Endlosencoder, wenn der Blofeld mit ebensolchen, einer Killer-Klangerzeugung und made in Germany schon für 400 Öre Einstandspreis auf die Welt gekommen ist. Macht auch das OS einfacher, wenn die Regler nur Inkrementell können und nicht zusätzlich Absolut und Abholen.

Damit kommen wir dazu, was der Synth überhaupt können soll. "Muß wie [Bevorzugten Synthesizer aus den 70er Jahren hier einsetzen] klingen" steht in dieser Preisklasse nicht zur Debatte, denn wenn man einen Synth emulieren will, macht man das ohnehin am besten mit Software, verprellt auf jeden Fall aber diejenigen, die einen ganz anderen Sound suchen, und wenn man mehrere Synths emulieren will, braucht man entweder sehr viel Platz oder einen VA (ich sag nur Ion/Micron/Miniak mit ihrem Sack voll Filtertypen). Zunächst mal wird das Teil also einen eigenständigen Sound haben und auch haben müssen. Zufällige Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Synths sind dabei nicht unbedingt beabsichtigt.

Generell wird die Featureliste dieses Synth sich im Vergleich zu vielen VAs eher spärlich lesen, denn in einem Analogen muß die Klangerzeugung selbst im Gegensatz zum VA physisch vorhanden sein. Stimmen wird er zu dem Preis nicht mehr als vier haben; wenn das Gehäuse groß genug ist, könnte man eventuell eine zusätzliche Voicecard einbauen für mehr Stimmen, die kostet dann aber, außerdem waren die meisten analogen Synths mit mehr als sechs Stimmen ziemliche Monster (Jupiter-8, CS80, diverse Oberheims, Andromeda). Trotzdem wären acht echtanaloge Stimmen für, sagen wir, 750-800 Euro ohne Einbau im Fachhandel (kann man auch selbst machen, wenn man einen Philips-2-Schraubendreher hat) doch echt attraktiv. Einen dritten Oszillator wird man vergeblich suchen, womöglich wird schon der zweite nur ein Suboszillator, falls überhaupt vorhanden (Yamaha kam ewig mit nur einem Oszillator aus und hat daraus fetteste Klänge geholt), dazu vielleicht noch White Noise. An Wellenformen gibt's Sägezahn, Puls und Dreieck, fertig. Ein Multimodefilter sehe ich auch noch nicht unbedingt, auch wenn es selbst heute noch analoge Multimodefilter fast wie Sand am Meer gibt. Dann schon eher 4-Pol-Tiefpaß ohne Moog-Charakteristik. Das allerdings könnte Käufer verprellen; eventuell käme man auch günstig mit Hochpaß und Tiefpaß in Reihe weg. Wenn keiner der Oszis Sinus kann, sollte Filterresonanz bis zur Selbstoszillation gehen. 2 Hüllkurven mit je einem festen Ziel, maximal 2 LFOs. Modulationsmatrix geht natürlich nur über Display zu programmieren.

A propos programmieren: Daß der Synth speicherbar wird, dürfte wohl auf der Hand liegen. Einen Monosynth kann man wunderbar oldschoolig 100% analog machen, ohne Speicherplätze, Einflußnahme von außen vielleicht sogar nur per CV, das haben uns zuletzt Moog und Doepfer bewiesen, von Modularsystemen ganz zu schweigen. Ein Polysynth hat aber wie schon erwähnt immer die Zwischenebene zwischen den Bedienelementen und der Klangerzeugung, weil diese mehrfach vorhanden ist und die Instanzen ja irgendwie synchron gesteuert werden müssen (wie gesagt, es sei denn, man klont den Four-Voice). Und die ist heutzutage gerade bei Massenfertigung am einfachsten und billigsten als Computer auszulegen als mit den analogen Umwegen, die beim CS80 gegangen wurden. Außerdem ist Speicherbarkeit längst ein Killerfeature. Auf der Bühne will man nicht jedes Mal einen Sound neu reindrehen, wenn man es nicht muß oder gezielt auf Old School aus ist, und Studioleute haben auch Besseres zu tun als Einstellungen am Synth per Oszilloskop und Multimeter immer wieder neu einzustellen.

Eine digitale Ebene muß der Synth auch noch aus einem anderen Grunde haben: MIDI. Wenn das ein Volkssynth werden soll (und zu dem Preis muß es ein Volkssynth werden), kann man nicht von den Leuten verlangen, sich ein analoges Masterkeyboard oder ein MIDI-CV-Interface extra zu kaufen. Ich meine, sogar die Preisbrecher von Fricke haben MIDI. Außerdem ist noch gar nicht sicher, ob das Ding in der Preisklasse überhaupt als Keyboard realisierbar ist.

Womit wir beim Formfaktor wären. Gerade einen Volks-Polysynth würde ich nicht unbedingt so zierlich machen wie den Tetr4 (auch wenn der Tetr4 durchaus ein Volks-Polysynth werden könnte). Manchmal ist größer billiger, Miniaturisierung kostet ja auch Geld, und der Tetr4 wäre teurer, wenn in ihm nicht schon erprobte Evolver/Mophotechnik säße. Wenn sich dann auch noch das Geld für den Erweiterungsslot für mehr Stimmen findet, muß die Extra-Voicecard (baugleich mit der werksseitig verbauten) ja irgendwohin. Den gewonnenen Platz auf der Oberfläche kann man nutzen für eine lesbare Programmiermatrix und vielleicht ein paar Knobs mit festgelegter Funktion in der Synthese (z. B. Cutoff und Resonanz, wenn es nur ein Filter gibt). Daß ein Volksanaloger mit entsprechendem Funktionsumfang jetzt unbedingt ein Zweizeilendisplay oder gar ein grafisches braucht, wenn er eine Matrix hat, glaube ich weniger, beim MicroKorg stört sich ja auch kaum jemand am 7-Segment-LED-Display. Das Ding wird also nicht unbedingt High Tech, aber die Oberfläche wird so aufgeräumt, wie man sie beim Andromeda gern gehabt hätte, vom Micron ganz zu schweigen (das ist jetzt kein Alesis-Bashing). Die Größe einer x0xb0x oder einer alten Electribe böte sich an, das fügt sich dann auch prima in ein Clubsetup ein.

Was übrigens eine nette Alternative wäre: Wir verwenden doch ein textfähiges Zweizeilen-LCD, das auch die gerade gewählten Parameter anzeigt (und den Vorteil hat, daß man den Programmen Namen geben kann), geben der Syntheseengine vielleicht noch etwas mehr Pfeffer, verkaufen die Pultversion für 600-650 €, und für 500 € bekommt man eine 1HE-Rackversion, bei der die Bedienmatrix auf die Oberseite gedruckt wird, die aber sonst funktionell identisch ist. In der 800-€-Klasse könnte man ihn als 3-Oktaven-Keyboard anbieten (teurer als ein Miniak, aber echtanalog und hoffentlich besser verarbeitet), vielleicht auch eine 4- oder 5-oktavige Luxusversion, die ab Werk schon 8 Stimmen hat (und evtl. mehr Regler), dann aber mindestens 1500 € kosten wird (noch mehr mit einer ausgeweiteten Oberfläche mit mehr Reglern). In allen Modellen steckt aber dieselbe Engine, stecken die gleichen Voicecards.

Herstellen könnte den Synth idealerweise eine Firma aus Fernost, bei denen zahlt man nämlich selten für den Namen drauf, und sie haben die Ressourcen.


Martman
 

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