Hallo,
ich bin neu im Forum und habe mit grossem Interesse Eure Beiträge gelesen und auch bereits einige Tipps daraus verwerten können. Bei mir ist es nun nämlich auch soweit - Ich möchte mir einen Flügel kaufen...
Hallo,
herzlich Willkommen im Forum und Danke, dass Du diesen Thread ausgegraben hast

Wir hoffen, dass wir Dir weiterhelfen können.
Nach ausführlicher Recherche und einigen Klangproben soll es vermutlich ein Blüthner Flügel werden (Modell Vl; 190 cm). Nun habe ich mal den Gebrauchtmarkt der Musikhäuser abgeklappert und einige interessante Angebote gefunden. Dabei haben sich nun ein paar grundlegende Frage gestellt, bei denen ich Euch sehr gerne um Rat bitten möchte:
- sollte man lieber ein neueres Exemplar (nach 1990) kaufen oder würde es sich auch lohnen ein (gut gewartetes) älteres Instrument (vor 1920) zu nehmen bzw. spricht etwas gegen letzteres?
Zum einen hängt das davon ab, welche Spielart Du bevorzugst. Viele der alten Blüthner-Flügel haben noch die Blüthner-Patent-Mechanik. Die jetzt zu erklären, würde etwas zu weit führen. Auf jeden Fall lässt sich diese Mechanik, wenn sie sehr gut reguliert (und nur dann) auch sehr gut spielen. Inzwischen verwendet Blüthner das Mechaniksystem welches sich zum großen Teil bei allen Herstellern durchgesetzt hat.
Zum anderen sollte man bei so alten Instrumenten bedenken, dass ihre "Lebenszeit" eigentlich abgelaufen ist. Es gibt Klavierbauer, die sogar sagen, dass es sich dann nicht mehr lohnen würde ein so altes Instrument zu restaurieren.
Aber es gibt auch die anderen Klavierbauer, die sagen, dass es sich lohnt. Nur dann muss man schauen, was und wie es gemacht wird. Und das ist je nach Hersteller nicht ganz einfach. Letztendlich kommt es dann auf die Erfahrung ses Klavierbauers an. Ich meine, dass man nach sorgfältiger Prüfung von Fall zu Fall entscheiden muss, ob sich eine Restauration lohnt oder nicht.
- Ich habe ein Angebot gesehen (allerdings privat) für ein Modell Vl, Baujahr 1900 für ca 5000 Euro, frisch gestimmt und gewartet. Bei dem Preis muss es meiner Ansicht nach einen Haken geben... Würde sich - rein finanziell ein solcher Kauf trotzedem lohnen, auch wenn man nochmal eine Generalüberholung machen müsste oder sollte man von so was besser gleich die Finger lassen?
Das ist ein gutes Beispiel. Hier müsste man sich erst einmal anschauen, ob das Instrument genug Substanz hat. Dieses kann und sollte nur ein Klavierbauer tun. Danach wird ein Kostenvoranschlag erstellt. Du hättest dann die Summe aus dem Kaufpreis + dem Transport + der Restauration. Daraus ergibt sich Betrag X für einen Flügel, wo Dir vorher niemand genau sagen kann, wohin die Reise z.B. klanglich geht. Es gibt diverse Möglichkeiten Einfluss auf den Klang zu nehmen. Das fängt bei der Wölbung des Resonanzbodens an, geht über die Wahl der Hammerköpfe und Stiele, und hört bei der Intonation der Hammerköpfe auf. Zum Schluss bleibt die Frage: Will ich mich für den Preis X darauf einlassen, oder schaue ich, ob man für diesen Preis vielleicht etwas anderes findet.
-Da ich eigentlich ein "lebenslängliches" Instrument möchte - sprich, ich will eigentlich später nicht mehr wechseln, stellt sich auch die Frage, ob ich lieber noch ein bisschen sparen und mir einen ganz neuen Flügel kaufen soll... Könnte das unter gewissen Umständen sinnvoll sein oder ist es eher rausgeworfenes Geld?
Das ist echt eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Es kann z.B. auch der Fall eintreten, dass Du Dich jetzt für diese Instrument entscheidest, so wie er jetzt vom Zustand her ist, gut damit klar kommst, und der Flügel Deinen Ansprüchen zur Zeit entspricht. Vielleicht in ein paar Jahren lässt Du ihn dann restaurieren. In dieser Zeit hat Dein Klavierstimmer das Instrument kennengelernt und kann dann sicherlich besser einschätzen wohin die "klangliche Reise" gehen könnte.
Ich wäre sehr dankbar, wenn Ihr mir da ein paar Ratschläge geben könntet. Bin für alles offen, auch falls jemand noch eine andere Marke empfehlen möchte... Ein Schimmel war bei mir eigentlich auch mal noch in der engeren Wahl...
Vielen Dank schon Mal für Eure Hilfe!
Silvia
Ich empfehle eigentlich keinen Hersteller, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass jeder ein Instrument anders wahrnimmt. Wenn mich jemand nach einem bestimmten Modell fragt, kann ich ihm sicherlich dazu etwas sagen. Aber ich kann was den Klang angeht dann natürlich nur meine persönliche Einschätzung weitergeben. Was das Technische und die Materialien angeht, gibt es sehr viele Unterschiede. Spiele so viele Flügel an, wie es nur geht. Irgendwann wird sich bei Dir herauskristallisieren welche Art von Klang und Spielart Du bevorzugst. Es gibt auch hier "Liebe auf den ersten Blick"

Dann würde ich aber doch trotzdem dazu raten einen Klavierbauer zu konsultieren, damit er eventuell diesen Blick bestätigen kann
Gruß,
Paul
bitte schreibt doch nur das, was ihr auch belegen könnt.

Vieles was Du geschrieben hast, entspringt Deiner subjektiven Wahrnehmung. Einiges ist faktisch richtig. Leider entsprechen einige Behauptungen nicht den Tatsachen.
Tatsächlich haben die Irmler mit Blüthner-Instrumenten nichts gemein, (z.B. kein Aliquot-System), außer dass sie in der Fa. Blüthner endgefertigt, kontrolliert, reguliert, intoniert und gestimmt und von der Fa. Blüthner verkauft werden.
Nein. Sie werden bei Blüthner nicht "endgefertigt". Sie werden, wenn sie dorthin geliefert werden, von den dort angestellten Klöavierbauern kontrolliert und gestimmt. Gegebenenfalls wird auch nachreguliert oder intoniert.
Die Instrumente der Studio-Line werden in China hergestellt und haben etwas geringerwertige Materialien als die Instrumente der Professional-Line, (z.B. einen gesperrten, d.h. laminierten Resonanzboden). Dennoch sind es grundsolide, gut spielbare und gut klingende Instrumente zu einem unschlagbaren Preis.
Diesen "unschlagbaren Preis" haben die Unterfirmen z.B. Essex (Steinway & Sons), Hoffmann (Bechstein), May (Schimmel) und nicht zuletzt Yamaha und Kawai auch. Fast alle diese Marken werden in China hergestellt, was letztendlich auch den "unschlagbaren Preis" erklärt. Wobei die Instrumente tatsächlich eine gute Qualität bei einer weiten Streuung haben können
Klavierstimmer bescheinigen den Irmler-Instrumenten Solidität, gute Stimmbarkeit und Stimmungshaltbarkeit.
Das stimmt, aber immer noch nicht so gut wie z.B. die Stimmhaltung von Yamaha.
Im Vergleich zu Essex, Boston, Kawai, Yamaha, Wendl&Lung u.a. fällt mein Urteil zugunsten der Irmler Europe aus, was den Klang, die Spelebarkeit, die Verarbeitung, die Qualitätsgarantie und den Preis anbetrifft.
Das ist eine rein subjektive Wahrnehmung und deckt sich nicht mit meinen und den Erfahrungen von anderen Klavierspielern und Klavierbauern, die ich kenne.
..Für mich persönlich klingen jedoch alle in Asien hergestellten Instrumente zu mechanisch, sie besitzen keine Seele. Aufgrund der diversen Bauteile und Konstruktionen Steinways gilt das für Essex und Boston nicht.

Essex und Boston werden doch auch in Asien hergestellt. Warum ausgerechnet diese beiden Hersteller nicht? Diese Argumentationsweise halte ich für sehr seltsam. Davon ab, dass ich schon etliche in Asien hergestellte Instrumente gehört und gespielt habe, die sehr viel "Leben", "Seele" und "Charakter" hatten. Und auch mit dieser Meinung stehe ich nicht ganz allein da
Und ein letzter Tipp für alle: Wenn schon ein Flügel dann ab 1,70 Meter Baulänge, darunter klingt kein Flügel wirklich gut,
Und wieder

Was heißt denn "gut"? Auch hier darf ich anmerken, dass ich sehr viele Klavierspieler kenne, die mit ihrem Flügel (unter 175cm) klanglich sehr zufrieden sind. Weil z.B. der Flügel den Raum dann nicht "dominiert", oder weil z.B. der Flügel vom Bass her dann nicht ganz so "wuchtig" ist, etc. Es gibt Gründe en masse warum jemand einen Klang eines Instrumentes (egal welcher Größe, Hersteller, Art) schön findet. Da gibt es keine Grenzen! Da gibt es nur: Gefällt mir, oder gefällt mir nicht!
ausgenommen die Instrumente der hochpreisigen Hersteller, aber selbst die sind dann immer noch mit klanglichen Einschränkungen verbunden, sodass man besser ein hochwertiges Klavier kaufen sollte, wenn der Platz oder das Geld für einen Flügel ab 1,70 Meter Baulänge nicht vorhanden sein sollte.
Du vergisst hier einen ganz entscheidenen Punkt, warum sich manche Klavierspieler für einen Flügel entscheiden: Die Mechanik! Du als Klavierspieler, der schon Klaviere und Flügel gespielt hat, kennst den Unterschied. Viele Pianistn möchten z.B. nicht auf dieses "Gefühl" verzichten, welches man hat, wenn man auf einer Flügelmechanik spielt, und entscheiden sich dann halt gegen ein Klavier.
Gruss,
Paul