Leiterfremder Ton: gis oder as?

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Bin über folgende Tonfolge gestolpert:

gis_oder_as.png


Schätze mal es es C-Dur. Dann sind aber Ton 4&10 leiterfremd.
Doch ist das nun ein as oder ein gis oder gar unterschiedlich in den 2 Takten? :nix:
 
Wo siehst du denn da ein as? Ton 4 und 10 sind beide gis. Ein g mit einem ♯ ist ein gis, ein as wäre ein a mit einem ♭ davor
 
Ich hab die Töne einfach erstmal als gis notiert. :engel:
Hab aber keine Ahnung, ob das so richtig war/ist.

g und a kommen ja auch vor. Mal fällt die Tonfolge, mal steigt sie. :gruebel:
 
Achso, jetzt verstehe ich. Normalerweise nimmt man bei chromatischen Schritten aufsteigend das ♯ und absteigend das ♭. Dann wäre also Ton 4 ein as und Ton 10 ein gis. So braucht man dann auch keine Auflösungszeichen, wie du es im ersten Takt notiert hast
 
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Darf man ♯ und ♭ mischen?
(Also den 'gleichen' Ton erst als as und im nächsten Takt als gis schreiben?)
 
Ja, das kann man machen. Es geht im Endeffekt darum, dass es möglichst klar geschrieben ist
 
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Normalerweise nimmt man bei chromatischen Schritten aufsteigend das ♯ und absteigend das ♭.
Von so einer Regel habe ich noch nie gehört.

Ich würde die Töne nach Möglichkeit so schreiben, dass sie zu den verwendeten Akkorden passen. Also, wenn der Akkord an der Stelle z.B. E oder E7 ist, würde ich auf jeden Fall gis schreiben.
 
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Von so einer Regel habe ich noch nie gehört.

Doch, doch, diese "Regel" gibt es schon. Aber wie immer gilt: "Keine Regel ohne Ausnahme".

Wie Du vollkommen richtig schreibst, wird man z. B. in einem E-Dur-Akkord immer gis statt as schreiben.
Falls es sich aber - wie hier - eher um chromatische Durchgangstöne handelt, ist es schon von Vorteil, möglichst wenige Versetzungszeichen (also auch Auflösungszeichen) zu verwenden und die die Tradition sagt, dass eine absteigende chromatische Tonfolge besser durch b als durch # charakterisiert wird und umgekehrt.

Chromatische Tonleiter

1672702960642.png


Ermessensspielraum

Aber einen Ermessensspielraum gibt es schon - am Ende zählt die optimale Lesbarkeit.
Im folgenden Beispiel heben die schon rein optisch aufsteigenden Notenköpfe die "Bewegunsrichtung nach oben" hervor und dann hat man - schwupps - Bes trotz aufsteigender Tonfolge.

1672703022322.png


Die beiden Achtelnoten bilden klar eine kleine Terz.


Atonal...

Ein atonales Beispiel, das ich aus Elaine Goulds "Behind Bars" abgeschrieben habe:

1672703283247.png


Da schreibt sie, man solle möglichst reine/große/kleine Intervalle statt verminderter oder übermäßiger Intervalle schreiben.
Sie erwähnt auch die Regel "Absteigend Bes, aufsteigend Kreuze" bei chromatischen Tonfolgen, aber andererseits sollen schrittweise "Tonleitern" auch als solche - also mit benachbarten Stammtönen geschrieben werden: deshalb haben wir im Beispiel oben am Anfang Kreuz und Be gemischt.

Original-Wortlaut (Gould):
  • Use the most familiar intervals - perfect, minor and major - rater than augmented and diminished intervals
  • Chromatic-scale figures use sharps to ascend, flats to descend
  • Spell stepwise figures as a scale, i.e. as adjacent pitch letters


Fazit

Alles nicht so einfach und vor allem gibt es nicht immer eine eindeutig "richtige" Lösung.

Viele Grüße
Torsten
 
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So ganz in Stein gemeißelt ist das alles nicht.

Beethoven, Pathetique (fis und cis als Kreuze, alles andere mit b's):

1672707756648.png


Mozart, D-Moll-Fantasie (2x es, 1x dis, das b ist tonartbedingt):
1672708017821.png

Viele Grüße,
McCoy
 
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Bei konsequent vollständigen chromatischen Läufen ist die Notierung insofern unkritisch, weil es normalerweise genügt, einmal zu verstehen, dass alle Halbtöne enthalten sind. Dann interessieren nur noch der Start- und der Zielton (zusammen mit dem Timing), den Rest sollte dann eine gut eingeübte automatisierte Motorik liefern.
Kritischer finde ich da einzelne eingestreute nicht-diatonische Halbtonschritte und chromatische Passagen, in denen z.B. einzelne Ganztonschritte eingebaut sind. Da sind erstens schnell Lesefehler passiert, und zweitens kann man sich da nicht so ohne weiteres auf eine automatisierte Motorik verlassen.
 
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SCNR :D
Gispirin.jpg
 
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Bevor Du zu…

Doch, doch, diese "Regel" gibt es schon. Aber wie immer gilt: "Keine Regel ohne Ausnahme".
[…]
Chromatische Tonleiter
[…]
Atonal...
[…]

… der „Regel“ oder chromatischen oder atonalen Sachen kommst, gilt aber denke ich mal als erstes, daß es zu den Akkorden an der Stelle passen muß (sofern vorhanden) und als zweites, daß es aus der Tonart kommen soll, in die man reinmoduliert, sofern vorhanden. Erst danach, bzw. wenn beides nicht zutrifft, kommt man zu Deinen.

Oder seh’ ich da was falsch?
 
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Oder seh’ ich da was falsch?

Nein, Du siehst überhaupt nichts falsch!

Deshalb hatte ich auch explizit von "chromatischen Durchgangstönen" gesprochen, die nicht Bestandteil eines zugrundeliegenden Akkords sind (denn dann wäre es ja klar, wie Du schreibst und wie es auch @Mister Spock geschrieben hat).
Mein zugegeben etwas extremer atonaler Exkurs sollte lediglich aufzeigen, welche Richtlinien es ansonsten noch gibt und dass eben nicht für alles eine eindeutige "richtige" oder "falsche" Lösung gibt.
@McCoy hat ja auch schöne Praxisbeispiele geliefert.

A propos Praxisbeispiel:
Sogar beim sattsam bekannten "Für Elise" hat man entgegen der (neumodischen) "Regel" einen chromatischen Abgang mit Kreuzen (außer dem b):

1672743215388.png


Die Konventionen haben sich im Laufe der Jahrhunderte auch gewandelt, aber ich glaube, das würde alles hier viel zu weit führen...
Deshalb nur ganz kurz: darunter liegt ein Moll-Akkord, da war diese Schreibweise zu Beethovens Zeiten üblich und normal. Wie schon Bob Dylan so schön singt: "The times, they are a-changing"...

Viele Grüße
Torsten
 
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... aber ich glaube, das würde alles hier viel zu weit führen...
Zumindest für mein Verständnis. :D

Allen vielen Dank für eure Ausführungen. - Wieder was gelernt. :)
 
- Hinweis auf die Tonart aus der entlehnt/gewechselt/geborgt wird
- Bessere Lesbarkeit beim Blattspiel. In der Aufwärtsbewegung erfasst man besser ein Kreuz, abwärts besser das b
 
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