Bei diesen beiden gegensätzlichen Aussagen fragt sich dann nur, wo eigentlich die Verzerrung herkommt.
Natürlich aus der Röhre, da kann der TAD argwöhnen was er will. Im Signalpfad liegen nur zwei Operationsvertärkerstufen und die Röhre (gefolgt vom passiven Klangregelnetzwerk). Der erste OpAmp ist der Eingangsbuffer, der auch bei Bypass durchlaufen wird. Der zweite macht die Vorverstärkung, um die Röhre nachher kräftig in die Sättigung fahren zu können, aber ohne selbst zu verzerren. Und zur Röhre: Die läuft tatsächlich nicht mit Hochspannung, sondern nur mit ca. 15V - wie im Chandler Tube Driver übrigens auch. Das macht aber gar nichts, da so ein Betrieb lediglich auf Kosten der Verstärkung, des Headrooms und der Linearität geht. Verstärkung brauchen wir hier nicht viel, da das Signal schon vorverstärkt ist. Headroom (also der cleane Aussteuerbereich) ist in einem Verzerrer irgendwie kontraproduktiv und Linearität... Na ja, ein Verzerrer arbeitet NIE linear.
Jedes mit geringerer Betriebsspannung betriebenes Verstärkerbauteil (das kann eine Röhre, ein Transistor oder auch ein OpAmp sein), wird bei gleicher Eingangsspannung STÄRKER verzerren als mit der normalen Betriebsspannung. Daher kann ich die Aussage, eine mit niedriger Spannung laufende Röhre könnte keine Verzerrung liefern, nicht nachvollziehen.
Übrigens: Da die mit der ECC83 in dieser Schaltung erreichbare Verzerrung bei hohen Gainsettings sogar schon viel zu viel des Guten ist (es klingt dann schon ziemlich überfahren und matschig), macht die beliebte Modifikation, die ECC83 durch eine ECC82 zu ersetzen, richtig Sinn! Anders als die ECC83 arbeitet die ECC82 nämlich auch schon bei relativ niedrigen Betriebsspannungen recht sauber, so daß hiermit die Auswirkungen der Niederspannung sogar ein Stück weit kompensiert werden können.
Laut Fiselgrulm gehören die Dioden zum reinen Schaltvorgang (übrigens eine recht aufwändige Schaltung mit 2 OPs, wenn damit nur eine Spannung erzeugt werden soll - das macht jeder Ein-Ausschalter, der ja sowieso schon vorhanden wäre, mit anliegender Spannung viel einfacher)
Die Schaltung ist ähnlich aufwändig wie die in jedem Boss-Pedal, nur werden dort eine Handvoll diskreter Transistoren statt der OpAmps verwendet. Es ist halt so, daß eine solche elektronische Umschaltung sehr, sehr sauber arbeitet, ohne jegliches Knacken. Außerdem ist sie kostengünstiger: Hier reicht ein einfacher Ein/Aus-Schalter. Für einen Hard-Bypass mit LED-Anzeige bräuchte man einen Umschalter (Ein/Ein) mit mehreren Ebenen, der deutlich teurer wäre als der einfache Schalter plus einige Pfennigsbauteile.