Herkunft von MI-Akkorden

turko
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Ich glaube mich zu erinnern, daß ich diese Frage schon einmal hier im Forum gestellt habe. Aber weder erinnere ich mich an die Antwort (Asche auf mein Haupt), noch finde ich diesen Thread mit der Suchfunktion.

Und da sich mir gerade wieder diese Frage stellt, frage ich Euch halt im schlimmsten Fall noch einmal ... vielleicht kann ich mir´s ja diesmal merken ... :) :

Die Frage ist: WONACH richtet sich eigentlich die Wahl der Herkunftstonart eines MI-Akkordes ?

Einfaches Beispiel zum Verständnis: Ein Vm in einer Dur-Tonart. Dieser ist ja diatonischer Stufenakkord in sowohl der gleichtonalen äolischen wie dorischen Tonleiter.

Wonach richtet man sich bei der Auswahl in so einem Fall, wenn man sagen will, der MI-Akkord ist von dieser oder jener Tonart geborgt ... ?

Danke.
Thomas


PS: Nicht, daß das einen relevanten Bezug zur musikalischen Praxis hätte ... :)
 
Eigenschaft
 
Historisch gesehen, ist ein Vm Akkord gar kein MI Akkord. Auch wenn es hier nur ein Beispiel sein soll, finde ich es aber ganz interessant die Unterschiede klar zu machen.

Die Vermollung bzw Verdurung von Hauptstufen (also I, IV und V) ist eine sehr alte Idee. Bei Bach war sie schon etabliert. Das interessante daran ist vor allem, dass sich daraus andere Skalen ergeben können als z.B. bei MI Akkorden. Nimmt man z.B. in einer Durkadenz einen IVm Akkord, so kann man darüber die IV MM Tonleiter spielen. Würde man diesen Akkord als MI betrachten könnte man ihn als Teil der I äol Tonleiter oder der I phryg oder I dor betrachten und hätte andere Skalen.

Am natürlichsten bei der Auswahl von MI Akkorden klingt immer der Wechsel von ionisch nach äolisch oder umgekehrt. Das war nämlich, historisch gesehen, die nächste Stufe. Die sogenannte Variantik: das Gleichsetzen aller Akkorde von I äol und I ion. Damit hat man dann die erweiterte Diatonik, mit der sich auch hervorragend modulieren lässt.

Alles was dann nicht mehr passt, lässt sich mit MI abbilden
 
Ja .... gut .... nur ist das irgendwie überhaupt keine Antwort auf meine Frage ... ?
Oder versteh´ ich´s nur nicht ... ?

Dann nehmen wir halt den IVm in einer Durtonart. Von welcher Tonart ist der entlehnt ?
Äolisch oder HM ?

LG
Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geht (außer bei der Vermollung/Verdurung) bei MI immer um den gemeinsamen Grundton.

Wenn du also einen Song in D moll hast, kannst du alle Kirchentonleitern betrachten, die auf dem Ton D beginnen. Also D ionisch, D dorisch, D phryg, u.s.w. und aus diesen dann Akkorde leihen.

Dazu gehören auch D HM, D MM, (D HTGT und D GT weiß ich nicht)


Ich würde bei deinem Beispiel trotzdem SO vorgehen.

Vm. Gibt es als Vermollung, also ändere ich einfach den Ton h zum b und habe meine Skala.
Wenn mir das nicht gefällt, nehme ich den Vm aus äolisch und habe dann die Cm Tonleiter für Gm.
Wenn mir das auch nicht gefällt, schaue ich mir die MI Möglichkeiten an. Also I mixo, I dor. Phrygisch und lokrisch geht nicht, weil der Akkord darin nicht enthalten ist.

Bei manchen Akkorden ist es ja eindeutig. Wenn du in C Dur einen Gbmaj Akkord findest, weißt du ja sofort, dass er nur aus C lokr stammen kann.

Generell muss man aber immer im Hinterkopf behalten, dass diese Theorie des modal Interchange nur für bestimmte harmonische Wendungen passt. Es gibt daneben andere Theorien, die viel wichtiger sind. Leider gibt es immer wieder Experten, die diese Unterschiede gar nicht erkennen, und einfach alles mit MI erklären.
 
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Ein mal probier ich´s noch ... :

Der IVm in einer Durtonart. Von welcher Tonart ist der entlehnt ?
Äolisch oder HM ? Und WARUM gerade von der jeweiligen ?

Thomas
 
Normalerweise der Modus, der Dur bzw. den umgebenden Akkorden am ähnlichsten ist. Auf den Zusammenhang kommt es an

I Vm I => aus mixolydisch
I bIII Vm I => aus dorisch
I bVI Vm I => aus äolisch
 
DANKE.

Das heißt, es ist ein gewisser Interpretationsspielraum mit im Spiel ?

Thomas
 
Der kann von beiden entlehnt sein und noch von phrygisch.
Fur solche Akkorde ist MI aber auch nicht gedacht, weil es die, wie gesagt, schon ewig gibt.
Sinn macht MI, wenn du auf Akkorde stößt, die eben nicht in die traditionellen Harmoniefortschreitungen passen. Dann kannst du leicht die Herkunft ermitteln und hast dann ein oder 2 Skalen
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Musik, die immer eindeutig wäre, wäre ganz schön langweilig
 
Fur solche Akkorde ist MI aber auch nicht gedacht, weil es die, wie gesagt, schon ewig gibt.

Ich danke Dir sehr für die Mühe, die Du Dir hier mit mir machst.
Aber Du gibst aber Antworten auf Fragen, die ich gar nicht gestellt habe ... im übrigen habe ich den Verdacht, daß Du meinen allgemeinen Wissensstand etwas falsch einschätzt ...

LG
Thomas
 
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Manche Dinge lassen sich eigentlich nicht einfach beantworten. Tut man es doch, gaukelt man Menschen etwas vor.
Gerade MI wird gerne missbraucht, um schnell zu einfachen Antworten zu kommen.

Aber du hast natürlich recht, dass es schwierig ist, richtige Antworten zu geben, wenn man sein Gegenüber eigentlich nicht kennt.
 
Der IVm in einer Durtonart. Von welcher Tonart ist der entlehnt ?
Äolisch oder HM ? Und WARUM gerade von der jeweiligen ?

Gerade bei der IVm fällt es mir schwer, über den Ursprungsmodus heranzugehen. Benötigt wird eigentlich als Alteration nur die b6 in Dur, die b7 und b3 sind sozusagen optional. Je nach Kombination der Alterationen entsteht schon eine komplizierte Ursprungskala.

Wenn man sich die Arbeit mal machen will:
Alterationen b6 b7 b3 => Dor. über IVm => stammt aus Äolisch
Alterationen b6 b7 __ => MM1 über IVm => stammt aus Mixolydisch b6
Alterationen b6 __ b3 => HM4 über IVm => stammt aus HM
Alterationen b6 __ __ => HD4 über IVm => stammt aus HD (Harmonisch Dur = Ionisch b6)
 
Das heißt, man walzt den fraglichen Akkord zu einer ganzen Skala aus, und schaut dann nach, zu welcher Tonart diese Skala diatonisch ist ?

Thomas
 
Meine 2ct. zu Modal Interchange
Ausgangspunkt sind die Dur Modes Ionisch, Dorisch, Phrygisch, Lydisch, Mixolydisch, Äolisch, Lokrisch sowie Harmonisch Moll und Melodisch Moll
In jeder der Tonleitern lassen sich Stufenakkorde (Vierklänge) durch Terzschichtung bilden.

Aus den so erstellten Übersichten mit allen Tonleitern und Stufenakkorden kann man schließlich ablesen, welcher Ursprung infrage kommt.

Wenn wegen der fehlenden Melodie kein weiteres Tonmaterial zur Bestimmung der gleichnamigen Tonart des MI vorliegt, bleibt die Auswahl mehrdeutig.
Eindeutigkeit und damit das Warum der MI-Auswahl würde sich also aus dem melodischen Zusammenhang ergeben.

Vm(7) in Dur kann aus Dorisch, Äolisch oder Mixolydisch kommen, Beispiel C Dur, Gm(7)
C D E F G A B C (B=dt. H, Bb=dt. B),
Gm(7) in C-Dor: G A Bb C D Eb F G,
Gm(7) in C-Mixo: G A Bb C D E F G,
Gm(7) in C-Äol: G Ab Bb C D Eb F G

Wonach richtet man sich bei der Auswahl in so einem Fall, wenn man sagen will, der MI-Akkord ist von dieser oder jener Tonart geborgt ...?
Im konkreten Fall kann man prüfen, ob die Melodie in der harmonischen Situation die mode-diskriminierenden Töne enthält:
A und Eb -> MI aus C-Dorisch
A und E -> MI aus C Mixolydisch
Ab und Eb -> MI aus C Äolisch
A allein -> MI aus C-Dorisch oder C-Mixo
Ab allein -> MI aus C-Äolisch
Eb allein -> MI aus C-Dorisch oder C Äolisch
E allein -> MI aus C-Mixo

IVm(7) in Dur kann aus Phrygisch, Äolisch, Lokrisch oder Harmonisch Moll kommen, Beispiel C Dur, Fm(7)
Fm(7) in C-Phryg: F G Ab Bb C Db Eb F
Fm(7) in C-Äol: F G Ab Bb C D Eb F
Fm(7) in C-Lok: F G Ab Bb C D Eb F
Fm(7) in C-HM: F G Ab B C D Eb F

Das heißt, man walzt den fraglichen Akkord zu einer ganzen Skala aus...
Es heißt halt Modal Interchange, das "Modal" verweist dabei auf die Ableitung aus Tonreihen mit gleichnamigen Grundton.

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Man wählt zwar meist diatonische Skalen (das Ohr sucht nach Harmonie), aber es muß nicht immer streng diatonisch sein, die ich bei IVm gezeigt habe. Auch spielt bei der Wahl der Chordskala meist noch die Melodie eine Rolle, die man auch berücksichtigen sollte. Das schränkt dann die Möglichkeiten weiter ein.
 
Ja, danke. Damit ist mir schon geholfen.

Als jemand, der den ganzen MI-Denkansatz nie AKTIV (= beim Musikmachen) betrieben hat, war mir nicht so ganz klar, daß es dabei hauptsächlich um SKALEN geht. Ich war der irrigen Meinung, schon allein ein tonartfremder DREIKLANG könne irgendwie und aus irgendeinem guten Grund in das MI-Denksystem gezwungen werden. Gewisse tonartfremde Akkord-Verbindungen sowieso ...

Thomas
 
Genau: Modal Interchange kann man übersetzen mit

Wechsel der Tonleiter bezogen auf den Grundton der momentanen Tonart.
 
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Die sogenannte Variantik: das Gleichsetzen aller Akkorde von I äol und I ion. Damit hat man dann die erweiterte Diatonik, mit der sich auch hervorragend modulieren lässt.

Worin besteht denn der kategoriale Unterschied zwischen der Variantik und modalem Austausch?
 
Worin besteht denn der kategoriale Unterschied zwischen der Variantik und modalem Austausch?


Vor allem darin, dass die Variantik ausschließlich die beiden zentralen modi miteinander verbindet.
Der ionische Durmodus und der äolische Mollmodus. Also das, was man gemeinhin als die Durtonleiter und die Molltonleiter bezeichnet.

Im Gegensatz zu allen anderen Modi (mixolydisch, lydisch, phrygisch, etc) sind diese beiden sehr stabil und man kann sehr viel damit anstellen. Dementsprechend kann man auch beliebig zwischen beiden Modi Akkorde austauschen.

Außerdem gibt es die Variantik etwa seit Mozart/Beethoven und dieser Sound hat sich etabliert und ist zum Klischee geworden.

Modal Interchange ist eine Erfindung der 60er/70er Jahre und nicht unumstritten (vor allem, weil sie oft falsch angewendet wird)(in der Analyse)
 
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Verstehe! Also ein historischer, aber kein prinzipieller Unterschied. Variantik ist eigentlich (ein Unterfall des) MI, nur damals nannte man sie noch nicht so - und auch heute kann man sie deshalb davon unterscheiden. ;)
 
Unterfall ist natürlich kein besonders schönes Wort für diese geniale Erfindung. Aber ansonsten hast du recht
 

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